Oiarl XiHge:
Aas Qold unter den Süßen
Kur 14 Stück hoch, aber dafür 8 Stock tief, ist das Hochhaus der Federal Reserve Bant zu New Dort. Es liegt eingezwängt in eine der Straßenschluchten des Bankoiertels auf der Südspitze von Man- hattan, und es birgt in den untersten drei Geschossen die schätze» gefüllten Tresors, wie sie keine Bank der Welt hat. Die Geschichte dieser Bank klingt wie ein Märchen. Sie besteht erst knapp IS Jahre! Als die ganz große Konjunktur für USA . begann, im ersten Kriegsjahr, wurde sie gegründet. An Stelle von ZOOOÜ Einzekbanken, gibt jetzt die Federal Reserve Bank die Kredite. Ihr ursprüngliches Kapital ist(1914) geringer gewesen als heute ein Tagesumsatz! Die Reserven allein betragen heute 9 Milliarden Dollar Gold! Dazu mag bemerkt sein, daß das Vermögen des Landes sich um die Jahrhundertwende auf 88 Milliarden belief und daß es im Vorjahre mit 359 Milliarden beziffert wurde! „Weltmittelpunkt des Geldoerkehrs", nennt der Amerikaner diesen engen Straßendistrikt rund um die Wallstreet in New Vork. Unter den Füßen des hastenden Volks, das die engen Straßen mit unauf- hörlichem Geschiebe erfüllt, liegen die gesamten Goldreserven der Welt. Es ist erregend und entmutigend, wenn man an die schweren wirtschaftlichen Situationen der ganzen Welt denkt.— Warum liegt das Gold hier tatenlos, beschützt durch Panzergewölbe, Batterien, Maschinengewehre, tränenerregende Dünste und heiße Dämpf«? Ein Blick ins Innere der„Schatzkammer" ist mitunter gestattet. Es geht echt amerikanisch dabei zu: ein wenig nobel und großzügig und wohl auch etwas protzend:„Bitte, treten Sie ein, mein« Herr» schaften, bewundern Sie das größte Geldinstitut der Welt, in seinen einzigartigen Einrichtungen, Anlagen, Arbeitsmethoden und Schätzen!" Zahlen schwirren uns wie aufgeregte Hummeln ums Ohr. 2300 Angestellte arbeiten in der Bank in New Pork; alle Filialen zusammen haben die fünfundzwanzigfache Anzahl, fast 89 999, davon rund drei Viertel Damen: aber es ist zu bedenken, daß durch die Einstellung von Maschinen zwei Drittel Personal in den letzten Jahren eingespart wurden. Die Maschinen! Als ersten Raum zeigt man die Scheckabteilung: hier werden �pro Tag 459 999 Schecks bearbeitet. 269 Damen und 19 Herren arbeiten daran, größtenteils mit Hilfe von Maschinen. Allein 619 Addiermaschinen sind in diesem Bankpalast in Betrieb, dagegen nur 399 Schreibmaschinen! Und im ganzen werden nicht weniger als 1488 Maschinen benutzt.— Von Sensation umwittert ist natürlich der Besuch jener Stelle in der Bank, wo Geld zu sehen ist: bei der Ausgabe, beim Eintreffen, Zählen, Wiegen, Lagern. Natürlich besteht ein ausgeklügelter Sicherheitsdienst. Die Kassenschalter der Bank haben doppelt« und dreifache Eisenoergitterung, Käsige, in denen das Raubtier Gold bewacht wird. Als Raubtierwärter fungieren mit düsterer Cnt- schlossenheit kaltblütige, bewaffnete Bantdiener, die wie Polizisten aussehen. Wohin man in der Nähe des Goldes den Blick wendet, überall trifft man lauernde Beobachtung durch die Bewaffneten. Im ganzen sind 259 Mann in der Bank im Tagesdienst bei dieser Art„Arbeit". Außerdem gibt es die bereits erwähnten Tränengas« und heißen Dämpfe als Schutz. Und im ersten Unter- geschyß, wo uns der„Bahnhof des Goldes" gezeigt wird, d. h. der unterirdisch« Hof, wo die Goldtransportautos abfahren, sehen wir regelrechte Festungsanlagen: die Mündungen von unzähligen
Maschinengewehren lugen hier drohend von einer Panzergalerie herab. Di« Zwtos sind natürlich Panzerautos und werden von zwei oder drei Bewaffneten, die im Wageninnern ihren Platz haben, begleitet. Das Gold hat«s nötig, so streng bewacht zu werden! Das Unheil, das es anrichten könnte, soll wohl durch diese Maßnahmen verhindert werden.— Auch in den noch tiefer liegenden Untergeschossen trifft man die enffchlossenen Revolvermänner: sie stehen unvermutet hinter der Tür, verharren gegenüber den Gitterkäsigen, wo Gold gezählt oder Gold gewogen wird. Die Münzenzählmaschinen scheffeln pro Tag 39 Tonnen Nickel-, Silber- und Goldmünzen! Ja, auch Gold- münzen! Das reiche Land kann sich den Luxus leisten, 2%*, 5», 19- und 29-Dollarstücke aus Gold in Umlauf zu setzen. 19 999 Münzen zählt jede Maschin« pro Minute und nicht nur dies: sie macht gleichzeitig komplett« Rollen und beutelt die 19 999 Stück.— Als allerneuestes, als letzten Schlager im Bank- Maschinenbetrieb gewissermaßen, hat man Geldscheinzählmaschinen eingestellt, sie sind zwar nicht so überragend slink wie die Münzenzählmaschinen, aber 2% mal schneller als die gewandtesten Geldscheinhandzähler machen sie es doch. Es gibt heute bereits 199 Maschinen dieser Art in der Bank. Gold ist— welche Sensation!— in Blöcken zu sehen: unschein- bar«, nicht sehr große, ganz handliche Stückchen. Sie haben den Wert von 459 Dollar: d. h. rund 2999 Mark. Man könnte ganz gut 8 oder 19 Stück von ihnen in der Kleidung unterbringen und verbergen, wenn nicht überall die Augen der unerbittlichen Revolver- männer— na ja.— Aber das Gold in sinnbetörenden Mengen sehen wir noch ein paar Stock tiefer. Und da vergeht uns der Appetit. — Die Tresore der Banken liegen 85 Fuß unter der Erde, sast 39 Meter. Man hat es den Goldliebhabern herzlich schwer gemacht. Rund um die Tresorräum«, die 19 Fuß dicke Mauern schützen(in 85 Fuß Tief«!), läuft überdies ein rund 1 Meter breiter Patrouillen- gang.derunter Gas gesetzt werden und etwaige„Maulwürfe" sofortaus- räuchern könnte. Uebrigens wiegt die Tür zu einem Tresor 99 Ton- n«n und ist aus Stahl: sie sieht aus wie«ine Panzertür und dreht sich durch elektrische Kraft. Jede Sprengladung versagt bei ihr!— Wahrhaftig, hier einzubrechen, ist so gut wie ausgeschlossen! Da liegt nun das Gold, in Regalen, wie im Warenhaus die Schokoladenpockungen. D«r Blick faßt auf einmal 75 999 999 Dollar in Gold: unglaublich, unvorstellbar: 399 Millionen Mark! Ein freunlicher Herr zeigt uns diese Schätze— die wie die Drachenschätze der Sage gehütet werden— ein wirklich freundlicher Herr, sonst hätte man ihm Zynismus oder Taktlosigkeit vorwerfen müssen, denn er sagte, streng amtlich und ganz der Wahrheit gemäß bei einem Stapel Gold: „Hier, meine Herrschasten, sehen Sie das einstige deuffch« Gold — dort das österreichische—" Die Goldwaagen gegenüber den Tresors grinsen hämisch bei dieser strotzenden Füll«. Es gibt ihrer zwar nur vier. Und sie wiegen bis auf eintaussndstel Unzu genau.— Als ob das eine Roll« spielt bei 9 Milliarden Dollar(37 999 999 999 Mark) Gold. —
Wilhelm JCichtenberg: StepOViRffC
Wenn ich also in oller Eile noch eine Geschichte von meinem letzten Trip nach Amerika erzählen soll, so fällt mir diese als die ollernetteste«in: Ich sitze im Büro Mister Cardigans, des bekannten Heraus- gebers der„N�w Port Words". Mister Cardigan empfängt sonst nur ganz ausnahmsweise; aber ich habe Glück gehabt. Kurz, Mister Cardigan, der Zeitungsgewaltige, will von mir einige Kurz- geschichten haben. Gut assortiert mit Prima-Pointen und la-Span- nung. Ich habe eben Glück gehabt. Und nun sitze ich bei ihm in seinem Stahlmöbelbüro und wir unterhandeln. Er bietet, ich lehne ab, er legt etwas zu, ich streiche etwa« ab und wir sind beinahe einig. Da erscheint der Redaktionsdiener mit einem ganz verstörten Gesicht. Mister Cardigan starrt ihn entsetzt an. Er liebt es nicht, in Unterhandlungen gestört zu werden. Und wartet. Der Redak- tionsdiener bringt zuerst kein Wort heraus, dann ober stammelt er:„Mister Cardigan... Verzeihung.... Aber dieser Jonny Thymer..." Cardigan schlägt auf den Tisch:„Schon wieder da. dieser entsetzliche Thymer? Ich habe Ihnen ja gesagt, daß er nicht vorgelassen wird!"— Der Diener windet sich:„Mister Cardigan— Jonny Thymer ist einfach nicht abzuschütteln. Er kommt jetzt seit vier Wochen jeden Tag. Jeden Tag sitzt er geschlagene zwölf Stun- den im Vorzimmer. Ruhig, unbeweglich, wie eine Buddhastatuc. Er spricht nichts, er fragt nichts, er sitzt nur einfach da. Nach zwölf Stunden erhebt er sich wortlos und geht. Am nächsten Morgen ist er wieder da. Unheimlich. Unfaßbar. Ich kann mit diesem Menschen nicht länger in einem Räume bleiben. Ich bitte um meine Entlassung, wenn Jonny Thymer nicht endlich vorgelassen wird." Der Herausgeber siebt mich wütend an. Mich, den Unschuldig- sten in dieser Affäre. Dann brüllt er seinen Diener an:„Herein mit diesem Jonny Thymer! Diesem Burschen werde ich meine Mei- nung in seine verstopften Ohren schreien!" Der Diener geht, glücklich, diesen Jonny Thymer, der seit vier Wochen täglich zwölf Stunden in seinem Vorzimmer sitzt, endlich losgeworden zu sein. Mister Cardigan springt von seinem Schreibtisch auf und segelt mit gewichtigen Schritten durch den Raum. Gewitterstimmung. Ich selbst sitze da, vergessen und verschollen, und wog« es nicht, mich zu erheben, um das Büro zu verlassen. Wozu auch? Für Cardigan bin ich einfach nicht vorhanden. Jonny Thymer tritt ein. Gelassen, ruhig, ungebeugt von den unzähligen Stunden, die er im Vorzimmer der„New Port Word«" zugebracht hat. Jonny ist ein hochgewachsener, athletischer Bursche von vielleicht 26 Iahren. Sein Anzug sitzt tadellos, weil er nicht sitzt. Man trägt das jetzt so in Zlmerika. Lächelt er? Eigentlich nicht. Aber er hat eine viel zu kurze Oberlippe und zeigt ein Gebiß, das unter Brüdern 1999 Dollar wert ist, wenn es nicht notyrgewochsen wäre. Und setzt steht er in vollendeter Noncholance da. Wartet. Er hat ja bewiesen, daß er e« nicht eilig hat. Er versteht zu warten. Cardigan hat auch eine Weile gewartet. Aber als er einsieht. daß ihm Jonny darin überlegen ist, schießt er auf ihn zu:„Was wollen Sie?" Jonny sagt ruhig und ohne eigentlich den Mund zu öffnen: „Stellen Sie mich als Revorter ein, Mister Cardigan."— Cor- digan schnappt nach Luft:„Warum gerade ich?"—„Weil ich es mir
in den Kopf gesetzt habe. Reporter bei der„New Port Words' zu werden."— Sonst nichts. Di« Logik ist nicht sehr zwingend, aber sie imponiert für den Moment. Das muß ich sagen. Wenn ich Mister Cardigan gewesen wäre, ich hätte diesen Jonny Thymer so- fort eingestellt. Amerikanische Zeitungsherausgeber scheinen aber noch von anderer Mentalität zu sein. Cardigan denkt vorläufig nicht daran, sich von diesem Burschen knockout schlagen zu lassen. „Wir brauchen keinen Reporter," schnauzt er ihn an.— Irgend- einen Reporter gewiß nicht," erwidert Jonny ganz ruhig,„aber einen von meiner Klasse." Und dann sieht er diesen Cardigan ganz impertinent an. Der Herausgeber läuft«in paarmal durchs Zimmer. Dann bleibt er wie ein Kampfhahn vor Jonny stehen.„Wir wollen ein- mal sehen, was Sie können!"—„Bitte, ich bin berit," sagt der junge Mann und hebt nur unmerklich die Achseln. Cardigan holt aus:„Heute abend ist Ball in der englischen Botschaft!"—„Ist mir bekannt." unterbricht ihn Jonny.— Car- digan:„In die englische Botschaft ist noch niemalz ein Reporter eingedrungen!"— Jonny:„Ist mir bekannt."— Cardigan:„Eng lische Diplomaten geben amerikanffchen Reportern keine Interview?. Sie wissen schon, warum. Die„New Port Word?" brauchen aber ein Stimmungsbild vom Ball der englischen Botschaft. Haben Sie verstanden, Mister Thymer?"— Jonny:„Ich habe verstanden, Mister Cardigan."— Cardigan:„Schön. Wir erscheinen morgen mittag. Wenn es Ihnen gelingt, uns ein Stimmungsbild vom Ball der englischen Botschaft zu bringen und ein Interview mit einer prominenten Persönlichkeit des diplomatsschen Korps, sind Sie als Reporter engagiert. Mit 59 Dollar in der Woche!"— Jonny:„Mit 75, Mister Cardigan."— Cardigan:„Mit 50, sage ich."— Jonny: „Sie irren sich, Mister Cardigan. Es sind 75. Sie meinen 75 und sagen 59. Aber diesr kleine Irrtum ist verständlich."— Cardigan: „Also schön! In Gottes Namen! 75. Morgen früh erwarte ich das Interview von Ihnen. Um 8 Uhr morgens muß es da lein. Good bye, Mister Thymer."— Jonny:„Good bye, Mister Car- digan." Jonny geht, wie er gekommen ist. Sein Rücken bewegt sich nicht, wi« er hinausgeht. Auch die Arme schlenkern nicht. Gerade, daß er einen Fuß vor den anderen setzt. Aber sonst wäre«r vielleicht ewig im Zimmer des Herausgebers geblieben. Nach einer langen Pause versuche ich e». mich wieder bemerkbar zu machen. Aber meine Kurzgeschichten scheinen augenblicklich bei Cardigan nicht sehr hoch im.Kurs zu stehen. Begreiflich. Wenn man die Cbonce hat. ein Interview vom Boll der englischen Bot- schaft zu erhalten. Kurzgeschichten braucht man in USA . ja koch nur dort, wo zwischen Inserat und Lüg« ein Raum frei bleibt. Und weil eben nur wenig Raum frei bleibt, haben sie drüben das Genre der Kurzgeschichten erfunden. Ja, also— Mister Cardigan fertigt mich hastig ab:„Ich habe jetzt keine Zeit. Kommen Sie morgen wieder. Dielleicht... Wir werden sehen... Möglich... Morgen um acht Uhr vormittags. God bye." Am nächsten Tage bin ich um 8 Uhr vormittags zur Stelle. Ich werde sogar vorgelassen. Und wir beginnen wiever von vorn mit dem Zuwenigbieten und Zuvielverlangen Ich und Mister Carbi- gan. Aber zu Ende kamen wir wieder rächt. Denn wenige Minuten nach acht kommt Jonny Thymer ms
Zimmer des Chef». Er scheint nicht erregter als gestern und sein heller Jungenblick ist noch immer sehr von oben herab. Mister Cardigan springt auf:„Nun?" Jonny zisht ein Manuskript aus der Tasche und reicht es dem Chef. Cardigan starrt auf das Papier. Dann murmelt er ehrfürchtig:„Wirtlich und wahrhaftig— ein Interview. Mit wem?" Jonny antwortet:„Mit dem Herzog von Aosta . Er war ebenso anwesend wie ich. Es ist ein sehr inter- essantes Interview. Sie erfahren daraus, Mister Cardigan, daß Italien beabsichtigt, seinen politischen Kurs zu ändern. Ja. Süd- tirol soll wieder an Oesterreich abgetreten werden. Ja. Mussolin: geht demnächst in Pension. Ja." Cardigan starrt seinen Reporter an:„Und das alles hat Ihnen der Herzog von Aosta gesagt?"—„Ja," meint Jonny kurz und knipst sich ein Stäubchen von seinem Aermel.„Wußte er, daß Sie Reporter sind?"—„Nein. Natürlich nicht. Er hielt mich für den Duc os Lancaster. Einem Reporter hätte er niemals«in politisches Interview gegeben." Cardigan sst einfach weg. Er hat die Hände gegen die Stirn gepreßt und kann das Ereignis nicht fassen:„Mensch! Mensch! Wie haben Sie das fertig gebracht?" Jonny gerät nicht aus seiner Ruhe:„Sehr einfach, Mister Cardigan. Ich fuhr beim Botschafterpalais vor. Ganz große Aus- machung natürlich. Sie werden mir zugeben, daß man mich ohne weiteres für den Duc of Lancaster halten konnte. Kein Mensch wagte es, mich nach einem Passierschein zu fragen. Ich hält« auch jeden niedergeboxt, der es gewagt hätte. So kam ich in den großen Festsaol. Ein« Weil« treib« ich mich dort herum, dann attachiere ich mich an einen Mann in großer Aufmachung. Ich stelle mich vor, er stellt sich vor. Es war der Herzog von Aosta . Wir kamen ins Gespräch und als ich mein Interview fertig hatte, ging ich wieder." Mister Cardigan ist außer sich:„Sie sind engagiert! Mit 199 Dollar die Woche sind Sie«ngogiert. Als Chefreporter!" In diesem Augenblick tritt ein Redakteur der„New Park Words" in das Chefzimmer. Er sst so aufgeregt, daß er sogar ver- gessen hat, anzuklopfen. Er trägt ein Zeitungsblatt in der Hand. Das Konkurrenzblatt Cardigans, das berits um 19 Uhr vormittags erscheint. Der Mann stöhnt, keucht, fällt in einen Stuhl. Endlich kann er reden:„Mister Cardigan! Die„New Park Votes"! Das Konkurvenzblatt... Diesmal hat es uns tüchtig geschlagen!" Cardigan reißt ihm das Blatt aus der Hand:„Was haben Sie denn, Newman? Womit können uns die„New Park Votes" schlagen? Uns! Die wir heute..." Newman, der Redakteur, läßt seinen Chef nicht zu Ende reden. Niedergeschmettert sagt er:„Sie bringen... soeben... einen Le- richt vom Boll in der englischen Botschaft. Und ein Interview mit..." „Mit wem?" schreft Cavdigan auf. „Mit dem Duc of Lancaster." Pause. Cardigan sieht Jonny vernichtend an:„Wie...? Ich frage Sie, wie kommen die„New Pork Votes" zu einem Interview mit dem Duc of Lancaster?" Jonny bleibt ruhig:„Wahrscheinlich bin ich reingefallen. Und der Herzog von Aosta war ein Reporter wie ich." Und dann flog er aus dem Chefzimmer raus, der Reporter Jonny Thymer. Leider flog auch ich mit ihm. Ich hatte es unglücklich getroffen.
Wald und tKüfte
Während sich an der Osssee herrliche Wälder bis an die Küste hinziehen, sst der Baumwuch» an der Nordsee nur im Windschutz von Gebäuden oder Deichen möglich. Dieser Unterschied wird ge- wöhnlich auf die größere Heftigkeit und Häufigkeit der Stürme an der Nordsee zurückgeführt. In der„Umschau" bezweifelt Helmut?- Mrose, ob der Unterschied der Sturmstärk« und Sturmhäufigkeit den großen Unterschied zwischen dem üppigen Baumwuchs auch an den exponiertesten Stellen der Ostseeküste und den Kümmerforme o an der Nordsee einzig und allein bedingt. Mrose hat sich mit der Frage eingehend beschäftigt und gefunden, daß außer der vec- nichtenden Gewalt der Stürme noch ein anderer schädigender Um- stand hinzukommt. Er hat nämlich beobachtet, daß bei Sturm an der Ostsee selbst unmittelbar am Wasser die Brillengläser niemals merklich beschlagen, an der Nordsee dagegen bis zwei Kilometer weit vom Strande entfernt allmählich getrübt werden. An Sturmtogen kann man an der Nordsee überhaupt keine Brille tragen, weil sie meist schon in einer Viertelstunde undurchsichtig wird. Das beruht nicht nur auf dem höheren Salzgehalt der Nordsee an sich, sondern vor allem auf der hygroskopischen, d. h. wasseranziehenden Eigen- schaft des Seesalzes. Wenn die Brandung an der Nordseeküste tobt, treibt der Wind dauernd winzige Tröpfchen auf das Land. Das Seewasser ver- dunstet nicht, dank seiner hygroskopischen Lestandteile, obwohl es in äußerst fein verteilter Form weit im Winde schwebt. In Wenning- stedt auf Sylt machte Mro-s« etwa 699 bi» 799 Meter vom Strande entfernt folgende auffchlußreiche Beobachtung. Er hielt«ine saubere kleine Glasscheibe mittags bei Sturm und klarem Wetter(16,1° C und 78, Proz. relative Feuchtigkeit) etwa eine Minute zum Fenster hinaus in den Wind, in einer Höhe, in der sich gewöhnlich die Baumkrone entwickelt. Unter dem Mikroskop waren viele Tröpfchen er- kennbar. Er ließ die Sonne auf den Objektträger unter dem Mikro- skop scheinen und beobachtete deutlich das Auskristallisteren des Salzes infolge der Erwärmung des Glases. Alsdann hielt er den Objektträger abermals«ine Minute lang in den Wind und fand keine Kristalle mehr, nur noch Tröpfchen, natürlich viel mehr als vorher, da zu den ersten etwa die gleiche Anzahl neuer hinzugekom- men war. Das auskristallisierte Salz hatte also wieder Feuchtigkeit au» der Luft aufgenommen und war zerlaufen. Dieser Versuch ist gewiß nicht neu. ober in seiner Bedeutung für den Baumwuch? bisher überhaupt noch nicht oder nur ungenügend beachtet. Wie das Glas von einer Salz wasserschicht von ziemlich hoher Konzen- tration überzogen wird, so geht e, auch den Blättern der Bäume. Durch den Ueberzug aus der Blattoberfläche wird der Gasaustausch behindert oder unmöglich gemacht, denn die Spaltöffnungen werden, wenn kein Regen fällt, allmählich verklebt. Eine Blatltfläche. die atmen soll, muß trocken sein, deshalb haben ja die Blätter vieler tropischen Regenwaldgewächse sog. Träufelspitzen, um das Wasser abzuleiten. Wenn das Salzwasser nun tagelang nicht nur die Ober- fläche, sondern sogar die zarte Unterseite, wo sich die eben durch ihre Lage sonst vor Regen und anderen Schädigungen geschützten Spaltoffnuegcn befinden, mit einer zusammenhängenden Schicht überzieht, müssen die Blätter absterben. Denn der Wind allein daran schuld wäre, daß an der Nordsee- lüste Bäume nicht fortkommen oder unter Umständen nach einem heftigen Sturm rasch absterben, so könnten ihm auch die Wäldchen und Boumgruppen auf der Halbinsel Eiderstedt nicht widerstehen. Wo jms Eiderstedt Bäum« wachsen, sind sie zwar der Gewalt der Stürme ausgesetzt, aber nicht der Gefährdung durch den Salz- geholt der Luft infolge der durch das Watt bedingten Küstenver- bältnisse Nur bei unmittelbarer Wirkung der Brandung kann der Baumwuchs nicht gedeihen, d. h. also dort, wo die zerstörend« me- chanisch« Windkraft gemeinsam mit dem erstickenden Salzüberzug der Krandungsspritzer einwirkt.