Zwei Schieber an der Grenze

Justiz ohnmächtig gegen Finanzkapital

Paris , 6. Auguft.

Die erwartete Gegenüberstellung des italienischen Finanzmannes Gualino mit dem französischen Banfier Oustric fand in dem kleinen Grenzbahnhof Mentone statt, der zu diesem Zweck in einen wahren Belagerungszustand versetzt wurde Gualino, der aus der Ver­bannung auf den Liparischen Inseln hergebracht worden ist und Duftric, der im Auto von Nizza eintraf, befanden sich in Begleitung mehrerer Kriminalbeamter und ihrer Rechtsanwälte. Gualino, gegen den bereits eine Anflage in der Snia Biscofa- Affäre vorliegt, murde megen fieben anderer Fälle, die mit dem Duftric- Skandal zusammen­hängen, unter Anklage gestellt. Er gab zunächst eine Erflärung ab, in der er gegen die Behauptung protestierte, daß er aus den Duftric Unternehmungen einen Gewinn von mehreren hundert Millionen Franten gezogen habe. Er habe dabei im Gegenteil über 10 Mil­lionen Franken verloren. Dann übergab er dem französischen Inter­fuchungsrichter einen diden Stoß maschinengeschriebener Blätter, auf denen er ausführlich die ihm vorher schriftlich übermittelten Fragen des Richters beantwortete. Später unternahm der Vorsitzende der parlamentarischen Untersuchungstommiffion, Marin, den Versuch, den italienischen Banfier zum Sprechen zu bringen. Gualino verweigerte trotz der Beschwörungen Marins jede Aussage. Dies veranlaßte den Präsidenten der Untersuchungsfommiffion, nachher der Presse zu erklären, der Beweis sei erbracht, daß die Justiz gegenüber der internationalen Finanz ohnmächtig sei. Die Gegenüberstellung Gualinos und Duftrics verlief programmäßig und gab zu feinerlei Ueberraschungen Anlaß, es sei denn, daß man die vollkommene lebereinstimmung in den Aussagen der beiden Finanzmänner als erstaunlich bezeichnet. Dann wurden die Angeklagten allein gelassen, die eine Stunde lang eine sehr angeregte und freundschaft. liche Aussprache miteinander führten.

5 Milliarden stillgehalten.

Die amerikanischen Verhandlungen abgeschlossen. New York , 6. August.

Ueber die Entscheidung der amerikanischen Banken in der Frage der Stillhaltung wurde ein Communiqué ausgegeben: Im Laufe einer vertraulichen Besprechung am Size der Federal Reserve Bank von New York , bei der alle großen Banken vertreten waren, sind sie zu einer allgemeinen Einigung in ihrer Haltung in dieser Frage gelangt. Obwohl wahrscheinlich noch einige Zeit darüber vergehen wird, bis eine Einigung über den technischen Teil zwischen Berlin und den verschiedenen interessierten Mächten erzielt ist, um eine vollkommene Einheit in finanzieller Hinsicht zu erreichen, fann doch gesagt werden, daß die Bersammlung sehr zufriedenstellend verlief und ein wirksamer Fortschritt erzielt worden ist."

Nach der Chicago Tribune" hat Dr. Luther die Stillhaltung von furzfristigen Krediten in Höhe von 1250 Millionen Dollar über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus den amerikanischen Banten vorgeschlagen.

Helfen oder abtreten!

Ein vernünftiger Vorschlag Wilhelm Greens.

New Bedford , 6. August. Der Präsident des Arbeiterverbandes, William Green, machte auf der Jahresversammlung des Arbeiterverbandes von Massa­ chusetts den Vorschlag, Präsident Hoover folle ein Konferenz der Bollswirtschaftler einberufen. Diese solle entweder Mittel zur Linderung der Arbeitslosigkeit finden oder aber offen bekennen, daß das gegenwärtige Wirtschaftssystem des Landes vollkommen versagt habe. Green warnte vor einer Rebellion des Heeres der Arbeitslosen, die das gegenwärtige politische System umstoßen werde, wenn Industrie und Regierung nicht mit den Ge­wertschaften zusammenarbeiteten.

Hoover spricht von Plänen.

Washington, 6. August. Präfident Hoover gab Erklärungen über Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ab. Er sagte, die Reorgani sation des Arbeitsvermittlungsdienstes habe wäh­rend der letzten vier Monate dazu geführt, daß nahezu 640.000 Arbeiter Beschäftigung erhielten. Ferner erwähnte der Präsident 758 Pläne für öffentliche Arbeiten, deren Kosten auf 450 Millionen Dollar geschäßt werden.

" Der erpresserische Postbeamte."

Eine Namensberichtigung.

Schmidt,

Herr Oberpostsekretär Bernhard Friedrichshagen, teil uns zu dem Boltsentscheidzwischenfall in dem Postamt Friedrichshagen mit, daß er mit diesem Vorgang nicht das geringste zu tun hat, da er sich an dem betreffenden Tage auf Urlaub befunden hat. Wie wir inzwischen erfahren haben, handelt es sich in der Tat nicht um einen Herrn Schmidt, sondern um einen Beamten ähnlich klingenden Namens, wodurch sich der Uebermittlungsfehler erklärt.

Gegen Volfsentscheid der Reaktion. Entschließung der Steinarbeiter.

In der Quartalsgeneralversammlung der freigewerkschaftlich organisierten Berliner Steinarbeiter am Mittwoch im Gewerkschafts­haus hielt Genosse Dr. Cromer einen Vortrag über die Ursachen der Wirtschaftstrise, indem er auch auf die innen- und außenpolitische Bedeutung des Volfsentscheids zu sprechen fam. Als er die verbrecherische Rolle der PD. bei diesem schwarz­weißroten Voltsbetrug aufzeigte und die Bersammlung ihrer Ber­achtung darüber Ausdruck verlieh, wagten es die sonst so groß­fprecherischen kommunistischen Verbandsmitglieder nicht, durch Zwischenrufe die wahnwikige Parole ihrer Parteileitung zu verteidi­gen. Dr. Cromers Ausführungen zu diesem Punft gipfelten in der treffenden Bemerkung: von dem Mißlingen des Volksentscheides am 9. August hängt nicht nur der Wiederaufstieg aus der Wirtschafts­trise, sondern auch die Wiederherstellung der Ehre der deutschen Arbeiterschaft ab. Die Generalversammlung lehnte mit erdrückender Mehrheit eine Debatte über den Vortrag ab und nahm gegen Dier tommunistische Stimmen folgende Ent schließung an:

,, Die am 5. August im Gewerkschaftshaus tagende Vierteljahres­generalversammlung der Steinarbeiter Berlins bringt nach dem

verschlechterten Lohnbedingungen babel aufrechterhalten werden, f bleibt bei den„ Sowjetaufträgen" noch ein buntler Buntt.

Die Sowjet- Union hat kein Geld, um ihre Aufträge in Deutſch land sofort oder in furzer Zeit zu bezahlen. Die deutschen Unters nehmer müssen Kredite aufnehmen, um diese Aufträge zu finans zieren. Bringt der 9. August einen Erfolg des schwarzweißroten

vortrefflichen Referat des Genossen Dr. Cromer zum Ausdrud, daß Bolfsentscheids infolge seiner Unterstützung durch die Kommunisten, fie es

als Selbstmord der Arbeiterschaft

ansieht, sich an dem von den Nationalsozialisten, Stahlhelmern, Deutschnationalen und Kommunisten gemeinsam propagierten Bolfs entscheid am 9. Auguft zu beteiligen. Die Versammelten lehnen es ab, fich als Stimmvich von den schärfften Gegnern der Arbeiterschaft benutzen zu laffen.

Ein Erfolg des Boltsentscheids fann nur die 3ertrümmerung der Errungenschaften der Arbeiterklasse bringen. Jeder, der den Bolts­entscheid unterstützt, stempelt sich als Feind der Arbeiterschaft, möge

Neues Gewerkschaftshaus in Frankfurt a. M. In Frankfurt am Main wurde das neue Verwaltungsgebäude des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes eingeweiht. Das Haus wurde nach den Entwürfen der Berliner Architekten BDA. Mar Taut und Franz Hoffmann erbaut.

diese Unterstützung bewußt oder aus Dummheit geschehen. Ein Aufstieg der Arbeiterklasse tann niemals mit Hilfe der Reaktion, sondern nur durch schärfsten Kampf gegen alle offenen oder ver­tappten Reaktionäre erfolgen."

Zu Beginn der Versammlung hatten die Leiter der Zahlstelle, die Genossen Nitsche und Martens, einen furzen Bericht gegeben über die Tätigkeit im zweiten Quartal. In der Hauptsache ist die Bahlstellenleitung bemüht gewesen, Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, was jedoch infolge der Finanzkalamität der Stadt Berlin , die in erster Linie für die Arbeitsbeschaffung in Frage kommt, nur in bescheidenem Umfange gelang. Mit einer nennenswerten Entlastung des Arbeitsmarktes der Steinfeger und Steinarbeiter sei leider auch in nächster Zeit kaum zu rechnen.

Die anhaltende Krise hat einen neuen Verlust von 125 Mit­gliedern nach sich gezogen, so daß in Berlin am Schluß des zweiten Quartals noch 2169 Steinsetzer und Steinarbeiter organisiert waren. Aus dem gleichen Grunde hat sich auch das Lokalfaffenvermögen wieder um rund 2500 Mart verringert.

" Roter " Volfsentscheidsschwindel.

„ Sowjetaufträge halten den Betrieb."

Sehen wir einmal ganz davon ab, daß Sowjetaufträge nur unter starkem Druck auf die Lohn- und Arbeitsbedingungen aus­geführt werden können, weil die Sowjet- Union die Preise drückt und sich nicht im geringsten darum fümmert, daß wenigstens die

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dann hat dieser Erfolg" die Wirkung, daß das Ausland die not mendigen Kredite verweigert auch zur Ausführung der Somjet aufträge. Die Unternehmer können dann die von der KPD. sabo. tierte Ausführung der Sowjetaufträge nicht bewerkstelligen und diese Sowjetaufträge auf Eis legen.

Die prahlerische Behauptung des Boltsentscheids: Revolutionäre: Sowjetaufträge halten den Betrieb ist eine 3rreführung der Arbeiterschaft, genau wie die revolutionäre" Bolfsentscheidsparole.

Unter RGO.- Führung.

Die Dillinger Hütte stillgelegt.

,, Hüttenarbeiter streifen unter RGD.- Führung"- überschreibt die KPD.- Presse eine TU.- Meldung aus dem Saargebiet. Wie steht's damit? Gegen einen Schiedsspruch wurde ein Teilstreit unter. nommen und daraufhin die 5000 Röpfe zählende Ar. beiterschaft am 21. Juli ausgesperrt.

Nachdem die Aussperrung wieder aufgehoben wurde, haben sich am Mittwoch nur 420 Mann zur Arbeitsaufnahme gemeldet, an geblich deshalb, weil die RGO.- Leute samt allem fommunistischen Anhang die Arbeiter durch Terrormaßnahmen von der Wieder­aufnahme der Arbeit abhalten.

Mit besonderem Behagen vermerkt die ,, Rote Fahne", daß durch das Verweigern der Notstandsarbeiten ein Hochofen unbrauchbar geworden sei. Derartiges fann auch nur unter Führung der RGO." passieren. Denn die Stillegung eines Hochofens trifft in erster Linie die Arbeiter, nachdem der Streit beendet ist. Die an dem Hochofen beschäftigten Arbeiter, wie auch die mit der Weiterbearbeitung seiner Produkte beschäftigten Arbeiter, müssen geraume Zeit warten, bis der Hochofen wieder in Betrieb gebracht ist. Der Aufsichtsrat der Hütte beruft sich jetzt auf die Stillegung dieses Hochofens, um die Hütte gänzlich stillzulegen.

Dann kann die RGD. weiterführen" und in ihren Flugblättern deklamieren:„ Sofortige Deffnung aller stillgelegten Betriebe ohne Rücksicht auf die Profitintereffen der Unternehmer."

Die Arbeiter aber fönnen inzwischen bei den JAH.- Bettelsuppen verhungern. Die Art der Streitführung und insbesondere auch die mangelnde Streifunterstügung der RGO. wird die Arbeiterschaft von der RGD. gründlich furieren.

Keine Lohnfürzungen in USA .

Kürzung der Angestelltengehälter.

New York , 6. August.

Die United States Steel Corporation, die bee deutendsten Stahlwerfe der Vereinigten Staaten , haben eine Her absegung der Angestelltengehälter um 10 bis 15 Pro3. vom 15. August ab beschlossen. Gleichzeitig erklärt die Betriebsleitung, sie habe nicht die Absicht, die Löhne ihrer 200 000 Arbeiter zu fürzen.

Dieses Vorgehen erscheint uns unlogisch. Es wäre nur dann begreiflich, wenn die Arbeiter gut organisiert sind, die Angestellten aber schwach oder überhaupt nicht organifiert.

Zwangsarbeit in Rußland .

Militärisch Mobilisierung" genannt.

Moskau ( über Kowno ), 6. August.

In der Organisation der Arbeiteranwerbungen haben sich in der letzten Zeit erhebliche Mängel eingestellt, die unter den gegen­wärtigen Umständen nicht behoben werden können. Vor allem leiden die Metall- und die Kohlenindustrien unter dem Mangel an Arbeitskräften.

Die Gewerkschaftszentrale hat am Mittwoch einen Entwurf für die Mobilisierung der Jungkommunisten und der Kollektiomitglieder für die Industrie ausgearbeitet, der einen Zwang für die Heranziehung der Bevölkerung zur Arbeit in der Industrie Dorsieht. Der Entwurf bedarf noch der Bestätigung durch das Arbeitskommissariat.

Wetter für Berlin : Schwül und tagsüber meist start wolfig; Gewitterregen. Für Deutschland : Ueberall schwüles und wolfiges Wetter mit verbreiteten Gewittern.

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Berantwortl. für die Redaktion: Serbert gepere, Berlin ; Anzeigen: Th. Glode, Berlin . Verlag: Borwärts Berlag G. m. b. S., Berlin . Drud: Borwärts Buch bruderei und Berlagsanstalt Baul Ginger& Co., Berlin G 68, Lindenstraße 3. Sierzu 1 Beilage.

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