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Ar. 369-45. Jahrgang 21. Beilage des Vorwärts

donödi? al aux

Streife

durch die Obstkammer

Blick vom Krahenbara auf Caruth.

Das wird heute ein ergötzliches Bild sein, wenn der Transportarbeiter Ernst Thälmann alias Teddy und der Prinz August Wilhelm von Hohenzollern alias Aumi einträchtlich zur Wahlurne gehen und mit Ja" stimmen. Hinter Teddy dann sein Kumpan Willi Leon samt dessen Schlagetots und hinter Auri der Mumienzug alter Tan­ten, die keine ganzen Stiefelsohlen an den Beinen haben, aber für Schwarzweißrot schwärmen. Man müßte sich eigentlich heute vor die Wahllokale stellen und die größte politische Groteske unserer Zeit mit an­sehen: wie die alten Hauspaschas anmarschieren und die wohlfahrtserwerbslosen Mieter hinterdrein; der Ex­missionsbefehl lugt ihnen noch aus der Tasche. Oder der Herr von Borsig kommt von seinem Schloß Reiher­werder am Tegeler See , um zur Abstimmung zu gehen und vornemeg trabt mit schlotterndem Gebein der Zellen­häuptling von Borsig. Ein Aufzug wird das, wie ihn keine Bühne zu bieten vermag. Wir haben allerdings die Zuversicht, daß am heutigen Tage die kommunistischen Arbeiter einsichtiger sind als ihr Zentralkomitee und daß sie mahrmachen, was sie in den hinter uns liegenden Tagen ihren Kollegen an der Drehbank oder am Schraubstock mehr als einmal gesagt haben: ,, Das geht uns doch über die Hutschnur, da fahren wir lieber ins Grüne!" Mal nicht nach Pichelsdorf und nicht nach Friedrichshagen , sondern etwas weiter, in eine kleine Spezial­republik, nämlich nach Caputh . Auf Sonntagsfahrkarte für 1,20 Mk., mit Umsteigen in Wildpark.

In der Republik Caputh .

Hinter Potsdam beginnen die Wegweiser zur Republit Caputh . Sie sind alle schwarzrotgold angestrichen. Ja," sagt der Amtsvorsteher, Genosse Sydow ,,, wir in Caputh stehen zur Fahne, bei uns weht Schwarzrotgold." Und diese erfrischende Eindeutigkeit hat noch am 14. September reife Frucht getragen: um 80 Stimmen

Hier wohnt der Herr v. Kähne,

gestärkt ging die Sozialdemokratie aus dem mörderischen Reichstags wahlkampf hervor. Wir können uns zum Beispiel nicht erinnern, daß die Berliner Arbeiter zum Empfang der zurückkehrenden Wiener Olympiadekämpfer mit Mufit auf dem Bahnhof waren und sie im! Triumph in ihre Quartiere geleiteten. Obwohl dem Arbeitersport solche Popularisierung wahrhaftig nichts schaden würde. In der Republik Caputh ist das anders. Da sind drei junge, arbeitslose Maurer in Caputh . Die fahren Rad. So wie feiner Rad fährt. Und wurden die Sieger in Wien . Als die drei zurücdfamen, stand ganz

Caputh am Bahnhof und mit Mufit gings ins Dorf. Das sind unsere Jungens", erzählen einem freudestrahlend die Caputher . Auf ganze 7 Proz. brachte es die Reaktion beim Boltsbegehren, hinter­pommersche und ostpreußische Dörfer dagegen bisweilen auf 100 Broz. Caputh und Briezen sind eben ein Unterschied wie Tag und Nacht. Vor einer Woche noch hat sich der Potsdamer Stahlhelm an Caputh die Finger verbrannt. Die famen plöglich 300 Mann hoch anmarschiert und wollten anscheinend ein kleines Pogromchen veranstalten. Schlugen den Caputhern mit ihren Standarten über die Schädel, daß es nur so frachte, zertrümmerten Fensterscheiben, tobten auf den Höfen der Obstzüchter wie die Besessenen herum, wollten das Reichsbannerlokal stürmen. Die Caputher , die so etwas nicht gewohnt sind, dachten, jetzt fällt Ostern und Pfingsten auf einen Tag. Nachher hatte es der Stahlhelm sehr eilig, mit heilen Knochen wieder nach Potsdam zu kommen. Caputh ist nicht Livorno und nicht Bologna .

Kiepe, Hund und Pferd.

Nun hinauf zum Krähenberg. Unten zu unseren Füßen in 5 Kilometer Ausdehnung Caputh mit seinen 3500 Einwohnern. Rote

Sonntag, 9. August 1931

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teurer

Dächer, grüne Obstberge und überall die Havel , blau wie der Him­mel. Rechts Potsdam, links Werder, gleich gegenüber Gel­tom, etwas abseits Be zo w. Und dazwischen der Schwielom= See. Ein schneeweißer Dampfer stampft in Richtung Baumgarten­brüd. Mit einer Bugwelle, die sich wie seidene Falten auf das Wasser legt. Man braucht Schönheit heute nicht mehr beschreiben; was früher die Lyrik ausdrückte, sagen heute drastischer die Tarife der Grundstücksmakler. Ungefähr so: schöne Gegend Boden, miese Gegend billiger Boden. Caputh muß sehr schön sein, denn der Quadratmeter Boden am Schwielow- See kostet bare 15 Mark. Der preußische Morgen also 36 000 Mark. Wenn man das einem westpreußischen Bauern erzählte, dann bekäme der einen Nervenchok. Aber Caputh muß sehr schön sein, noch oben auf dem Krähenberg der Sand fostet 8 Mark pro Quadratmeter. Einer hat sich da oben ein Schloß bauen wollen, beinahe ein kleines Röiner­fastell. Jetzt stehen die angefangenen Mauern wie eine Ruine da, dazwischen kann man auf dem Zementboden der mächtigen Halle spazieren gehen und in das Kreisrund des Burgverließes schauen. Der Schloßherr in spe hatte sich verrechnet, am 15. November 1923 rechnete man nicht mehr nach Billionen, sondern wieder nach Mart. Das hatte er übersehen und so ist Caputh zu einer Burg­ruine gefommen.

Ja, dann das Obst. Obst braucht Berge, und wenn wir recht verstanden haben, kann der Frühjahrsfrost schlecht fiettern, tut der Blüte auf den Bergen also nicht allzuviel. Und weil die Ufer der Havel hügelig find, hat sich hier die Obstkammer Berlins aufgetan. Werder, Caputh , Geltow und Glindow . Auf der Ebene zwischen Fehrbellin und Neuruppin ginge das weniger gut. Nun müßten wir die Einwohner von Caputh nehmen und die eine Hälfte links von der Friedrich- Ebert- Straße aufstellen, der Caputher Friedrich- Ebert­Straße natürlich, und die andere Hälfte rechts davon. Die einen wären dann reine Obstzüchter und die anderen Handwerker, deren Frauen nebenbei einen Obstgarten besorgen. Die Rangordnung in Caputh ist dabei folgende: Kiepe auf dem Buckel= armer Mann; Hund vor dem Wagen= er fann fich sattessen; aber ein Pferd an der Leine und kutschierend auf dem Bock wohlhabender Mann. Das steht natürlich nicht am schwrzen Brett von Caputh angeschrieben, uns fam das nur so vor. Es kommt in Caputh darauf an, wie man fein Obst trägt. Die reinen Obstzüchter haben dann bis 7 Morgen Land, die Handwerker vielleicht zwei. Meist alles Pachtland, das je nach Güte pro Morgen und Jahr 90 bis 180 Mark Pacht foſtet. Das muß ein reicher Mann sein, der Herr von Willich , dem 1000 Morgen Caputher Boden gehören. Dann kommt alles auf die Sonne an. Scheint sie schön, lassen sich aus 5 Morgen 4000 Mart heraus­holen, scheint sie nicht, werden es gerade noch 1500 Mark. Es geht den Obstzüchtern wie den Eishändlern, beide können sie die Kon­junktur am Barometer ablesen.

Erregte Obstwein- Debatte.

Wie das denn mun mit dem Wein wäre, fragte der Bericht­erstatter. Unmittelbar darauf friegten sich unseretwegen die Caputher in die Haare. Also der eine nimmt ein Kilo Erdbeeren, preßt sich daraus drei Viertelliter Saft, gießt zu dem Saft noch drei Viertel­liter Wasser, weiter tam er nicht mit seiner Erzählung. Alle anderen riefen, er müsse ja ein unverbesserlicher Trinter sein, Saft und Wasser 1: 1 gemischt, das gäbe mehr Kognat als Obstwein. Wer das Gebräu trinken wollte, würde von einer Flasche umfallen. ,, Ich falle aber nicht um," meinte der Mann, der sich sein Träntieinabl mischt, und schwieg. Ein anderer gießt auf einen Liter Erdbeersaft drei Liter Wasser und dann rechnet er auf zehn Liter Gemisch zwei Pfund Zucker. Das kommt im Juli/ August in den Weinballon, wo nach einiger Zeit der Gärungsprozeß beginnt. Schaum sondert sich

Volksfeinde als Prügelhelden

Ueberfälle auf sozialdemokratische Flugblattverteiler.

Im Laufe der Nachmittagsstunden des Sonnabend wurden wieder eine Reihe von Parteigenossen, die Flugblätter gegen den Volks­entscheid auf den Straßen verteilten, von Hafenkreuzlern und ihren Berbündeten, den& ommunisten, überfallen und zum Teil erheblich verletzt. In mehreren Fällen wurden den Partei­genoffen die Flugblätter entrissen. Am Görliger Bahnhof wurde der 25jährige Genoffe Otto Sch. aus der Man­teuffelstraße von Hakenkreuzlern schwer mißhandelt. Sch. mußte mit Kopfverletzungen in das Urban- Krankenhaus gebracht werden. Im Often der Stadt, in der Petersburger Straße, wurde ein Reichs­bannermann von politischen Gegnern überfallen und durch einen Messerstich in den Hals verlegt. Auf der nächsten Rettungsstelle er­hielt der Verletzte die erste Hilfe.

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Auf die Filiale von Goldacker in der Schönhauser Allee 177 hatten es gestern nachmittag kommunistische Plünderer abgesehen. Etwa 20 bis 25 Mann drangen in den Laden ein und raubten für etwa 30 Mark Lebensmittel. Mehrere Burschen stürmten zur Kasse und stahlen den Kassenbestand. Die Blünderer fonnten mit ihrer Beute entkommen.

Der bei den gestrigen Tumulten am Bülowplatz erschossene Demonstrant ist später von der Polizei als ein 19jähriger Klempner Friz Auge festgestellt worden. Der mit einem Armschuß in das Krankenhaus am Friedrichshain Eingelieferte ist ein 19jähriger Schlächter Paul Seibt aus der Auguststraße.

Wie wir zu den blutigen Zwischenfällen erfahren, wurden mehrere Polizeibeamte, die den Bülomplag räumen wollten, von einer größeren Menge angegriffen. amter wurde zu Boden geschlagen und erheblich verletzt. Um die Angreifer zurüdzudrängen, wurden zunächst Schrechschüsse abgegeben, und erst, als die Menge erneut zum Angriff überging, scharf ge= schossen. Im Verlaufe der Zwischenfälle ist noch ein Polizei­hauptwachtmeister Gebhardt, der sich in Zivil befand, von Kommunisten niedergeschlagen und so schwer ver= letzt worden, daß er in Staatsfrankenhaus übergeführt werden mußte.

Im Kleinen Tiergarten" in Moabit versuchten kom= munistische Trupps das Plazkonzert des Reichs= banners zu stören. Fünf Krateeler wurden von der Polizei fest­genommen.

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