ob, was durch Zuguß von Zuckcrwaffer noch gefördert wird, im Herbst ist diese Prozedur zu End«, dann wird der Wein aus glaschen gcsüllt und im nächsten Frühjahr kann er getrunken werden. Obst- wein wird mit dem Alt« nicht besser, sagten die Eingeborenen. Vor» ausgesetzt, dajz die Essigfliege nicht an den gärenden Wein heran- kommt. Diese Viecher umschwirren wie wild die Gärpfeife. Finden sie einen Durchschlupf, gibt es keinen Wein, sondern Essig. Pech ist das, und wem es passiert, der muß dann eben recht oft wo anders zum Geburtstag gehen, um Obstwein trinken zu können. Der 1: 1- Mann aber sagte:„Na, ehe ich euren Wein trinke, hole ich mir lieber Wasser von der Pumpe." Jetzt ging es los: jeder hatte ein anderes Rezept und jeder erklärte den anderen für verrjickt. Zu uns sagte man:„Lieber Freund, habt ihr ein Kochbuch?"„Ja," antworteten wir und staunten.„Dann seht doch da nach, da steht doch alles drin. Wir werden ja hier doch nicht einig." Baden im Schwielowsee . Nach dieser hitzigen Auseinandersetzung kühlte sich alles im Schwielowsee ab. Die Eapukher haben sich ein Seebad gebaut, vor zwei Zahren singen sie an, im vorigen 3ahr hallen sie 12 000 Badegäste, in diesem Jahr bisher schon 13 000. Am letzten heißen Sonn- tag allein über 1000. Alle Berliner sind herzlichst eingeladen, nach Caputh baden zu kommen. Man hat schönen weihen Sand an den Schwielowsee gekarrt, Kabinen gebaut, einen Parkplatz errichtet, ein wenig tritt der Wald an dos Wasser, warum fahren die Berliner überhaupt immer nur während der Baumblüte in die märkische Obst- kammcr? Ist der Mai vorbei, dann scheint es, als wäre Werder aus- gelöscht vom Erdboden. Dabei wer wirkliche Ruhe haben will, der trotte doch mal von Caputh nach Ferch oder nach Lienewitz. Wer da hoch oben auf einem Berg steht und unten den Caputher See sieht, ganz grün ist der, ringsum die Obstplantagen, weiter ins Land hinein der endlose Wald, da und dort steigt eine feine Rauchsäule auf und zittert in der Sonnenglut, dann erinnert man sich, das schon einmal irgendwo auf einem Bilde gesehen zu haben. Richtig. Kanada bat diese beängstigende Einsamkeit. Und es stimmt auch das andere, daß der Quadratmeter Boden IS Mark kostet. Abstecher ins Mittelalter. Bon der Chaussee Geltow— Werder zweigt ein Landweg ab. Ein barbarischer Weg ist das. Der geht nach Petzow . Zum Herrn von Kähne. Es war langsam Abend geworden im Havelland, und die Uhr schlug sieben. Da ritt auf den Glockenschlag ein Mann durchs Dorf. Im grasgrünen Lcinenanzug und immer noch schwarzen Haar. „Guten Abend", sagte er. Dann ritt er durch das Tor seines Guts- Hofes. Vorbei an dem uralten runden Turm. Rechter Hand liegt das Gutshous. Im englischen Stil erbaut. So verwunschen, wie das heutzutage nur noch Kulissen im Film können. In diesem Petzow bat der alte, jetzt 72jährige 5)err von Kähne vor dreißig Jahren die Zeit angehalten. Er entließ die Diener und die Jungfern, und man sagte, die Frau von Kähne koche dem Herrn von Kähne das Mittag- essen selber. Daß er kein elektrisches Licht und kein Gas auf seinem Gut hat, stimmt. Abends sitzt der Herr von Kähne bei einer Spiri- tuslampe. Brächte ihm ein Mensch aus dem 20. Jahrhundert einen Radioapparat, er würfe ihn zum Fenster hinaus. Die Bibel genügt ihm. Der alte Herr von Kühne ist bei Sedan stehen geblieben. Merkwürdige Gedanken kommen in Petzow : hier möchte man mal den Weihnachtsabend oder die Silvesternacht verbringen, wie dann alles aussehen mag, der Schnee über dem Schloß, am Schwielowsee knackt das Eis und hoch oben der Orion mit seinem roten funkelnden Auge.„Schießen die Kühnes eigentlich immer noch so viel?" fragen wir.„Nein, seit, dem Prozeß ist es noch stiller geworden in Petzow ", sagen die Leute. ..-■ Ilm 8 Uhr marschiert das Infanterieregiment Nr. si an Petzow vorbei. Feldmarschmäßig. Zur Uebung in die Gegend von Käme- rode. Was die heute alles an Zeug mitschleppen. Zwei Pferde ziehen einen kleinen Wagen, der hat zwei Käfige. In jedem Käfig sttzt ein Schäferhund. Grün blitzen ihre Augen in der Dämmerung. Die Soldaten schwitzen. Sie haben die Stahlhelme auf die Wagen ge- packt. Die Hunde rumpeln langsam durch die Gegend. Warum mögen die Militärhundc wohl gefahren werden?
l?ii,e Extraausgabe des„Vorwärts" erscheint Montag früh im Stratzcnhandel.
Das Reichsbanner Schöneberg-Zrtedenau marschierte am Sonnabend abend in einem gewaltigen Fackelzug zu Ehren des Reichsverfassungstages auf. Der Zug sammelte sich am I n n s- brucker platz, wo sich auch die Feinde der Republik au « dem reaktionären Friedenau eingefunden hatten und liebliche Pfeifkonzerte veranstalteten. Der Zug ging unter Vorantritt von zwei Kapellen durch die Hauptstraße nach Süden. Die Sozialistische Ar- beiterjugend.die Kinderfreunde, die Soztaldemo- kratische Partei, der Reichsbund der Kriegsbeschädig- t e n hatten sich mit vielen Hunderten von Mitgliedern dem Fackelzug angeschlossen. Auch die Schöne berger Kleingärtner demonstrierten mit. Während die Hauptmasse der Bewohner der Straßen durch die der Zug ging, das Reichsbanner freudig begrüßte, hatten sich vor den Nazilokalen an der Fregestraße und an der Kaisereiche jung« Burschen aufgestellt, die besonders die Jugendgenossen anzurempeln versuchten, was aber von den Reichsbannerkamcraden recht energisch zurückgewiesen wurde. Nachdem der Zug durch ganz Friedenau weit über die K a i s e r a l l e e hinaus, dann zurück über die Wannseebahn in die Nähe des Schöneberger Südgeländes gezogen war, nahm er zum Schluß auf dem Rudolf-Wilde-Platz vor dem neuen Schönebergcr Rathaus Aufstellung, wo der Fackelschein der vielen Taufende den Riesenplatz erhellte. Hier unternahmen die Hakenkreuzler regelrechte Bandenüberfälle auf unsere Iugendgenossen! sie wurden aber von der Polizei energisch in die Seitenstraßen zurückgedrängt. Ein Teil der Lümmelgarde wurde verhaftet. Nach einer Ansprache des 2. Kreisleiters des Schöneberger Reichsbanners, Kameraden Philippsborn, wurde die eindrucksvolle Kundgebung mit einem Hoch auf die deutsche Republik geschlossen. Reichsbanner Neukölln feiert die Verfassung. Die Reichsbanner-Abteilung Neukälln-Britz lud zur Volks-Verfassungsfeier nach der„Reuen Welt", Hasenheide, und alle, alle kamen. In den frühen Nachmittagsstunden schon war der große Garten vollbesetzt, und das Neuköllner Reichs- banner-Mufikkorps unterhielt seine Gäste. Am Vorabend großer, schwerwiegender Ereignisse war dies nicht ein Festefeiern im eigentlichen Sinne, sondern ein stilles, aber unverbrüchliches Ge- löbnis des Zusammenhaltens. Nach der Begrüßungsansprache durch den I.Vorsitzenden Gutschmidt nahm Reichstagsabgeordneter Brandes, Vorsitzender des Deutschen Mctallarbeiter-Berbandes, das Wort; er führte den Anwesenden den schweren, unverantwort- lichen Vorrat an dem Volke, der begangen wird durch eine Katastrophenpolitik gewissenloser Vankerotteure, vor Augen, und er forderte in dieser Stunde das erneute Gelöbnis für die Reichs-
Todesfahrt ins Wochenende. Drei Berliner im Auto verbrannt. Ein schweres Kraftwagenunglück ereignete sich am Sonnabendnachmittag einige Kilometer nördlich von Löwenderg in der Mark. Der tveneraldirektor Z w i e» u s ch au« Berlin befand sich in seinem wagen mit dem Direktor Sperling und dessen F r g n auf der Fahrt von Berlin nach Ren-Globsow. Kurz hinter Löwenberg platzte bei dem ziemlich schnell fahrenden wogen der rechte hinter- reifen. Der wagen fuhr zwei Bäume um. riß einen Ehausseeslein heraus und stürzte dann eine Böschung hinab. Dabei wurde der Tank aufgerissen und das ausströmende Benzin entzündete sich an dem heißen Motor. Den Insassen des brennenden Wagens gelang es nicht mehr, ins Freie zu kommen. Rur der Führer konnte von dem gerade des Weges kommenden Wandervogel Werner Kraft aus dem brennenden wagen gezogen werden. Cr hat nur geringfügige Verletzungen erlitten. Die drei anderen Insassen de« wagen« verbrannten.
Verfassung, die Demokratie und Republik gegen eine Koalition von skrupellosen Abenteurern, die die Arbeiterklasse dem Faschismus aus- liefern und dem Inflationsbetrug 1923 den Deflationsbetrug 1931 hinzufügen will. Nach der eindrucksvollen Rede folgte der gemein- fame Gesang„In Kümmernis und Dunkelheit" und der Abmarsch der Fahnen, die während der Ansprache auf der Bühne Aufstellung genommen hatten. Künstlerische Darbietungen des A r- beiter-Radfahrbundcs, der Arbeiter-Athleten, des Arbeiter- Radiobundes und der Volkstanzschar Neukölln vervollständigten die Feier. Während der Vorführungen umkreiste eine Maschine des„Sturmvogel " den Platz: es hatten sich außerdem der Arbeiter-Radiobund, der Arbeiter- L i ch t b i l d- B u n d. der„Sturmvogel " und die„Volks- f ü r s o r g e" durch Ausstellung von selbstgebauten Apparaten, Flug- zeugmodellen, Photographien und statistischem Material an dem Fest beteiligt. Eine rcichbeschickte Tombola, die namhafte Stiftungen ocr- schiebener Firmen wie Krenter, Iosetti, Elektrola, Sturmvogel, Dietz- Verlag. Joseph& Co.. Rosenthal, usw. aufwies, gewährte gegen Kauf eines 2S>Pfenn!g-Loses beste Gewinnchancen. Verfassungsfeier in Kriedrichshagen. Das Reichsbanner in Friedrichshagen veranstaltete gestern ein« Verfassungsseier, die unter starker Beteiligung der Be- völkerung vor sich ging. Eingeleitet wurde die Feier mit einem Fackelzug durch die Straßen des Ortes. Er erstellte sich der Be- gleitung durch einige nationalsozialistische Schreier. Ihr„Deutsch- land erwache" wurde mit Gelächter und mit entsprechenden Gegen- rufen beantwortet. Abgeschlossen wurde die Veranstaltung mit einer Kundgebung auf dem Marktplatz. Es waren mehrere hundert Per- sonen, vor denen der Kameradschaftsleitcr des Reichsbanners über die Bedeutung der Verfassung sprach. Begeistert klang das Hoch auf die Republik . Verfassungsflugfest bei jedem Wetter! Der„Sturmvogel " lädt heute wie alljährlich aste Repabli- kaner zum Bolksflugtag nach dem Flughafen Tempelhof ein. Tausend billige Rundflüge werden geflogen, zahlreiche große Lustreisen werden oerlost. Der altbekannte Flugmeister U d e t fliegt (u. a. auch in einem interessanten Lustrennen). Segelflugzeug- starten, zahlreiche Fallschirmabsprünge werden gezeigt. Das größte und das kleinste Landflugzeug der Welt starten gemeinsam. Das um- fangreiche Programm wird bei jedem Wetter durchgeführt. Die oolks- tümlichcn Preise(0,50, 1,— und lr50 M.) lassen einen Massenbesuch erwarten. Ausgabe von VerfassungS-postkarten. Zum Perfassungstage wird eine besondere Po st karte zu 8 Pf. mit dem Bildnis des greiherrn vom Stein aus- gegeben. Der Verkauf an den Postschaltern beginnt am 10. August. Die Karte kann unter Nachkleben der nötigen Freimarken auch nach dem Auslande benutzt werden. Haartrockner als Todbringer. Gn« Krau tödlich verunglückt. Atlf trägische Welse ist gestern nachmittag die 38 Jahre alte Frau Gertrud?l e s p i t a l aus Sicmensstadt, Ronnendamm-Allce 94, ums Leben gekommen. Frau Tl. war einer Freundin beim h a a r- waschen behilflich. Als sie den elektrischen„Fön " einstellte, erhielt sie einen so starken elektrischen Schlag, daß sie augenblicklich t o t zu Boden sank. Der Apparat ist von der Kriminalpolizei beschlagnahmt worden. Offenbar hat die tödlich verunglückte den „Fön " mit nassen Händen bedient, wodurch Kurzschluß hervor- gerufen wurde. In den gestrigen Nochmittagsstunden ereigneten sich zwei weitere tödliche Unglücksfälle. Auf dem Dach des
Von I. IIP UND P. PETROW
Ostap schleppte Worobjew in einen Korridor und zeigte dem Vorsitzenden den Stuhl, der im Schachzimmer des Klubs der Bahnbeamten stand und ganz gewöhnlich aussah, wie jeder andere Gambsstuhl, obwohl er ungeheure Schätze in sich barg.. Niemand war da. Ostap näherte sich dem noch nicht winterlich mit Papier verklebten Fenster und schob beide Riegel von den Fensterrahmen zurück. „Durch dieses Iensterchen", sagte er,„werden wir heute nacht leicht und einfach zu jeder beliebigen Stunde in den Klub gelangen können. Kissa, merken Sie sich, das dritte Fenster vom Haupteingang. Doch jetzt wollen wir gehen, mein Alter. Wir müssen Bier trinken und uns vor dem nächtlichen Besuch ausruhen. Wird Sie der Genuß von ordi- .närem Bier nicht zu sehr chokieren, Borsitzender? Tut nichts! Morgen können Sie Champagner in Mengen trinken." Als Bender aus dem Bierlokal auf den Siwzow-Wraschek schritt, wurde er ganz lustig und sprach zärtlich zu ihm:„Kissa, Sie sind ein außerordentlich sympathisches altes Männchen, ich werde Ihnen aber doch nicht mehr als zehn Prozent geben. Bei Gott nicht. Wozu brauchen Sie so viel Geld?" „Was heißt„wozu"? Was heißt das?" regte sich Wo- robjew auf. Ostap lachte aus reinem Herzen und drückte seine Wange an den nassen Acrmel seines Geschäftsfreundes. „Was werden Sie kaufen, Kissa? Was denn? Sie haben doch keine Phantasie. Bei Gott, sünszehntausend werden Ihnen vollständig genügen... Sie. werden ohnehin bald sterben, Sic sind doch schon alt. Sie brauchen überhaupt kein Geld.... Wissen Sie, Killa, ich glaube, ich werde Ihnen überhaupt nichts geben. Wozu einen Menschen verwöhnen! Ich werde Sie, Kissalja, als Sekretär zu mir nehmen. Ha? Vierzig Rubel monatlich und Verpflegung. Bier freie Tage im Monat. Ha? Wie gefällt Ihnen dieses Angebot?" Worobjew riß seinen Arm von Ostap los und ging rasch voran. Diese Scherze versetzten ihn in Wut. Ostap holte Worobjew beim Eingang in das rosa Häuschen ein.
„Sind Sie wirklich beleidigt?" fragte Ostap.„Ich habe doch nur Spaß gemacht. Sie werden Ihre drei Prozent be- kommen. Bei Gott, die drei Prozent werden Ihnen ge- nügen, Kissa." Worobjew trat düster in das Zimmer. „Nun, Kissa?" scherzte Ostap.„Seien Sie doch mit drei Prozent«inverstanden! Topp, es sei, stimmen Sie zu. Ein anderer wäre ganz einverstanden. Sie brauchen kein Zimmer zu mieten, da Jwanopulo für ein ganzes Jahr nach Twer gefahren ist. Oder Sie können auch die Stelle eines Kammer- dieners bei mir haben..» Eine angenehme Stelle." Als er einsah, daß man Worobjew nicht aufheitern konnte, gähnte er lieblich, streckte sich bis zum Plafond, sog seine breite Brust mit Luft voll und sagte:„Nun, mein Freund, halten Sie Ihre Taschen bereit. Wenn der Morgen dämmert, werden wir uns in den Klub begeben. Das ist die beste Zeit. Die Wächter schlafen und träumen süß, wofür �ie dann oft entlassen werden. Bis dahin, mein Teurer, rate ich Ihnen, sich auszuruhen." Ostap legte sich aus die drei Stühle, die aus verschiedenen Stadtteilen Moskaus stammten, und sagte noch vor dem Ein- schlafen:„Oder als Kammerdiener!... Anständige Gage... Verpflegung.,. Trinkgelder... Nun, nun, ich habe nur Spaß gemacht... Die Sitzung dauert weiter! Das Eis ist in Bewegung, meine Herren Geschworenen !" Das waren die letzten Worte des großen Kombinators. Er schlief einen tiefen, erfrischenden, sorg- und traumlosen Schlaf. Worobjew ging aus die Straße hinaus. Er war von Per- zwcislung und Haß ersüllt. Der Mond beleuchtete die Wolken. Das nasse Garten- gttter glänzte wie Fett. Die staubigen regennassen Gas- laternen flackerten unruhig. Aus dem Bierlokal„Der Adler" wurde ein Betrunkener hinausbefördert. Der Trunkene gröhlte laut. Worobjew schnitt eine Grimasse und ging mit festen Schritten ins Haus zurück. Er hatte nur den einen Wunsch, allem so rasch als möglich ein Ende zu machen. Er trat ine Zimmer, sah den schlafenden Ostap bös an. wischte seinen Zwicker ab und nahm das Rasiarmeffer vom Fensterbrett. Er steckte das Messer zu sich, ging noch einmal an Ostap vorbei» ohne ihn anzusehen, seinen Atem aber härte er und ging in den Gang hinaus. Hier war alles still. Alle schliefen. Worobjew schritt bis zur Treppe und horchte ange- spannt nach unten. Niemand war auf der Treppe. Der Vor- sitzende schlich leise wie eine Katze ins Zimmer zurück, nahm aus Ostaps Rock, der auf dem Stuhl hing, zwanzig Rubel und die Zange hermts, setzte seine schmutzige Admiralsmütze aus.
und lauschte wieder. Ostap schlief ruhig, regungslos. Sein starker Arm hing bis zum Boden hinunter. Worobjew fühlte die Adern in seinen Schläfen pochen, er zog ohne Eile seinen rechten Aermel über den Ellbogen hinauf, wickelte ein Hand- tuch um den bloßen Arm. nahm das Rasiermesser heraus, maß mit den Augen die Entfernungen im Zimmer und drehte das Licht aus. Das Licht erlosch, im Zimmer aber schwebte noch der Schein der Straßenlaterne, bläulich wie die Beleuchtung in einem Aquarium. „Um so besser", flüsterte Worobjew. Er näherte sich dem Kopfende von Ostaps Lager, hielt die Hand mit dem Rasiermesser weit weg von sich und stieß mit seiner ganzen Kraft die ganze Klinge der Länge nach mit einem Ruck an Ostaps Kehle. Dann riß er das Rasiermesser sofort wieder heraus und sprang gegen die Wand. Der große Kombinator gab«inen ähnlichen Laut von sich wie die Abflußöffnung einer Wasserleitungsmuschel, wenn sie die Reste des Wassers einsaugt. Es war Worobjew ge- glückt, sich nicht mit Blut zu bespritzen. Er schlich an der Wand entlang zu der blauen Tür und sah sich eine Sekunde lang nach Ostap um. Der Körper schoß zweimal nach oben und siel dann gegen die Stuhllehnen. Dos Straßcnlicht schwamm über der schwarzen Pfütze auf dem Fußboden. — Was ist dos für eine Pfütze?— dachte Worobjew— Ja, ja, Blut... Genosse Bender ist gestorben. — Worobjew nahm dos Handtuch vom Arm ab, es war leicht mit Blut beschmutzt, warf es weg und legte das Rasier- Messer behutsam auf den Fußboden. Dann ging er hinaus und schloß die Tür hinter sich. So war der große Kombinator dahingegangen, an der Schwelle des Glücks, das er sich erträumt hatte. Worobjew kam auf die Straße hinunter und wandte sich gegen den Kalantschcwski-Platz, dabei murmelte er wie im Krampf:„Nicht drei Prozent— alle Lrillanteiy olle, olle." Worobjew blieb beim dritten Fenster vom Haupteingang des Klubhauses der Eisenbahner stehen. Er kroch geschickt auf das Gesimse hinauf, öffnete das Fenster und sprang geräusch- los tn den Gang. ' Dann fand er leicht den Weg in die Klubräume, die vom grauen Licht der Morgendämmerung beleuchtet waren. Er drang in das Schachzimmer, streifte leicht mit dem Kopf das an der Wand hängende Bild Emanuel Lasters und näherte sich dem Stuhl. Er beeilte sich nicht. Das wäre zwecklos ge- wefcn. Niemand verfolgte ihn. Der Weltmeister Ostap Bender schlief im rosa Häuschen auf dem Siwzow Wraschek seinen ewigen. Schlaf.(Schluß folgt.)