Morgenausgabe
Nr. 389
A 196
48.Jahrgang
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Vorwärts
Berliner Bolksblatt
Freitag
21. August 1931
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Die etnipalt. Nonpareillezeile 80 31. Reflamezeile 5,- R ,, Kleine An zeigen" das fettgedruckte Wort 25 Pf. zulässig zwet fettgedruckte Borte), jedes weitere Bort 12 Pf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Pf. jedes weitere Wort 10 Pf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte Urbeitsmarkt Zeile 60 Pf. Familien. anzeigen Zeile 40 Bf. Anzeigenannahme Im Hauptgeschäft Lindenstraße 3. wochen täglich von 8 bis 17 Uhr. Det Berlag behält sich das Recht ber Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vorl
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Berleumdung des Reichsbanners. Kampfruf der Jugend.
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Das Goebbels: Blatt beschuldigt die„ Schufo" des Zugattentats.
In dreispaltiger Valkenüberschrift verkündete gestern| Aufmerksamkeit der Deffentlichkeit von den sich täglich häufenden nachmittag ,, Der Angriff" des Herrn Dr. Goebbels : Die Gewalttaten der Nationalsozialisten abzulenten, wenn nicht gar auf D- 3ug Attentäter von Jüterbog Reichs diese Weise der Versuch unternommen wird, die Untersuchung bannerleute." In der Unterzeile wird versichert: des Eisenbahnattentates auf falsche Fährten zu ,, Bahnpolizei bezichtigt Schufo"." lenten. Die Bundesleitung des Reichsbanners Schwarz- Rot- Gold weist die gegen das Reichsbanner erhobenen Vorwürfe mit aller Schärfe zurück und erklärt:
Um dieser infamen Verleumdung einen Schimmer von innerer Glaubwürdigkeit zu geben, wird der Brief eines angeblichen Verbandes der Bahnschutzpolizisten, Berlin N. 24, Müllerstr. 11", wiedergegeben, in dem behauptet wird:
„ Die Spuren führen auf die gerade in letzter Zeit viel genannte„ Schufo", eine Formation, die bekanntermaßen von linten Sozialisten gegründet wurde und die bereits durch allerlei Manipulationen unangenehmes Aufsehen hervorgerufen hat..."
Diesem Schreiben steht der Schwindel an der Stirn, denn nach einer Erklärung der Reichsbahn existiert ein ,, Verband der Bahnschutzpolizisten" überhaupt nicht. Die verbrecherischen Grünlinge in der Goebbels - Redaktion seen jedoch dem einen Schwindel noch einen zweiten auf. Sie behaupten, die ,, Schufo"-Attentäter hätten ,, aller Wahrscheinlichkeit nach" durch das Attentat die Reichs. wehr vom Truppenübungsplatz Jüterbog an den Un glücksort locken wollen, um dann ungestört größere Waffendiebstähle ausführen zu können.
Es ist in letter Zeit vielfach wieder von der Gefähr dung der Pressefreiheit die Rede gewesen. Ange sichts einer so bodenlosen Verlotterung, wie sie sich in dieser Hakenkreuz- Presse zeigt, bleibt allerdings nur die Frage, ob die Pressefreiheit auch solchem journalisti. schen Strol chtum moralischen Schutz gewähren darf. Es ist überflüssig zu sagen, daß die Andeutung, die ,, Schufo" des Reichsbanners hätte zu dem Attentat auch nur die geringste Beziehung, eine einzig dastehende Hundsfötterei darstellt.
Erklärung des Reichsbanners.
Die Bundesleitung des Reichsbanners Schwarz- Rot- Gold übermittelt uns folgende Erklärung:
Das Berliner nationalsozialistische Blatt Der Angriff" vom 20. Auguft veröffentlicht unter der Ueberschrift ,, D- 3ug- Attentäter von Jüterbog Reichsbannerleute" eine sensationell aufgemachte Mel dung, in der Reichsbannerleute verdächtigt werden, das D- 3ugAttentat bei Jüterbog begangen zu haben. Ohne den Schatten eines Beweises, lediglich gestützt auf eine angebliche Zuschrift eines Verbandes der Bahnschutzpolizisten, wird in der Meldung dem Reichsbanner unterstellt, es habe aller Wahrscheinlichkeit nach durch das Attentat die Reichswehr vom Truppenübungsplatz Jüterbog an den Unglücksort locken wollen, um auf dem Truppenübungsplatz selbst größere Waffendiebstähle ausführen zu können. Schließlich wird von einer„ Schufo- Terrororganisation" gesprochen und behauptet, das Reichsbanner werde systematisch bewaffnet, und zwar von einer Zentralstelle, die einheitliche größere Waffenbesorgungen tätige. Diese Vorwürfe gegen das Reichsbanner sind so ungeheuerlich, daß fie jedem Unvoreingenommenen als bewußte Lüge und Berleumdung erscheinen müssen.
Wenn sie das nationalsozialistische Blatt trotzdem in so sensationeller Form veröffentlicht, so verfolgt es damit offenbar den Zweck, die
Zur Völkerbundstagung. Deutsche Vertretung ohne Parlamentarier. Der deutschen Delegation zur Völkerbundstagung im September werden im Gegensatz zu der bisherigen Uebung Parlamen= tarier nicht angehören. Das Auswärtige Amt hält es ange= fichts der Vielzahl der Parteien und der Schwierigkeiten, die sich aus ihren verschiedenartigen Beziehungen zur Regierung ergeben, für unmöglich, eine geeignete Auswahl zu treffen. Das st wenigstens der offizielle Grund; ob es auch der wahre ist, läßt sich nicht ohne weiteres feststellen. Jedenfalls soll die Delegation dies mal ausschließlich aus Beamten bestehen und zwar sind Hauptdelegierte der Außenminister Curtius, der Direktor der juristischen Abteilung des Auswärtigen Amtes Gauß und Graf Bernstorff ; Ersatzdelegierte sind drei Herren im Gesandtenrang, darunter der Gesandte in Oslo , Freiherr von Weizsäder.
Eine Zeit lang war auch beabsichtigt, zwei im vergangenen September nicht wiedergewählte Mitglieder von Parteien der Rechten hinzuzuziehen Wie ein solch abfurder Gedanke, der wieder einmal
1. Nach den Mitteilungen des Polizeipräsidiums in Berlin hat sich unter den vielen hundert Anzeigen, die bei der Untersuchung über das Eisenbahnattentat eingegangen sind, nicht eine einzige Spur gefunden, die auch nur andeutungsweise einen Verdacht gegen Reichsbannerleute erkennen ließ.
2. Das Reichsbanner ist und bleibt unbewaffnet. Die Behauptung von einer systematischen Bewaffnung und von dem Bestehen einer Zentralstelle zur einheitlichen Waffenbesorgung ist aus der Luft gegriffen, wie auch die Behauptung von den beabsichtigten Waffendiebstählen bei der Reichswehr in das Reich der Fabel gehört. 3. Eine Schufo- Terrororganisation existiert nicht und hat
nie existiert.
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Zu dem angeblichen Brief eines Verbandes der Bahnschuh polizisten" teilt die Reichsbahnverwaltung mit, daß es einen Verband der Bahnschutzpolizisten überhaupt nicht gibt. 3hr ist jedoch bekanntgeworden, daß sich vor kurzer Zeit ein ,, Berband der Ueberwachungsbediensteten der Deutschen Reichsbahn ( Bdül.)" zur Wah rung wirtschaftlicher Interessen gebildet hat. Diesem Verband haben sich schäzungsweise nur wenige Prozent der 1700 Mann umfassenden Ueberwachungsdienstes angeschlossen.
Die von der Reichsbahn sofort angestellte Untersuchung hat nun ergeben, daß der Brief" an den Angriff" in Maschinen schrift hergestellt und ebenfalls in Maschinenschrift unterschrieben ist mit dem Namen A. Bolger". Ein Mann solchen Namens ist bei der Reichsbahn nicht beschäftigt. Auch sonst kommt ein Bahnbeamter als Verfasser des Briefes nicht in Betracht. Der Angriff" Redakteur hat gegenüber der Reichsbahnverwaltung auch bereits zugegeben, daß er einer mystifikation zum Opfer
gefallen ist.
Das Lügenblatt verboten.
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Seit Monaten steht die Jugend im Trommelfeuer des politischen Kampfes. Die Wirtschaftskrise hat die Jugend der Arbeit mit aller Härte getroffen. Eine halbe Million junger Menschen steht im Heer der Arbeitslosen, und viele von ihnen tragen das unverschuldete Schicksal der Erwerbslosigkeit schon seit Monaten, ja manche schon seit Jahren. Der Beschäfti gungslosigkeit auf der einen Seite steht die unvernünftige Belastung der noch im Lehr- oder Arbeitsverhältnis befindlichen Jugendlichen gegenüber. Man hört nichts mehr von der be absichtigten Verwirklichung der Arbeitszeit- und Urlaubsforderungen, die von der gesamten deutschen Jugend erhoben werden. Man spricht kaum noch von der so dringend notwendigen Reform der Berufsausbildung. An die Stelle des sozialen Fortschritts ist die soziale Reaktion getreten. Ihr Weg führt von dem völligen Stillstand jeder ernsthaften Jugendschutzpolitik über die Beseitigung der Unterstützung für die arbeitslosen Jugendlichen bis zum freiwilligen Arbeitsdienst, der der Jugend keine Hilfe bringt, der aber den Reaktionären aller Schattierungen gefährliche Möglichkeiten zur Verwirklichung ihrer jugend- und staatsfeindlichen Absichten gibt.
Die arbeitende Jugend erlebt einen grausamen An= schauungsunterricht über den Widersinn der kapitalistischen Gesellschaftsordnung und mit Leidenschaft sucht sie nach neuen Wegen, die aus dem Chaos der Gegenwart in eine sinnvollere Zukunft führen. An Rezepten und guten Ratschlägen fehlt es ihr nicht. Es haben sich viele gemeldet, die gerade jetzt ihre Führermission gegenüber der Jugend entdeckten und vor allem die Radikalen links und rechts werden nicht müde, der Jugend einzureden, daß es nur der Bekenntnisse zu ihren Zielen bedürfe und die Jugend werde morgen in das dritte Reich oder in das Sowjetdeutschland einmarschieren, um ledig aller Sorgen, frei von innerem und äußerem Druck dort ein Leben in lauter Freude zu beginnen.
Die Sozialistische Arbeiterjugend hat diesen Jugendbetrug nicht mitgemacht. Sie ist nicht müde geworden, immer wieder gemeinsam mit der Sozialdemokratischen Partei und den Freien Gewerkschaften das Recht der Jugend zu fordern. Aber sie hat auch in der hinter ihr stehenden Jugend immer von neuem die Erkenntnis gestärkt, daß der politische Wunderglaube, der hüben und drüben genährt wird, die Berge der wirtschaftlichen und politischen Schwierigkeiten nicht versetzt, sondern daß die Jugend nur dann eine Erleichterung ihrer Lage erleben wird, wenn sie selbst unablässig arbeitet an ihrer politischen Schulung und sich einreiht in die Formationen der sozialisti schen Arbeiterbewegung.
Der Berliner Polizeipräsident teilt mit: Die nationalsozialistische Tageszeitung ,, Der Angriff" ist auf Grund des§ 2 der Notverordnung vom 17. Juli verboten worden bis 26. August einschließlich. Das genannte Blatt hat am Donnerstag in sensationeller Form die Behauptung aufgestellt, daß Reichsbannerleute als Täter für das Eisenbahnattentat von Jüterbog in Frage kämen. Diese Behauptung, die mit den polizeilichen ErWir sind wegen dieser Haltung wütend bekämpft worden mittlungen in der Attentatssache Jüterbog in keiner Weise von links und von rechts. Die Kommunisten besonders haben übereinstimmt, stellt eine sp außergewöhnliche Verletzung der auch im politischen Kampf zu be- nichts unversucht gelassen, um unter dem Druck der wirtschaftachtenden Grenzen dar, daß eine erhebliche Gefährlichen und politischen Not das Vertrauen der arbeidung der Sicherheit und Ordnung als vor. tenden Jugend zu unserer Bewegung zu erschüttern, die liegend erachtet werden muß. Aus diesem Grunde ist Organisation von innen her zu zersetzen, um bei der Jugend das Verbot erfolgt. Bemerkt sei noch, daß unter den die erste große Bresche in die Front der sozialistischen Arbeitervielen hundert Spuren, die zur Zeit in der Attentats bewegung zu schlagen. Wir haben in diesen Monaten selbst sache Jüterbog verfolgt werden, keine einzige vor- mit Zweifelnden in der eigenen Bewegung zu kämpfen gehabt, handen ist, die auch nur andeutungsweise in die unter dem Ansturm der Nationalsozialisten und Kommuder vom„ Angriff" behaupteten Richtung nisten die Nerven verloren und die Methoden der anderen liegt. auch für die sozialistische Bewegung angewendet wissen wollten.
jedes psychologische Verständnis für außenpolitische Wirkungen vermissen ließ, auftommen fonnte, ist schwer zu begreifen. Glücklicher viel weise hat das Auswärtige Amt den Plan in letzter Stunde leicht nicht ganz freiwillig wieder aufgegeben.
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Frankreich dagegen entfendet Minister und Parlamentarier.
Paris , 20. August.( Eigenbericht.) Der französische Ministerrat hat am Donnerstag beschlossen, als Hauptdelegierte zur diesjährigen Bölferbundstagung die Minister Briand , Flandin und Rollin zu entfenden. Weitere Barlamentarier und Politiker sind als stellvertretende Delegierte bestimmt worden.
Der deutsche Protest an die Mongolei wegen der Verurteilung eines deutschen Verkehrsfliegers als Spion ist von der Sowjetregierung nach Urga telegraphiert worden; sie will auch für Revision dieses Urteils eintreten.
Wir sind in der kommunistischen Presse mindestens einmal in jeder Woche totgesagt worden und wir selbst rechneten damit, daß es uns in dieser Krisenzeit trotz aller Anstrengun gen nur gelingen würde, den Stand der Organisation zu halten. Heute am Vorabend unseres sechsten Reichsjugendtages fönnen wir ohne übertriebenen Optimismus fagen, daß unsere Bewegung sich nicht' nur behauptet hat, sondern daß unsere Jugendorganisation sich glänzend ge= schlagen hat. Der Verband der Sozialistischen Arbeiterjugend schließt das erste Halbjahr 1931 ab mit einer abso= Luten Mitgliederzunahme von rund 4000. Wir haben damit wieder eine Gesamtmitgliederzahl von 60 000 erreicht und dieser Fortschritt wiegt um so schwerer, als gerade erreicht und dieser Fortschritt wiegt um so schwerer, als gerade in der Zeit seit den Septemberwahlen viele unserer älteren Mitglieder zur Sozialdemokratischen Partei übergegangen find.
Unser Frankfurter Jugendtag wird die öffentliche Bestätigung dieses Aufstiegs bringen. Wir haben diese große Reichstagung beschlossen als die äußeren Umstände