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Nr. 393 45. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 23. August i93i

Nur noch ein paar Sdilä£e Hafer stehen draußen auf dem Felde. Roggen und Weizen sind gliieklidi im Scheuer. Wo das Geld besonders knapp ist, mird schon gedroschen, um das frische, eben geerntete Getreide verkaufen zu können. Acht Mark und fünfundzmanzig Pfennige zahlen die Müller gegenwärtig für den Zentner Roggen. Das ist nicht viel, weil das Angebot so groß ist. Nur eine Mark mehr als in der Vorkriegszeit wollen die Müller für den Zentner Roggen bezalclen. Darüber seufzen die Bauern. Trotzdem mar die Ernte gut. Schon die Hausierer in der Eisenbahn erzählen es jedem:Das mar aber in diesem Jahr eine Ernte! Selbst die armen Sandbauern aus der Zossener Gegend sind diesmal zufrieden mit dem Roggen." Und die Bauern bestätigen, was die Hausierer oe.r künden:Ja, diesmal ist es Wahrheit geworden mit dem alten Sprichwort: Mai kühl und naß, füllt dem Bauer Scheun und Faß. Während des Wuchses wie während der Reife hat es mit dem Wetter geklappt." Mit dem Obst ist es so arg, daß die Apfelbäume den Segen fast nidit mehr tragen können. Dennoch will bei den Bauern keine rechte Freude aufkommen ob der guten Ernte. So sehr man sie herbeigesehnt hat, so sehr enttäuschen jetzt die Kornpreise. Acht Mark und fünfundzwanzig Pfennige ist kein Geld für den Zentner Roggen, sagen die Bauern und ziehen die Stirn kraus. Doch was sollen mir in der Stadt sagen, unserethalben kann der Zentner Roggen fünf Mark oder nur einen Taler kosten, unser Brotpreis bleibt so hoch, wie er immer war. Der Berliner Brotpreis ist einDing an sich ", er hat weder etwas mit der Krise noch mit der Ernte, noch mit sonst etwas zu schaffen. Es ist beinahe müßig, danach zu fragen, ob die Ernte gut oder schlecht war. Das Pfund Brot kostet doch immer zwei Groschen.

Setbsthilfepläne der Landwirte. Wir sind ein wenig durch den Teltower Kreis gestreift und sahen dann bei einem Zv-Morgen-Bauern in der guten Stube. Cs war ein kluger Bauer, und wir haben stundenlang mit ihm diskutiert.Sehen Sie mal", sagte er,was ist das für eine Ord- nung: wir Erzeuger kriegen nichts für unsere Produkt«, und die Verbraucher müssen alles teuer bezahlen. Alle zwei Jahre verkaufe ich ein Rind, für den Zentner Lebendgewicht gibt man mir 36 M. Bei Ihnen im Schlächterladen aber kommt der Zentner Rindfleisch auf 120 M., wenn wir für 1 Pfund durchschnittlich 1,2l> M. ein- setzen. Vor dem Kriege aber bekamen wir bei unseren Rindern für den Zentner Lebendgewicht 45 M, und Sie zahlten für das Pfund Rindfleisch 7 oder 3 Groschen. Begreifen Sie, daß der Bauer verbittert ist? Wir haben hier im Dorfe einen Schlächter, der kaust hier im Dorf die Rinder, hat keine Transportkosten, keine Schlacht- hofgebühren zu bezahlen, nur die paar Mark für die Fleischbeschau. Aber das Pfund Rindfleisch kostet auch bei ihm 1,20 M. Da steht einem der Verstand still. Wir haben uns im Teltower Landbund mit diesen Dingen lang und breit beschäftigt und sind dabei zu folgendem Ergebnis ge-

An der Dreschmaschine. kommen: Wir haben diese Schweinerei mit den Preisen satt. Wir werden jetzt bei Mahlow ein« große Mühle bauen, die ist da» Eigen- tum der Teltower Landwirte, und da werden wir unser Korn hin- tragen. Dann wollen wir versuchen, in Berlin Bäckereien aufzu- machen und billiges Brot von unserem Mehl backen. Und so billig das Brot fein wird, trotzdem werden wir dem Bauer für den Roggen 1 M- mehr geben können, als er jetzt erhält. Der Zwischenhandel ist unser Verderben."

Die Ernte war ausgezeichnet, das gibt jeder zu. Wer etwas davon versteht, sehe sich die folgenden Zahlen an: Weizen hat man im Teltower Kreis diesmal pro Morgen 11 Zentner geerutet, das ist gut. Roggen haben die Bauern übrigens Bauer wollen die Landleute nicht hören: sagt man Bauer, verbessern sie das Wort schnell in Landwirt pro Morgen 8 Zentner geerntet, das ist auch gut. Gerste sogar 10 Zentner, das ist sehr gut, und Hafer noch etwas über 10 Zentner. Die H a f e r e r n t e ist anderthalbmal so groß als in einem Normaljahr. Es war nicht zu heiß und nicht zu trocken, in der Zeit des Wuchses war es kühl und in der Zeit der Reife warm. Nur mit den Frühkartoffeln hat es nicht so recht ge- klappt, es ist nur eine kleine Mittelernte herausgekommen. Denn im April war das Wetter nicht günstig, genau wie bei den Pflaumen. Ende April ist die Pflaumenblüte, und da hat es in Strömen gegossen, das hat den Frühkartoffeln und den Pflaumen sehr geschadet. Aber die Spätkartofselernte wird reichlich werden. Während der Kornernte machen die Bauern immer einen kleinen Abstecher zu ihren Kartoffelfeldern, buddeln eine Staude aus und sehen nach, wie es um die Knollen steht.Da war schon eine ganz schöne Pellkartoffel dran, sagte der Bauer,wenn es fo bleibt, wird die Kartoffelernte gut." Keine Slrohkaiastrophe. Doch fo groß der Erntesegen ist, so besorgt sind die Landwirt« um die Preise. Der Bauer schilderte das folgendermaßen: Für den Roggen bekam er vor dem Krieg 7,10 M. in guten Erntejahren und 8 M. in knappen Iahren. Heute zahlen die Müller 8.25 M. für den Zentner Roggen. Für Weizen bekam er in der Dorkriegs- zeit gL0 bis 10 M. Heute 10,S0 M. Bei der Gerste ist das Der- hältni» 6,50 zu 7,75 M., und beim Hafer ist es ganz schlimm, von dem kostete früher der Zentner 7,25 M., heute 7,40 M. Und unter den Auswirkungen der guten Ernte werden aller Voraussicht nach

die Getreidepreise noch weiter sinken. Das Ueberangebot an Ge» treibe ist sehr groß. Am allerschlechtesten steht es mit den P r e i s« n für Stroh. Vor dem Kriege kostete davon der Zentner 2 M., manchmal auch 2,50 M., heute nur noch 70 bis 80 Pf., denn die Automobile die brauchen Gummi und Benzin, aber kein Stroh. Und die alte Armee mit ihrem enormen Strohbedarf, die gibt es auch nicht mehr. Die Folge sind die Schleuderpreise für Stroh. Berühren denn die ständigen Schwankungen an den Getreide- börsen auch den kleinen Landwirt?" erkundigt man sich.Ja", ant- wartet der Bauer,der tägliche Getreidepreis ist auch für den Mann mit einer 30-Morgen-Wirtschast äußerst wichtig. Wir rech- lien doch folgendermaßen: Bei einer 30 Morgen großen Wirtschaft verkaufen wir ungefähr 15 Zentner Roggen im Jahr, dazu zwei Schweine und alle zwei Jahre ein Rind. Der Erlös für das Korn und das Vieh ist gewissermaßen unser Lohn. Steht der Roggen- preis hoch, verdienen wir einen guten Lohn, steht er niedrig, haben wir für wenig gearbeitet. Das ist übrigens unsere einzige Geld- quelle, davon müssen wir alles bezahlen, die Geräte, unsere Klei- dung, und müssen für das Pferd etwas zurücklegen, das man alle 7 bis 8 Jahre neu braucht. Und nun liegen doch die Dinge so: Wir bekommen für unser« Produkte etwas mehr, als die Vortriegspreise ausmochten, wir haben ungefähr nur die alten Friedenseinnohmen, aber die Industrieprodukte, die sind um das Doppelte gestiegen. Die Folge ist, daß der Bauer nur noch die Hälfte kaufen kann, und in der Stadt sind deshalb die Leute arbeitslos." Oer Traum von der Autarkie. Sagen Sie mal, wie weit oermögen Sie eigentlich eine selbst- genügsame Wirtschaft zu treiben?"Bis zu einem gewissen Grade können wir das. Unser Brot backen wir uns selber, und es ist aus Korn, das wir selber geerntet haben. Natürlich brauchen

Das Verbrecken von Jüterbog Ein Aufruf/ Die Polizei glaubt an mehrere Täter

Oer Berliner Polizeipräsident erläßt in einer längeren Mit- teilung einen Aufruf an das Publikum zur Mitarbeit an der Aufklärung des Jüterboger Attentats, dessen Klärung durch rein kriminalistische Tätigkeit zur Zeil noch nicht möglich sei. Allerdings wird nur eine fachliche Mitwirkung erbeten, und zwar fall sich jeder kritisch überlegen, ob in seiner Umgebung Personen vorhanden sind, ans die die von der Polizei zusammen- gestellten Anhaltspunkte zutreffen. Auch diejenigen Personen, deren Angaben zur Ermittlung de» Käufers des zu dem Anschlag be- nutzten Materials führen, hätten Anspruch aus einen entsprechenden Anteil der ausgesetzten Belohnung von 100000 Mark. Dann werden in der Mitteilung des Polizeipräsidenten noch einmal alle Anhaltspunkte, die auf Grund der bisherigen Unter- fuchung als wichtig erscheinen, angeführt. Theoretisch sei es mög- l«ch, daß nur ein einzelner Täter in Frage komme, aber es spreche viel dafür, daß an der Tat mehrere Personen beteiligt gewesen! seien, und zwar solche, die zweifellos Ortskenntnisse besessen hätten. entweder weil sie in dieser Gegend früher beschäftigt oder wahnhaft gewesen seien, oder weil sie dort Bekannte oder Verwandte hätten. Die Ausführung der Tat scheint ursprünglich erst für einen späteren

Zeitpunkt geplant gewesen zu sein, doch hätten irgendwelche Ge­schehnisse offenbar eine frühere Durchführung des Planes veranlaßt. Art und Zjerkunft des in Frage kommenden Sprengstoffes sei noch nicht ermittelt worden, ebenso wisse man nicht, wo die Rohre hergerichtet und wie sie an den Tatort trans - portiert worden feien. Sicherlich feien die Rohre wegen ihres erheblichen Gewichtes im Lauf« des 6. August, an dem sie in einem Geschäft in der oberen Friedrichstraße gekauft wurden, irgendwo in einem geschlossenen Raum, in einem Keller, Werkstatt, Laden oder Laube, untergestellt worden, bis sie am Tage der Tat, dem 8. August, an den Tatort gebracht wurden. Zu der Schrift des Täters, wie sie in der Rahe des Versteckes auf eine mit Reißnägeln angeheftete Zeitung festgestellt wurde, fei behauptet worden, daß die Eigenart gewisser Buchstaben auf Urheberschaft von Technikern oder Architekten schließen lasse. In diesem Zusammenhang sei der nochmalige Hinweis auf die Tat- fache wichtig, daß die dabei benutzten Vierlochreißnägel gerade in technischen Büros Verwendung finden. Weiter wird angenommen, daß der unbekannte Materialtäufer in der oberen Friedrichstadt , Näl�e Belle-Alliance-Platz, gewohnt oder dort in irgendwelchen Lokalen verkehrt hat.

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