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Aetfoge Sonnabend« 5. September 1931

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ßk I£ m��&b jm b| sein Leben und sein Werk im Dienste der I I I W I d II II f sozialen Hygiene und Volksgesuridheitspflege Von Dr. Georg WolfF, Privatdozent für soziale Hygiene und Abteilungsdirektor am Hauptgesundheitsamt der Stadt Berlin

Erschüttert und fast ungläubig noch stehen wir vor der Nachricht, dah Alfred Grotjahn , der Pionier der sozialen Hygiene, der vor wenigen Wochen noch lebensprühend und zukunftsfreudig unter uns war, einer akuten Verschlimmerung feines alten Gallenleidens, das ihm in früheren Iahren freilich viel zu schaffen gemacht hatte, nun doch unerwartet und in wenigen Tagen erlegen ist. Eine Opera- tion, deren Ausgang er stets mißtraute, konnte ihn nicht mehr retten. Heber seine Laufbahn und wissenschaftliche Entwicklung nur wenige Worte: Zwar einer alten Aerztefamilie in Niedersachsen entstammend, war Grotjahn doch auf dem Gebiet der sozialen Hygiene, die sein eigentliches Lebenswert wurde, in bestem Sinne Selfmademan. In Kiel , Leipzig und Berlin studierte er Medizin, wandt« sich jedoch daneben schon frühzeitig soziologischen Studien bei Tönnies in Kiel und später nach seiner Approbation besonders volkswirtschastlichen Grenzfragen bei dem berühmten Kathedersozialisten Gustav Schmoller in Berlin zu. Diese Verbindung von Sozialwissenschast und Medizin kennzeichnet sein« ganz« spätere Arbeitsrichtung, hotte er doch schon frühzeitig die enge Beziehung zwischen Krankheit und sozialer Lage erkannt und damit seiner Hinneigung zu sozialistischen Gedanken- gangen auch später Ausdruck gegeben. 1896 ließ er sich in Berlin als praktischer Arzt nieder, entwickelte aber schon bald neben einer großen Kasse npraxis eine ungemein reiche literarisch-wissen­schaftliche Tätigkeit. An 20 Jahre war er niedergelassen, bis ihn der weitsichtige Direktor des Hygienischen Instituts Carl Flügge , dein Grotjahn immer ergeben war, als Leiter der neu errichteten Abtei- lung für soziale Hygiene 1912 zu sich berief und ihm damit die Unioersitätsloufbohn eröffnet«. Auch am Gesundheitsamt der Stadt Berlin begründete er wenige Jahre später eine sozialhygienische Ab- teilung: im Jahre 1920 wurde er ordentlicher Professor der sozialen Hygiene und erreichte damit endlich, daß dieses Gebiet voll in den Lehrplan des medizinischen Unterrichtes aufgenommen wurde, wenig- ftcns in Berlin . Ungewöhnlich wie Grotfahns Lebenslauf als akademischer Lehrer war auch wenigstens für«inen Mediziner die Art und Aus- wähl der wiffenfchastlichen Problem«, mit denen er sich beschäftigte und feine Schüler festolte. Kaum eine Mitteilung über«inen thera- peutischen Einzelersolg, kaum über eine hygienisch-technische Neue- rung. Wohl aber behandelte er das Gefamtgebiet der sozialen Fragen in ihrer Bedeutung für das Krankheitsgeschehen am Volkskörper. Damit zwang er in Wort und Schrift feine Zuhörer in seinen Bann, erreicht« er«ine neue Vorstellung von den Ausgaben und Zielen der Hygiene. Was wir als Studenten in den medizinischen Vorlesungen vor dem Kriege kaum einmal gehört, auch als junge Assistenten in den Krankenhäusern kaum ins Bewußtsein genommen hatten, was viel- leicht dem einen oder anderen im Erleben des Krieges und.feiner furchtbaren Folgezustände für seelische und körperliche Gesundheit und Gefährdung der Masten aufdämmerte, das hörten wir, in form- vollendeter und oft bis zum Pathos gesteigerter Sprache zum ersten Mole bei Grotjahn . Daß es außer den bakteriellen, den chemischen und mechanischen Krankheitsursachen, die wir in ihrer Einwirkung aus den menschlichen Körper pathologisch-anatomisch genau zu studiereu gelernt hatten, auch noch soziale Krankheits- Ursachen gibt, hörten wir hier. Daß die Sphäre des Sozialen, auf- gelöst nach Wirtschaftlage, Wohnung, Ernährung, Bildung, Beruf usw., bei vielen Krankheiten, ihrer Entstehung und ihrem Verlauf eine übermächtige Roll« spielen kann, etwa bei der Tuberkulose, der Rachitis, den Ursachen der Säuglingssterblichkeit, wurde uns hier an zahlenmäßigen Beispielen klar. Daß auch manche banalen Krantheitszuständ«. wie Halsentzündung, Rheumatismus , Bein- leiden, im sozialen Zusammenleben der Menschen eine viel größere Rolle spielen als die schwierigen und seltenen Fälle, die dem an- gehenden Arzt in der Klinik demonstriert wurden, war ein weiterer Gesichtspunkt der Sozialen Pathologie. Diese Beziehungen zwischen Krankheit und sozialer Lage zu einem eigenen System zusammengefaßt und den klassischen Ein- teilungsprinzipien an die Seite gestellt zu haben, ist das eigentliche Verdienst Grotjahns. Als S ch m o l l e r- Schüler von der National- ökonomie und der damals sich neu entwickelnden Gesellschaftslehre (T ö n n i e s) kommend, studiert« er als Arzt schon in seinen Früh- werken(Alkoholismus: Wandlungen der Volksernährung: Alkohol und Arbeitsstätte) solche Probleme, in denen sich Volkswirtschaft und Voltsgesundheit eng berühren. Charakteristisch dafür ist schon der Beitrag, den er als junger Arzt zu der Schmoller -Festschrift ,,Die Entwicklung der deutschen Volkswirtschaftslehre im neunzehnten Jahrhundert"(anläßlich des 79. Geburtstages diesesKatheder- sozialiften") über das Gebiet der sozialen Hygiene im Jahre 1908 verfaßte. Die Krönung seines Schaffens aber war dieSoziale Patho- logie", die, im Jahre 1912 zum ersten Male erschienen, gewissermaßen ein« Theorie der sozialen Hygiene auf Grund der systematisch ver- folgten Beziehungen zwischen Krankheit und sozialer Umwelt dar- stellt und ihrem eigenwilligen Verfasser die Berufung als Privat- dozent der sozialen Hygiene an das Hygienische Institut der Ber­ liner Umoerfität unter Carl Flügge eintrug. Hierbei darf nicht übersehen werden, daß Grotjahn alle dies« Werk«(und noch ein« Reihe anderer, darunter die sartlaufendcn Jahresberichte über soziale Hygiene, Demographie und Medizinalstatistik) als nieder- gelassener praktischer Arzt mühevoll seiner Zeit und Feder abringen mußte. DieSoziale Pathologie", die inzwischen die dritte Auflage erlebt hat, darf noch heute als ein Marfftein in der Entwicklung der sozialen Hygiene und damit als Standardwerk derselben in beut- scher Sprache bezeichnet werden. Außer dieser programmatischen Schrift, in der er gewissermaßen ein System der sozialen Patholo- gie begründet, Hot Grotjahn(zusammen mit Ignaz Kaup ) im Jahre 1912 ein Handwörterbuch der sozialen Hygiene, in ähnlicher lexikographischer Anordnung wie. das weltberühmt« Handwörter- buch der Staatswistenschasten, in dem aber den Fragen der öffent- lichen Gesundheitspflege und Staatsmedizin naturgemäß nur ein kurzer Raum eingeräumt ist, herausgegeben. Neben den sozialen Ursachen in der eigentlichen Krankheitslehre hat Grotjahn von früh an seine Liebe der Bevölkerungs- Politik, der quantitativen und qualitativen, gewidmet. Die Darstellungen: Soziale Hygiene, Geburtenrückgang und das Problem der körperlichen Entartung im Weylschen Handbuch der Hygiene, die Monographien: Geburtenrückgang und Geburtenregelung im

Lichte der individuellen und sozialen Hygiene: Die Hygiene der menschlichen Fortpflanzung, charakterisieren diesen Weg nebst vielen kleineren Schriften bis in die jüngste Zeit seines Schaffens. Ange- fichts der von ihm früh(zu gleicher Zeit wie von dem National- ökonomen Julius Wolf) erkannten Gefahr des Geburtenrückganges für den Volksbestand hat er jene berühmteFortpflanzungsregel" aufgestellt, die lediglich für die Bestanderhaltung der Volkszahl die Aufzucht von mindestens drei Kindern pro fruchtbare Ehe über das fünfte Lebensjahr hinaus fordert: sie kann freilich in dieser dogma- tischen Form angesichts der heutigen Wirffchoftsverhältniste und der so sehr(zu unseren Gunsten) veränderten Absterbeordnung als ein Gesetz" der Volkswirtschaft nicht mehr aufrechterhalten werden. Viel Anklang hat aber sein Vorschlag gefunden, durch eine Eltern- schaftsversicherung die Kinderaufzucht wirtschaftlich zu er- leichtern. Auch in den Fragen der qualitativen Bevölkerungspolitik, die in derHygiene der menschlichen Fortpflanzung" von Grotjahn auf Grund der Vererbungslehren besonders anschaulich dargestellt sind, ist heute das letzte Wort wohl noch nicht gesprochen, wenn auch allen Eugenikern in Anlehnung an die englische Rasseforschung und die Mendelforschung eineAufartung" nur auf dem Wege der Fort- pflanzungsauslese erreichbar zu sein scheint. Was aber bei der Viel-

Imperial Valley ist ein dreihundert Kilometer langes Tal in der Mohave-Wüste Kaliforniens . Der Volksmund nennt es das Tal des Todes. Noch sechshundert Kilometer bis Carson Cityl" Bis Carson City ... Die Mutter lehnt sich beruhigt zurück, das Lächeln der Vorfreude im abgespannten Gesicht. In Carson City erwartet sie ihr Mann, heute abend erst: die Pullman- Limousine ist zuverlässig und macht gute Fahrt mit ihren hundert Pferden: es ist noch früh am Tage, sie sind schon im Morgengrauen von Puma aufgebrochen, sie werden es also bequem schaffen. Auch der Chauffeur weiß das. Er fährt langsam, so daß die im Wagen sich des breit und geruhig hinströmeirden Colorado freuen können.Zum Kilometerfressen ist in Imperial Valley noch Zeit!" sagt er lachend. Imperial Valley... Der Vierzehnjährige breitet vor Mutter und Geschwistern sein Wissen aus. Oh, er Hot Geschichten gelesen, viele Geschichten, in denen dies Tal eine grausige Rolle spielte. Sie handelten von der Goldgräberzeit, diese Geschichten, und sie malten das Schicksal der schwerfälligen Karawanen, deren Planwagen lang- some Ochsen zogen. Sie brauchten viele Tage damals, um die dreihundert Kilometer hinter sich zu bringe»: zu viele Tag« oft dann wurden die Tiere schlapp in der sengenden Hitze, dann lockerten sich die hölzernen Speichen der Räder, weil sie einschrumpften in der dröhnenden Sonne, dann wurde das Trinkwasser knapp und ging endlich ganz aus, und dann... dann kam dos letzte... Aber freilich: damit hört sein Wissen nicht aus. Nein, er weiß auch, daß all dos nun vorbei ist. Sie haben Autos heute, Autos mit hundert Pferden, und sie haben Straßen für die Autos gebaut; eine von diesen Straßen, der schönsten, längsten eine, haben sie auch durch Imperial Valley gelegt, vor wenigen Iahren erst. Drei, vier Stunden dann ist man durch! Noch fünfhundertundfünfzig Kilometer bis Carson City . Es scheint fast, als ob der Motor lauter arbeite als sonst, als vorhin am Colorado . Aber das liegt wohl daran, daß er nichts zu übertönen hat. Kein Raufchen von Wasser, kein When von Wind, kein Aufbrummen und Vorbeiziehen und Fortbruimnen begegnender Autos. Die Straß« ist leer, das Land rst leer; Sand, Stein und Stille. Die Felsenzüge sind beiseite gewichen, an beiden Fensterseiten ist nichts zu sehen als gelbe Ebene. Die Frau und die drei Kinder blicken schon längst nicht mehr hinaus, es tut den Augen weh, dies brennend« Gelb: es ist stumpf, es glänzt nicht, und es wirft doch den grellen Schein der Sonne grell zurück. Die Luft zittert, ein- gesperrt zwischen Sonne und Sand, sie zittert als zehrende Glut in den Wagen hinein.Wie müssen sie damals gelitten haben, die mit Ochsenwagen hier durchzogen!" sagt der Jung«. Er sogt es, und alle denken es. Der Blick des Chauffeurs streichelt die schimmernd« Haube des Kühlers. Die Hand der Mutter sucht nach den Wasser- behältern. Sie sind da. Gottlob...1(Unsinn! Wo sollen sie denn hingekommen fein!) Bei einem schnellen Blick nach vorn schreckt sie zusammen. Da ragt etwas aus dem Sand, eine hagere Pflanze ohne Blätter...? Nein, keine Pflanze. Spitziger, wirrer im Bau, fahler in der Farbe. Der Jung« hat es auch gesehen.Ein Skelett!" sagt er fach- verständig. Die zehnjährige Schwester kuschelt sich zusammen.Von einem Menschen...?" Unsinn!" sagt die Mutter.Von irgend einem Tier!" Sie sind nun gleich heran, sind hoffentlich gleich vorbei. Die Knochen des Gerippes haben etwas von hager winkenden Händen, von Armen, die Stillstand gebieten. Di« Frau ist verärgert über ihr« Hysterie. Damals, als so etwas seine Schrecken hatte damals fuhr man mit Zwei Pferden hier durch. Unsere Zeit aber fährt mit 100 LS. Das ist der Unterschied. Plötzlich bremst der Wagen, gerade zu Seiten des Skeletts. Nicht halten!" ruft die Frau.Nicht hier halten!" Aber der Chauffeur zuckt die Achseln und hält doch. Noch vierhundert Kilometer bis Carson City . Sie haben tatsächlich den einen Behälter vollkommen geleert. Einen irrsinnigen Durst bekommt man hier... Der Chauffeur hat die Haube des Kühlers gehoben und lange, mit leisem Fluchen, irgend etwas gebastelt. Endlich schließt er die Haube, mit hoch- rotem, schwitzendem Gesicht. Aber vorher hat er den zweiten Be- hälter zur Hälfte in den Kühler entleert. Es kann weitergehen", sagt er ruhig.War nichts Gefähr- liches. Kleines Loch im Kühler. Na, noch zweieinhalb Swnden, dann ist das Schlimmst« geschafft."

deutigkeit der menschlichen Anlagen, der körperlichen und der geistigen, ausgelesen oder gar dem Zugriff des Gesetzgebers unter- zogen werden kann, steht noch keineswegs fest. Wir werden auf dem von Grotjahn vorgezeichneten Weg einst- weilen den sozialen Krankheitsursachen weiter nachzu- gehen haben und versuchen müssen, zu ihrer Beseitigung im Zu- sammenleben der Menschen beizutragen. Diese Erkenntnis war sicher wichtiger als den hundert Fieber- oder Schlafmitteln ein weiteres hinzuzufügen. Gerade hier verdanken wir Grotjahn und den mit ihm kämpfenden Vertretern der sozialen Hygiene unendlich viel. Denn die Auswirkungen ihrer Bestrebungen, den sozialen Anteil aller Krankheitsgenese zahlenmäßig zu erfassen, ergaben die Praxis der Gesundheitsfürsorge, die heute mit einem Netz von Fürsorgestellen einen unerläßlichen Bestandteil der kommunalen Hygiene und der Sozialversicherung bildet, gerade jetzt aber ange- fichts der deutschen Wirtschaftslage einer schweren Belastungsprobe unterliegt. Es würde sich an der Volksgesundheit sicher rächen, wollte man diese Errungenschaften der sozialen Hygiene einer neuen Abbaupsychose zum Opfer bringen. Daher werden wir gerade in dieser schweren Zeit für ihre Erhaltung mit dem warmen Herzen und der geistigen Schwungkraft Grotjahns weiter kämpfen.

Sie fahren wieder, fahren in mörderischem Tempo. Fahren an mehreren, an vielen Skeletten vorbei, Skelette von Hyänen, Skelette von Zugtieren, es werden immer mehr. Es ist viel Sieghaftes in diesem Saufen: so siegt eine neue Zeit, in welcher der Geist herrscht, der Geist, inkarniert in Maschinen aus Stahl, Eisen und Gummi so siegt eine solche gute Zeit über eine vergangene, eine böse Zeit, in welcher die Natur herrschte, verbild- licht in unerbittlich winkenden Gerippen. Sie sprechen davon, der Chauffeur, der Jung«, die Frau, selbst die Kinder: sprechen unaufhörlich von diesem Sieg.Wir siegen!" sagen ihre Münder. Sagen es sinnlos laut. Müssen es sinnlos laut sagen denn ihre armen, ungläubigen Herzen hämmern: Wir fliehen... Der Chauffeur weist in die Ferne, der sie entgegen jagen. Da ist etwas Weißes über dem Gelb, zart, unwirklich wie eine Er- scheinung, eine silberne Verheißung: die Gipjel. der Sierra Nevada . Hinter diesen Gipfeln liegt Carson City . Hinter diesen Gipfeln werden'st« erwartet, von einem, der Mensch ist wie sie, der Boter ist und Mann, der sie mit einem Scherzwort umarmen wird. Hinter diesen Gipfeln erwartet sie das Leben, das doch mächtiger, das doch wirtlicher sein muß als dieser gelbfelserne Tod hier rings- herum. Seid gegrüßt, Gipfel...! Aber da was ist vor diesen Gipfeln...? Graues, wolkiges, auffteigendes Rauch.'..? Rauch aus dem Kühler...! Der Wagen hält mit einem harten Ruck. Des Chauffeurs Gesicht ist nicht mehr rot, ist ganz weiß. Auch als er nach langer Arbeit sich wieder aufrichtet, ist es nicht dunkler geworden. Er sieht, wie die Kinder nach dem nächsten Wasserbehälter greisen. Lieber nicht!" sagt er.Wir brauchen es hier nötiger!" Und er gießt es in den Kühler... gießt alles Wasser in den Kühler, das vorhanden ist... Die Kinder weinen... Nu ja", ruft er mit lautem Humor,son Riesenkerl von Wagen hat eben mehr Durst als ihr kleinen Krabben! Los, rein, in anderthalb Stunden find wir da! So lang� wirds die Karre woll noch schaffen! Noch dreihundert Kilometers bis Carson City !" Di« Karre schafft es schafft es fünfundzwanzig Kilometer lang. Dann hält sie wieder. Aber der Chauffeur beugt sich nicht über den Kühler. Er weift auf einen Felsen:Hier ist ein bißchen Schatten. Hier müssen wir warten." Auf was...?" Der Chauffeur zuckt die Achseln. Um Himmelswillen: auf was müssen wir warten...?" Der Chauffeur lacht gellend auf:Weiß ichs? Auf ein Ochsen­gespann!" Sie warten. Anfangs weinen die Kinder. Die beiden Erwachsenen geben ihnen das letzte Wasser zu trinken, das noch im Kühler ist. E» schmeckt nach Oel , es ist warm, aber sie schlingen es. Nach wenigen Minuten erbrechen sie es wieder. Nun weinen sie auch nicht mehr. Die trockenen Kehlen geben kein Weinen mehr her... Der Junge weist plötzlich auf die Sonne, die hoch am Himmel steht:Die Sonne geht unter!" Sie sehen es wirklich alle: sie fällt förmlich vom Himmel, die Sonne. Nein, es find mehrere Sonnen, die da fallen, es ist ein großes Fallen von Sonnen, die Erde wird dunkel, ober der Himmel gleißt davon. Das Mädchen stürzt auf den Felsen los:Seht ihr nicht: Wasser...!" Es schlägt mit der Hand an den Felsen, die Hand ist blutig, es leckt gierig das Blut. Der Chauffeur setzt sich in den Wagen:Los, wir fahren!" Sie steigen alle ein, hysterisch jubelnd. Ratternd arbeitet der Motor los. Der Chauffeur fährt von der Straße herunter, gell lachend, mitten in den weglosen Sand hinein, aus die weißen Gipfel in der Ferne los, auf einen Felsen los, der zwischen ihnen und den Gipfeln ist. Rauch steigt aus dem brüllenden Motor, will Flamm« werde» da steht der Wagen. Der Rauch verschwelt. Aber der Chauffeur steuert weiter, steuert den stehenden Wagen, ein Wahnsinniger... und die vier bleiben im Wagen, zeigen sich Bäume, Häuser, die sie sehen vor den Fenstern vier Wahnfinnige... Der Zufall schlug das Loch in den Kühler. Der Zufall auch führte am Abend des anderen Tages ein Auto aus Los Angeles vorbei und rettete, seltsamerweise, die drei Kinder. Imperial Valley behielt den Leib des Chauffeurs und den Geist der Mutter. Sie lebt im Wahn» sinn: die Aerzte geben wenig Hoffnung. Im Tal des Todes oerfandet neben den Gerippen der Wüsten- tiere das bizarre Skelett des Tiere« aus Stahl und Eisen, dos der Mensch erschuf, um die Natur zu überwinden.

Die fahrt durchs Todestal Von Gerhart Herrmann Mostar