Einzelbild herunterladen
 

Der Fall Fenner Brockway  .

Eine Zuschrift an den Borwärts".

Wir haben, gezwungen durch die Behauptungen Ernst Tollers   in einer Versammlung der Liga für Menschen­rechte, die Gründe dargelegt, warum der Berliner   Bezirks­vorstand es nicht für ratsam hielt, den Genossen Fenner Brock­ way  , den Vorsitzenden der Unabhängigen Arbeiterpartei Eng­lands, in einer öffentlichen Versammlung der Sozialistischen Arbeiterjugend, also in einer offiziellen Parteiveranstaltung, sprechen zu lassen.

In einer Zuschrift an den ,, Vorwärts" mendet sich Fenner Brockway gegen die Behauptung, daß seine Partei, die JLP., Disziplinbrüche begangen habe und sagt dazu:

,, Die JLP. steht nicht in Oppofition zur Labour Barin, sondern sie vertritt heute wie schon immer eine entschiedenere sozialistische Politit. Sie tat dies, als Macdonald und Snowden ihre Führer waren und hat damals wie heute ihre von der Labour Party   ab­meichende Meinung im Parlament durch Reden und Abstimmungen zum Ausdruck gebracht."

Wir können nicht finden, daß der Vorwurf des Disziplin­bruchs damit widerlegt ist.

Auf die Bemerkung, die JLP. bilde eine Art Ersatz für die kommunistische Bewegung, antwortet Fenner Brodway: Die ILP. steht in schärfstem Gegensatz zu Anschauung, Pro­gramm und Tattit der kommunistischen   Partei. Die englischen Kom­munisten greifen die JLP. weit schärfer an als irgendeine andere Sektion der englischen Arbeiterbewegung.. Der politische Einfluß der JLP. ist in diesem Augenblid weit größer als in irgendeinem Zeit punkt ihrer Geschichte. Sie hat ihre Macdonalds und Snowdens verloren, aber größere Massen der Arbeiterschaft hinter sich als je zuvor."

Fenner Brockway   scheint vergessen zu haben, daß die JLP. gerade in den Tagen der schamlosen Prozeßkomödie gegen die sogenannten Menschewiti- Schädlinge ein Glück­wunschtelegramm zu den Erfolgen des Fünfjahresplans nach Moskau   gerichtet hat.

Im Vorwärts" war ferner gesagt, Fenner Brockway  habe an verschiedenen verkappt- tommunistischen Kongressen teilgenommen. Dazu schreibt Fenner Brodway:

In den ersten Monaten ihres Bestehens war ich der Auffassung, daß Sozialisten sich an der Arbeit der Liga gegen den Imperialis­mus beteiligen fönnten. Ich nahm an einer ihrer Konferenzen und an einer Kommissionsfigung teil. Sofort als die Erekutive der Sozialistischen Arbeiter- Internationale sich gegen die Liga erklärte, bin ich ausgetreten und habe seit über zwei Jahren keinerlei Ver. bindung mehr mit ihr. Das führt der Berliner   Bezirksvorstand als Grund an, heute ein Redeverbot über mich zu verhängen."

Richtig ist, daß Fenner   Brockway nur an einem Münzen­ berg  - Kongreß im Februar 1927 in Brüssel   teilgenommen hat, wo er wenigstens nach dem Bericht der Roten Fahne" die englische Arbeiterpartei scharf angriff. Sein Kollege in der Parteiführung, Marton, hat aber auch später noch an solchen Kongressen teilgenommen, bis er von den Kommu­nisten selbst herausgesetzt wurde.

Wir hatten bemerkt, die Regeln der internationalen Zu­fammenarbeit verlangten, daß die deutsche Partei sich nicht ausländische Referenten einlade, von denen zu befürchten sei, daß sie eine ausländische Bruderpartei herunterreißen würden. Dazu bemerkt Fenner Brodwaŋ:

Es ist eine schwere Beleidigung, die der Berliner   Bezirks­norstand der englischen Arbeiterpartei zufügt, menn er ihr unter ftellt, baß fie von einer findischen Empfindlichkeit ist, menn. Mei­nungsverschiebenheiten offen ausgesprochen werden."

111

Das ist ein ganz vergeblicher Verfuch, ein sehr ernsthaftes Argument durch einen Big zu entfräften. Würde man nach Fenner Brockways Rezept beispielsweise in London   Deutsche  sprechen laffen, die über die deutsche Sozialdemokratie nur Schlechtes zu erzählen haben, oder würde man in Berlin  Franzosen reden lassen, die an der französischen   Sozialisten partei fein gutes Haar laffen, so würde die Internationale bald in die Luft fliegen. Die Einigkeit der Sozialistischen Arbeiter- Internationale ist aber nach unserer Meinung ein viel zu wertvolleres Gut, als daß sie durch derartige Experi­mente aufs Spiel gesezt werden dürfte.

Genosse Fenner Brodway versichert zum Schluß, ihm sei nicht bekannt gewesen, daß der Brief des zweiten Vorsitzenden der SAJ., den er veröffentlicht hatte, vertraulich gewesen sei. Wir zweifeln nicht an der Richtigkeit der Befundung, doch geht aus ihr hervor, daß der bisherige zweite Vorsitzende der SAI., Kreßmann, die unwahrheit gesagt hat.

qurba

Der Zeichner als Prophet.

ESE CURTIUS

DEUTSCH­ÖSTERR ZOLL­

UNION

02.0

D.A.Z.

Diese Zeichnung brachte der Bortväris" am 28. Dai d. 3. Sie ist heute so aktuell, daß wir sie wiederholen.

$ 15

Stoßen wir ihn voran! Wenn er runterfällt, um so beffer!"

Internationale Freidenfer- Union  .

Die Einigung vollzogen.- Schluß des Freidenfer- Kongresses.

Der Internationale Freidenfer- Kongreß hielt gestern im Plenarsaal des früheren Herrenhauses unter dem Vorsik vor Sievers- Deutschland   seine Schlußßigung ab. Die Vereinigung der Brüffeler Internationale" und der Internationale Proletarischer Freidenfer" zur Internationalen Freidenfer- Union" wurde offiziell verkündet und mit Begeisterung aufgenommen.

Die Sigung begann um 14 Uhr mit einem Referat von Soving- holland über Wissenschaft, Technik und metaphyfit". Hoving legte bar, wie die Wissenschaft den Glauben, der in Wahrheit Aberglauben sei, in seinen Widersprüchen aufgededt habe und erläuterte den Anteil, den hieran die Technit genommen hat. Die Metaphyfit fennzeichnete er als taum zu ent­fchuldigende Kraftvergeudung. Als Inhalt modernen Freidenfers tums nannte er das vernünftig fittliche Bewußtsein, das auf Wiffen schaft und Erfahrung beruhe und fo zu internationaler Einheit der fittlichen Auffaffungen führen müffe.

Der Berichterstatter über die Einigungsverhandlun⚫ gen Ronzaal Deutschösterreich führte aus, daß der un­bedingte Wille zum gemeinsamen Kampfe gegen Faschismus und firchliche Reaktion die Einigung von der ersten Stunde der Ber. handlungen an sichergestellt hätte.

Am 1. Januar 1932 wird die Juternationale Freidenfer- Union in Tätigkeit treten.

Nach Bekanntgabe des vorläufigen Statuts verlas Ronzaal eine Resolution, deren wichtigste Säge lauten:

Die Freidenferbewegung muß sich unmittelbar im Zu­sammenhang mit den politischen Tatsachen in die kulturelle Rampf front der Gegenwart einreihen. Die Freidenkerbemegung ist an teine politische Partei gebunden, noch an eine Partei ange schlossen, aber ihr Leitgedanke ist der Sozialismus, ihr Ziel ist eine Gesellschaftsordnung der politischen, ökonomischen und fulturellen Freiheit. Denn nur eine sozialistische Gesellschaft ge­währleistet die ungehemmte Entwicklung des freien Gedankens.

sozialistischen Parteien in ihrem Kampfe gegen den Faschismus zu unterstützen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, ist es notwendig, in allen Ländern eine freidenferische Massenbewegung zu ent­fachen."

Die Resolution wurde einmütig angenommen. Nach­dem Terpagne- Belgien   und Krenn Schweiz den deutschen  Freunden Dant und Abschiedsgrüße ausgesprochen hatten, nahm der Borsigende Sievers Deutschland das Wort zu seiner Schluß­ansprache. Noch einmal unterstrich er die Bedeutung für die internationale Freidenkerbewegung und betonte dann, daß nicht unsere Gäste den Deutschen  , sondern wir Deutsche   den ausländischen Freunden für ihren Besuch zu danken hätten. An die ausländischen Delegierten gewendet, fuhr er fort:

,, Wenn Sie in Ihre Heimat zurüdgefehrt sind. dann werden Sie in Ihren Zeitungen manches über das deutsche Volt und die deutsche Arbeiterschaft lefen, mas nicht der Wahrheit entspricht. Dann erinnern Sie sich bitte der Rundgebung in der Neuen Welt, die mit Begeisterung für die Ziele des Sozialismus und den in der Sie die wahre deutsche Jugend sahen, jene Jugend, Frieden zwischen den Völkern eintritt. Dann erinnern Sie sich auch jener Tausende von Berliner   Arbeitern, die zum Teil weit unter dem Existenzminimum leben und es sich doch nicht nehmen laffen, dabei zu sein, wenn es heißt, dem Ausland zu zeigen, daß das Deutschland   von heute den Sozialismus, die politische, öfono­mische und geistige Freiheit und vor allem den Frieden, den Frieden und wieder den Frieden will."( Stürmischer langanhaltender Beifall.)

"

Sievers schloß: Es wird der Tag tommen, da die Grenzen und Zollmauern gefallen sind und der Sozialismus verwirklicht wird. In der festen Ueberzeugung, daß Sie, ausländische Genossen, in diesem Sinne auch im Rahmen der Freidenferbewegung arbeiten werden, schließe ich den Kongreß."

Ein Hoch auf die Internationale Freidenker- Union und den Bölkerfrieden folgte. Mit dem gemeinsamen Gesang der Inter­nationale, die vom Freidenkerquartett intoniert wurde, fand die

Der Fall Klade: Alsberg   wird untersucht In diesem Sinne hat die Freidenkerbewegung die Aufgabe, die Tagung ihr Ende. Eine Erklärung des Justizminifteriums.

direktor Arndt in Berlin  .

#

-

Landgerichts:

Das preußische Justizministerium teist mit, daß der im Zu­fammenhang mit dem Stinnes Prozeß beschuldigte Land­gerichtsdirettor Arndt am Montag nach Berlin   zurüd gefehrt und bereits von dem Kammergerichtspräsidenten gehört worden ist. Der Rammergerichtspräsident hat die zu der Aufklärung des Sachverhalts weiter noch erforderlichen Maßnahmen getroffen und einen Senats präsidenten mit der Untersuchung

beauftragt.

Rechtsagitation in der Reichswehr  . Göttinger Studenten wegen Hochverrats verhaftet. Am Freitagmorgen find in Göttingen   drei Mitglieder des Bundes der Eidgenossen, unter ihnen ein cand. jur. Arno Deutelmofer, verhaftet worden, weil sie in dem Ber­dacht stehen, weitgehende Versuche zur Zersehung der Reichs mehr unternommen zu haben. Der Auftrag zur Verhaftung ist

vom Oberreichsanwalt ausgegangen.

Der Bund der Eidgenossen" ist eine Gruppe in der rechts raditalen Freischar Schill  . Zur Freischar Schill von Werner Laß gehören nur junge Leute unter 20 Jahren, und diejenigen, die durch ihr zunehmendes Alter aus der Freischar herausgewachsen find, haben sich im Bund der Eidgenossen zusammen gefchloffen. Diesem Bunde der Eidgenossen trat fürzlich auch der Führer der nationalsozialistischen Göttinger   Studenten, Bedel, bei, nachdem er Hitler den Borwurf gemacht hatte, die sozialistischen   Ten benzen verraten zu haben.

Deutelmoser ist der Führer der Göttinger Eidgenossen. Die Namen der beiden Verhafteten sind nicht bekannt. Sie werden nur für Mitläufer gehalten.

Auf einer Konferenz der standinavischen Ministerpräsidenten in Hamar( Normegen), deren Eröffnungsreden durch Funt über. tragen wurden, sprach sich der Normeger Rolftab für Schlichting des dänisch  - norwegischen Grönlandtonftittes durch den Haager Ge­richtshof ans

Ernte und Volksversorgung. Beizen eingeführt werden. Soll alſo der Weizenpreis nicht

Schieles Getreidepolitik muß revidiert werden.

Die soeben veröffentlichte Ernteschäßung des Deutschen Landwirtschaftsrats, die bereits weit­gehend auf Druschergebnissen der Berichterstatter beruht, be­stätigt die in den letzten Wochen bereits vielfach geäußerte An­ficht, daß die diesjährige Ernte durch das anhaltende Regenwetter längst nicht so gut ausgefallen ist, wie man es anfangs erwartete.

Der Reichslandwirtschaftsminister Schiele war bei der Anfündigung seiner Maßnahmen, durch die die Getreidepreise hoch gehalten werden sollen, davon ausgegangen, daß wir eine Weizenernte non 4,5 mill. Tonnen und eine Roggen­ernte von 7,2 Mill. Tonnen zu erwarten hätten. Die Reichs­regierung hat infolgedessen, den protektionistischen Wünschen Schieles folgend, eine Weizenvermahlungsquote von 97 Broz. und die bekannten Binssubventionen beschlossen, um jeden Preisdruck auf den Getreidemarkt zu verhindern. Jezt kommt aber heraus, daß die Weizenernte nur etwa 4 Mill. Tonnen, die Roggenernte 6,7 mill. Tonnen be­tragen wird; außerdem dürfte die Qualität der Ernte verhältnismäßig schlecht ausfallen, so daß große Mengen gar nicht zur Bermahlung geeignet find, sondern in in den Futtertrog mandern müssen. Die Getreidebörse hat auch fofort auf die schlechten Erntenachrichten reagiert, der Weizenpreis ist von 206 auf 217 Mart, der Roggenpreis von 170 auf 177 Mart je Tonne gestiegen.

Die Grundlagen der Getreidepolitik für dieses Wirtschafts­jahr sind durch die jetzt richtiggestellten Ernteergebnisse absolut verändert. Damit muß unbedingt eine Aenderung der Getreidepolitif eintreten. Ein 97prozentiger Weizen­vermahlungszwang ist jest mehr denn je unhaltbar. Der Weizenbedarf beträgt rund 4,8 mill. Tonnen, es müffen also unbedingt, da mindestens eine halbe Million Tonnen nicht

vermahlen werden fann, mehr als eine Million Tonnen derartig hoch getrieben werden, daß sich überhaupt kein Ar­beiter mehr eine Schrippe oder ein Stück Kuchen leisten kann, fo muß unbedingt eine Herabsehung des Weizen­permahlungszwangs erfolgen, damit eine dem Be­barf entsprechende Menge Weizen aus dem Ausland einge­führt werden kann und zwar zu Preisen, die dem ge­schrumpften Einkommen der breiten Massen entsprechen. Der 3olijah muß also bedeutend herabgesezt werden. Infolge der geringeren Roggenernte, die gerade aus­reicht, den Brotgetreidebedarf zu decken, muß durch eine Er= leichterung der Futtergetreibeeinfuhr dafür gesorgt werden, daß fein Roggen zusätzlich verfüttert wird. Sonft erleben wir eine Steigerung der Roggenpreise, die selbst­verständlich sofort eine Brotpreissteigerung zur Folge hat.

Sächsischer Landtag   soll zusammentreten Ein Schrei nach Nothilfe durch das Reich. Dresden  , 7. September. Die sozialdemokratische Landtagsfraktion hat heute einen Brief an den Landtagspräsidenten gerichtet, in dem beantragt wird, ben Sächsischen   Landtag zu einer 3 wischentagung ein­zuberufen und auf die Tagesordnung der ersten Gigung die Be­ratung eines gleichzeitig von der Fraktion eingebrachten Antrages über die Behebung der Notstände zu sehen. Nach diesem Antrag foll die Regierung erneut bei der Reichsregierung vorstellig merden, um eine besondere Nothilfe für Sachsen   durch zufeßen, damit die Zahlung der Unterstügungen durch die Ge meinden gesichert und die Lahmlegung des Baumarktes verhindert werden. Nach Artikel 3 der fächsischen Verfassung ist der Landtag einzuberufen, wenn mindestens ein Drittel der 96 Abgeordneten es beantragen. Da allein die sozialdemokratische Frattion 32 Abge­ordnete umfaßt, ist mit der Einberufung des Landtages im laufen­den Monat zu rechnen.