1931
Der Abend
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Spalausgabe des„ Vorwärts
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Nr. 420
B 210 48. Jahrgang
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Heute nachmittag werden das Unterhaus und das Oberhaus zusammentreten. Zunächst wird eine Botschaft des Königs verlesen werden. Im Unterhaus wird dann Premierminister Macdonald eine Entschließung einbringen und begründen, die besagt, daß das gesamte Unterhaus fich am Donnerstag als Finanzausschuß ton
Nächsten Montag: NEUE WELT"
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Gen. Franz Künstler hält Abrechnung mit der KPD.! Ein Kommunist erhält gleiche Redezeit wie der Referent Heute Abend lassen wir die Kommunisten unter sich!
stituiert. Da die normalen Steuervorschläge des Budgets bereits erledigt sind, ist dieser Schritt geschäftsordnungs. mäßig notwendig, bevor neue Steuervorschläge erwogen werden können. Der Konservative Baldwin( Lordpräſident des Geheimen Staatsrats) und der Liberale Sir Herbert Samuel ( Innenminister) werden ebenfalls von der Regierungsbank aus sprechen. Als Führer der Opposition wird Arthur Henderson das Wort er greifen. Die Regierung wird dann die Vertrauens. frage stellen, indem sie eine Abstimmung über die er wähnte Entschließung verlangt. Am Donnerstag wird Snowden die neuen Steuern bekanntgeben, die zusammen mit den geplanten Sparsamkeitsmaßnahmen das Budget. defizit ausgleichen sollen.
Botschaft Macdonalds an die Nation.
In einer Botschaft an die Nation spricht Macdonald die Hoffnung
Die Affäre der Anwaltsfürsten
Amtliche Untersuchung/ Konkurrenzkampf großer Anwaltsfirmen
Die Angelegenheit Glade Stinnes Alsberg Goll, hineingeleuchtet wird, so würde dies nüzlich und aufklärend wirken. nid wird amtlich untersucht. In erster Linie wird dabei geklärt werden müssen, wieweit die ursprünglichen Gladeschen Behauptungen zutreffend sind, daß eine Beeinflussung des Gerichts im Stinnes- Prozeß versucht oder erreicht worden sei. Es ist von einer Bestechung der Schöffen die Rede gewesen. Unbedingt muß hier restlos Klarheit geschaffen werden.
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Die Firma Alsberg Gollnick geht nunmehr gegen den Rechtsanwalt Glade auf dem Wege der Beleidigungsflage vor, umgefehrt flagt Glade gegen Alsberg wegen Beleidigung. Für Herrn Glade interessiert sich Rechtsanwalt Dr. Frey, der Glades Bertretung übernommen hat.
Die Angelegenheit entwickelt sich nebenbei zu einem großen Konturrenzfampf zweier großer Anwaltsfirmen. Wenn dabei etwas in den Geschäftsbetrieb ber Anwalts für st en öffentlich
Stadtgehälter gesichert.
Bolle Auszahlung der Beamtengehälter.
Die Zahlung der zweiten Rate der Gehälter für die städtischen Beamten ist übermorgen, am 10. September, fällig. Der Stadtkämmerer benötigt hierfür eine Summe von 10 Millionen Mark, deren Aufbringung bei dem starken Rückgang der Steuereingänge im Monat Sep tember der Stadtkasse Schwierigkeiten bereitete. Wie wir aus dem Rathause erfahren, ist es dem Stadtkämmerer jedoch inzwischen gelungen, die notwendigen Gelder be reitzustellen, so daß die fälligen Gehälter am 10. Sep. tember voll ausgezahlt werden können.
Inzwischen bemüht sich Rechtsanwalt Glade, durch die Presse in der Deffentlichkeit für seine Forderungen Stimmung zu machen. Es werden Einzelheiten über Privatgesellschaften, nächtliche Autofahrten, Vergnügungsreisen rund um den Stinnes- Prozeß breit< getreten. Herr Glade scheint Wert darauf zu legen, feine eigene umwürdige Rolle und die seiner Frau dabei zum Zwecke des Geschäfts öffentlich breitzutreten. Selbstverständlich ist er alles andere als eine lautere Quelle. Man beobachtet dabei das Bestreben, frühere Angaben über eigene strafbare Betätigung nach Möglichkeit wieder verschwinden zu lassen.
Die Sensationsmache der Interessenten ist mun geeignet, von dent sehr ernsthaften Kern der Angelegenheit abzulenken, und der ist: Haben die Anwälte von Stinnes unzulässige oder strafbare Beeinflussung des Gerichts versucht oder erreicht?
liner Berkehrsanleihe konnte sich erstmalig wieder auf 70 Proz. gegen 68% Proz. erholen.
Im einzelnen stiegen von den bekanntesten Industriepapieren Siemens auf 112 gegen 105 Prozent, J. G. Farben von 96% auf 102 Proz., REW. von 74 auf 78 Proz., Kalimerte Salz- Detfurt, die gestern bereits eine Besserung um 6 Punkte erfahren hatten, Don 146 auf 147 Proz. und Deutsche Reichsbant Anteile Don 108% auf 115 Proz.
Demgegenüber waren infolge ausländischer Verkäufe die Bantattien weiter rückgängig. Die Deutsche Bank und Disconto fant von 71 auf 69, Berliner Handelsgesell fchaft von 72 auf 70 und Dresdner Bant wieder auf den Tiefstand vom vergangenen Donnerstag, auf 41 Proz. Danat Aktien waren mit 76% gehalten.
Wilhelm muß zahlen. Die Reichstagsfraktion berät. Der Arbeiter gegen den Ertaiſer.
aus, daß das Unterhaus der Regierung fein Bertrauen fundgeben Die Reichstagsfraktion berät.
werde. Dem sich anzuschließen, bitte er die gesamte Nation. Der Aufruf schließt mit einer Warnung davor, den Ernst der Lage zu verkennen und zu glauben, man könne mit weniger tiefgreifenden Maßnahmen in der jezigen Situation helfen.
Notopfer der Königsfamilie.
Der König hat dem Premierminister seine Absicht bekannt gegeben, die ihm ausgesetzte Zivilliste von 470 000 Pfund Sterling um 50 000 fund verkürzen zu lassen. Er fügte hinzu, daß auch die Königin und die anderen Familienmitglieder, denen eine Apanage gebührt, den Wunsch hegen, daß diese reduziert werde. Macdonald sprach den Dank für dieses hochherzige Beispiel aus, er dankte auch dem Prinzen von Wales, der, obgleich er feine
Zusammentritt heute vormittag.
Die fozialdemokratische Reichstagsfraktion trat am Dienstag vormittag zu einer sehr zahlreich besuchten Sigung zusammen, an der neben dem Reichstagspräsidenten Löbe auch der preußische Ministerpräsident Braun und der preußische Innenminister Severing teilnehmen. Gegenstand der Besprechungen ist in erster Linie ein Bericht über die Verhandlungen der Parteiführer mit der Reichsregierung über die Abänderung der alten Juninotverordnung. Sodann wird die Fraktion über die künftige politische Haltung der Sozialdemokratie beraten.
Börse fest.
Zivilliste erhält, ihm mitteilen ließ, daß er 10 000 Pfund dem Pfandbriefe auf 90% erholt/ Kommunalobligationen gesucht
Staatshaushalt zuzuwenden gedenke.
Die Finanznot der Städte.
London , 8. September. Die Kriegshafenstadt Plymouth hat am Montag eine Gehaltstürzung ihrer Angestellten beschlossen, deren Notwendigkeit auch von den Angestellten anerkannt wurde. Ueber die Höhe der Abstriche wird noch verhandelt. Der Finanzausschuß der Kohlenstadt Cardiff beschloß, die im Bau befindlichen öffentlichen Arbeiten durchzuführen, jedoch über alle neuen Unternehmungen jeweilig im Magistrat abzustimmen. Der Stadtrat der Universitätsstadt Orford wird nicht nur die öffentlichen Arbeiten fortführen lassen, sondern hat sogar noch eine beträchtliche Summe zur Ausführung von Not standsarbeiten bewilligt. Der Innenminister eröffnete am Montag den Vertretern der Londoner Polizei, daß sie mit Gehaltstürzungen von 12% Pro3. zu rechnen hätten. Auch das Kriegsministerium hat die Arbeiter und Angestellten seiner großen Werte von 10 Proz. Gehaltskürzung in Kenntnis gesetzt.
Die schon an der Montagsbörse eingetretene Beruhigung hat im Verlaufe des heutigen Börjentages einer durchaus festen Stimmung Plah gemacht. Auf dem Aktienmarkt war die kursbildung allerdings infolge stärkeren Angebotes von Bantattien noch nicht einheitlich, wenn auch bei den Industrieaktien fast durchweg kräftige Kurssteigerungen eintraten. Dagegen fetzten sich auf dem Rentenmarkt infolge starter Käufe der Depofitentaffenfundschaft, also aus den Kreifen des breiteren Publifums, bemerkenswerte Kurssteigerungen durch
Die 8 prozentigen Pfandbriefe, die am vergangenen Donnerstag, dem Börseneröffnungstag, einen Kurstiefftand von 80 Proz. erreicht hatten, erreichten heute wieder 90 Pro 3 wobei infolge mangelnden Angebots starke Repartierungen( nur teilweise Zuteilungen) vorgenommen werden mußten. Auch die ommunalobligationen waren start gesucht und konnten im Durchschnitt 2 Proz. höhere Kurse erreichen. Bemerkenswert ist auch für die zunehmende Beruhigung des Sparerpublikums, daß das Angebot in Stadtanleihen stark nachgelassen hat. Die Ber
Der Arbeiter gegen den Ertaiser.- Erfolg des Gemaß regelten.
Vor der Potsdamer Arbeitskammer fand heute vormittag der zweite Termin in der Sache Boß gegen Hohenzollern statt. Der Candarbeiter Boß hatte gegen den Erkaiser geklagt, weil er ohne berechtigte Gründe von der Verwaltung des Krongutes Bornffedt fristlos entlassen worden war. Der Ausgang des Reichsftreites ist für den Arbeiter ein voller Erfolg: Wilhelm muß zahlen und das Guf muß den Arbeiter sofort wieder einstellen.
Vor der Potsdamer Arbeitskammer wird die Partei Boß gegen von Hohenzollern aufgerufen. Als Kläger tritt der Arbeiter Franz Voß vom Krongut Bornstedt bei Potsdam auf, der am 20. Auguſt fristlos entlassen wurde, weil er sich weigerte, Ueberstunden zu machen, und zwar wegen einer Augenerkrankung. Als Vertreter des Exkaisers in Doorn trat sein Generalbevollmächtigter, Herr Das Arbeitsverhältnis wird sofort wieder aufgenommen, der Finger aus Bornstedt , auf. Es kam zu folgendem Vergleich: Arbeitsausfall, der dem Kläger vom 20. August bis heute entstanden war, wird dem Beklagten von Hohenzollern auferlegt. Auch die gerichtlichen Kosten muß der Beklagte, der liebe Herr in Doorn , auf sich nehmen.
Fabrikbrand in Neukölln.
Riftenfabrit in Flammen.
In der Kistenfabrik der Firma Miersbach in der Böhmischen Straße 30 in Neukölln, unweit des Richardplates, brach in der vergangenen Nacht ein gefährliches Feuer aus. Die Befahr wurde gegen 3 Uhr entdeckt, als bereits aus den Fenstern des Lagers meter hohe Flammen herausschlugen. Mehrere Jüge der Feuerwehr nahmen die Bekämpfung des Brandes mit vier Schlauchleitungen stärkster Kaliber auf. Nach zweiftündiger Löschtätigkeit war das Feuer eingedämmt. Der Schaden ist erheblich, die Entftehungsursache noch unbekannt.