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haben bei der Preußischen Staatsbant war in gleicher Höhe vor­handen.

Infolge des Rüdgangs der Steuerüberweisungen durch das Reich und der sinkenden Ueberschüsse der Forstverwaltung schloß das Rechnungsjahr 1930( April 1930/31) mit einem Fehlbetrag von 121,3 Millionen Mart ab. Hierzu famen noch ungedeckte Anleihe­ausgaben von 82,7 Millionen Mark, so daß sich der Gesamtfehlbetrag am 1. April 1931 auf 204 Millionen Mark stellte. Zur Deckung diefes Defizits mußte die schwebende Schuld mit 1553 Millionen in Anspruch genommen werden, der Rest und der Ultimobedarf fanden ihre Deckung in den Ausgabereſten.

Der Haushalt für 1931/32 wurde erschüttert durch einen schäzungsweisen Ausfall an Ueberweisungen von Reichssteuern an Preußen in Höhe von 118 Millionen Mart, ferner durch weiteren Rückgang der Einnahmen bei den Betriebsverwaltungen. Insbe­sondere bei der Forstverwaltung steht der preußische Staat vor der bitteren Tatsache, daß

die Forstverwaltung sich aus einem Ueberschußbetrieb in eine Berlustwirtschaft verwandelt hat.

Der preußische Finanzminister glaubt, daß der Haushalt Preußens in den kommenden Monaten mit Hilfe der getroffenen Maßnahmen ins Gleichgewicht gebracht werden kann, wenn die Steuerüberweisungen des Reiches nicht noch einen weiteren Rückschlag erleiden oder wenn das Reich sich nicht dazu bereit findet, den Ländern für diese Einbußen aus den ersparten Reparations­geldern einen Ausgleich zu gewähren. Bei den sächlichen Aus­gaben werden in Preußen für den Rest des laufenden Finanzjahres etwa 50 Millionen eingespart. Bisher ist es gelungen, die Sied= lung in dem früheren Umfange aufrechtzuerhalten, so daß hier vorläufig noch fein Schrumpfungsprozeß eingetreten ist. Ferner sprach sich Dr. Höpfer- Aschoff

scharf gegen eine Beseitigung der Hauszinssteuer

aus. Auch eine Aenderung dieser wichtigen Steuer könne für ihn nur dann diskutabel sein, wenn durch die Reform tein Steuer= ausfall eintrete.

Für die jungen Lehrer habe die Regierung Mittel in den Etat in Höhe von insgesamt 11,2 Millionen bereitgestellt, die zur Steue­rung der äußersten Not dienen. Bei den jungen Volksschullehrern bestehe immer noch die Hoffnung, nach einigen Jahren wieder in den Beruf zu kommen, jedoch muß heute schon nachdrücklich darauf hin­gewiesen werden, daß

bei den höheren Schulen fich fünftig ein ganz offensichtlicher Schrumpfungsprozeßz

vollziehen werde. Sowohl der Staat wie auch die Gemeinden werden eine größere Zahl höherer Schulen schließen müssen. Hier ist also die Lage für den Nachwuchs, besonders für die Anwärter, die noch nicht in die Listen aufgenommen sind( numerus clausus), hoffnungslos.

Stegerwald gegen Miesmacher. " Reformen" der Invalidenversicherung angekündigt. In Neuenahr äußerte sich Reichsarbeitsminister Steger wald auf dem rheinischen Handwerfertag über die wirtschaftlichen und politischen Probleme der Gegenwart. Er trat insbesondere für organisatorische Maßnahmen zur Sentung der Zinsen

ein und forderte, daß der stark aufgeblähte Verwaltungsapparat in der öffentlichen und in der Privatwirtschaft schnellstens auf das er­forderliche Maß zurückgedrängt werde. Hinsichtlich der Inva= liben und Unfallversicherung feten größere Re formen unvermeidbar. Erforderlich sei unter allen Umständen eine stärkere organisatorische Bereinfachung und Verbilligung der gefamten Sozialversicherung.

Stegerwald schloß seine Ausführungen: Wir stehen ohne 3weifel vor ungeheuren Aufgaben. Trotzdem muß der meit= berbreiteten Miesmacherei nachdrüdlich entgegengetreten merden. Damit erzielt man das entgegengesetzte dessen, was man will. Deutschland hat nicht nur Mantos gegenüber den anderen Ländern, es hat in vielen Fragen auch ein Plus."

Abrüstung und Völkerbund.

Aeußerungen eines Gachkenners.

Eine Rede aus der gestrigen Völkerbundsversammlung, die bei der Berichterstattung schlecht weggefommen ist, muß nachgetragen werden die des spanischen Delegierten Maderiaga. Er ist vor einigen Jahren wegen seines Kampfes für eine wirkliche Abrüstung Knall und Fall seines Postens als Leiter der Ab­rüstungsabteilung im Völkerbundssekretariat enthoben worden. Seine Rede erregte um so größeres Aufsehen, als er von einigen en Stelle Hendersons zum Vorsitzenden der Abrüftungskonferenz gewünscht wird. Maderiaga wies darauf hin, daß alle Länder eifrig an der Vor­bereitung des chemischen Krieges tätig seien. Ihre Rechte wisse dabei nicht, was die Linke tue; denn zu Hause beginnen alle Länder tagtäglich alle fieben Todsünden der Rüstungen und fänden sich nur jedes Jahr einmal in Genf zu einer Ponti­fitalmeffe für die Abrüstung zusammen. In den Wein aller Sagungsartikel des Völkerbundes habe man viel Wasser geschüttet und es sei manchmal erstaunlich, wie bescheiden die Juristen bei der Auslegung der von ihnen entworfenen Berträge seien, die fie niemals zu stärken, sondern stets abzuschwächen versuchen. Maderiaga verlangte die Ueberwachung der privaten und nationalen Waffenfabrikation und die Kontrolle des Waffen­handels somie der eingelagerten Waffenvorräte. Er trat für die Internationalisierung der Zivilluftfahrt ein. ( Diese Forderung wurde auf dem vorigen französisch- sozialistischen Parteitag gestellt.)

Sparkurs und Ratswahl.

Die Vollversammlung hat am Montagnachmittag eine Ent­schließung der Finanzkommission angenommen, in der die Länder aufgefordert werden, teine Anträge mehr zu stellen, die im nächsten Jahre zu einer Erhöhung der Ausgaben führen könnten. Die Wahl von drei nichtständigen Ratsmitgliedern für die drei ausscheidenden Staaten Spanien , Persien und Venezuela ergab für China 48, Panama 45 und Spanien 43 Stimmen. Der neue Bölkerbundsrat besteht jetzt aus den fünf ständigen Mitgliedern Deutschland , England, Frankreich , Italien und Japan sowie den neun nichtständigen Mitgliedern Norwegen , Südflamien, Guatemala , Polen , Spanien , China , Panama , Irland und Peru .

Jimmy Walter, der New- Yorter Oberbürgermeister, fann auf feiner zweiten Europareise allerhand Begleitmufit in den Zeitungen lesen. Daheim schwebt gegen ihn eine recht fatale Untersuchung, auch darüber, welche Kaffe diese Reise bezahlt. In Wien hat Walker so ausdauernd gebummelt, daß der erlauchte Besucher am nächsten Tage erst mehrere Stunden später, als verabredet mar, im Rathaus eintraf. In Paris hat man ihm die Ehrenlegion verliehen; aber schon heißt es, das fei der Lohn für die stille Strei­chung einer franzöfifchen 2,6- Millionen- Schuld an Nem Yort....

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Der Hahnenschwanz in der Politik.

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VOLK

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OSTERREICH

Der Heimatschutz ergreift im Sinne seiner Grundsätze die Machte

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Wenn der Hahn fräht auf dem Mist, ändert sich's Wetter, oder bleibt wie's ist.

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Wiener Regierung greift durch.

Zahlreiche Verhaftungen.- Wo bleibt aber die Entwaffnungsaktion?

Wien , 14. September. ( Eigenbericht.)

Die maßgebenden Führer der Putschbewegung in Steiermark siten, bis auf Pfriemer, seit Montag hinter Schloß und Riegel. Starhemberg , der auf dem Schloß seines Freundes Coreth verhaftet wurde, versuchte, der Aktion der Polizei zunächst Widerstand zu leisten. Als er schließlich deffen Nutzlofig­keit einsah, ersuchte er um freies Geleit.(!) Angeblich wollte er sich dem Linzer Gericht selbst ftellen. Das Gesuch wurde von der Bundesregierung jedoch abgelehnt. Mit Starhemberg mußte auch Das Ersuchen des Coreth den Weg ins Gefängnis antreten. chriftlichsozialen Landeshauptmanns von Steiermark , Dr. Rin­felen, den Heimwehrführern allgemeine Amnestie zu versprechen, weil die Bewegung so leichter beendet werden könne, wurde von dem Bundeskanzler Buresch ebenfalls abgelehnt. Außer Starhemberg , dem Grazer Heimwehrführer Rauter und anderen Putschiften wurde am Montag auch der Regierungsrat im bed von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf verhaftet. Cimbed ging bald nach der Inszenierung des Puffches zur Heim­wehr über. Andere Beamte, die fich zwar nicht direkt auf die Seite der Heimwehr stellten, aber sich ihrer Affion sympathisch gezeigt haben, find inzwischen vom Dienst suspendiert worden. Berhaftet wurde ferner noch der Leiter der Bundesbahn­werkstätten, Oberbaurat Kosmatsch, nachdem die Arbeiterschaft in Didelfels mit dem Streit gedroht hatte, wenn dieser am Puffch beteiligte Beamte nicht zur Berantwortung gezogen werden würde. In den Böhler- Werken traten die Arbeiter in den Ausstand, als zwei Ingenieure, die am Sonntag mit Gewehren auf der Straße gesehen worden waren, am Montag wieder ihren Dienst aufnehmen wollten, als ob in der Zwischenzeit nichts geschehen wäre.

Der Wiener Heimwehrabgeordnete Cistenegger hat sich am Montag der Polizei freiwillig geftellt. Er hatte an sich den Auftrag, den Heimwehrputsch in Wien zum Erfolge zu führen, war aber, als seinem Büro die Puffchparole übermittelt wurde, nicht anwesend. Statt dessen nahm ein kriminalbeamter den Befehl aus Steiermart, die Wiener Heimwehr in Aktion zu fehen und alle Regimentsämter besetzen zu laffen, in Empfang. Ehe die Anordnungen von Steiermart aus nach Wien übermittelt wurden, war die Regierung von der Absicht der Heimwehr unter­richtet worden. Sie ließ daraufhin fofort die Wiener Zentrale der Heimwehr besetzen. Auf diese Weise gelang es, die Putschparole in Wien unwirksam zu machen.

Die Ursache des Putsches ist zweifellos in dem außer­gewöhnlichen Langmut der Regierung gegenüber der Heimwehr zu fuchen. Die Heimwehr verfügt zur Zeit noch über Dukende von schweren Maschinengewehren und Taufenden von Gewehren. Die Steierische Heimwehr benutte während ihrer Aktion sogar zwei Sportflugzeuge zu Erkundungsflügen.

Die Zahl der Todesopfer ift inzwischen um eines ver­mehrt worden. Einer der Arbeiter, der am Sonntag bei dem Zu­fammenstoß mit Heimwehrleuten in Kapfenberg schwer verlett wurde, ist am Montag geftorben. In Perneg ist ein Heimwehrmann

erfchoffen worden.

Ein Verteidigungsfniff Pfriemers.

Er will Geistesverwirrung vorspiegeln. Pfriemer ist Jurist. Liest man folgende Proklamation", die er anschlagen ließ, so muß man denten, er wollte sich im Fall des Mißerfolgs vor Gericht mit augenblicklicher Geistesverwirrung ver­teidigen. Da sagt er nämlich:

Bolt von Oesterreich!

In höchster Not hat mich das heimattreue Bolf von Desterreich zum obersten Hüter feiner Rechte berufen Mit dem Vollgefühl meiner schweren Verantwortung folge ich diesem Rufe und gelobe, meine ganze Kraft zum Wohle meiner Bolts­genossen für den Aufbau unseres Staatswesens einzusehen. Ich erblicke als Ziel meiner Aufgabe die harmonische Entwic lung der dem österreichischen Volte innewohnenden, so reichen, Kräfte in einer auf ständischer Grundlage aufgebauten Boltsgemeinschaft. Oberfie Aufgabe der Staatsgemalt ist

es, den uns zugewiesenen Lebensraum zur Heimat edelster Bedeutung zu machen und vor jeder Gefahr von außen und innen zu schüßen.

Nach einigen Schimpfereien auf die Demokratie sagt Pfriemer

weiter:

In Anbetracht des Umstandes der Illegalität der Staatsverfassung und des Staatswesens selbst, welche der Heimatschutz den Machthabern vergeblich vorgehalten und nachgewiesen hat, fühlt er sich gezwungen, zur Tat zu schreiten, uni den völligen Untergang abzuwehren.

Diese Proklamation war beigefügt dem folgenden provi sorischen Verfassungspatent":

Als Führer des Staates Desterreich ordne ich an: Bis zur Entscheidung des Boites von Desterreich über die endgültige fassung vom 7. März 1929 mit den aus nachstehenden Bestimmungen sich ergebenden Abänderungen und Ergänzungen sinngemäß in Kraft gelassen. Im Artikel 2 mird Wien der Charafter gebende Gewalt, Leitung und Bollziehungsgewalt des Bundes und eines Bundeslandes entzogen nach Artikel 19 wird die gejek der Länder vom Staatsführer übernommen. Artitel 91 Test an die Stelle der Geschmorenengerichte Schöffen senate aus je drei beamteten Richtern und je brei Schöffen.

Berjajjung wird die Berfassung vom 1. Oftober 1920 und die Ber-­

Pfriemer ab nach Mussolinien!

Wie amflich mitgeteilt wird, ist Dr. Pfriemer in der Richtung auf die italienische Staatsgrenze geflüchtet. Wo er die Grenze überschritten hat, steht noch nicht feft. Seine Familie hat Judenburg mit unbekanntem Ziel verlassen.

Wie die Neue Freie Presse" erfährt, ist die Regierung fest ent schloffen, aus den gestrigen Ereignissen die Konsequenzen zu ziehen und die Heimwehren aufzulösen und zu entwaffnen. Putschbilanz.

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Wien, 14. September .( WIB.)

Der Putsch des Dr. Pfriemer gilt als erledigt. Das Er scheinen der Polizei, des Bundesheeres und der Gendarmerie hat überall beruhigend gewirkt, ohne daß es zu ernsteren Blutvergießen gekommen wäre. Tatsächlich ist

außer den beiden bei Zusammenstößen mit den Hamatschühlern ums Leben gekommenen fozialdemokratischen Arbeitern fein weiteres Todesopfer

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zu beklagen. Mehrere hundert Personen wurden verhaftet und werden sich wegen Aufruhrs zu verant worten. haben. Gegen die steierischen Heimwehrführer Pfriemer und Rauter, die ihre Funktionen niedergelegt haben, sind aft befehle erlassen worden. Im Laufe des gestrigen Abends er­schienen die Wiener Banten Vertreter beim Bundeskanzler. Karl Renner und Schober über den Putsch. Wien , 14. September. Die Wiener Mittagszeitung" bringt Erklärungen des Bräff­denten des Nationalrats Dr. Renner, worin es heißt: Es wäre falsch, die Täter von gestern als die Allein- oder Hauptschuldigen zu betrachten. Die eindeutige Proteftion Seipels und die zwei­deutige Haltung Rintelens haben die neuerliche schwere Schädigung des allgemeinen Wohlstandes und unseres guten Namens in der Welt zu verantworten. Desterreich büßt die Kurz­sichtigkeit, mit der die herrschende Richtung seit dem Jahre 1927 die ernsten Abrüstungsangebote der Sozialdemokraten in den Wind geschlagen hat. Der gestrige Tag märe trog aller staatlichen Inter ventionen zu einer ungeheuren Katastrophe geworden, wenn die organifierte Arbeiterschaft nicht mit zusammengebissenen Zähnen an sich gehalten und mit eiserner Disziplin die Herausforderung unbeantwortet gelassen hätte. Ganz Desterreich sehnt sich nach den Segnungen eines wirtschaftlicher Arbeit ergebenen Rechtsstaates.

Bizetanzler Schober nahm auf einer Tagung der Auslands­österreicher, die zur Zeit in Wien stattfindet, zu den letzten Ereignissen. Etellung. Der gestrige Tag, so sagte er, war eine Episode, aller dings eine unentschuldbare. Sie erklärt sich daraus, daß unser Land bei den Friedensschlüssen schlecht behandelt und vieler Hilfs. Präfte beraubt worden ist. Diese unüberlegten Experimente find Symptome der Krankheit, die aus den Friedensverträgen und aus der Zerschlagung des alten großen Reiches zu erklären find.

Der Justizminister Dr. Schürff bezeichnete das Borgehen der steirischen Heimwehren als ein Verbrechen allerersten Ranges. Gegen die Schuldigen und Rädelsführer dieses politischen Irrfinns werde mit affer Schärfe vorgegangen.