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ist von unserer Partei der Genosse Nixdorf in Görlitz vufgestellr. Der Parteitag der bayerischen Genossen ist wegen lokaler Umstände um S Tage hinausgeschoben und findet nunmehr am 12. und 13. Juli statt. Eine neue sozialdemokratische Zeitschrift,Die Nienwe Tijd"(Die Neue Zeit"), ist in A m st e r d a in erschienen. Die- selbe wird monatlich in Heftform unter Redaktion des Genossen F. van der Goes herausgegeben. Polizeiliches, Gerichtliches«. Bon der Anklage des groben Unfugs freigesprochen wurde der Redakleur Gerhard von derVolkswacht" in Breslau . Das Vergehen sollte gefunden werden in der Bekanntgabe einer Mittheilung der Musikinstrumentenarbeiter, die vor Zuzug nach den im Aufruf genannten Fabriken warnten. Dem Arbeiter-Gesangverein in Dortmund wurde die Abhaltung eines gemeinschaftlichen Gesangsfestes ver boten mit der Begründung, es läge keine Veranlassung zur Ver niehrung der Festlichkeiten vor. Das Verbot ist um so eigew thnmlicher, als der Verein seit Jahren gehindert wurde, ein Fest abzuhalten. Auch hat man natürlich nicht bemerkt, daß unter Angaben ähnlicher Gründe dem Turn- und Kriegervereine Feste verboten worden. Der Berein will es deshalb mit dem Be schwerdeweg versuchen. Wegen Beleidigung der Essener Polizeibehörde halte sich Genosse P. Wolf vor der Strafkammer des dortigen Landgerichts zu verantworten. Die Beleidigung erblickte die Staatsanwaltschaft in folgendem Passus einer Rede:Die Arbeiter müßten ein wachsames Auge auf hie Durchführung der Baupolizei-Vorschriften haben; dieselben stünde» ja nur auf dem Papier. Die Unternehmer mußten mit Glaceehandschuhe» an» gefaßt werden. Die Beamten wären nicht zur Kontrollirung da, wohl aber, um die Vereine zu überwachen." Dieser Vorwurf sollte sich, so nahm die Anklage an, gegen die Essener Polizei richte». Der Angeklagte bestritt dies, trotzdem beantragte der Staatsanwalt für diesen augeblichen Vorwurf der Pflicht- Vernachlässigung der Behörde eine Gesäugnißstrafe von vier Monaten, jedoch sprach das Gericht nach kurzer Berathung den Angeklagten frei und legte die Koste» der Staatskasse auf. Die Revisionsschrift des Genossen Keßler. Wie wir unsere Leser vor kurzem mitthcilten, setzte das Land- gericht in Mülhausen unseren Genossen Keßler, Redakleur der bndischenVolksstimme", davon i» Kenntniß. daß seine Revisions- schrift zu spät eingereicht sei. Auf die Beschwerde des Rechts anwalts erhielt dieser nun vom Landgericht das Ergebniß einer Recherche, in der die Wanderung des Briefes genau beschrieben wird. Danach hat der Landgerichtspräsident das Schriftstück, welches laut Bestätigung des Postamts am 28. Mai an Gerichtsstelle eingeliefert wurde, am 29. abends zugestellt erhalten. Der Brief ist von einem Beamten zum andern gewandert und sonderbarer Weise ist das Kouvert mit dem Postabzabestempel nicht aufzu- finden. Jeder von den Beamten hat den Brief ohne Kouvert empfangen. Die Sache liegt jetzt also so, daß der Herr Landgerichts- Präsident, der sich nicht erinnert, die Revifionsbegründung Keßler's überhaupt gesehen zu habe», laut Empsangsquittung an die Post die Revifionsbegründung selbst und rechtzeitig höchst eigenhändig entgegengenommen hat. Man darf gespannt sein, wie die ver- wickelte Geschichte noch endet. Ueber die polizeiliche Thätigkeit bei B e r s a in m l u n g e n theilt der Offenburger Volksfreund" zwei drastische Fälle aus dem liberalen Musterlande Baden mit. Als die Theilnehmer einer geselligen Versammlung in Neumühl bei Kehl die Arbeitermarseillaise sangen und bei den Worten Das freie Wahlrecht ist das Zeichen, in dem wir siegen" an­gelangt waren, inhibirte der überwachende Beamte den Gesang mit den Worten: Vom freien Wahlrecht darf hier nicht ge- sangen werden. Eine gewerkschaftliche Versammlung, die am 14. d. M. in Radolfzell tagte, und zu deren Be- wachung zwei Beamte des Konstanzer Bezirksamts, zwei Polizeidiener und drei Gendarmen herbeigeeilt waren, wurde wegen Kritik von StaatSeinrichtungen" aufgelöst. Gefragt, warum er so viele Beamte mitgebracht habe, während doch Z 9 des badischen Vereinsgesetzes nur von der Zulassung eines Staaispolizeibeamten oder der von ihm schriftlich Be- a u f t r a g t e n spreche, antwortete der juristisch gebildete auf- lösende Beamte, dte übrigen wären mir als Theilnehmer der Ver- sammlung anwesend. Recht ungelegen kam dem Herrn die weitere Frage, ob er denn nicht wisse, daß nach§ 8 desselben Gesetzes kein Theilnehmer einer Versammlung Wafseu tragen dürfe? GemevKMÄfkliches. Achtung, Gewerkschaften! Folgende Gewerkschafte» haben noch keine Eintragungsformulare vom Gewerkschaftsbureau. Annenstr. 16, durch ihre Delegirten abholen lassen: Brauer, Bauarbeiter, Bauanschläger, Dachdecker, Dekateure, Konditoren, Glaser, Glasschleifer, Kupferschmiede, Möbelpolirer, Müllerei- Arbeiter, Posamentiere, Schuhmacher, Sattler , Schmiede, Stein- metzen, Stuckateure, Steinsetzer, Textilarbeiter, Xylographen und Wäschefabrikatiou. Von vorbenannten Gewerkschaften kommen zehn mit einer Kandidatenzahl von 17 bei der Ausloosung in betracht. Wenn schon bei der Einzeichnnng in die Wählerlisten so wenig Interesse von den betreffenden Gewerkschaften gezeigt wird, daß sie keine Wähler stellen, so kann es vielleicht nicht unmöglich sein, daß unter Umständen die eigenen Kandidaten der betreffenden in Frage kommenden Gewerkschaften anstatt gewählt zu werden, durchfallen. Man sollte sich nicht nur auf die andern Gewerk- schafteu und Parteigenossen verlassen, sondern lebhaft selbst für Einzeichnung in die Wählerlisten agitiren. Achtung, Schuhmacher i In der Schnhwaarenfabrik von F.Erpel, Kaiserstr. 41, sind von neuem Differenzen aus- gebrochen. Obwohl Herr Erpel das Zugeständniß machte, daß alles unter den alten Bedingungen weilergehen sollte, verklagte er dennoch fünf seiner Arbeiter wegen Nichtinuehaltung der 14tägigen Kündigung. Da in dieser Sache keine Einigung erzielt wurde, so legten die Arbeiter abermals die Arbeit nieder. Es ist deshalb Zuzug streng fernzuhalten. Die A g l t a t i o n s k o m m i s s i o n derSchuh macher. An die im graphischen Gewerbe beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen Berlins !(Lithographen, Steindrncker, Lichtdrucker, Schleifer, Präger und Prägerinnen, Formstecher. Tapetendrucker und verwandte Berufsgenossen.) Kollegen und Kolleginnen! Seit Jahren ist der Lohn in unserem Beruf be- deutend herabgesunken, haben sich unsere wirthschafllichen Ver- Hältnisse bedeutend verschlechtert. Geradezu schauderhaft niedrige Löhne existiren in manchen unserer Kunsttempel, die von außen herrlich, aber innen ganz anders aussehen. Besonders läßt sich dies von den Merkantil-Druckereien und von den Lithographien sagen. Wo solche Lohndrückerei vorkommt, da ist sie verbunden mit langer Arbeitszeit und fchlechter Be- Handlung, und jeder Kollege hat darunter zu leiden. Auf übermäßig lange Arbeitszeit, hervorgerufen Haupt- sächlich durch das Ueberstundensysteni, folgt wochenlange Arbeitslosigkeit. Roth und Elend bei vielen unserer Kollegen; so sind die Verhältnisse in unserem Beruf vielfach geradezu un- haltbare geworden. Der beste Weg, um diesen Zuständen ein Ende zn machen ist, in die Organisation einzutreten, denn diese allein ist im stände, hier helfend einzugreifen. Es findet darum am Sonnabend, den 27. d. M., abends 8 Uhr, im Feenpalast eine öffentliche Versammlung statt, auf welche wir jetzt schon aufmerksam machen, und in der jeder Kollege und jede Kollegin zu erscheinen verpflichtet ist. In der Gießerei und Maschinenfabrik von Paul Schütze in Oggersheim(Pfalz ) befinden sich sämmtliche Arbeiter im Ausstand. Bei der Firma Colsmann«. Ko. zu Kleinhammer bei Werdohl haben sämmtliche Schleifer, 129 an der Zahl, wegen Lohndifferenzen die Arbeit niedergelegt, um gegen eine seitens der Firma angezeigte Reduktion der Akkordlöhne Front zu machen. Bei dem Ausstand in den Petersburger Spinnereien sollen nach einem Bericht derN. Fr. Pr." 20 000 Arbeiter be­theiligt sein. Die Haltung der Ausständigen wird als äußerst ruhig bezeichnet, so daß einige von den Truppenaufgeboten wieder zurückgezogen sind. Als Forderungen sind von den Arbeitern ausgestellt: Zwölsstündiger Arbeitstag mit anderthalb- stündiger Mittagspause statt des bisherigen vierzehnstündigen mit einstündiger Mittagspause; Arbeitsschluß am Sonnabend um 2 Uhr nachmittags; prompte Auszahlung der Arbeitslöhne für die erste Monatshälfte; Auszahlung des vollen Arbeitslohnes für die Tage der Krönungsseier. Außerdem fordern die Arbeiter, daß Fabrikbesitzer nicht eigenmächtig Maschinen zum Stehe» bringen oder vor festgesetzter Zeit in Gang setzen sollen. Soziale Aeilzlspstlege. Ist das Streben nach normal bezahlter Arbeit dem Streben nach einem rechtswidrigen Vermögensvortheile gleich zu achten? Auf diese Frage, die bei der bekannten Rechtsprechung gegen Arbeiter von Wichtigkeit ist, hat das Reichsgericht am 22. Juni eine Antwort gegeben. Der Former Eduard Marx ist vom Landgericht Magdeburg am 8. Mai wegen versuchter Erpressung zu Strafe verurtheilt. Er war in dem Armaturgeschäfte von K., B. u. B. in Buckau thätig und erlitt dort einen Betriebsunfall, der ihn längere Zeit arbeitsunfähig machte. Später, als er schon längst wieder seine Arbeit verrichtete, verging er sich thätlich an einem Mitarbeiter und wurde deshalb sofort aus der Arbeit entlassen. Er verklagte die Firma beim Gewerbe gerichte auf Zahlung deS Lohnes für eine gewisse Zeit wegen kündigungsloser Entlassung, wurde aber mit seiner Klage zurück- gewiesen, da die Firma auf grund des Arbeitsvertrages berechtigt zu ihrem Vorgehen gewesen sei. Bei der Verkündung dieses Urtheils war Marx nicht zugegen. Bevor er noch das Urtheil nebst Gründen zugestellt erhielt, schrieb er an die Firma einen Brief, in welchem er bat, die Sache in Frieden beizulegen und ihn wieder in Arbeit zu nehmen.Sollte ich", so schloß der Brief, bis zum..... keinen Bescheid erhalten, so wende ich mich an die Stadtverordneten und liefere denselben den Beweis für Ihre Flickarbeit." Nach dem Urtheile des Landgerichts hat er damit der Firma ein Uebel angedroht, um sich die Wiederanstellung bei derselben zn verschaffen, in welcher für ihn ein Vermögens- vortheil gelegen haben würde, auf den er keinen Anspruch hatte. Einen Erfolg hat er damit nicht erzielt. Für die subjektive Seite des Falles kommt nun in betracht, daß der Arzt, der den An- geklagten nach dem erwähnten Betriebsunfall behandelte, ihm gesagt hat, die Firma sei aus diesem Anlaß moralisch verpflichtet, ihn in Arbeit zu behalten. In seiner R e v i s i o n verwies der Angeklagte darauf, daß feine Wiederanstellung für ihn kein Vermögensvortheil gewesen sein würde, da der Lohn, den er be- kommen hätte, doch nur das Aequivalent für seine Arbeits- leistung gewesen wäre. Das Reichsgericht erkannte auf Auf- Hebung des Urtheils und verwies die Sache an das Landgericht zurück. Der Senat trug Bedenken, die Absicht, sich einen rechts widrigen Vermögensvortheil zn verfchaffen. dadurch für festgestellt zu erachten, daß der Angeklagte lediglich erstrebte, wieder in Arbeit genommen zn werden und für dieselbe entsprechenden Lohn zu erhalten. Eine versuchte Erpressung liege nicht vor, aber es sei möglich, daß der Angeklagte sich einer versuchten Nöthigung schuldig gemacht habe. Gevicht-s-Äettung. Ein hartes Urtheil. Unser Parteiblatt, dieReußische Tribüne" berichtet vom Montag: Neun Monate Ge- f ä n g n i ß erhielt heute Morgen von der Strafkammer unser Redakteur Genosse Leven wegen Beleidigung der Leichenfrau Lohse und des Friedhofs-Wnrters Friede in Gotha . Die Ver- nrtheilnng begründet sich auf einen Artikel. worin behauptet war, die beiden obengenannten Personen hätten die Leiche einer Braut, welche dem Krematorium in Gotha zur Verbrennung überwiesen worden war, ihres Schmuckes beraubt. Zur Strafe seien sie zu 2l/z resp 2|/4 Jahr Zuchthaus verurtheilt worden. Die Angaben des Artikels stutzten sich ans einen Brief, den die Schwester des Leichenwärters, eine Frau Schock in Gotha , an ihre hier wohnenden Verwandten gerichtet hatte. Der Angeklagte Leven erklärte, daß er die Angaben des Briefes für durchaus wahr gehalten habe, namentlich in Rücksicht auf das nahe ver- wandtschastliche Berhältniß der Briefschreiberin und daß diese noch unter Worten des lebhasten Bedauerns von der Leichen- schändung berichtet habe. Sobald er erfahren, daß der Inhalt des Artikels unwahr sei, habe er in mehreren Artikeln unaufgefordert die Nachricht dementirt. In der Verhandlung erklärte der unvereidigt als Zeuge ver- nommene Genosse Mefferschmidt Schmerbach als Empfänger des oben erwähnten Briefes, daß er die Angaben des Briefes seiner chwiegermutter für vollständig der Wahrheit entsprechend ge- halten habe. Der Zeuge veriveigerle die weitere Auskunft, da der Staatsanwalt Ruckdeschel vorher erklärt hatte, er behalte sich vor, event. strafrechtlich gegen Echni. vorzugehen. Der Staatsanwalt Ruckdeschel beantragte sodann gegen den Angeklagten l Jahr Ge- fängniß. Der Angeklagte wies zunächst entschieden den Vorwurf zurück, als habe er durch den Artikel ein Sensationsbedürfniß der Leser befriedigen wollen; er habe denselben lediglich deshalb auf- genommen, weil er ein allgemeines Interesse beanspruchte. Sodann habe er den Inhalt des dem Artikel zu gründe gelegenen Briefes für vollständig wahr gehalten, ganz besonders im Hinblick auf das nahe verwandtschaftliche Berhältniß der Briefschreiberin. Nachdem ihm bekannt geworden, daß eine Lcichenschändungsgeschichte nicht vorgekommen, habe er alles gelhan, um die Beleidigten zn rechtfertigen. Die Urtheils- Verkündigung führte aus, daß ein« Gefängnißstrafe von 9 Monaten angebracht erschien in Rücksicht auf die Schwere der Beleidigung und die vielen Vorstrafen des Angeklagten. Man würde kein Bedenken getragen haben, auf die höchst zulässige Strafe von z w e i I a h r e n zu erkennen, wenn der Gerichtshof nicht an- genommen hätte, der Angeklagte habe die Angaben des Brieses ur wahr gehalten. Tie zahlreiche» Prestprozeffe unter der gloriosen Reichs- Herrlichkeit verursachen auch in bürgerlichen Kreisen immer ärgeres Unbehagen. Am 11. Februar war vor dem hiesigen Landgericht gegen den Verlagsbuchhändler Emil Perthes wegen Beleidigung des Ersten Staalsanwalls Jmmler verhandelt worden. Perthes hatte es als unzulässig bezeichnet, daß der Staatsanwalt Jmmler im Nebenamt Mitglied des Aussichtsraths der Aktiengesellschaft Friedrich Andreas Perthes sei. Perthes wurde zu 600 M. Geld- strafe verurtheilt, ist dann aber vom Reichsgericht freigesprochen worden. Jene Verhandlung vom 11. Februar war in Perthes' Auf- trag stenographisch aufgenommen, der nach dem Stenogramm gefertigte Bericht von Brandstätter in Leipzig als Broschüre gedruckt und in dieser Form denGolh. Neuest. Nachr." bei- gelegt worden. Jetzt ist der.Franks. Ztg." zufolge eine Be­leidigungsklage anhängig gemacht worden gegen Perthes, den Stenographen Penzler, den Buchdruckereibesitzer Brandftetter in pzig und den Verleger derNeuest. Nachr.", Wechsung. In dem Bericht waren die Stellen, in denen eine Beleidigung des Staatsanwalts Jmmler erblickt worden war, genau so wie sie in der öffentlichen Verhandlung angeführt worden waren, wieder- gegeben. Die genannten Herren sollen sich damit nun der Be- leidigung des ersten Staatsanwalts schuldig gemacht haben. Es habe» bereits Vernehmungstermine siattgefunden, und die Sache wird demnächst zur Verhandlung kommen. Eine seit Sonnabend vor dem hiesigen Schöffengericht ver« handelte Privatklage des Chemikers Keim zu München wider den Maler Ludwig z. Z. in Rom und den Professor Otto Knill« in Berlin wegen Beleidigung ist nach umfangreichen maltechnischen Erörterungen glücklich zu Ende geführt worden. Es handelt sich um Broschüren, welche Ludwig verfaßt und Prof. Knille mit verbreitet hat. Durch den Inhalt der Bro- schüren wollte sich Ludwig dagegen verwahren, daß seine Er- findung der Petroleumfarben ihm streitig gemacht und die Künstler- schaft veranlaßt werden könnte, minderwerthige Nachahmungen seiner Erfindung zu ihren Bildern zu verwenden. DasEndergebniß derVer- Handlungen ging dahin: Ludwig wurde zu 100 M., Professor K n i l l e zu SO M. Geldstrafe verurtheilt. Aber auch der Kläger Keim, gegen welchen Widerklage erhoben worden war. wurde zu SO M. Geldstrafe verurtheilt. Von den nicht unerheblichen Kosten soll Ludwig die Hälfte, Knille und Keim zusammen die zweite Hälfte tragen. Zur Firmenschilderfrage. Die Polizeiverordnung, wonach offene Geschäftslokale Firmenschilder mit deutlich erkennbaren Vor- und Zunamen des Geschäftsinhabers haben müffen, ist vom Kammergericht jetzt für rechtskräftig erklärt worden. Der Straf- senat des Kammergerichts sprach aus. daß die Polizei- Verordnung sich nicht in Widerspruch mit dem Handelsgesetzbuch setze, das über die hier fragliche Materie Vorschriften nicht enthalte. Anderseits finde die Verordnung ihre rechtliche Grund- läge in dem§ 6 der königlichen Verordnung vom 20. Sept. 1867 bezw. des Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 13S0. Sie bezwecke, allen Personen, die mit den Inhabern offener Ge- schäftslokale in geschäftlicher Beziehung ständen, die Kenntniß davon zu erleichtern, wer der Inhaber sei, um sich im gegebenen Falle an diesen zu halten. Wegen Bedrohung hatte sich dieser Tage der Steinsetzer Franz Otto vor der ersten Strafkammer am Landgericht II. zu verantworten. Er soll diese Strafthat begangen haben, als er mit mehreren Kollegen im Jahre 1392 bei dem Steinsetzmeister Hille in Lankwitz arbeitete; dieser Herr hatte seine Arbeiter, die von der Hand in den Mund lebten, am 11. November des ge- nannten Jahres plötzlich entlassen, ohne ihnen den verdienten Lohn zu zahlen. Dadurch waren die Steinsetzer selbstverständlich aufs höchste empört; sie zwangen den Unternehmer energisch, seinen Pflichten nachzukommen. Während dies Vergehen an den Kollegen Otto's bereits vor längerer Zeit gesühnt wurde, konnte letzterer erst später zur Verantwortung gezogen werden, weil er sich außerhalb Berlin ? aufhielt. Der Gerichtshof verurtheilt« den Angeklagten, der polizeilich aus der Untersuchungshaft vor» geführt wurde, zu der schweren Strafe von sechs Monaten Ge- fängniß. Wegen Milchverfalschung ist gestern vom Schöffengericht am Amtsgericht ll der Milchhändler Wilhelm Treue, Gräfestr. 63, zu ISO Mark Geldstrafe verurtheilt worden. Tie Revision gegen daS Urtheil deS Landgericht» Magd«. bürg vom 29. April d. I., durch welches unser Parteigenosse. Schriftsteller Heinrich Schulz in Berlin wegen Ausreizung ver- urtheilt wurde, ist am Montag vom Reichsgericht verworfen worden. Wege» eines empörende« Bergehen» gtye« da« Nahruugsmittel-Gesetz wurde die verehelichte Gelrerdehändler Fanny B. in Sagan von der dortigen Strafkammer zu drei Tagen Gefängniß verurtheilt. Der Ehemann der An» geklagten hatte eines Tages an einer Halsentzündung gelitten, sie hatte demselben Speckscheiben als Linderungsmittel auf den Hals gelegt, und mit diesen ekelhaft gewordenen Gpeckscheiben am nächsten Morgen die Frühstücksstullen des Dienstmädchens belegt, das schon beim Anblick deSleckeren MahleS" sich er» brechen mußte. Auf die Revision der Verurtheilten hat da» Reichsgericht aus formalen Gründen das erste Urtheil aufgehoben und die Sache in die Vorinstanz zurückverwiesen. In der Sitzung am Freitag hat die Strafkammer jedoch wieder auf dr e, Tage Gefängniß erkannt, und der Verurtheilten die Kosten aller Instanzen auserlegt. Der Gutsbesitzer uud Amtsvorsteher Schulz zu Cvsternitz in Pommern erhielt im März d. I. einen Brief aus Berlin , in welchem eine gedruckte Karte eingeschlossen war, welche dem In- Haber eine» freien Aufenthalt in einer Gummizelle in Dalldorf anwies. Der Verdacht, diese beleidigende Kart« abg'sandt zu haben, lenkte sich auf einen früheren Inspektor des Adressaten, der in Unfrieden von ihm geschieden und kurz zuvor in einem Zivilprozeß unterlegen war. Derselbe, der Inspektor Karl D i e ck e l m a n n. wohnte damals in Berlin . Schulz befaß von ihm noch einen Briefumschlag mit Adresse und dieser. owie die letzte Postsendung, wurden der Staatsanwaltschaft nebst Slrafanirag zugestellt. Im gestrigen Termine vor der 129. Abtheilung des Schöffengerichts destritt der Angeklagte seine Thäterschaft, er wurde aber durch das Gutachten der Schreib- achverständigen. Frau Professor Dilloo, für zweifellos überführt erachtet und zu einer Geldstrafe von SO M. verurtheilt. Ter Staatsanwalt hatte ISO M. beantragt. Au die Gchcimuissc desSalon Tuschl" in Wien erinnerte wie ein Berichterstatter schreibt eine VerHand- lang, die gestern unter strengstem Ausschluß der Oeffentlichkeit vor der zweiten Strafkammer am Landgericht ll stattfand. An- geklagt war eine Frau H e r in s, die am Stuttgarter Platz in Charlottenburg ein feines Quartier inne hatte, in welchem sie den Verkehr zwischen jungen Mädchen und Männern der Lebewelt vermittelte. Wenn auch die Mauern des verschlossenen Gerichtssaale? verschwiegen waren, so erzählten doch die Physiognomien der zahl- reichen Zeugen recht iuteressanle aber auch indiskrete Geschichtchen. Unter denDamen " befanden sich viele junge Mädchen in eleganten Sommertoiletten, Mädchen im Alter von 1617 Jahren, mit rischen, noch rosig angehauchten Gesichtern, ans denen erst die ersten Spuren der Verkominenheit zu bemerken waren. Unter den männlichen Zeugen befand sich ein Graf, ein Arzt, ein Kandidat und ein adeliger Einjährig-Frei- williger. Wie aus dem Erkenntniß hervorging, hat die An- geklagte nicht allein fremde junge Mädchen angelockt und ver- i iippelt, sondern auch ihre eigene Tochter preisgegeben. Sie ist mit zwei Jahren Zuchthaus bestrast und sofort in Haft genommen. Im Unterschiede von Wien , wo die Presse ehrlich genug ist. die vornehmen Wüstlinge mit Namen zu nennen, und sie so wenigstens der wohlverdienten öffentlichen Verachtung preiszn- geben, verschweigt der Berliner Berichterstatter ängstlich die Namen der Zeugen, die doch nicht minder wie die Kupplerin an den Pranger zu stellen sind. Dopesilzen und lvlzto Ltochvichken. Brüssel . 23. Juni. (W. T. B.) Der neu« Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen Japan und Belgien ist heute unter- zeichuet worden. Petersburg, 23. Juni. (W.T.B.) Nach Angaben der hiesigen abrikanten dürste die Zahl der feiernden Arbeiter 176000 betragen. .Ii einzelnen Fabriken ist die Arbeit wieder aufgeuommen worden, bei andern schweben noch Verhaudlungen zwischen den Parteien. Man rechnet aus eine baldige völlige Beilegung der Zwistigkciten. Verantwortlicher viedakteur: August Jacobcy, Berlin . Für den Jnseratentheil verantwortlich: Th. Glocke in Brrliu. Druck und Verlag von Max Babing in Berlin . Hierzu 2 Beilage«.