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Hugenberg contra Braun. politischer Prozeß in Detmold . Detmold , 21. September. (Eigenbericht.) Aor dem Amtsgericht D e t nr« l d fand der B e- leidigungsprozeß Hugenbergs gegen den Redattenr des ..Volksblattes", Fechenbach, statt. In einem Artikel mit der Ueberschrift„Braun fährt Hugenberg über das Lügenmaul" hatte das Detmolder Volksblott eine Erwiderung des preußischen Minister- Präsidenten Braun veröffentlicht, worin sich dieser gegen die un- ehrliche Demagogie wendet, die Hugenberg in seiner Bielefelder Verfammlungsrede mit dem Schlagwort Marxismus getrieben hatte. Hilgenberg hatte„unser marxistisches System" für das Elend der Arbeitslosigkeit verantwortlich gemacht. Darauf hatte Braun erwidert:„Ich habe vor der Intelligenz der Herrn Hugenberg als Politiker wie als Parteiführer keinen übermäßigen Respekt, aber für s o dumm halte ich chn doch nicht, daß er glauben kann, die heutige wirtschaftliche Depression, die einen Teil der ganzen Weltkrise darstellt, sei auf das marxistische System zurückzuführen." In der Erwiderung wurde ferner gesagt, Braun habe in der Versammlung in Bielefeld , die bald nach der Hugenberg- Versammlung stattfand, nillst von dem Mfachen Millionär Hugenberg gesprochen. Weiterhin wurden die Behauptungen der Hugen- berg-Presse von dem angeblichen Taselsilber des preußi- fchen Ministerpräsidenten und von dessen angeblichem Jagdschloß als lügenhafte Phantasien bezeichnet. k, Der Anwalt Hugendergs versuchte im Verlauf der Verhandlung das Beweisthema völlig zu verschieben. Er wollte nichts davon wissen, daß Hugenberg der Vorwurf gemacht sei, er habe in bezug auf die Ursachen der Arbeitslosigkeit und in der Bezeichnung des gegenwärtigen herrschenden Systems wissentlich die Unwahrheit ge- sagt. Er behauptete vielmehr, die Ueberschrift des Artikels beziehe sich auf die Behauptung Hugenbergs, daß Braun von dem Lvfachen Millionär gesprochen habe. Fechenbach bestritt dies. Aus dem Untertitel„Schuld des Marxismus? Nein, Schuld des Kapi- talismus" ergebe sich klar, daß nur d i e Uirwahrhastigkeit Hugenbergs getroffen werden sollte, mit der er die Arbeitslosigkeit dem Marxis- mus zur Saft legte. Fechenbach erklärte weiter, er mache Hugenberg wegen der Behauptung, Braun habe von dem 50fachen Millionär Hugenberg gesprochen, nicht den Vorwurf der Lüge, wäil ja Hugen- derg nur behauptet habe, was ihm von dritter Seite mitgeteill sei. Er selbst konnte aus Eigenem nicht wissen, wie sich tatsächlich die Dinge in der Versammlung abgespielt hätten. Da der Vertreter Hugendergs dabei blieb, die beleidigende Ueberschrift beziehe sich auf den bOsachen Millionär, erklärte Rechtsanwatt L a n d s b e r g, als Verteidiger Fechenbachs, Hugenberg könnte sich doch freuen, daß Fechenbach ihm nicht mehr in drei, sondern nur noch in zwei Fällen Unwahrheit vorwerfe. Es wurden dann die Aussagen zweier Zeugen verlesen, die kommissarisch vernommen worden waren(auf die übrigen 15 Zeugen war verzichtet worden). Sie wollen die Aeußerung Brauns gehört haben, allerdings gibt jeder eine andere Formulierung an. Rechtsanwalt Landsberg wies auf die Verschiedenortigkeit der Zeugenaussagen hin. Die Formulierung des ersten Zeugen sei völlig unlogisch. Man könne aber einem Mann wie Braun, der von eiserner Logik sei, dies nicht zutrauen. Im übrigen habe Hugenberg die Klage isicht angestrengt, um eine Bestrafung wogen Beleidigung herbeizuführen. Man wolle nur dem preußischen Ministerpräsidenten eine angebliche Unwahrheit nachweisen. Den Zeugenaussagen stehe aber die Erklärung des Reichstagsabgeordneten Karl Schreck entgegen, der auf das bestimmteste erklärte, er— Schreck— haste die Aeußerung von dem SOfachen Millionär getan. Es handle sich darum, ob Hugenberg die U n w a h r h e i t gesagt Hab«. Das sei in zwei Fällen geschehen. Hugenberg müsse wissen, daß das gegenwärtige System nicht marxistisch sei. Es werde in Deutsch - lanb eine agrarische Protektion, eine Schonung der Kartelle be- trieben, jedoch eine wirksame Bankenaufsicht abgelehnt, und das alles gegen den Widerspruch der Sozialdemokratie. Ein solches System könne man wirtlich nicht als marxistisch bezeichnen. Wer es doch tue, sage wissentlich die Unwahrheit. Hugenberg müsse auch wissen, daß England, Amerika , Italien , Länder, die gewiß nicht marxistisch sind, ebenso unter der Arbeitslosigkeit als Erscheinung der Weltwirtschaftskrise leiden wie Deutschland . Jeder nationolökonomische Sachverständige würde zugeben müssen, daß Hilgenberg wider besseres Wissen den Marxismus fiir die Ar- beitslvsigkeit verantwortlich gemacht habe. 2luch die Behauptungen in den knalligen Ueberschristcn der Hugenberg-Zeitungen in bezug auf Hubertusstock seien unwahr und Hugenberg habe sich nicht da- gegen geweitkcct. Es liege also ein Tatbestand vor, der einem gegne- rischen Journalisten das Recht gibt, von Lüzenhastigkeit zu sprechen. Da aber der Beklagte in der Form zu weit gegangen sei, Hobe er sich strafbar gemacht. Es könne jedoch nur eine Strafe in Frage kommen, die dem Strafminimum nahe kommt. Die Urteilsverkündung wurde auf Sonnabend, den 26. Sep- tember, vormittags 10 Uhr, seftgosetzt.
Achizehnjahnger ermordet die Mutier. Mit der Axt Mutter und Geschwister erschlagen. Görlitz , 20. September. Der 18jährige Mühlenbesitzerssohn Georg klein an» Troilscheudorf stellte sich gestern nach! der Görliher Kriminalpolizei mit der Selbslbezichligung. seine IN n 1 1 e r und seine beiden G e- sch wiste r. einen g Zahre alten Knaben und«in gjähriges Mädchen, ein Zwillingspaar, wik der Sl x i erschlagen zu haben. Die Polizei- lichea Nachforschungen ergaben die Richligkeil der Angaben. Die Mutter des Tälers wurde in der Stube, der Knabe im Keller und das Mädchen auf dem Hausboden erschlagen ausgesunden. Die Tat ist bereiis in der Ncchl zum vergangenen Dienstag geschehen. Da der junge Mann den Nachbarslcutcn erzählte, daß seine Muller und Geschwister nach dem Rheinland zu einer Beerdigung gefahren seien, wurde kein verdacht geschöpft. Der junge Mensch hat seiner im Bett liegenden Mutter mehrere Schläge mit dem Hammer versetzt und die sich wehrende Frau mit einer Axt erschlagen. Mi dem Brotmesser hat er im Keller seinen äjährigen Bruder erstochen. Seine Schwester, die sich vor dem Mörder aus den Baden ge- flüchtet hatte, hat er gewürgt und das schwächliche Kind, als «« noch Lebenszeichen von sich gab, ebenfalls mit der Axt erschlagen. Am Morgen nach der Tat hat der Mörder in aller Ruhe die Kundschaft bedient, ist dann mit Ware nach Görlitz gefahren und hat hier eine Zeche von 60 Mark gemacht. Er fuhr dann nach Dresden und will auf der Rückfahrt einen Selbstmordversuch unternommen haben. Nach feiner Angabe hat er sich vor einen Zug gezporfen, doch sei dieser mit einem Schienenräumer oersehen ge- wesen, so daß seine Absicht vereitelt worden sei. Heber bi« Gründe der entsetzlichen Tat ist man noch nicht im klaren.
Im Betriebe der kommunistischen Zeitung„Klassen- kämpf" in Halle, wurden msnige Tage nach der Reichs- togswahl mehrere freigewerkschastlich organisierte Arbeiter entlassen. Am 19. September 1930 wurde den Klägern gekündigt. Als Entlassungsgrund wurde die srelgewerk- schoftlichc Beiätlgung der Arbeiter im Betriebe des KPD. -Blattes angegeben. Der Betriebsrat widersprach der Kündigung und machte Gegenvorschläge, auf welche die Beklagte nicht einging. Daraufhin klagten die Entlassenen. Ihre Kündigung widerspreche dem§ 1 der im Betriebe geltenden Arbeitsordnung und sei nur wegen ihrer Mitgliedschaft im verband der Buchdrucker lind wegen ihrer gewerkschaftlichen Betätigung erfolgt. Mit Rücksicht auf ihre lange Betriebszugehörigkeit und ihre Familienverhältnisse bedeute die Kündigung ein« unbillige Härte. Sie sehen die Kündigung als Maßregelung an, denn wenn sie der RGO. angehört hätten, wären sie nicht entlassen worden. Sie verlangen mit der Klage die Wiedereinstellung oder Fortzahlung des Lohnes. Arbeits gericht und auch Londesarbeits gericht entschieden, daß das Arbeitsverhältnis der Kläger fortbesteh«. Unstreitig hat der Betriebsrat der Kündigung der Kläger widersprochen. Ein Einoernehmen ist mit dem Betriebsrat nicht erzielt worden. Die Kündigung ist daher rechtsunwirksam, Sie ist wegen des Verstoßes gegen Z 1 der Arbeitsordnung mit einem Mangel behaftet, der ihre Rechtsunwirksarnteit zur Folge hat. Gegen dieses Urteil kämpfte die SpD.-Vctriebsleilung beim Reichsarbeiisgericht mit der Revision an. Sie verlangte vom Reichsgericht, das sie ständig als ein Klassen- und Ketzergericht bezeichnet,«ine Entscheidung zu ihrem Gunsten.
Der kommunistische Rechtsanwalt und Reichstagsabgeordnete Dr. L ö w e n t h a l, Berlin , wetterte gegen die Bestimmungen des Betriebsrätegesetzes und erklärte unter dem Hohn- getächter der Zuhörer, daß der Betrieb, in dem der Klassenkampf" gedruckt wird, der kommunistischen Partei nahesteht, sonst aber nichts mit der KPD. zu tun habe. Es müßte der Betriebsleitung selbst überlassen bleiben, ob sie mit Einvernehmen des Betriebrates Arbeiter eiftstellt oder entläßt. Der§ 1 der Arbeitsordnung käme für die Kläger nicht in Frage, auch sei für die Beklagte das B e- triebe rätegesetz nicht maßgebend. Der Vertreter der Kläger , Rechtsanwalt Genosse Dr. F r a e n k e l, Berlin , sührt aus: Wenn der gegnerische Vertreter erkläre, daß der Beklagte der KPD. nur nahestehe, so sei das eine Heuchelei und b e- wußte Unwahrheit. Im Betriebe der Beklagten würde nicht nur das Organ der Kommunistischen Partei für Mitteldeutschland „Der Klassenkampf" gedruckt, sondern auch die gesamte Literatur der KPD. hergestellt. Der Grundsatz, den die Kommunisten immer vertreten, „Alle Macht den Räten", würde in ihren eigenen Betrieben mit Füßen getreten. Die Kläger sind nur deshalb gemaßregell worden, weil sie sich freigewerkschastlich beiäligl hüllen. Das Reichsarbeitsgericht kam zur Zurückweisung der Revision und entschied, daß eine Maßregelung der Kläger vor- liegt und daß sie weilerbeschäsligl werden müssen. Neben der Niederlage und Blamage der KPD. hat sie auch noch die nicht unerheblichen Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Fall zeigt deutlicher als alles andere, daß die KPD . bei der Bekämpfung der freien Gewerkschaften vor keinem Mittel zurück- schreckt. Dieselbe KPD. aber stellt ihre Agitation darauf ab, frei- gewerkschaftlich organisierte Arbeiter zum Anschluß an ihre jämmer- liehe RGO. zu bewegen.
Dreimal Mordalarm Enisehliche Leichenfunde/ Verbrechen in der Adalberistraße
Am gestrigen Sonntag war die M o r d in sp e k l i o n des Berliner Polizeipräsidiums stark beschäsligl. Drei Kommissare waren zur gleichen Zeit unterwegs, um in Tegel . Mariendorf und in der A d a l b e r l st r a h e mutmaßliche verbrechen aufzuklären. Zwei Fälle scheinen sich als Unglücksfälle herauszustellen: im drillen Fall dagegen spricht der Befund für ein verbrechen. Aus dem Tegeler Fließ winde gestern die Leieh« des"Sjährigen Rentenempfängers Albert Döring aus der Hennsdorfer Straße gelandet. Ein Mann entdeckte die Leiche des Greifes in einer morastigen buchtortigen Erweiterung des Fließes unweit der Sied- lung„Freie Scholle". Reben der Leiche wurde ein starker Knüppel gefunden, der zu der Vermutung Veranlassung gab, Döring sei damit erschlagen worden. An dein Toten winden jedoch keine Ber- letzungen entdeckt. Der Greis hatte am Sonnabend abend Ver- wandte in der Schlieperstroße in Tegel aufgesucht und ist auf dem Heimweg in das Fließ geroten. Der zweit« Todesfall, der bisher ebenfalls mir die Deutung eines Unglücksfalles zuläßt, spielt in Mariendorf . Im Teltowkanal sahen Passanten in der Röhe der Teu-bertbrücke die Leiche eines Mannes treiben. Der Tote wurde von der Feuer- wehr an Land geholt und von der alarmierten Polizei als ein
23 Jahre alter Tischler Otto Mollert aus Schöneberg festgestellt. Unterhalb des linken Ohres zeigte sich eine Verletzung, die von einem Schuß oder Stich herzurühren schien. Bei den weiteren Nachforschungen stellte sich heraus, daß Mollert mit einem Freunde eine Bergnüguirgstour unternommen hatte. Zuletzt wurde W. in einem Lokal in der Attilastraße in Mariendorf gesehen. Auf dem Wege zur Haltestelle geriet der junge Mann offenbar auf den unbeleuchteten Fußweg, der zum Kanal hinunter- sührt und stürzte ins Wasser. Die Wunde am Ohr rührt wahr- scheinlich von dem Sturz über die Böschung her, eine Stich- oder Schußverletzung ist es jedenfalls nicht. In besonderem Maße beschäftigt die Polizei ein un- bekannter Tater, der offenbar im Streit erschlagen oder von einem Auto überfahren und vom Führer hilflos liegen gelassen wurde. Passanten hörten in der Adalbertstroße taute Hilferufe und fanden vor dem Hause Nr. 99 einen etwa 30 bis 35jährigen Mann blutüberströmt liegen. Der Schwerverletzte wurde ins Bethanien-Kranketthaus gebracht, wo er einige Stunden nach seiner Aufnahme starb. Bisher war es noch nicht möglich, die Personalien des Toten zu ermitteln. Zeugen wollen gesehen haben, wie unmittelbar noch den Hilferufen sich ein Mann und eine Frau eilig entfernten.
Lyonel Feininger . Aussieliung im Kronprinzenpalais. Wer nur irgend bereit und begierig ist, den Zauber einer ollen zeitlichen Sorgen und Erregungen entrückten Bilderwelt aus sich ein- wirken zu lassen und Gefangener einer Kunst zu werden, die ihren offenbarenden Blick hinweghebt über die nächsten schnöden Wirklich- leiten zum Abglanz unserer ewigen Ahnungen und Empfindungen, der lenke in diesen Wochen seine Schritte �um ehemaligen Kran- prinz enpalais, wo das Werk Lyonel Feiningers zu nachträglicher Ehrung seines sechzigsten Geburtstages in umfassender Uebersicht bargetan ist. Das Werk eines der größten Landschafter aller Zeiten, dessen Vision aus der Weite der Meeresfläche und des Luftraumes schimmernden Widerhall der Einsamkeit, leuchtendes Echo der tiefsten Schauer und Besinnungen weckt, geformt zu kristal- lenem Schweben und wunderbarem Farbendämmern. Das Schaffen eines immer wieder an die geheimnisvolle Erscheinung hoch empor- schattender Bauten, in den Himmel tauchender Türme verlorenen Lauschens, das eine nie zuvor erklungene Musik transparenter Gefüge und glimmender Unendlichkeiten vernehmbar werden läßt. Seine Wahrnehmungen erfüllen sich aus der Berührung von Boden und schwingendem Raum, von steingeschichtetem Gewächs und aufge- brochener Spären-Ungemessenheit mit einem Tönen, als ob alles Feste und Gelöste in Glocken oerwandelt sei. Traumhaftes Gleiten phantastischer Schisse, dos Rogen der Architekturen, Straßendurchblick, Küstenstreifen: es sind die gleichen paar Anlässe, von denen aus Feininger Immer wieder die magische Schönheit seiner Malerei erwirkt, ihrer flutenden und zugleich im silbrigen Prismennetz geborgenen Resonanzen, ihrer sprühenden In- brunst und sanft oergehenden Ermüdung. Man bewegt sich in großer Bezauberung zwischen diesen Bildern einher, die so unge- möhnliche Naturerlebnisse verschenken, gebannten Staunens über die Fülle der rings um ein bestimmtes Motiv, etwa in den letzten Jahren der Stadtkirche von Halle, aufglühenden Stimmungen. Aber auch die grotesken Figurenbilder aus Feiningers frühen Tagen, die exzentrische Leute langbeinig durch die Straßen gespenstern lassen, ordnen sich dem tiefen Eindruck ein, den abermals und zwingender denn je die Begegnung mit seinem ebenso reich vom sinnlichen Emp- sangen wie von der geistigen Kraft des Umbildens und Verwandelns bestimmten Schassen hinterläßt. Willi Wolfradt. fetterer Frauen-Aachmiiiag. i Volksbühne. Freude ist heute nötiger als je und lachen ist gesund. Aus dieser Erkenntnis heraus veranstaltete das Frauens« f»etariat der SPD . einen heiteren Frauennachmittag. Unsere Frauep waren dem Ruf gerne gefolgt und das Haus des Theaters am Bü- low- Platz war bis auf den letzten Platz gefüllt.
Den Rahmen der Beranstaltung bildeten die beifällig aufgenom- menen Darbietungen des Streichquartetts Benz(4 Damen). In seinem Vortrag„Das Recht auf Freude" warb Dr. N e- st r t e p f e für die Volksbühne, über deren Programm für die Wintersaison er ausführlich sprach. Er wandte sich gegen die Lite- raturjünglinge vorn Kurfürstendamm , die selbst jedes Kabarett be> suchen und keine Gelegenheit zum Sichauslachen verpassen, für den Arbeiter aber nur schwere oder politische Theaterkost verlangen. An heiteren, lustigen Werken, die unserer Gedankenwelt nahestehen, ist ein Mangel, darum sollen auch froh stimmende Werke aus vergon- gener Zeit aufgeführt werden, um Parallelen ziehen zu können. Wie wohltuend gerade der leichte, scherzende Ton wirkte, zeigte der Beifallssturm nach den Vorträgen der Rezitatorin Friede! Hall, des Schauspielers Artur Mainzer und der Sängerin Margarete Baeck(die sogar etwas gewagte Sachen anmutig brachte). Die Künstler bewiesen, daß leicht nicht seicht zu sein braucht und man sehr wohl lustig sein kann, ohne jemals albern zu werden. Ebenso braucht man weder die künstlerische Form noch das Niveau einer echt künstlerischen Veranstaltung zu verlassen, wenn man für Partei und Sozialismus Propaganda macht oder ein Bekenntnis ablegt. Dieser vortrefflich gelungene Nachmittag hat den Frauen wirk- sich viel gegeben. e.h. Wildes„Salome" zum 1. Male in London . Dem Londoner Theaterpublikum steht am 28. September eine.Wilde"-Sensation bevor. An diesem Tage wird im Savoytheater Oskar Wildes„Salome" über die Bretter gehen. Wilde hat dieses Drama vor vierzig Jahren geschrieben, es ist aber in England noch nie zur öffent- lichen Aufführung gebracht morden, sondern immer nur in ge» schwssenen Gesellschaften. Die Leitung de? Savoytheaters betrachtet die Aufführung immer noch als ein großes Wagnis. Nietzsches Nachlaß. Prof. Erng«. der Vorsitzende des Wissenschaft- lichen Ausschusses des Nietzsche-Archivs, bittet um Aufnahme folgender Berichtigung: Die von mehreren Zeitungen(auch vom„Vorwärts") gebrachte Mitteilung, daß der Nachlaß Nietzsches vom Prof. Baumker geordnet und herausgegeben werde, beruht auf einem Irrtum. Es handelt sich dabei nur um längst veröffentlichte Nachlaßaufzeichnungen Nietzsches. Der gesamte urschriftliche Nadstoß befindet sich nach wie vor im Nietzsche-Archiv und unterliegt hier zur Zeit einer erneuten Durch- arbeitung für die kritische Ausgabe. Das Nietzsche-Archiv würde gut tun, endlich mit seinen Schätzen herauszurücken und vor allem: sie auch anderen Forschern zugänglich zu machen. Die volksbühue E. B. hat versuchsweise eine neue Gruppe von Ab- teilungeu eingerichtet, bei der dqs bisher übliche System der Einheitsbelräge bei Verlesung sämtlicher Plätze nicht mehr durchgeführt wird. Tie Mit- glieder, die sich für dicle Gruppe melde», haben die Wahl zwischen drei Vüatzgnippen, für die 3,—, 2,— und 1,-- M. einschließlich Programm zu zahlen sind. Tie neuen Abteilungen umsasten Borstellungen im eigenen Haus der Vollsbühne, in der Staatsoper Unter den Linden und im Staat» lichen Schiller-Theater.