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H. Erman: Der Sturm weht!

Wir faßen ohne Freude beieinander. Die Gefichter waren müde;| die Herzen leer und ausgehöhlt von der Arbeit des Tages.

Wie immer waren die Proben heute verlaufen; mie auch sonst hatten wir am Abend gespielt, und wie an allen anderen Tagen hatte das Parkett geflatscht und die Gallerie Beifall gerufen.

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Heute war der Fünfte des Monats und feiner besaß mehr an Geld, als er unbedingt brauchte, um nicht gerade verhungern zu müffen. Daran waren wir gewöhnt. Es war immer so schlecht bestellt um unsere Kasse. Das fonnte uns nicht zu Herzen gehen. Selten waren wir deshalb niedergeschlagen gewesen. Seit wir hier unser Brot gefunden hatten, war es ganz selbstverständlich gewesen, auf das regelmäßige warme Essen zu verzichten. Wir redeten uns auch ein, daß ja unsereiner gar nicht die Zeit oder die Ruhe hätte, um sich an einen ordentlichen Tisch sezen zu können. Ganz selbst verständlich haben wir bisher mit dem Gummi Manschetten und Kragen radiert, um die teuere Wäsche sparen zu können.

Immer waren wir ein wenig unsauber und immer entseßlich hungrig gewesen. Genau wie heute. Und nie hat es bisher uns bedrückt.

Heute aber mußte es einen Riß gegeben haben in diesem Bor hang, den wir aus Hoffnungen und Illusionen gewebt und zwischen uns und die Welt gehängt hatten.

Es hatte sich nichts Besonderes ereignet. Vielleicht war die erste Frühlingssonne, vielleicht der erste weiche Frühlingswind, der draußen die Straßen füllte, die Ursache unserer Verzweiflung.

Solche zarte, weiche Luft buhlt mit unserer Sehnsucht. Der Hunger nach dem Leben wird übermächtig in dieser die Nerven peitschenden Frühlingssonne.

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Frühlingstage machen uns leidend und sehend. Wir schämten uns voreinander. Kaum sprach einer von uns. Ohne Hoffnung atmeten wir die verdorbene rauchdicke Luft unferes Stamm- Cafés. Heute sahen wir den Schmutz seiner Deden und Wände. Wir schmeckten den gegorenen Dunst alter Bierreste. Wir fühlten Ekel vor dem fettigen Glanz an Löffeln und Gabeln und den ver­schmierten Tischtüchern.

Wir litten alle zusammen daran, daß unsere Ideale und unser Können zu weiter nichts gereicht hatten, als hier zu fizen, billige Bigaretten zu rauchen und Kaffee zu einem für die Herren Künstler" besonders ermäßigten Preis zu trinken.

Heute schämten wir uns des Glaubens an unsere Aufgabe, der fonft uns das Leben nicht bloß ertragen ließ, sondern sogar schön und leuchtend gemacht hatte.

Heute waren wir mit unseren bleichen überanstrengten Ge­fichtern, unseren brennenden Augen und dem sonst so gesprächigen Mund nichts anderes als ein Häuflein Gescheiterter oder Ber­zweifelter.

Reben mir hatte einer langsam gesagt: Ein schlechtes Geschäft, das Theater! Man sollte beffer...

Gleich fiel ein anderer ein: Nur ein Geschäft! Gar nichts fonst! Nur ein Geschäft! Warum sich dran hängen? Besser... Ganz leise begann Lucas, unser alter Inspizient, seine Ge­schichte.

Bor acht oder neun Jahren ist die Titty Kahr zu uns gekommen als Anfängerin, in der Oper. Bildhübsch ist sie gewesen. Gewachsen wie ein Bub. Geld hat sie auch noch gehabt; die Eltern wohnten irgendwo in Norddeutschland, waren Landrat oder was Aehnliches.

etmas.

noch vor der Verwandlung frant! Nerven, Herz? Wer weiß so Genaues hat der Dr. Lauer nicht finden können. Auf jeden Fall sagt die Marga: weitersingen geht nicht! Kommt nicht in Frage! sagt sie, und lacht trotz ihrer Nerven oder des Herzens. Der Alte wird angerufen! Der kommt rüber und flucht! Die Borstellung abbrechen? Geld zurüdzahlen? Berdammt, wie ihn das gewurmt hat!

Da meint die Titty ganz ruhig, sie würde die Partie weiter­fingen, wenns recht wäre! Sie hätte genug geübt mit der Marga und Dr. Budde. Und die Arie der Marzelline könnte heute ja weg­bleiben; jede Choristin könne den Rest erledigen.

Was blieb denn anderes übrig? Die Marga zog das Kostüm aus und wurde nach Haus gefahren. Die Titty schminkte sich schnell um, steckte das Kostüm zurecht. In fünf Minuten war alles erledigt. Das Publikum hätte gar nicht merken können, daß jemand anders heute die Rosine sang.

Wenn nicht die Stimme gemesen wäre!

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Ich bin lange genug beim Bau! Ich habe viel Rouladen und Koloraturen gehört, daß ich was reden kann. So ist die Arie, die große, noch nie gesungen worden. Soviel Glück, soviel Sehnsucht. Die Leute haben gerast wie toll! Da capo! 3um zweitenmal da capo! Wir haben uns alle so mitgefreut, daß wir sie fingen gelassen haben, soviel sie wollte. Unser Alter hat ohnehin von Musit nichts verstanden; der war auch viel zu aufgeregt an dem Abend, um was zu sagen. So hat das die Titty dreimal fingen dürfen. Die Studenten, damals gingen die gelegentlich noch ins Theater, standen Spalier hinten am Bühnenausgang! Unbedingt, die Titty müßte heute gefeiert werden und ihr Gast sein!

Aber die Titty fagte nein. Zu müde wäre sie, und außerdem möchte sie nach der Marga sehen und ihr erzählen, wie wunderbar schön es gewesen. Dabei hat ihre Stimme plöglich hart und fern geflungen, ganz so wie früher.

Das war an einem Sonntagabend gewesen. Am Montag war die Marga wieder gesund und frisch. Wir waren alle froh; denn wir hatten auch die Marga gern, die immer ein guter Kamerad gewesen ist. Die zwei probierten schon wieder mit Budde zu­fammen; denn am kommenden Sonntag sollte der Barbier wieder in der alten rechten Besetzung steigen.

Die Titty war vergnügt! Nicht so strahlend und frei wie vor der letzten Aufführung! Wieder mehr verschlossen wie am Anfang. Manchmal sah sie die Marga nachdenklich prüfend an. Oft wechselte fie ihre Farbe, wurde plößlich blaß und plößlich rot.

Aber die Titty war jung! Neunzehn oder zwanzig! Singen war ihr Leben! Von dem Beifall und dem Erfolg mußte sie im Tiefften aufgewühlt sein. Sicher viel mehr als sie so sehen ließ.

Der Sonnabend fam. Pünktlich wie immer fam die Titty in die Garderobe. Gleich hat sie sich angekleidet. Fig und fertig geht sie hinüber zur Marga in deren Garderobe.

Das Zimmer ist leer gewesen! Weniger als eine halbe Stunde vor Beginn der Vorstellung war die Marga noch nicht da! Gleich läuft die Titty zum Inspizienten und erzählt, daß sie mit der Marga zusammen von Dr. Budde fortgegangen wären. Früher als der, weil sie in der Stadt noch einiges hätten besorgen gewollt, und bei der Dunkelheit da draußen am See nur hätten langsam gehen

Was hat die beim Theater gewollt? Sie hat eigentlich gar Erich Grijar:

nicht zu uns gepast. Natürlich haben die Kollegen sie gleich an­pirschen wollen. Aber da war nichts zu machen gewesen. Die Titty hat ihre Taille gehütet. Da gab's fein Küssen und fein Knutschen.

Die Titty hat jeden

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fie hat ganz große dunkle Augen gehabt böse angesehen und gesagt: Du, ich will fingen! Ich muß fingen! Du darfst mich nicht aus der Ruhe bringen wollen!

Das hat sie zu jedem gesagt; auch wenn er ihr sonst gefallen hat und mir gemerkt haben, daß er ihr lieb war, daß sie eigentlich gern zu ihm gegangen wäre. Aber die Titty ist besessen gewesen vom Singen! Nie ist sie schwach geworden. Höchstens haben ihre Augen nicht mehr drohen, vielleicht nur noch bitten können: Du, laß mich! Laß mich ganz! Du, ich muß doch fingen!

Wie' s so geht bei uns: bald hatten sich alle an Titty und ihre Wie' s so geht bei uns: bald hatten sich alle an Titty und ihre Art ganz gewöhnt. Und bald paßten wir genau auf, daß niemand

thr nahekommen konnte. Und wenn doch einer von den jungen

Hunden mal den Versuch gemacht hat, so hat er es gleich mit uns zu tun bekommen.

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So richtig angeschlossen hat die Titty sich nur an die Marga Peters, die heute in Chikago singt, unserem Sopran von damals, und an den Dr. Budde, unseren Kapellmeister. Immer waren die drei beieinander. Damals hat der Budde noch draußen am See gewohnt, am Ende von der Uferstraße. Und wer die Titty singen hören mollte, der mußte schon die gute halbe Stunde rauslaufen zu den dreien. Auch wenn' s für die Nacht ein weiter Weg war; an dem Seeufer entlang.

Im Theater war wenig von der Titty zu hören. Die Titty war nun einmal Anfängerin; die großen Partien hatte die Marga; und im Bertrag stand, daß die Titty im Chor mitsingen mußte und allenfalls mal eine zweite Partie bekäme, wenn sie mit der Christa Seidl, die damals auch noch bei uns war, alternieren dürfe. So stand die Titty immer auf dem Nudelbrett und sang im Chor ihr ,, Jaj ! Jaj!" oder, mal im Rezitativ, als Page das ,, Jawohl, Herr Graf!"

Das Bernünftigste wäre es gewesen, die Titty aus dem Vertrag zu lassen. Es war ein Jammer um die Stimme! Und die Titty hat sich sicher verbrannt an der Sehnsucht, einmal und immer so recht fingen zu können.. Aber da kam sie bei unserem Alten schlecht an.

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Drei Jahr lief der Bertrag. Ein halbes mar sie erst hier. Im nächsten Jahr follte die Peters nach Chifago gehen. So schlau war der Alte, der wußte ganz genau, daß die Titty ihre Freundin erfegen fonnte und wollte, und daß er sie mit dem Vertrag in der Hand hatte. Ja! das Theater ist ein Geschäft! Ihr habt schon recht. Der Alte hat sie also nicht ausgelassen und vertröstet auf die Zukunft. Das war in der Saison, wo wir den Barbier von Sevilla neu einstudiert haben. Die Rosine natürlich die Marga. Die Marzelline die Titty. Und damit sie da auch was Wirkliches zu fingen gehabt hat, haben sie den Strich im zweiten Aft, wo' s allein was für die Marzelline zu fingen gibt, aufgemacht.

Bei der Premiere ist alles glatt gegangen. Die Titty hat einen Haufen Applaus gekriegt, dazu Blumen, Verehrer und Bomben fritifen. Ganz glüdlich war fie in den Tagen geworden. Biel heiterer und luftiger. Die Augen schauten uns gar immer so fern und streng an, wenn wir mal einen Scherz machten und ihr einen Kuß auf die Bade gaben. ob

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Bald danach, bei der dritten oder vierten Wiederholung die zwei Frauen das miteinander abgefartet haben oder nicht, manches sah danach aus, wird die Marga mitten im ersten Alt,

tönnen. In der Stadt aber haben sie sich getrennt. Und die Marga müßte schon längst da sein, wenn ihr nichts zugestoßen märe!

Wir haben gleidh telephoniert. Hin und her! Nirgends wor die Marga zu finden. Nirgends war fie gewesen. Auch nicht in dem Geschäft, vor dem die Titty sich von ihr getrennt hatte.

Es wurde dreiviertel acht! Acht Uhr! Das Haus war gefüllt! Und schon spürten sie im Publikum die Unruhe, die auf über­natürlichem Weg immer in's Parkett überspringt, sobald hinter dem Vorhang etwas in Unordnung ist.

Die Titty wurde ganz blaß, aber sie behielt Ruhe, als der Chef ihr mitteilte, daß Fräulein Peters unauffindbar sei, und sie, die Titty, die Partie nochmals fingen dürfe.

stand die Titty fig und fertig zum Auftritt. Halb neun, die Vorstellung hatte unterdessen schon angefangen,

Gegen das letztemal hatte die Stimme sich geradezu verklärt. Heute hatte sie bei allem metallischen Timbre einen Schmelz, der uns erbeben ließ. Nie zuvor, vielleicht ähnlich von Spanierinnen, habe ich so rauschende, geisterhafte Tonkaskaden gehört, wie an jenem Abend von Titty. Niemals haben sie so schön auf einer Bühne das Finale vom zweiten Aft gesungen.

-VVO

Ich kann nicht schildern, was in ihrem Singen lag.. Genug, daß alle Leute es gespürt haben. Der Jubel und Beifall kannten feine Grenzen mehr. Wieder rasten sie im Zuschauerraum, als der eiserne Vorhang sich tatsächlich nicht mehr öffnen wollte. Wieder liefen sie hinaus auf die Straße, herum um den Häuferblock, um Titty Kahr in Empfang zu nehmen.

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Wir oben auf der Bühne hatten Titty umringt und beglück­wünschten sie. Wir hatten ganz vergessen, daß Marga auf un­erklärliche Weise nicht gekommen war, und daß wir uns eigentlich Sorge um ihr Ausbleiben machen mußten.

Wir taten nichts als Titty zu bewundern- und zu beneiden. Die Titty selber war auffallend ruhig. Sie schien sehr müde zu sein. Sie sagte, daß sie sich umziehen müsse, und daß sie Angst habe, daß Theater zu verlassen, daß sie sich vor den Menschen, vor den vielen Leuten draußen fürchte.

Wir lachten sie aus und schickten sie hinauf in ihre Garderobe, fich abzuschminken.

Noch während wir auf sie warteten, famen Beamte von der Kriminalpolizei und berichteten, daß man Marga Peters unweit von dem Hause Dr. Buddes mit einer Stichwunde bewußtlos am Seeufer gefunden habe. Noch hätte man sie nicht vernehmen können, aber ein gewöhnlicher Ueberfall oder Raub käme nicht in Frage. Die Verletzte besaß noch unversehrt ihren Schmuck und ihre Hand­tasche mit Geld.

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Wir liefen hinauf zu Tittys Garderobe, um sie zu be­nachrichtigen. Die Türe mar verschlossen. Der Schlüssel stedte von Innen. Auf unser Klopfen fam feine Antwort. Einer der Bühnenarbeiter brach die Tür auf.

Leblos saß Titty auf einem fleinen Sofa neben dem Antleide­spiegel. Sie hatte sich vergiftet. Auf dem Tisch lag ein kleiner blutiger Dolch, wie er auf Bühnen oft benutzt wird.

kleinen Raum. Wir sahen den Rauch sich in dünnen Schlangen Lucas' Stimme war verflungen. Wir starrten in den trüben emporfräufeln zur Decke. Es roch nach Bier und billigem Tabat... Dennoch atmeten wir freier als vorher. Dennoch waren wir beschmingter als vorher.

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Bon irgendwo fam der Sturm der Leidenschaft geweht. Er würde auch uns aufnehmen und uns tragen. Nach unten vielleicht. Nach oben vielleicht. Wer weiß es? Aber der Sturm weht. Und das ist gut so.

Erlebnisse mit einem 20- Mark- Schein

Bon Mark Twain ist die schöne Geschichte von dem Mann, der eine Einmillionpfundnote besaß und, da niemand sie ihm wechseln tonnte, überall Kredit hatte und so herrlich und in Freuden lebte, ohne je etwas dafür zu zahlen.

Wie gesagt, es ist eine schöne Geschichte, und als ich sie vor langen Jahren las, bedauerte ich nur, daß ich wohl nie dazu kommen würde, etwas Aehnliches zu erleben. Nun, ich brauche das nicht mehr zu bedauern. Ich habe eine ähnliche Geschichte erlebt. Nicht, daß ich plötzlich in den Besitz einer Einmillionpfundnote gekommen wäre, ein einfacher Zwanzigmarkschein tat mir die gleichen Dienste. Schein. Er war echt. Das bedarf keiner Frage, aber immerhin, Gestern morgen erhielt ich ihn mit der Post. Ein schöner glatter

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es machte mir Spaß, ihn erst zu prüfen. Er war wirklich echt. Dann eilte ich davon, um ein paar fleine Einkäufe zu erledigen. Zunächst kaufte ich mir eine Zeitung. Aber da begann schon mein Malheur. Die Zeitungsfrau fonnte nicht wechseln. Ich legte ihr die Zeitung wieder hin, um mein Glück beim nächsten Stand zu versuchen, aber die Frau ließ das nicht zu. Bezahlen Sie ein andermal", sagte sie. Nun muß ich berichten, daß ich gerade an diesem Stand nie eine Zeitung getauft hatte, trotzdem schenkte mir die Frau Vertrauen. Warum? Weil ich einen 3manzigmarkschein besaß. Ich war in ihren Augen ein Krösus und ein Krösus ist reell. ( Wenn sie sich da nur nicht täuscht.) Ich wollte die Sache jedoch gleich in Ordnung bringen und ließ mir an einer Obstbude in der Nähe ein Pfund Aepfel geben. Aber auch hier konnte man nicht wechseln und wieder bat man mich, die Aepfel mitzunehmen und später zu bezahlen. Ich ging, die Zeitung in der Tasche und gemüt lich an einem Apfel fauend, zu einem Friseur. Aber wenn ich gehofft hatte, nun endlich Kleingeld zu bekommen, irrte ich mich. Da ich aber den Laden nicht verlassen wollte, ohne mit dem Friseur im Reinen zu sein, bat ich ihn, mir doch die Haare, die er mir eben aus dem Gesicht geschabt, wieder einzusetzen. Ich kann nicht sagen, daß der Friseur Spaß verstand, aber daß er den Einseifjungen losschichte zum Wechseln, gefiel mir auch nicht, denn wer mußte, mann der Junge wiederfam. Borausgesetzt, daß er wiederkam. Er tam wieder. Freilich, den Schein hatte auch er nicht gewechselt bekommen, so daß mich der Chef mit sauerfüßer Miene bat, das nächste Mal zu zahlen.

Ich habe dann noch in ein paar Läden Einkäufe gemacht und als ich alle Taschen voll hatte, ohne daß ich mein Geld klein bekommen hätte, fuchte ich einen mir befannten Goldschmied auf. Er mar der Mann, der dem ungewechselten Schein, von dem mir Aber er zeigte mir die Ladentasse, in der sieben oder acht Mark mur noch eine geringe Summe gehörte, ein Ende machen sollte. ihr fümmerliches Dasein fristeten. Paar Reparaturen, das ist alles, was die Leute wollen. Oder mal ein bißchen ganz billigen Schmud. Bei meinem Buchhändler, den ich nun aufsuchte, war es noch schlimmer. Auch der Metzger, bei dem ich mir gelegentlich ein Bfündchen Schmalz oder etwas Burst zu holen pflege, fonnte nicht wechseln. Das bißchen Unterstügung, was die Leute friegen, reicht ja gerade für Brot und Kartoffeln", flagte er mir sein Leid. Damit hatte ich meinen Typ. Brot brauchen die Leute immer, also hin zum Bäcker. lnd richtig, hier bekam ich meinen Schein gewechselt. Aber nicht, weil's dem Bäder besser geht als seinen Kollegen, sondern nur weil er zufällig das Geld für eine fällige Mehlrechnung liegen hatte.

Damit waren meine Erlebnisse mit einem Zwanzigmarkschein zu Ende. Der Zwanzigmarkschein übrigens auch. Aber während ich von Laden zu Laden 30g, um die kleinen Verpflichtungen, die ich bei dem Versuche, den Schein gewechselt zu bekommen, über­nommen hatte, wieder loszuwerden, dachte ich darüber nach, wie klein doch die Verhältnisse geworden sind, in denen wir leben; denn mit einem einfachen Zwanzigmarkschein habe ich das erlebt, wozu Mark Twain zu einer Zeit, als das Geld noch viel höher im Werte stand, noch eine Einmillionpfundnote bemühen mußte.

Dr. F. Ribbeck: Der Schlammpeizker

Der

noch heißt, gehört zum sagenumwobenen Geschlecht der Schmerlen Der Wetterfisch, wie der Schlammpeizfer in vielen Gegenden und zeichnet sich durch einen aalförmigen Leib sowie durch einen fleinen, schuppenlosen, mit Bartfäden versehenen Kopf aus. Oberkopf trägt sechs große, die Unterlippe vier kleine Bartfäden. Die schwarze Farbe ist vorherrschend. Die Oberfläche des Körpers ist mit Schleim bedeckt, unter dem sehr kleine und zarte Schuppen liegen. Am liebsten hält sich der Fisch in solchen Teichen und Flüssen auf, deren Wasser sumpfig und morastig ist. Er hat ein sehr zähes Leben und erstickt daher weder im Eise noch im Moraste, solange noch ein wenig Wasser zurückbleibt. Selbst wenn das Flußbett der= artig ausgetrocknet ist, daß auf seiner steinhart gewordenen Ober­fläche beladene Wagen dahinfahren können, fann man tief unten in den Schlammschichten noch ruhende Schlammpeizter finden. Der nächste ausgiebige Landregen zaubert sie wieder hervor.

Im Winter hält sich der Wetterfisch überhaupt im Schlamm ver­borgen und kommt erst im Frühjahr wieder hervor, um seine Eier bräunliche Eier von der Größe eines Mohntornes, und seine Ver­an den Wasserpflanzen abzusetzen. Man findet bei ihm etwa 37 000 mehrung wäre deshalb ungeheuer, wenn nicht Hechte, Barsche, Krebse und Frösche der heranwachsenden Brut sehr starken Abbruch täten. Er sucht sich seinerseits an Würmern, Kersen, Fischbrut und schwarzer, fetter Erde schadlos zu halten. Als Speisefisch wird der Schlamm­peizter bei uns merkwürdigerweise taum beachtet, während er anderswo gern geröstet oder mariniert und seiner leichten Berdau­lichkeit wegen viel verzehrt wird. Man schäßt ihn kaum minder als das berühmte Neunauge. Der Aquarienfreund weiß ihn als vor­züglichen Betterpropheten zu schätzen. Vor Eintritt eines Sturmes oder Gemitters wird er unruhig, trübt das Wasser und steigt in ihm auf und ab, während er bei stiller Witterung ruhig auf dem Grunde vorher an. liegt. Auf diese Art zeigt er Wetterveränderungen schon 24 Stunden Früher kannte man auch noch eine besondere Ber­mendung des Schlammpeizters, indem man ihn nämlich zur Reini­gung der Wasserleitung benutzte. Man steckte ihn in die verstopften Röhren, wo er sich dann durcharbeitete und dem Wasser wieder Raum zum Durchfließen verschaffte.

Wortgleichungen. In der deutschen Sprache gibt es mehrere lesen, dieselbe Bedeutung haben. Besonders auffallend find ,, Rent­Wortgleichungen Wörter, die, von vorn wie von rückwärts ge­ner" und" Reittier"; weniger fallen auf den ersten Blick die Worte gleichungen ist zweifellos der seltene Fall, daß zwei Worte von vor­Marktkram" und Reliefpfeiler" auf. Der Höhepunkt dieser Wort­märts und rüdwärts gleichbedeutend sind, wie Egale Lage".

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