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Beilage

Mittwoch, 7. Oktober 1931

mognutlstenersvtroqated Der Abend

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Spadausgabe des Vorwärts

Begegnungen im Dorf

Vier ländliche Interviews- Von Heinrich Hemmer

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Das Lied von der Kartoffel. Kartoffelbuddelzeit, du könntest seliger sein. Die Krauthaufen­feuer lodern, weiße Schwadenserpentinen nach dem Forstdunkel fendend, und die ausgebuddelte Knolle, das Hauptversandprodukt des spröden märkischen Bodens( nebst soundso viel Obst) schafft endlich das heißersehnte, das Bargeld ran... 1,20 Mart, 1,50 Mart pro 3entner: aber warum, warum denn eigentlich nicht mehr, sintemalen wir Berliner mindesten den drei­fachen Preis bezahlen müssen, wie erklärt sich diese große Spanne? Diese leidigen ländlichen Verhältnisse! Der landmärts schielende Städter sieht schief und verdreht, ebenso der stadtwärts schielende Bauer, er jammert über den Wandel der Zeiten, statt die Dinge bis in die Úr- und Hintergründe zu verfolgen... er hat auch nicht Zeit und Lust zum Theoretisieren. Man muß, wie mein weiser Nach­bar, die Kartoffel mit einem städtischen und einem länd lichen Auge betrachten, um zu wissen, was mit ihr los ist.

Futterkartoffel, Bellkartoffel, Tafellartoffel, Riesenkartoffel: von diesen vier Größen liegt die gangbare Marftware, der gleichmäßig garwerdende, hausfrauzufriedenstellende Standard, bei der mittlere. Sorte, aber das fatale Bestreben des vom Zwischenhändler nieder­gedrückten Markbauern geht dahin, das kleine Viehfutterzeug und die klobigen Naturwunder mit in die Normallieferungen hineinzu­bugsieren er schmuggelt, Der Bauer schmuggelt gerne, weil er so wenig verdient, und er verdient so wenig, weil er jo gerne schmuggelt.

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Man müßte...? ja, man müßte wohl die Ware nach dänischem, schwedischem oder kalifornischem Muster standardisieren; man müßte sich genossenschaftlich, den Standard wahrend, zuſammentun und nen Treuhändler in der Stadt sitzen haben, in dessen ehrliche Hände die Kartoffeln hingerollt kommen, und der zu disponieren versteht, nicht nur zu profitieren. Leider! Gerade der vom Bauern bestellte Vertrauensmann pflegt den Bauern am meisten übers Ohr zu hauen, und es gibt nicht einmal Mittel und Wege, den Halunken Strafgerichtlich zu belangen. Selber fann man seine Ware in der Stadt nicht absetzen, noch auf Risiko expedieren, wann kriegte man da sein Geld! Ergo, fällt der Bauer doch wieder auf den Händler zurück: der zahlt wenig, aber glatt, und berechnet sich Kosten und Risiko dice. Den ,, teuren" Gewerbeschein, für den er zahlen muß, mie immer die Ernte, den( kleinen) Gewichtsschwund von feucht­geladener zu troden verkaufter Ware, von dem er viel hermacht, Frost und sonstige( feltene) Schäden, er rechnet alles aufs schwärzeste, und wenn's noch so gut geht, fenkt er die Preise nicht... denn: senten ist leicht, aber wieder hoch friegen schmer, sagt er sich. Der Händler hat eben eine zum Reizerischen neigende Händlernatur, und der Bauer eine zum Schmuggeln neigende Bauernnatur, und der Städter nörgelt.

Fuhrmanns Klage.

Nachdem ich eine Stunde in seinem fahrenden Laden gesessen, wachte der kutschiermüde Inhaber auf und sah mich groß an: die martige Markluft hatte ihn ernüchtert. Es passiert nicht gerade felten, daß der fahrende Krämer eingenidt in seinem Ver­taufswagen sigt, und das brave Pferd, die Lotte, zieht ihn alsdann ohne jegliche Anweisung nach Hause, wohlwissend, daß die Geschäfte wieder einmal hundsmiserabel waren und der Herr sich infolgedessen einen angetrunken hatte. Aber daß sich einer zu ihm auf den Kutsch­bock hingesetzt hatte, während er pennte, das war dem Fuhr ann neu, es machte ihn daher gesprächig und er erzählte einige aus seinem unerquicklichen Landkaufmannsdafein, das er mit schönen 10 000 Mart Schupoabfindung gegründet hatte, die, ach, langsam, aber sicher zum Teufel gehen.

Tja, anfangs, hott, da war er der einzige Kaufmann der Umgegend, saufte pfeifend in die Bauernhöfe hinein und setzte Kaffee und Zucker ab, daß es eine Freude war. Bald kam der Brotneid, nein, das Notleiden in Gestalt von waghalsigen kleinen Dorffaufleuten, die sich da und dort in miniaturen Ort schaften niederließen, um daselbst miniature Geschäfte zu machen. Wovon soll man leben! Und wiederum: was fann man bei fünf undzwanzig, auch noch fünfzig kaffeemütigen Dorfhaushaltungen ( wie hier z. B., wo wir fuhren) herausschinden und die fünf­undzwanzig hatte er gar nicht einmal alle für sich, der Dorfkrämer: weil ihm, dem Fuhrmann, doch einige noch treu blieben, hott, und andere Kunden schnappten ihm und dem anderen dritte Kon­furrenten weg.

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Der Warenhauschauffeur ist auch noch da: graft mit seinem motorisierten Lebensmittelwagen( der fulant auch Haus­gerät, auch Mobilar und was man wünscht bitte schön, bitte sehr ohne Frachtspesen 80 Kilometer weit herausschleppt) die. Dörfer ab und ist hinter den Hausfrauen her, wie der Teufel hinter

einer armen Seele.

Obwohl, wie gesagt, das erst recht kein sich bezahlt machendes Geschäft ist!' s ist ein Renommier unternehmen, hott. Aber so elendig mies das Geschäft auch ist, die Konkurrenzlauf hausfirma, der vierten am Play, fann's nicht mit ansehen, daß es betrieben wird, und setzt diesem zersehenden Renommierunter nehmen ihrerseits wieder zu, um, wenn auch selber verlierend, doch wenigstens wieder aus Prestigegründen etwas abzujagen.

Und da soll einer nicht, hott... Der Fuhrmann tat einen tiefen Zug aus der großen Pulle und rennte weiter. Lotte sah sich nach dem Stand der Dinge um und trabte ohne hott heeme.

Deutschlands fleinste Schule.

Der die sieben ungleichaltrigen und-artigen Dorf- und zu­gezogenen Stadtkinder in allen wissenswerten Gegenständen unter­weisende Herr Lehrer ist sicherlich ein glänzender Pädagoge: aber was ihm über alles in der Welt geht, ist nun mal das Angeln. Er angelt vor und nach dem Unterricht und vermutlich auch noch in seinen Träumen, der Herr Lehrer; die sieben Kinder aber finden fich pünktlich jeden Morgen mit Regenwürmern in der kleinen Dorf schule ein, wo ein riesenhafter Dampfer auf dem Katheder steht.

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Hinsichtlich des Regenwurms wissen alle Sieben egal gründlich Bescheid, und der Herr Inspektor ist höchlich zufrieden, menn etwa bei seinem Eintreten zufällig die Sprache darauf kommt weniger natürlich die Regenwürmer. Und gar die Barsche, Plözen, Hechte, Bleie des Sees rüden aus, als ob der Teufel hinter ihnen her wäre, wenn sie einer Schultasche ansichtig werden, denn die Kinder haben sich ihrerseits zu großen Anglern und Anglerinnen

vor dem Herrn herangebildet, als dächten sie, die Zukunft läge| pflegt. Die Oberschwester vom nahen Rekonvaleszentenheim wird

unter dem Wasser.

Es irrt aber, wer da glaubt, daß über Aalreusen oder Angel­ruten der Unterricht vernachlässigt werde. Nicht nur ist das Lehrerbootreinigen an und für sich schon eine gar nicht unzweckmäßige Art Arbeitsunterricht; aus dem Interessenkreis der Dorfjugend wird dann, wenn's ernst wird, ein Gegenstand, wie der regelmäßig wiederkehrende gelbe Wagen zum Thema gewählt, das ist, wer weiß es, der Post wagen( bravo!), und von diesem kann man auf die Postverhältnisse im allgemeinen und von da auf die Karolinger übergehen... während die Kleinsten der Klasse sich der weil mit dem Herstellen von Hagebuttenmännchen be­schäftigen oder der Frage, ob man in bezug auf das eine einzige Ei, das diesen Spätherbsttag im Hühnerhof gelegt wurde, denn wirklich richtig fagt, daß alle Hühner zusammen nur ein Ei gelegt haben, eder nicht besser sagen würde, daß nur eine Henne unter ihnen allen das besorgt habe.

Wie unangekränkelt von grauer Theorie und gräulichem Wiffenstram ist doch so eine simple Dorfschule: fie erfüllt ihren 3wed, unverbildet geht man daraus hervor. Könnte ich mich bei Ihnen, Herr Lehrer, der Sie außer Büchern auch Menschen kennen und wissen, was nottut, nochmal auf die Schulbank sezen: vielleicht brächte ich's noch mal zu was, zu einem tüchtigen Fischer allermindestens, der's versteht, sich aus dem See des Lebens was Rechtes herauszuangeln.

Der Briefträger fommt gleich.

Er sitzt nur noch ein wenig im Krug" und schnackt über einem Gläschen Lichtenberger, wie man den Korn hierherum zu nennen

natürlich wieder meckern, aber erst soll ich erfahren, was es mit dem Landbriefträgertum in dieser Gegend für eine Bewandt­nis hat.

Vom nächsten Städtchen wollte man fortschrittsgemäß eine Post­autoroute einrichten und dann wäre von den vier Briefträgern, die diesen idyllischen Landsprengel mit Post versehen und auch Postalisches aller Art entgegennehmen, einer abgebaut worden. Vermutlich der, über den man medert, weil er sich im Krug über dem Lichtenberger regelmäßig zu verspäten pflegt. Zum Postauto gehört nun aber ein Post halter, und wem im Dorf sollte man dieses in alle Geheimnisse der Bewohner einweihende Amt über­tragen mem? Am besten niemandem, daher vermietete man der Post, die ganze 30 Mart für Zimmer und Posthaltung ausschrieb, einfach kein Zimmer im Dorf. Und das war weise gehandelt auf seine Art, denn es ist jedesmal ein Vergnügen, wenn der Briefträger auf seinem Rad angeschaukelt kommt wie ein Dampferchen auf einer Südseeinsel und den Verkehr mit der Welt herstellt.

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Auch erinnere ich mich noch lebhaft, wie ich einmal so eine biedere ländliche Posthalterin, die in der Wirtshausküche beschäftigt war, durch das Servierfräulein fragen ließ: ob nicht eine Postkarte eingetroffen sei.( Denn ich bekam in gewissen Abständen den Be­fuch einer jungen Dame angekündigt: dazumals, dazumals!) Die Wirtin riß die Küchentüre auf und brüllte mir vor dem anwesenden, mich neugierig beäugenden Respektspublikum zu: ,, Morgen fömmt je." Post halter sind gefürchtete Personen zu fürchtende Ber­sonen, wenn sie nicht auch Mund halter sind... und wie kann man das sein, auf dem Lande, wo alles doch so brennend interessiert, was der andere tut!

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Schwäbische Dörfer und Städte

Eine kritische Wanderung

Phantasiebild.

Von Karl Bahnmüller

Bauern, die Dörfler sträuben sich gegen eine gewerkschaftliche Or­ganisation. In den ersten Nachkriegsjahren sei dies zwar gelungen, aber nach der Inflation begannen sie aus den Reihen zu tanzen. Ihre Wiedereingliederung erweise sich als sehr schwierig. Sonntäg­liche Werbefahrten auf die Dörfer bringen auch nach stundenlangen Auseinandersetzungen von Mann zu Mann nur färgliche Erfolge.

Zwischen dem Oberlauf des Neckars und dem Kalkmassiv der Schwäbischen Alb ist ein Landstrich ausgebreitet, dessen Bild mir hölderlinische Gedichte formten. Meine Phantasie malte ihn als ein gesegnetes Land. Der erste Anblick von den Höhen der Filder ebene schien das Phantasiebild zu bestätigen. Vor den glasblauen Bergen der Schwäbischen Ab dehnte fich unter einem flaren Sommerhin net eine fanftgemellte Hügellandschaft, die mir wahrhaft gesegnet schien. Dorf lag an Dorf, eingesponnen von Obstbaum wäldern. Dazwischen waren fleine Städte eingeschoben, deren Namen mir die Karte auswies: Kirchheim, Nörtingen, Meginmonium begleitet. Hier hatte der schwäbische Pietismus seine stärk­gen, Reutlingen , Tübingen . Es war, als ob in diesem Land, das sich dem Auge so heiter darbietet, alles zum Besten geordnet sei. Wirklichkeit.

Da ich eben an einer Weberei vorbeigehe, ist Arbeitsschluß. Ich mische mich unter den Strom der heimkehrenden Arbeiter, die auf der Landstraße einem nahen Dorf zustreben. Manche von ihnen haben Fahrräder, die meisten aber gehen den Weg zu Fuß. Ich gefelle mich zu einem Fußgänger, den ich bei flüchtiger Betrachtung einen älteren Bauer genannt hätte. Seine Haut war braun gebrannt und ausgedörrt von der Sonne, die Wangen so einge fallen, daß die Backenknochen spizz hervortraten und sein Gang schien mir schollengewohnt.

Es ergab sich, daß er beides zugleich ist, Bauer und Fa= britarbeiter. Seine Antworten waren farg und einfilbig, wie bei einem Menschen, dessen Tag vollkommen von Arbeit ausgefüllt ist, er zeigte mir aber dennoch sein Haus: Ein Stall für zwei bis drei Stück Rindvich, daneben eine Scheune, in der schon das Heu und Dehmd dieses Sommers lagerte, über dem Stall niedere Wohn­räume, die man durch eine Küche erreicht. Im Wohnzimmer ist ein Tisch in eine Ede gerückt vor ein altersschwaches wachstuchbezogenes Sofa. An der gegenüberliegenden Wand stehen zwei Betten, denn die Schlafkammer reicht nur für die Betten der Eheleute. Es sind fünf Kinder in diefer Familie, alle sind noch schulpflichtig, drei von ihnen schlafen im Wohnzimmer, zwei in einer gegipften Dach­fammer. Alle Räume sind unter einem Dach vereinigt.

Die Häuser des Dorfes weichen von diesem Typus nicht ab, es sei denn, daß Stall und Scheune noch kleiner sind. Der Enge und Beschränktheit der Raumverhältnisse entspricht die Berteilung des Bodens. Die Gemarkung ist zerschnitten in kleine Anteile, deren Größe faum jemals einen Morgen überschreitet. Auf dem Weg zum Dorf zeigte mir mein Gastgeber ein Kleefeld: Das Biertel dort ist mein." Wo die Masseneinheit das Biertel eines Morgens ausmacht, muß auch die Größe einer Bauernwirtschaft gering sein. Und in der Tat: in diesem Dorf lassen sich die Bauern, deren Bodenbesitz für den Unterhalt einer Familie ausreicht, an den Fingern einer Hand aufzählen. Es gibt in dieser Gegend feinen Großgrundbesig. Das einzige Großgut, das ich auf meinen Wanderungen antraf, war Neuland, dem fargen Boden der Schwä­ bisch Alb abgerungen.

Die Ursache des Landmangels ist in der Uebervölke rung zu suchen. Gerade diese Gegend stellte die Auswanderer ströme des 19. Jahrhunderts nach der Wolga , nach dem Banat , nach Siebenbürgen und dann nach Nordamerika . Seit der Jahrhundertwende nimmt die Industrie der kleinen Städte die Ueber­zähligen auf. Und in ihr wird der Zuschuß verdient, den die un­zureichenden Bauernwirtschaften brauchen. Söhne und Töchter tun dies, vielfach ist es der Familienvater, auf den dann abends nach Fabrikschluß das Feld- und Stallgeschäft wartet, wie auf viele Arbeiterfrauen der Großstadt die Hausarbeit. Die Last der doppelten Arbeit wiegt schwer und ihre Wirkung ist deutlich an den ausge­mergelten Gesichtern der älteren Leute zu erkennen.

Die Zugehörigkeit zu zwei Wirtschaftskreisen bringt eine 3witterhaftigkeit der Anschauungen mit sich. Die existenzm Fabritarbeit degradiert in den Augen dieser Dörfler. Fabrifi ist ein Schimpfmort. Der Betriebsrat einer Spinnerei erza mir von der Schwierigkeit seines Amtes. Die

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Biel üppiger als das proletarische Klassenbewußtsein gedeiht in ihren Stuben das religiöse Geften mesen. In der Stunde", in der Gemeinschaft der Eifrigen kommentieren Laien die Bibel, erbauen sie sich an frommen Liedern, schleppend von einem Har

sten Domänen und seine Feindschaft gegen das Weltleben" ist noch immer wirksam. Es ist, als ob die Enge und Beschränktheit, das Weder- Noch ihrer Existenz einen Druck auf sie ausübt, der sie zu Grüblertum und Infichgekehrtheit zwingt, die so gar nicht in diese heitere Landschaft zu passen scheinen.

Zustände...

Ueber den Schornsteinen schwebt der dunkle Rauch der Kohlen, die alltäglichen Fahnen der Industrie blähen sich langsam auf, heben fich weg von ihren ungraziösen Masten, ziehen hin, fügen sich an einander, gehen auf und sind am Ende nichts als ein schmutziger, grauer Vorhang über der Stadt. Ihre altstädtischen Häuser sind eng zusammengerüdt, spiß, gebräunt oder auf neu angemalt an frummen Gassen. An ihrer scharfen Grenze, die die Reste der Stadtmauer markiert, beginnen breitere Straßen und die Häuser stehen in symmetrischen Reihen. Weiter draußen am Rand der Stadt und wie Klumpen braunen Tones in das Grün der Talwiesen gesetzt, die Fabriken. Von den Dörfern her zieht sich tief in die Stadt eingebuchtet das Schachbrett der Felder. Sichtbar sind so alle Bezirke dieser Stadt, in denen gearbeitet wird. Von oben ge­sehen, durch den Rauchporhang, der alles undeutlich macht, ist es, als füge sich Landbau und Industrie zu einer Einheit, die wohlausgewogen und darum beständig ist.

Der Landbau hat seine Domänen in den Seitenstraßen, die wirklich bäurisch anmuten. Viele Häuser haben das viergeteilte Scheunentor des schwäbischen Bauernhauses. An den Wänden ihrer Tennen lehnen Säcke mit Kartoffeln und die Presse für den Apfel­wein. Geruch von Treber. Gebündelte Bohnenranken hängen am Gebält zum Trocknen. In einer Ecke des Stalles lagern verrostete, unbrauchbare Adergeräte, und der zementierte Hofplatz für den Mist ist leer. Eine Güllenpumpe ragt darüber. Auf dem Boden, wo das Heu lagern sollte, ist Reifig und gespaltenes Buchenholz aufgeschichtet. Dies ist der Zustand, und es ist unschwer zu folgern, daß hier eine Bauernwirtschaft vor nicht allzu langer Zeit aufgegeben ist. Der Mann, den ich auf dem Hof antreffe, gibt mir die Be­stätigung: Es hat nicht mehr gereicht fürs Auskom­men." Der Acerbürger, der Bauer in der Stadt, ist jetzt In= dustriearbeiter. Ein Gang durch die Straßen mit den Scheunentoren ergibt, daß aus ihren Ställen das Vieh ver­schwunden ist.

Der Befund ist eindeutig: Der Landbau, der im Bilde der Stadt noch vorhanden zu sein scheint, und der in den Dörfern rings­um um jeden Preis erhalten wird, ist verdrängt. Was übrig blieb, sind nur färgliche Reste. In den bäurischen Häusern wohnen Arbeiter. Die Gemarkung ist in Obstgärten, Krautäcker und Schreber­gärten umgewandelt. Sie gibt den Haushaltungen nur noch 3u= schüsse statt eines Einkommens.

Schwer löst fich das uralte Beieinander von Mensch und Boden, in den schwäbischen Dörfern und Städten. Freilich auch Hartnädig­feit vermag nichts zu ändern. Der einzelne in seinem Kampf steht nicht einem einzelnen gegenüber, sondern zuständen, auf die er feine Wirkung hat. Dennoch wehrt er sich gegen sein proletarisches Schicksal. Es ist die Furcht, nichts zu besigen als zwei Hände zum Arbeiten, die ihn zwingt, seinen Boden nicht kampflos aufzugeben. Und noch haben die wenigsten von ihnen gelernt, daß die ge­wertschaftliche Organisation das einzige Mittel ist, ihre Not zu überwinden.