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R. tR.lleuberi:

kleine Skimmen inWloll

Ein Telegramm liegt auf dem Tisch... Ich komme ahnungslos nach Hause und finde plötzlich ein Tqle- gramm auf dem'Tisch. Ich bin eischrocken. Immer ist man im ersten Augenblick erschrocken, wenn man ein privates Telegramm erhält, es sei denn, man feiert gerade Hochzeit. In Gedanken gehe ich blitzschnell alle Möglichkeiten durch, die mit diesem Telegramm eventuell in Zusammenhang stehen könnten, ccher ich weiß keine. Ich lasse mir einen neuen Anzug machen, ober der Schneider wird den Termin der ersten Anprobe höchstens auf einer Postkarte mitteilen.... Meine Finger beginnen schon nach dem Telegramm zu zittern und ich suche noch in der Erinnerung die seltenen Fälle, wo ich gute und schlechte Neuigkeiten durch«in Telegramm erhielt. Einmal kam ein Telegramm: Vertrag perfelt! Ja, da lief ich mit dem Papier in der Hand im Zimmer hin und her, stieg auf Sessel, Diwan , Tisch, warf eine Vase um, siel meiner Wirtin um den Hals, und rannte zum Telephon:Du! Endlich! Komm, wir seiern heute!" Es kamen auch nicht so bedeutungsvolle Telegramme, Neuig- keiten, die man auch in rosafarbenes, parfümiertes Papier hätte hüllen können. Damals hatten Cella und ich verabredet, daß wir uns einmal nicht sehen wollten, weil wir bisher jeden Abend der Woche zusammengewesen waren, aber am Nachmittag kam plötzlich ein Telegramm mit Rückantwort:Bitte, bitte, sehen wir uns doch?" Und jetzt bin ich wieder ahnungslos nach Hause gekommen und finde ein Telegramm auf dem Tisch. Ich habe keinen Vertrag zu erwarten, ich habe mit keiner Freundin ein Rendezvous vereinbart oder abgesagt. Ich weiß nicht, wer mir ein Telegramm schicken könnte. Ich weiß nur, daß da in dem zusammengefalteten Papier etwas lauert, etwas Böses, das gleich über mich herfallen wird. Jetzt strecke ich die Hand danach aus, wie durch die Gitter eines Raubtierkäsigs, jetzt reiße ich es auf, und während noch das Papier zwischen meinen Fingern raschelt, fällt mir dunkel jener Abend ein, als ich ahnungslos wie heute nach Haufe kam und ein Telegramm auf dem Tisch lag: Vater gestorben! Mir gehen im Bruchteil von Sekunden Namen durch den Kopf, ich denke an Trude, Robert, Emma, es kann jemand gestorben fein, denke ich, jemand, der mir kürzlich vielleicht«ine Ansichtskarte aus den Bergen sandte, jemand, der ganz gesund war. Bor meinen Augen flimmert die Schrift. Es ist, als würden die Buchstaben meinen Augen davonlaufen, ich muß sie mit starrem Blick festnageln, aufsaugen, ich lese, lese, erfasse, weiß alles, alles... Jetzt atme ich tief und lang aus, als würde so die Angst aus meinem Körper gestoßen. Di« schreckliche, unbegründete, lächerliche Angst vor einem Telegramm, das unerwartet auf meinen Tisch flog. Es ist nichts Schlimmes. Jemand ist auf der Durchreise, will mich sehen, nach langer Zeit. Ein Kind ertrank. Schon sprechen sie wieder lauter. Sie lösen sich aus den flüsternden Gruppen und legen sich wieder in den Sand, in die Sonne. Schon klingt irgendwo«in Lachen auf. Schüchtern zwar. als hätte es sich nur hierher verirrt, aber bald wird es hier wieder Heimatrecht haben. Es ist einer der letzten schönen Sommertage. Jetzt strecken und dehnen sie sich wieder und einzelne, die der schreckliche Vorfall vorhin aus dem Wasser trieb, steigen wieder in die Flut. Immer mehr gehen ins Wasser, auch die Kinder spieslen wieder am Strand. 3n feinem Glanz stehen die Birken drüben am anderen Ufer. Ich liege lang auf dem Rücken und beginne mit dem Versuch, Arme und Beine zu bewegen, wie, um eine Maschine in GaNg zu dringen. Als ich sah, wie sie das Kind brachten, bin ich wohl auf- gesprungen und hingelaufen, aber wie sie dann den kleinen Körper auf die Erde legten und alle jene Maßnahmen vornahmen, die bei Ertrunkenen angewendet werden, gräßliche Maßnahmen: sie drehten den Körper auf den Bauch, sie zogen die Zunge aus dem Mund. bewegten die Arme und bliesen dem Kinde Luft in den Mund, da bin ich an meinen Platz zurückgegangen, denn ich fror, und wie ich mich im Bademantel hinlegte, war mir, als ging ich unter. Immer tiefer sank ich in Grauen, Furcht, Angst, wie gelähmt. Jetzt beginne ich wieder Arme und Beine zu bewegen. Ich stoße mich gleichsam mit allen Kräften aus dem dunklen, geheimnis- vollen Grunde ab, bis zu dem ich untergetaucht war. Es ist alles vorüber. Das Weinen und Schreien der Mutter ist in der Luft verweht wie Rauch. Elli! Ellichen! Wann war das? Vor einer halben Stunde. Vor langer, langer Zeit.» Wenn ich den Kopf nach links wende, sehe ich meine Nach- barin im grellbunten Vadetrikot eine Stulle aus dem Papier wickeln. Sie ißt. Und die Menschen sprechen ja schon wieder lauter. Sie gehen auch wieder ins Wasser, aus dem sie geflohen sind. Der See hat einen ruhigen Glanz, als wäre nichts geschehen an diesem letzten schönen Sommertag. Verwirrt von den Dingen, die noch immer so stehen und leuch- ten, als wäre nicht vorhin ein Kind ertrunken, begreife ich langsam, daß ich lebe. Dialog bei Zigarren. Rauchst du?" fragte der Hausherr höflich und reichte Wenzel die Kiste mit den Zigarren. Wenzel dankte und nahjn. Der Haus- Herr bediente ihn mit seinem Feuerzeug. Dann saßen sie schweigend auf dem Ledersofa. Sie waren allein im Zimmer. Drüben im Sa- lon wurde der Geburtstag der Hausfrau gefeiert. Wenzel hatte keine Ahnung, was der Hausherr beabsichtigte. Er war seinem Wink vorhin gern gefolgt. Vielleicht wollte Frank ihm eine Neuerwerbung seiner kostbaren Sammlung zeigen oder über geschäftliche Dinge mit ihm sprechen. Er lehnte sich behaglich zurück das Abendessen war ausgezeichnet gewesen und sah Frank wohlwollend an, der an seiner Zigarre zu ziehen vergaß. Du nimmst doch an, daß ich mit Erika in glücklicher Eh« lebe?" fragte der Hausherr plötzlich. Wenzel war überrascht.Natürlich!" sagte er. Du hast recht!" erwiderte Frastk hastig,unsere Ehe war und ist glücklich. Sie könnte weiterhin glücklich bleiben, wenn nicht... Ein dummer Zufall..." Wenzel drückte mit leicht zitternden Fingern die Asche seiner Zigarre im Becher ab. Frank fuhr fort:Es gibt dumme Zufälle, die«inen über Nacht zum Bettler machen können." Hast du Geld verloren?" fragte Wenzel. Geld?" lachte Frank bitter.Meine Frau!" Frank!" entfuhr es dem Freunde. Der Hausherr zog heftig an seiner Zigarre, aber sie war in- zwischen ausgegangen.Hast du Feuer?" fragte er Wenzel. Der gab ihm ungeschickt ein Streichholz.Deine Hand zittert ja so!" meinte Frank,was ist dir denn?" Nichts! Dein« Hand zittert!"

Frank betrachtete aufmerksam seine Hand. Er ballte sie wie im Spiel zu einer Faust und machte eine Bewegung, als greife er jemand an die Gurgel. Er lächelte dazu. Kürzlich besuchte ich einen Freund, der schon lange Jahre in meinem Haus verkehrt. Ich bat ihn um ein Buch, das er lange suchen mutzt« und schließlich hinten irgendwo im Bücherschrank fand. Zu Haus entdeckte ich in diesem Buch, das fünf Jahre unberührt im Schrank gelegen hatte, einen Abschiedsbrief meiner Frau." Sagtest du etwas?" wandte er sich plötzlich an Wenzel. Der schüttelte den Kopf. Aus dem Brief ging alles hervor. Ich war damals vier Mo- nate in Brasilien In dem Brief beschwor sie den Mann, das Vor- gefallene für immer auszulöschen. Es war ja kurz vor meiner Rück- kehr. Ich habe den Brief übrigens bei mir. Möchtest du ihn lesen, damit damit du mir vielleicht einen Rat erteilen kannst? Du weißt, ich habe auf deine Ratschläge immer viel gegeben." Er sagte es beinahe zynisch, nahm den Brief aus der Tasche und reichte ihn Wenzel. Der las und war leichenblaß. Was sagst du zu dieser interessanten Entdeckung?" fragte Frank in schneidendem Hohn. Da Wenzel vergeblich noch einer Antwort suchte, fuhr Frank im selben Tone fort: Was soll ich mit ihm machen, frag ich dich, du! Was würdest du in solchem Falle tun? Mich ohrfeigen? Niederschießen? Die Scheidungsklage einreichen?" Frank ändert« plötzlich seinen Ton. In seinem Gesicht stand die nackte Verzweiflung. Sein überlegener Hohn, hinter dem sich

sein Herz wie hinter einer Mauer verkrochen hatte, fiel von ihm aS. Erika!" flüsterte er.Fünf Jahre, fünf glückliche Jahre..." Ja, fünf glückliche Jahre!" sagte Wenzel jetzt leise. �Hat sie in diesen fünf Iahren nicht alles wieder gut gemacht? Kann eine Frau treuer, selbstloser lieben wie si« in dieser Zeit?" Und wenn ich das anerkenne," antwortete tief atmend Frank, aber was mache ich mit ihm?" Auch er ist verheiratet, hat Kinder und lebt seit Iahren m glücklicher Ehe." Ihre Blicke tauchten ineinander, hielten sich fest, maßen ihre Kräfte. Franks zu einem Würgegriff gepreßte Hand kam Wenzel näher. Wie eine Schlang« schob sie sich lautlos an ihn heran. Du zerstörst noch alles!" stöhnte Frank. Langsam fiel die Hand nieder. Aus dem Salon drang der geschulte Sopran der Hausfrau, die von den Gästen um«in Lied gebeten worden war. Frank begann zu lauschen. Fünf Jahr«..." sagte er, wie in Erinnerungen. Gedankenvoll zerriß er den Brief. Stand auf. Sein Gesicht zeigte den Kampf, der sich in seinem Innern abspielte. Wir müsien jetzt gehen, man wird uns vermißt haben!" Sie waren beide noch erregt und blaß, ihre Hände zitterten. Die gebeugt« Gestalt des Hausherrn nahm eine straffere Haltung an. Aus seinen Zügen wich das Feindselige. Er wuchs wieder in die Haltung des Hausherrn, des Gastgebers. Rauchst du?" fragt« er und reichte Wenzel höflich die Zigarren- liste. Wenzel dankte und nahm. Der Hausherr gab ihm Feuer. An der Tür sahen sie sich noch einmal in die Augen, der«ine verzeihend der andere erschüttert, dankbar, dann kehrten sie in die Gesellschaf zurück....

marlin Jtichnrd Ulöbius:

dieldenlod nach iS

Bevor wir ihn im Hausflur, wo es noch ziemlich dunkel war, aufgehoben hatten, glaubten wir im stillen, der arme Kerl sei be- trunken nach Hause gekommen und über die Stufen gestolpert. Mein Gott, so etwas kam doch immer wieder vor Aber beim Aufheben merkten wir, daß der Mantel am Steinfußboden klebte, und dann roch es unzweifelhaft nach Blut. Wer im Felde gewesen ist, der kennt den Geruch. Wir schickten also die Weiber fort, ließen den Mann liegen und riefen die Polizei. Der da tot auf der Erde lag, den Mund halb offen, die Augen starr geweitet, hieß Winter, Eduard Winter, war verheiratet und Vater von zwei Kindern, die noch zur Schule gingen. Wir hatten uns im Felde, im Schützengraben vor Bpern, während der letzten Offensive kennengelernt. Er war bei einer Minenwerferabteilung, die man unserem Bataillon zugeteilt hatte. Wir wurden bald die besten Kameraden. Er hatte mich sofort sehr stark angezogen, weil er mit unheimlicher Ruhe während eines Feuerüberfalls die zer- schosiene Brustwehr ausbesserte. Ich dachte, er sei frei von Angst. In der Tat hatte er keine Angst, aber aus lauter Verzweiflung und Todessehnsucht. Er war fertig mit dem Leben, mit allem. Sein Menschenhaß war furchtbar. Es gelang mir, ihm etwas Vertrauen einzuflößen, und er sprach sich einmal aus.. Was ich immer befürchtet hatte, trat eines Tages ein, als wir zum Angriff gegen Saint Ghäer vorgehen mußten und die Gräben verließen. Die Engländer überschütteten uns mit einem HaAel aller möglichen Geschosse. Minutenlang mußten wir wieder zu Boden und warten... aber Winter ging, nur wenig gebückt, in Niemands- land, einen Spaten in der Hand... Maschinengewehrfeuer richtete sich sogleich auf ihn, doch trotz der doppelten Garbe entging er den Geschossen, bückte sich, stieß den Spaten in die Erde und Hub lang- sam ein Loch aus. Damals hatten wir hinterher, in einem Kellerloch, das von Ratten wimmelte,«in kurzes Gespräch, das Winter benutzte, um zu gestehen, angesichts dieses Wahnsinns aller christlichen Völker glaube er weder an Gott noch an sonst etwas mehr; infolgedessen sei ihm alles egal. Er wollte sterben, das stand fest. Gegen seinen Willen blieb er auf wunderbare Weise am Leben. Nach dem Waffen- stillstand kehrte er in seine Heimat bei Rathenow zurück. Ein paar Monate später stand Winter plötzlich in meiner Woh- nung und verkündete mit übertriebener Fröhlichkeit, er wollte hier- her übersiedeln und heiraten. Ja, er hatte eine Stellung als Ex- pedient in einem Verlage gefunden. Seine Braut hatte ein paar tausend Mark geerbt, und nun sollte es losgehen. Ich suchte die

alt« Grundfarbe seines Gemütes und fand sie nicht wieder. War Winter geheilt und von neuem Lebenswillen beseelt? In den folgenden Iahren ging es Winters, die über uns wohnten, verhältnismäßig gut. Zwei Kinder kamen im Abstände von je einem Jahre und entwickelten sich zu unser aller Freude. Dann packte es Winter wieder, und seine Gedanken gingen krumme, gefährliche Wege. Seine Verbitterung über die Dummheit. Träg- heit und Vergeßlichkeit der Menschen drängte zum Ausbruch. Leiden- schaftlich haßte er die radikalen Parteien von links und rechts. Stundenlang konnte er mit diesen Feinden des Volkes debattieren. Doch das genügte ihm nicht. Eines Tages war er Reichsbanner- mann geworden und entfaltete nun«ine fast erbitterte Tätigkeit im Haufe, wo Anhänger fast aller Parteien wohnten. Obgleich wir ihm immer wieder Mäßigung anrieten, versteifte er sich auf seine wilde Besesienheit und seinen Entschluß, mit den Feinden des Volkes aufzuräumen. Die Vernunft sollte herrschen, die Gerechtigkest und die Güte. Gerechtigkeit... jetzt sah das nun so aus! Die Polizei stellte Mord fest und hotte die Mordkommission an Ort und Stelle. Winter war von hinten mit einem langen Messer erstochen worden. Die Wunde im Rücken war in der Herzgegend. Tot. Das war einmal fin Mensch, das war ein SoSat gewesen, der den Granaten des Weltkrieges entgangen war. Nun war er doch noch gefallem Nun lag er da, im blutdurchtränkten Mantel, starr und steif. Man hat viele Menschen im Felde sterben sehen, Soldaten, Kameraden, Freunde, aber... das ist doch etwas anderes. Einer seiner Feinde hat ihn heimtückisch erstochen. Einer der Wahnsinnigen, die in der Gewalttat und Unterdrückung das Heil des Voltes sehen. Einer von denen� die vielleicht im Felde seine Kameraden gewesen sind. Was man kaum begreifen kann, das ist die Niedertracht, die Gemeinheit dieser nächtlich betriebenen Arbeit am Feinde. Da sind sie nun wieder, die nichts gelernt haben, für die olle die ungeheuren Opfer an Gut und Blut vergeblich gewesen sind, die schneidig in die Uniformen ihrer Parteien schlüpfen und im Gleichschritt mar- schieren, piff, paff, Deutschland über alles! Da sind sie nun, sitzen in ihren Lokalen, brüten Haß, beschließen Mord: Junge, dich werden wir schon kriegen, immer mit der Ruhe! Sie haben ihn gekriegt. Da liegt er nun, der den Granaten entgangen war, gefallen im Hausflur zu nächtlicher Stunde, von hinten mit dem Messer erstochen von Feindeshand... Eduard Winter, tapferer, guter Geselle, ehrlicher Freund, schlafe wohl... in einer besseren West!

Staupen als Sleifchfretfer Wir sind gewöhnt, dem leicht beschwingten Heer der Falter auch hinsichtlich seiner Ernährung einen bevorzugten Platz anzuweisen, und selbst von den gefräßigen Raupen nehmen wir an, daß sie sich auf Pflanzennahrung beschränken, zwar ganze Wälder zu verwüsten und zu vernichten vermögen, aber doch andere tierische Mitgeschöpfe ungeschoren zu lassen pflegen. Fleischfresser im Raupenreiche sind allerdings Ausnahmen, und zwar handelt es sich bei ihnen meist um Kannibalismus. Sie haben also die manchmal sehr ausge- prägte Gewohnheit angenommen, sich in einem guten Versteck auf die Lauer zu legen und von da aus mörderisch über die Raupen einer gleichen oder ähnlichen Art herzufallen. Sie fressen diese Brut bei lebendigem Leibe fast vollständig auf, so daß nur geringe Spuren von ihr zurückbleiben. Auch Puppen bleiben bei guter Ge- legenheit von den Freßwerkzeugen nicht verschont, werden allerdings gewöhnlich nicht mit Stumpf und Stiel«erzehrt. Am meisten wurde der Kannibalismus in der Gefangenschaft beobachtet, wo es ja am leichtesten an der richtigen Pflanzennohrung fehlt. Hier kann bei zänkischen Arten, wenn sie Futtermangel leiden, am ehesten eine kriegerische Auseinandersetzung erfolgen und dadurch die schlum- mernde Mordlust geweckt werden. So entwickeln sich ausgesprochene Mörder, die mit Vorliebe an dem Fleisch der eigenen Art schmausen. Hierher gehören glatte, nicht oder nur spärlich behaarte Raupen aus der großen Nachtfalterabteilung der Eulen. Diese bewohnen Laub- bäume und verzehren gewöhnlich deren Blätter, können aber sehr leicht und dann gründlich zu ausgesprochenen Mördern sich um- wandeln. Der Ueberfall spielt sich verhältnismäßig rasch und einfach ab: Die Mordraupe ergreift ihr Opfer von hinten oder in der Seite und versetzt ihr einen tüchtigen Biß. Aus der Wunde fließt sofort helles, grünlichweihes Blut, das von den Kannibalen ganz aufge- sogen wird. Nun folgt das weitere Verzehren des Raupenkörpers; ohnmächtig schlägt die Ueberfallene um sich, sie kann sich der Mör- derin nicht erwehren und wird bis auf den hartschaligep Kopf und einige Beinreste Stück für Stück langsam aufgeftessen. Nur die mtt einem dichten Haarpelz versehenen Raupen werden nicht verspeist. Es gibt sogar Raupen, die, wenigstens in der Gefangenschaft, rohes Fleisch von Wirbeltieren willig annehmen.

MAN

IVns Sind Glelfchermühlen? Gletschermühlen, auch Gletschertöpfe oder Strudellöcher, nennt die kesselartigen Löcher, die in Gebieten einstmaliger Ver- gletscherung, besonders häufig in Skandinavien und Finnland , aber auch in Mitteleuropa , namentlich im Bereiche der Alpen , sich vor- finden und hier der Nachwelt über die gewalttgen Naturkräfte längst vergangener geologischer Zeitperioden Aufschluß geben. Wenn die Gletscherwässer bei ihrem Abfluß durch Spalten und Höhlen auf Hindernisse im selsigen Untergrunde stoßen, so sind sie zu kreisender, strudelnder Bewegung gezwungen. Geraten nun in diese Wasser- strudel Steinblöckc, so bewirken si« durch ihre allseitige Reibung und Rollbewegung die Bildung regelmäßig geformter Brunnen oder kesselartiger Vertiefungen, während die Reibsteine selbst die Form von mehr oder weniger glatten Kugeln annehmen. Besonders schöne Gletschermühlen wurden u. a. schon vor dem Kriege in Kitzbllhel in Tirol bei der Anlage eines Steinbruchs entdeckt. Während die geologische Unterlag« aus verhältnismäßig weichem Sandstein tertiären Ursprungs besteht, gehören die aus den Uralpen stammenden Mühlsteine den besonders harten Gesteins- arten Granit, Gneis und Hornblende an. Nicht weniger als zehn solcher Gletschertöpfe wurden damals in der Mühlau bei Kitzbühel freigelegt. Der größte Kessel hatte einen Durchmesser von 4 Meter, eine Tiefe von ll) Meter und auf seinem Grunde einen Schleifstein von schätzungsweise 100 Zentnern Gewicht. Heutzutage wäre es selbstverständlich, daß ein so überaus interessantes Naturdenkmal erhalten würde. Damals aber fand die Anregung, in der Mühlau einen ähnlichenGletschergarten " anzulegen wie bei Luzern , wenig Anklang. Erwerbssinn siegte über den Naturschutzgedanken: schon bald nach der Entdeckung der Kitzbüheler Gletschermühlen wurde mit deren Sprengung begonnen und in wenigen Stunden ein bewunderungswürdiges, in vieltausendjähriger Arbeit geschaffenes Riesenwerk der Natur durch Menschenhand zerstört.

Niedere Tiere, z. B. Quallen, bestehen bis zu 98 Prozent aus Wasser. Das WortBaldachin" stammt aus dem Orient, wo sin in Bagdad oder Baldach verfertigter Goldbrokat so bezeichnet wurde.