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BERLIN Sonnabend 10. Oftober 1931

10 Pf.

Der Abend

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Spätausgabe des Vorwärts"

48. Jahrgang

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Hoovers neue Pläne

Schuldenrevision und Abrüstung

Washington , 10. Oktober.

Die allgemeine Unklarheit über die Haltung Hoovers hinsichtlich der europäischen Schulden an die Vereinigten Staaten wurde am Freitagabend durch eine Mitteilung von maßgebender Seite beseitigt. Das Weiße Haus liek wissen, daß die Vereinigten Staaten nicht auf die Wiederaufnahme der europäischen Zahlungen nach Ablauf des einjährigen Moratoriums bestehen würden, es sei denn, daß die Schuldnernationen in der Lage seien, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Wie weiter verlautet, ist Präsident Hoover zur Zeit bemüht, die Meinung der Senatoren und Abgeordneten hinsichtlich eines Vorschlages auf gründliche Re vision der Fundierungsabmachungen mit den europäi schen Ländern kennenzulernen. In unterrichteten Kreisen ist man der Auffassung, daß sowohl der Kongres als auch die amerikanische Oeffentlichkeit mit einer Herab. sehung der Schulden einverstanden sein würden, falls eine solche Maßnahme von einem gleichzeitigen Zuge ständnis der europäischen Länder in der Frage eines Flottenfeiertages und anderer Rüstungs. berminderungen verbunden sein würde.

Nicht Young- Plan und nicht Schuldenabkommen, sondern Zahlungsfähigkeit.

Washington , 10. Oftober.

Bon hoher Regierungsstelle murde heute erklärt, man habe die Bemerkung über Lavals Besuch hier und im Ausland so aufgefaßt, daß Hoover die Abficht habe, das Moratorium zu verlängern. Ein derartiger Plan liege ihm aber fern; er habe nicht an ein Mo­ratorium gedacht, denn das sei eine Notstandsmaßnahme gewesen, um eine unmittelbar bevorstehende Katastrophe abzu­wenden. Jetzt handele es sich darum, festzustellen, wieviel die Schuldner zahlen können. Die Schuldenabkommen zwischen den Staaten, die am Weltkriege teilnahmen, seien aufgebaut worden auf Der Bahlungsfähigteit in normalen 3eiten", und man müsse die gegenwärtige Lage flar, erfassen. Niemand könne von einem Schuldner mehr verlangen als er zahlen könne, wenn auch dafür Sorge getragen werden müsse, daß er, soweit es in seiner Macht liege, feinen Verpflichtungen nachtomme. Eine ,, revolutio­näre" Alenderung der bisherigen Stellungnahme sei also nicht be­absichtigt.

Washington Post " kommentiert diese Erklärung dahin, daß Hoover, da Frankreich gegen ein Moratorium sei, weil es dann gar nichts von Deutschland erhalte, sich offenbar der franzöfifchen Ansicht angeschlossen habe, wonach die Herabsetzung der Repara­tionen und der alliierten Kriegsschulden der beste Ausweg sei. Auch Frankreich für Reparationsverminderung. New York , 10. Oktober. ,, Times" erfährt aus Paris , Laval werde eine 50prozentige Schuldenstreichung und eine 25pro­zentige Herabsetzung der Rüstungsausgaben vorschlagen.

Während ,, Times" wie ,, Herald Tribune" in ihren Washingtoner Berichten betonen, daß die 3ah Iungsfähigkeit weiteren Verhandlungen über das Schuldenproblem zugrunde gelegt werden würde, hört ,, Herald Tribune" außerdem, daß ein zweijähriges Moratorium als Ergänzungsvorschlag in Betracht kommen könne.

Der zweite Nazi- Krawall- Prozeß. Schöffe erklärt sich für befangen.

Auf Grund des Ablehnungsantrages der Berteidigung im Prozeß Helldorf und Genossen gegen das Schnellschöffen­gericht Charlottenburg hat jetzt die 1. Straftammer des Land gerichts III, die über diesen Antrag zu entscheiden hat, die Richter und Schöffen dieses Gerichts aufgefordert, sich darüber zu äußern, ob fie fich für- befangen halten. Einer dieser Schöffen, der Kauf mann Start, gegen den sich der Antrag der Verteidigung ins besondere auch gerichtet hatte, hat sich selbst in dieser Sache für befangen erflärt, da er jüdischen Glaubens sei. Infolge beffen muß an feine Stelle nun ein anderer Schöffe treten.

Hitlers Canoffagang

Mit Mercedes zum Präsidenten des Systems"

Der Reichspräsident empfing heute Adolf Hitler und den Abg. Göring . Er nahm von ihnen einen ausführlichen Bericht über die Ziele der nationalsozialistischen Bewegung entgegen. Daran schloß, wie Hugenbergs Telegraphen­

Die neuen Minister.

Prof. Dr. Warmbold, der neue Reichswirtschafts

Dr. Joel,

der neue Juftizminifter

minifter Union mitteilt, fich eine Aussprache über innen- und außenpolitische Fragen. Die Unterhaltung dauerte dreiviertel Stunden.

Der wegen Hochverrats gegen die Republik seinerzeit verurteilte Adolf Hitler sucht jetzt den Präsidenten der Republik auf, um ihm seine, 3iele" darzulegen. Leider geht aus dem Hugen­berg- offiziösen Bericht nicht hervor, ob er Hindenburg auch wieder vom ,, Köpferollen" gesprochen habe oder aber, was die neueste Les art ist, davon, daß der Sieg des Hakenkreuzes der Seilerei neuen Aufschwung geben werde.

Wohl aber fiel den die Wilhelmstraße vor ungebetenen Be­fuchern schützenden Polizeibeamten die Eleganz des mer cedes Wagens auf, in dem der Chef der Krawallisten Dom Kurfürstendamm und der Nazikasernen zum Besuche bei Hindenburg vorfuhr.

Schließung der GA- Kafernen.

Auch einige Wirtschaften geschlossen.

Auf Grund der in der neuesten Notverordnung des Reichspräsidenten enthaltenen Bestimmungen über die Bekämpfung des politischen Rowdytums ist die Berliner Polizei entschlossen, den Nazikasernen endlich ein Ende zu bereiten.

Heute vormittag sind zunächst die Kasernen in der Lükowstraße 99, Fregestraße 6 in Friedenau , Tegeler Weg 7 in Charlottenburg und Auguste- Viktoria- Allee 13 in Karlshorst geschlossen worden.

Außerdem ist die Polizeistunde für mehrere Ver. fehrslokale der radikalen Parteien erheblich herab. gesetzt worden. Die betreffenden Lokale müssen um 18 Uhr schließen und dürfen nicht vor 6 Uhr früh öffnen.

Tragisches Ende des, Bremen " Fliegers Die Leiche des Fliegers Simon gefunden. New Yort, 10. Oftober. Nach einer Meldung aus Parrsborough( Neufchottland) ist die Leiche des Bremen "-Fliegers Simon in der Cobequidbai gefunden worden. Die Leiche frug noch den Rettungsgürtel Simon hat anscheinend erst furze Zeit vor der Auffindung den Tod gefunden.

Schwere Zuchthausstrafen für Beamte. Die Veruntreuungen beim Reichsamt für Landesaufnahme.

In dem Prozeß wegen der großen Beruntreuungen beim Reichsamt für Landesaufnahme, der seit Anfang September vor einer Sonderabteilung des Schöffengerichts Berlin- Mitte verhandelt worden war, wurde heute mittag von Landgerichtsdirektor Dr. Rosemann das Urteil verkündet.

Wegen schweren Amtsverbrechens wurde verurteilt: der Ver­waltungsamtsmann Wladislaw Wolff zu 4 Jahren Zucht­haus und vier Jahren Ehrverlust, der Regierungsinspektor Arthur Regierungsoberjetretäre Richard Baer und Alfred Wendt zu je Bluhm zu drei Jahren Zuchthaus und drei Jahren Ehrverlust, die zwei Jahren Zuchthaus und drei Jahren Ehrverluft. Fünf Monate der Untersuchungshaft wurden den Angeklagten in Anrechnung ge­bracht. Die Haftbefehle wurden aufrechterhalten. Es handelte fich um die Unterschlagung von rund 350 000

Tagungen- wegen Regierungswechsel art Amisgeldern aus der Kaffe des Reichsamts für Landes­

Reichskabinett und Kleinfraftionen

Das neue Reichskabinett trat am Sonnabend mittag um 12 Uhr zu seiner konstituierenden Sigung zusammen. Es ist anzunehmen, daß das Kabinett anschließend die Regierungserklärung in Angriff nehmen wird, die der Reichskanzler am Dienstag im Reichstag verlesen wird.

Eine amtliche Mitteilung über diese erste Sigung des neuen Reichstabinetts besagt, daß die vom vorigen Kabinett begonnene Beratung über das Wirtschaftsprogramm fortgesetzt wurde, und in kurzer Frist ein Wirtschaftsbeirat eingesetzt werden wird, um der Reichsregierung alsbald Vorschläge zu unterbreiten. Um 11 Uhr trat die Reichstagsfraktion der Bayerischen Bolts­partei zu einer Sigung zusammen, in der die Entscheidung über das Berbleiben des Reichspostministers Schätzel im Kabinett fallen soll. An der Sitzung werden der Ministerpräsident Held sowie der Vorsitzende der Bayerischen Volkspartei , Schäffer, die von München nach Berlin gekommen sind und die bereits am frühen Bormittag mit dem Vorsitzenden der Reichstagsfraktion der BBP., Prälat Leicht, eingehende Besprechungen hatten, teilnehmen.

Ferner tagte der Reichsausschuß der Deutschen Volkspartei heute vormittag und die volksparteiliche Reichstagsfraktion am Nachmittag.

aufnahme.

Schönes Sonntagswetter!

Heiter und warm.- Der Einfluß eines Hochs. Nach einer sternflaren und ziemlich milden Nacht frat im Laufe des heutigen Vormittags leichte Bewölfung auf. Es wird sich hierbei nur um eine vorübergehende Eintrübung handeln und für den morgigen Sonntag ist mit ziemlicher Sicherheit schönftes fonniges und warmes Herbstwetter, das mit feinen Temperaturen weit über dem Durchschnitt liegen dürfte, zu erwarten.

Die zur Zeit herrschende Drudverteilung ist außerordentlich günstig. Ein sehr fräftiges und ausgedehntes Hochdruckgebiet, er­streckt sich vom mittleren Atlantik bis nach dem Kaspischen Meer. Ein Ausläufer reicht sogar bis nach Turtestan. Unter dem Einfluß dieses Hochs hat sich in der ganzen südlichen Hälfte Europas , etma vom 55. Breitengrad ab, beständiges heiteres Wetter gebildet. Stän diger Barometeranstieg läßt auf eine mehrtägige Dauer des Witte­rungscharakters schließen. Im Norden bei Island ist dagegen ein Anzeichen auf unser Gebiet feinen Einfluß gewinnen wird. fräftiges Tiefdrudgebiet im Entstehen, das nach den vorliegenden

Die Prognose für Sonntag lautet: Nach einer milden Nacht mit teilweise bewölktem Himmel völlige Aufheiterung mit verhältnis. mäßig hohen Tagestemperaturen.