Nr. 149.
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Vorwärts
13. Jahrg.
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Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
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Mit dem 1. Juli eröffnen wir ein neues Abonnement auf den
,, Vorwärts"
mit der illustrirten Sonntags- Beilage
,, Die Neue Welt".
Sonntag, den 28. Juni 1896.
Ein reaktionärer Schachzug.
In der gestrigen Reichstags Sigung spielte sich ein interessanter Vorgang ab, der verdient, noch besonders hervorgehoben zu werden, weil die kurze Berhandlung mehr als ganze Bände spricht.
Genosse Stadthagen begründete namens der Fraktion folgenden Antrag, der in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch aufgenommen werden sollte:
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
stimmen würden, falls die Anträge unserer Genossen Annahme fänden.
Damit war das Schicksal dieser Anträge troß ihrer warmen Vertheidigung durch Frohme und Stadthagen entschieden, sie fanden nur den Beifall einer kleinen Minorität.
Diese Verhandlung hat aber ein helles Licht auf das geworfen, was nunmehr auf dem Gebiete des Vereins- und Versammlungsgesetzes kommen wird. Diese Materie wird nunmehr nicht reichsgeseglich, sondern landesgefeßlich vor dem Forum der reaktionären
Es ist die Pflicht eines jeden Parteigenossen, für die Weiterverbreitung des Zentralorgans der Partei nach Die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das JuKräften thätig zu sein. Allseitig anerkannt ist die Be- verbindungtreten von Vereinen, welche politische Zwecke ver- andtage geregelt. Zweifellos wird alsdann das deutung unseres Blattes in dem großen Befreiungs- folgen, verbieten, werden aufgehoben. Verbot der Verbindungen für politische Vereine auftampf des Proletariats und auf das beste bewährt hat Vereinigungen von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern, gehoben, zugleich wird man aber diese Freiheit in bezug sich seine knappe, schnelle und genaue Berichterstattung, welche zum Behufe der Erlangung günstiger Lohn- und auf dies Verbindungsrecht der Arbeiterorganisationen da= namentlich während der umfassenden Kämpfe, welche die Arbeitsbedingungen sich gebildet haben, unterliegen keiner durch kompenfiren, daß Bestimmungen in die Vereins- und Arbeiterschaft in den letzten Monaten mit dem Unternehmer- landesgefeßlichen Vorschrift." Versammlungsgesetze der Einzelstaaten aufgenommen thum auszufechten hatte. Diese Bestimmungen sind außerordentlich wichtig und werden, wodurch die Arbeiterorganisationen jeden AugenUeber dem politischen und wirthschaftlichen es ist klar, daß, wenn dieselben im Bürgerlichen Gesetzbuch blick, sobald sie anfangen, unbequem zu werden, aufgelöst Theil werden aber die lokalen Borkommnisse Berlins Aufnahme fanden, damit ein großer Fortschritt für das und unterdrückt werden können. teineswegs vernachlässigt. Die Besprechungen unserer tom- Vereinigungsrecht erreicht und es zugleich den Einzelstaaten Die Organisationen der bürgerlichen Parteien haben munalen Angelegenheiten sowie die ausführlichen Berichte unmöglich gemacht war, durch besondere alsdann volle Freiheit der Verbindung und Bewegung, über die Verhandlungen der Stadtverordneten- Versammlung an des gesegliche Bestimmungen dieses Ver- aber über den Arbeiterorganisationen bringen den Leser in die Lage, die Erscheinungen auf dieſem bindungsrecht wieder in Frage zu stellen. Außerdem hängt das Damoklesschwert der Unterwichtigen Gebiet des öffentlichen Lebens genau zu verfolgen. entsprach der Inhalt der von unseren Genossen vorgeschlagenen brück ung; sie sind mit der neuen Freiheit" sch I immer Der Lotale Theil des Vorwärts" verzeichnet alle Bestimmungen dem Geist des Noth Vereinsgesetzes, das daran als vorher ohne dieselbe. So suchen Begebenheiten des Tages und" giebt ein getreues Bild des fürzlich der Reichstag mit großer Majorität angenommen die Vertreter von Moral, Sitte und Ordnung" auf dem Vereins und Versammlungslebens, welches hatte. Wege der Landesgesetzgebung zu erreichen, was sie auf dem in Berlin besonders starke Wellen schlägt. Wege der Reichs- Gesetzgebung nicht erlangen können:
Ebenso widmen wir dem Feuilleton die größte Aufmerksamkeit.
Es gilt also, das um jeden Preis zu hintertreiben, und so nahm zu allgemeiner Ueberraschung niemand anders als ber Reichstanzler das Wort, um eine Erklärung vorBon dem zur Zeit im Vorwärts" erscheinenden Stoman zulesen, deren Sinn war, die Anträge Auer und Genossen von Bulwer , der in der Weltliteratur einen hervorragenden abzulehnen, weil sie dadurch hinfällig geworden, daß Platz einnimmt, liefern wir neu hinzutretenden Abonnenten zwölf von den verbündeten Regierungen übereingekommen den bis jetzt in unserem Blatte erschienenen Theil gratis feien, die Beseitigung des Verbots der Verbindung von nach. Nachdem„ Rienzi " beendigt sein wird, bringen politischen Vereinen auf dem Wege der Partikular wir aus der Feder von E. Bosquet einen Roman Geseggebung zu beseitigen. ,, Arbeiterinneuloos", der in meisterhafter Schilderung Diese Erklärung des Reichskanzlers ist nach Verein packendes und in seiner Art typisches Bild von der Lage einbarung mit den Führern der Majoritätsder französischen Arbeiterin giebt. parteien offenbar in der Absicht gegeben Für Berlin nehmen sämmtliche Beitungsspediteure, so- orden, um diesen und ihren Parteifreunden wie unsere Expedition, Beuthstr. 3, Bestellungen ent- u ermöglichen, trotz ihrer neulichen Abstimmung für gegen zum monatlichen Preise von den Noth- Vereinsgefeßentwurf, gegen die Anträge unserer Genossen, die den gleichen Inhalt hatten, stimmen zu
1 Mark 10 Pfennige frei ins Haus. Für außerhalb nehmen sämmtliche Postanstalten Abonnements zum Preise von
3,30 M. für die Monate Juli, August, September
entgegen.( Eingetragen in der Post- Zeitungsliste für 1896 unter Nummer 7277.)
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Nedaktion und Expedition des Vorwärts".
Rienzi.
fönnen.
demokratie;
ein Ausnahmegese gegen unbequeme Arbeiterorganisationen. Daß unter solchen Verhältnissen sogar Herr v. Stumm für die Aufhebung des Verbots der Verbindung politischer Vereine sich ausspricht, ist sehr erklärlich, beweist aber auch, wie der Hase läuft.
Zu demselben Gegenstand wird uns von einem anderen Mitarbeiter geschrieben:
Zu einer recht animirten Auseinandersehung fam es heute im Reichstag bei der Debatte über das Noth- Vereinsgeset. Unsere Genossen haben den Antrag eingebracht, im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch folgende Bestimmungen aufzunehmen:
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Hierfür spricht, daß nach der Erklärung des a) Die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das InReichstanzlers sofort Herr Lieber und Herr von Bennigsen verbindungtreten von Vereinen, welche politische Zwecke verfolgen, verbieten, werden aufgehoben. sich erhoben, um mit Hinweis auf die Erklärung des Reichstanzlers sich gegen die Anträge welche zum Behufe der Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsb) Vereinigungen von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern, war auch, daß Herr von Stumm, wie Herr von Vorschrift." unserer Genossen zu erklären. Interessant bedingungen sich gebildet haben, unterliegen teiner landesgesetzlichen Manteuffel sofort durchblicken ließen, daß sie Nach Lage der Sache war vorauszusehen, daß für den gegen das ganze Bürgerliche Gesetzbuch Absatz b sich eine Mehrheit im Reichstage nicht finden
Und worin, meine Freunde, bestehen die Gewaltthätigfeiten, denen Ihr Euch nicht fügen wollt?" fragte ein junger Edelmann, indem er sich an die Menge von Bürgern wandte, die erhißt, zornig, halb bewaffnet und mit den heftigen Geberden italienischer Leidenschaft jetzt die lange, enge Straße hinabzogen, die nach dem düsteren, von der Orsini behaupteten Stadtviertel führte.
zumal," Sie werden uns in unserem Rechte schüßen Ach, gnädiger Herr!" schrien zwei oder drei Bürger „ Sie werden uns Gerechtigkeit widerfahren lassen Sie sind ein
So war im allgemeinen der Zustand Roms zur Beit der Ereignisse, die ich jetzt berichten werde. Der alte Ruhm umgab noch seine Ruinen in den Augen Italiens und Europa's . Dem Namen nach wenigstens war es noch die Königin der Erde, und aus Roms Händen empfing Colonna." der Kaiser des Nordens seine Krone und der Vater der Kirche seine Schlüssel. Die Verhältnisse Roms boten kühnem Ehrgeiz Gelegenheit genug zu glänzenden Triumphen und vermochten thatkräftige Patrioten sehr wohl zu begeistern, trotzdem sie so traurig waren. Alles in allem stellten sie eine geeignete Schaubühne dar für jene erhabene Tragödie, welche unter den Wechselfällen nnd Verbrechen der Nation ihre handelnden Personen wählt und ihre Moral ent
wickelt.
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Drittes Rapitel. Der Aufstand.
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Der junge Adrian di Castello, ein entfernter Verwandter der Colonna, forderte daher den Schmied, ohne seinen ers hobenen Hammer oder seine riesenhafte Gestalt zu beachten, gebieterisch auf, ihm Platz zu machen.
" Geht nach Hause, Freunde!" sagte er mit Würde und wißt, daß Ihr uns sehr nnrecht thut, wenn Ihr glaubt, wir nähmen Theil an den schändlichen Handlungen und ihrem Hause blos unsern Leidenschaften. Möge die der Orsini, oder wir fröhnten in der Fehde zwischen unserem heilige Mutter mich richten!" fügte er, seine Augen an dächtig erhebend, hinzu, wenn ich jetzt nicht die Wahrheit Sache und für die Sache Roms gezogen habe." sage, daß ich dieses Schwert gegen die Drsini's für Eure
hafter Gestalt, mit einem ungeheuren Hammer auf der " Ha, ha, ha!" lachte verächtlich ein Mann von riesenSchulter, der sein Gewerbe errathen ließ. Gerechtigkeit und Colonna! Gottes Tod!. Diese Namen findet man nicht der Schmied, indem er seinen Hammer gegen einen Stein, So sprechen alle Tyrannen!" erwiderte unerschrocken häufig beisammen." ein Ueberbleibsel des alten Rom, lehnte; sie führen nie nieder mit ihm!" schrien wenigstens Behn in dem Ge- erschlägt einen Bäcker der Orsini's - es ist für unsere " Nieder mit ihm! nieder mit ihm! er ist ein Drsini- eine Fehde, oder es ist für unsere Sache. Ein Colonna dränge; aber feine Hand erhob sich gegen den Riesen. Sache! Ein anderer Colonna entführt die Tochter eines Schneiders der Drsini's es ist für unsere Sache!- unsere Sache, ja die Sache des Volkes die Sache der Bäcker und Schneider, wie?"
" Er spricht die Wahrheit," sagte eine zweite Stimme fest. " Ja, das that er," nahm ein dritter das Wort, indem er die Stirne runzelte und sein Schwert entblößte, und wir stehen dafür ein. Die Orsini sind Tyrannen und die Colonna find im besten Falle ebenso schlimm."
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Wenn ein Colonna das that," erwiderte der junge Edelmann, so hatte er unrecht; aber die heiligste Sache tann schlechte Anhänger haben."
An einem Aprilabende des Jahres 1347 war auf einem der geräumigen Pläge, wo das neue wie das alte Rom vermengt schien das eine wie das andere verlassen und Du lügst, Schurke!" rief der junge Ritter, indem er zerstört ein bunt gemischter, unwilliger Volkshaufe ver- durch die Menge hindurch auf den, der zuletzt die Colonna's" Ja, die heilige Kirche selbst ist nicht auf die besten sammelt. Am Morgen desselben Tages waren die Göldlinge geschmäht hatte, eindrang. Dieser zog sich vor den drohenden Säulen gepfropft," antwortete der Schmied mit einer Anbes Martino di Porti mit Gewalt in das Haus eines römischen Bewegungen und funkelnden Augen des Kavaliers einige spielung auf die Vorliebe des Papstes für bie Colonna's. Juweliers gedrungen und hatten dasselbe mit einer Frechheit ge- Schritte zurück, so daß zwischen der gewaltigen Gestalt des Er lästert! Der Schmied ist ein Gotteslästerer!" riefen plündert, die sogar die gewöhnliche Unverschämtheit der Schmiedes und dem nicht großen, doch fräftig gebauten die Anhänger des mächtigen Hauses. Hier Colonna! hier Adeligen überstieg. Tief und von schlimmer Vorbedeutung jungen Mann ein kleiner, freier Raum entstand. Colonna!" war das Mitgefühl und die Entrüstung in der ganzen Stadt.
Die römischen Patrizier, welche von Jugend auf gewohnt waren, den Muth der Plebejer zu verachten, wenn " Nie werde ich mich diesen Gewaltthätigkeiten fügen!" fie auch für den Ruf des ihrigen nicht sehr besorgt waren, " Ich auch nicht!" mischten sich oft unter solch' wilde Versammlungen, und " Ich auch nicht!" es war nicht selten, daß schon die Erscheinung eines Nein, bei den Gebeinen des heiligen Peter, ich thue Adeligen hinreichte, um eine Menge, die kurz vorher seinem es nicht!" Stande und seinem Hause Rache geschworen hatte, zu verjagen.
erwidert.
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