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BERLIN  Freitag 16. Oktober

1931

Der Abend

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Heute Entscheidung

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Hochspannung im Reichstag  / Fraktionssitzungen bis zur Abstimmung

Bis zu den Mittagsstunden war es noch immer ungewiß, mie sich das Schicksal des Kabinetts Brüning   gestalten würde. Die Fraktion der Wirtschaftspartei war vor Beginn der Reichstagssigung noch einmal zusammengetreten; die Be=

RFB- Bombe

RFB. Bombe gegen Parteiblatt

schlußfassung über das Verhalten der Partei bei der Ein Sprengförper gegen das Kaffeler Boltsblatt geschleudert- Nur Sachschaden

Abstimmung über die Mißtrauensanträge gegen das Kabinett Brüning wurde jedoch bis zum Nachmittag ver schoben. Von der Deutschen Volkspartei  , die gleichfalls noch eine Sigung abhielt, hörte man, daß ein Be­schluß gefaßt werden soll, wonach die Fraktion zwar gegen

Kassel  , 16. Oktober.  ( Eigenbericht.) Heute morgen um drei Uhr wurde auf das Geschäfts. gebäude des sozialdemokratischen Kasseler Bolts: blatt" ein Bombenattentat verübt, das glücklicher weise nur Sachschaden anrichtete. In den Laden der Buchhandlung wurde ein Sprengkörper

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Ein

stellung der Zeutschel Broschüre Im Dienste der kommunistischen Terrororganisation" enthält, wurden zum Teil vollkommen zerfetzt. Splitter des Sprengstückes flog 25 Meter über die Straße und schlug in das Fenster einer Wohnung. Gleichzeitig erhielt die Redaktion heute morgen einen Volksblattes androht, wenn sie das Lügen nicht lassen, einen sprengkörper in den Bauch schicken. werde der Rote Frontkämpferbund ihnen Unterschrieben ist der Brief mit RFV.

Das Testament des Romfliegers schleudert, der unter heftigem Knall explodierte. Die Brief, der in ungelenker Malschrift den Redakteuren des

Lauro de Bosis   über seinen Freiheitsflug

Bor feinem Flug nach Rom  , bei dem er antifaschistische Proflamationen abwarf und von dem er nicht zurüd­gefehrt ist, weil er offenbar im Mittelmeer   abgestürzt und ertrunken ist, hat der junge italienische Dichter Lauro de Bosis   fein Testament geschrieben, das seine Freunde hinterher unter seinen zurüdgelaffenen Papieren gefunden und uns gesandt haben. Wir bringen das Dokument, das zu veröffentlichen uns eine ehrenvolle Pflicht ist, auf der ersten Beilagenseite.

das Kabinett Brüning fei, aber feinen Frattions: 3 wang bei der Abstimmung über die Mißtrauensanträge ausüben wolle. Man rechnet damit, daß 20 Mitglieder der Fraktion der Volkspartei für die Mißtrauensanträge, etwa sechs dagegen stimmen und daß ungefähr vier Abgeordnete fehlen werden.

In den Wandelgängen des Reichstags herrscht starter

Verkehr. Die Abgeordneten werden von Prefseleuten und an­deren Interessenten um Auskünfte bestürmt, vorläufig aber fann niemand etwas Gemisses sagen. Man rechnet mit dem Bleistift in der Hand, wie sich voraussichtlich das Stimmen verhältnis gestalten fönne. Jm allgemeinen erwartet man, daß fich Brüning   mit einer Mehrheit von etma 20 Stimmen behaupten wird. Der Reichs­kanzler wird im Laufe des Nachmittags noch einmal das Wort nehmen; daß er dabei mit der Auflösung des Reichstages im Falle der Niederlage seiner Regierung drohen wird, wie wiederholt behauptet wurde, ist nicht richtig. Die, Germania  " hat in ihrer heutigen Morgenausgabe noch einmal an den Beschluß der Zentrumsfraktion von Mittwoch erinnert, wonach das Zentrum ,, ein Kabinett der Rechten, dem durch die Miß­trauensanträge der radikalen Rechten und Linken der Weg frei gemacht werden soll, weder aktiv unterstützen, noch auch nur passiv tolerieren" werde. Die Germania" fügt hinzu, es werde für alle Beteiligten gut sein, diesen Faktor in der heute abzuschließenden Rechnung nicht außer acht zu lassen!

Auf der anderen Seite droht die natio= nale Opposition noch einmal mit dem Putsch, wenn es ihr heute nicht gelingen sollte, das Kabinett Brüning zu stürzen und den Weg für die Aufrichtung einer faschisti­schen Gewaltherrschaft freizumachen. Die ,, Deutsche Zeitung" erklärt in ihrer heutigen Morgenausgabe wörtlich: Das Schicksal der Regierung Brüning wird durch die Macht der Tatsachen- wahrscheinlich aber außerhalb des Parlaments entschieden werden... Ein Pyrrhus­fieg Brünings im Reichstag fann wie sich die Dinge ent­widelt haben nicht darüber hinwegtäuschen, daß die poli­tische Umgruppierung im Gange ist und die Entschei= dung sich außerhalb des Reichstages an= bahnt."

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Das ist so deutlich wie nur möglich. Seit der Harzburger Tagung besteht völlige Klarheit darüber, daß am heutigen Nachmittag die Entscheidung nicht so sehr um das Kabinett Brüning fällt, sondern darüber, ob, wie es in der kommu­ nistischen   Presse ausgedrückt worden ist, die na dte Dif= tatur des Schwerfapitals und der Groß­agrarier zur Berteidigung des tapitali­

Explosion war weithin in der Stadt zu hören. Die Sprengkraft der Bombe war so groß, daß großc Mauersteine herabgerissen wurden und die großen Scheiben in Trümmer gingen. Ein Stück des Sprengkörpers flog in die Dede der Buch­handlung und riß dort ein fanstgroßes Loch. Die Aus­lagen des Ladens, der zur Zeit eine wirkungsvolle Ays

Die polizeilichen Ermittlungen wurden noch in der Nacht aufgenommen und sind noch nicht beendet.

nachlaß und Zahlungsaufschub für die Darlehen an notleidende Winzer verbunden.

Abg. Rippel( Chrfoz.): Es geht in dieser Schicksalsstunde des besetzung einiger Ministerposten. Der stärkste Echrittmacher der

stischen Profits und zur Niederschlagung der Arbeiter" aufgerichtet werden soll. Vor diese Entscheidung ist auch die kommunistische Fraf­tion, find auch die sechs Mann der Rosenfeld  - teutschen Boites nicht um ein Mißtrauensvotum und um die Um­Gruppe gestellt. Bahnen sie heute nachmittag den Hitler, Hugenberg   und ihren Berbündeten von der Schwerindustrie und dem Großgrundbesitz den Weg zur Machtergreifung, so sind sie vor der Geschichte mit dem Fluche beladen, die Arbeiterklasse an die brutalste Reaktion verraten zu haben!

hat bei Beginn durchaus nicht den Anblick eines besonderen Tages, Die heutige wahrhaft entscheidungsschwere Reichstagssigung schon weil noch viele Abgeordnete außerhalb des Saales beraten; so auch die Wirtschaftspartei.

Zunächst wurden auf Antrag Mumm( Chrfoz.) zahlreiche Petitionen, besonders von Kriegsbeschädigten und Krieger­hinterbliebenen, gemäß den Ausschußanträgen erledigt. Mit der politischen Debatte werden noch Interpellationen der Nationalsozialisten und ein sozialdemokratischer Antrag auf Zinsen

Dingelden und Loreley  .

HITLER

DINGELDEY

DEUTSCHE VOLKSPARTE

D

Ich glaube die Wellen verschlingen Am Ende Fischer und Kahn!

Raditalisierung ist neben der Rot die französische   Politik, die der Ausbeutung und Unterdrückung Hohn und Spott hinzufügt. Die Radikalen wissen sehr gut, daß ihre Versprechun= gen an die Massen nicht erfüllt werden können. Als der Redner bestimmte Fälle folcher Nazitaten aufzählt unb

ihnen vorhält, wie sie ihr früheres Programm ver raten, schreien sie wild, das sei nicht wahr.

Dingeldens und Oberfohrens Reden laufen auf weiteren Lohn­abbau, Coderung des Tarifrechts und Schlichtungswesens hinaus.

Erfüllungspolitif aus Grundfah wäre allerdings sozialreaktionär. Das: aber will Brüning nicht.

Inumer noch wird Lurus in den Gemeinden getrieben. Mu ein Provinztheaterintendant 40 000 Mark jährlich erhalten und die Stadt Duisburg   225 000 Mart mehr ihren höheren Beamten zahlen, als nach den Richtlinien der preußischen Regierung nötig wäre? Die Nationalsozialisten haben solange von der Agitation gegen die Riesengehälter in der Großindustrie gelebt, daß jetzt in der gemeinsamen Harzburger Front wohl Schluß damit gemacht werden wird;

hoffentlich haben die Nationalsozialisten doch noch Männerftolz vor Mammonsthronen. Wir fragen die Nationalsozialisten, ob fie zusammen mit Hugenberg und nach deffen Rezepten die deutsche   Sozialversicherung zerschlagen und in eine unflare Sparkasse verwandeln wollen?

( Horchposten Feder( Nsoz.): Sind Sie der Sprecher des Vor­wärts"?) Da Sie uns die verlangte Klarheit nicht geben, können wir uns nicht einmal überlegen, ob wir Ihnen folgen wollen! Heute ist hier nicht nach Sympathie oder Antipathie abzustimmen. Schwanken vermehrt nur das Unheil.

Nachdem der Christlichsoziale Rippel unter dem Hohngelächter der Nazis seine Rede gegen den Hakenkreuzschwindel beendet hatte, ergriff nicht, wie man schon erwartet hatte, der Reichskanzler das Wort, sondern der Kommunist Dr. Neubauer, worauf sich plöglich das stark gefüllte Haus wieder leerte.

140 Millionen gezeichnet.

Das vorläufige Ergebnis der steuerfreien Anleihe. Die Zeichnungen auf die neue steuerfreie Reichsbahnanleihe, die am 15. Oktober im Zusammenhang mit der Steueramneftic­verordnung abgefchloffen worden find, erreichen nach unseren Infor­mationen einen verläufigen Betrag von rund 140 mil. lionen Mart.