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Nr. 489 48. Jahrgang

3. Beilage des Vorwärts

Die Reichsbank im Abwehrkampf.

Die Devisenabzüge im Oktober. - Ruhige Beurteilung der Situation.

Sonntag, 18. Oftober 1931

haben. Die Wiedereröffnung der Börsen hatte zur Folge, daß aus­ländische Befizer von deutschen Wertpapieren große Mengen ver­tauften und zugleich deutsche Kapitalflüchtlinge ein Loch in der Devisennotverordnung entdeckt hatten und gleichfalls deutsche Effekten ins Ausland verschoben und dort als ausländischen Besitz abstießen. Ferner hat das Infrafttreten des Stillhalte= abkommens mit der bekannten Freigabe der ausländischen Die Gold und Devisenabzüge bei der Reichsbank haben sich, finanzielle Schwierigkeiten bei kommunen auch nicht das Martguthaben und der Rückzahlung ausländischer Saisonfredite mie wir gestern abend bereits berichteten, auch in der zweiten geringste mit der Sicherheit der Spareinlagen zu tun große Devisenbestände beansprucht, und schließlich fam der Beschluß Oftoberwoche fortgesezt. Die zunächst noch sehr geringen Ab­der Bank von England, von der Goldwährung abzugehen, als er­züge in der ersten Hälfte der Woche haben in den letzten Abrech: während der Kreditkrise im Sommer so hoch gewesen, daß sie die Pfundes und der skandinavischen Währungen um 20 bis 25 Proz. haben. Im übrigen sind die Liquiditätsreserven der Sparkassen schwerendes Moment hinzu. Die rasche Entwertung des englischen nungstagen einem starten Auftrieb von Devisenanforderungen Platz gemacht, so daß sich der Gesamtverlust in der vergangenen Woche Reichsbank mit teinem Pfennig hätten in Anspruch zu reizten natürlich die deutschen Schuldner, ihre Pfund- oder Kronen­an Gold und Devisen auf 66,7 Millionen Mark stellt. Der Gold- nehmen brauchen, wenn diese Reserven entsprechend flüssig angeschulden schnell abzudecken, bevor diese Baluten wieder stiegen. Und und Devisenverlust hat somit bisher im Oktober 145,7 mil- legt worden wären. Eine derartige Anlage der Flüssigkeitsreserven die allgemeine Anspannung in der Devisenlage erfuhr schließlich lionen erreicht. Die stärkeren Abflüsse in den letzten Tagen hängen ist jetzt aber durch die Notverordnung verfügt worden, so daß sich noch eine weitere Steigerung durch den 1. Oktober, an dem als Halb­auch hier eine schnelle Besserung durchseßen wird. Selbstverständ- jahrsultimo große Zinszahlungen für Anleihen nach dem Auslande bereits mit dem zweiten Termin für die Kündigung von ausländi­schen Martguthaben auf Grund des Stillyalteabkommens vom Sep- lich wird sich auch eine Beruhigung in den Sparerkreisen sehr schnell fällig wurden. bei der Reichsbank auswirken, da die Wiederkehr einer einiger­tember zusammen, da am 15. Oktober weitere 15 Prozent September 25 Prozent freigegeben wurden. maßen normalen Entwicklung der Einzahlungen und Abhebungen entsprechend schnell die Entlastung der Wechselbestände der Reichs­bant bewirkt.

-OVO

Mitte

Auf der Aktivseite des Reichsbantausweises zeigt sich, daß der normale Rhythmus der Entlastungen und Belastungen der Notenbank

infolge der außergewöhnlichen Verhältnisse im Kreditwesen völlig abhanden gekommen ist. So ist in der zweiten Woche dieses Mo­nats, die gewohnheitsgemäß eine stärtere Entlastung mit sich zu bringen pflegt, die Kapitalanlage der Reichsbant um 136,4 auf 4135,4 Millionen gestiegen. Die Zunahme der Wechsel einreichungen beläuft sich auf 138,6, auf insgesamt 3826,7 Millionen, während die Lombardbestände, was um die Monatsmitte nicht ungewöhnlich ist, um 35,3 auf 202,9 Millionen zugenommen haben. Dagegen haben sich die Bestände an Reichs­schatzmechseln von 40,5 bis auf 3 Millionen durch Rückzahlungen des Reiches vermindert.

Auffallend gering ist die Zunahme des Notenum­laufs geblieben, die nur um 4,8 auf insgesamt 4942,5 millionen zugenommen hat. Dies hängt damit zusammen, daß von den Reichsbankfunden große Teile der Diskonterlöse auf Reichsbankgiro­fonto stehen gelassen wurden, um sofort greifbare Mittel zur Hand zu haben. Die fremden Gelder weisen dementsprechend eine beträchtliche Zunahme um 51 auf 551,4 Millionen auf. Die Noten­deckung hat sich infolge der Gold- und Devisenabzüge von 30,1 auf 28,6 Prozent gesenkt.

Die Entwicklung bei der Reichsbank ist also auch in der zweiten Oftoberwoche alles andere als erfreulich gewesen. Wie wir hierzu erfahren, wird aber die Situation von der Reichsbankleitung durchaus ruhig beurteilt. Die Steigerung der Wechselbestände läßt natürlich die Frage der Liquidität der Reichsbank auftauchen. Die neuen An­forderungen, die in der letzten Woche an die Reichsbank auf diesem Gebiet gestellt wurden, dürften in erster Linie von den Sparkassen herrühren, die bei den anhaltenden Abhebungen des Publikums ge­misse Schmierigkeiten zu überwinden haben, um ihre Vermögens merte zu mobilisieren. Bei der gegenwärtigen Situation auf dem Kreditmarkt ist es natürlich, daß der Wechselbestand der Reichsbank fich nicht nur aus Handelswechseln zusammenseßt, Bei den starken Sicherheiten, die die Sparkassen aufzumeifen haben, unterliegt es jedoch keinem Zweifel, daß die Sparkassenwechsel für die Reichsbank gutes Material darstellen.

Natürlich hat die anhaltende Illiquidität der Wirtschaft, beson ders der Banten , auch die Liquidität der Reichsbant beeinflußt. Nach unseren Informationen tann etwa ein Drittel des gesamten Wechselbestandes der Reichsbant als nicht ,, ideal liquide" bezeichnet werden. Daß die Situation bei anderen Notenbanken ungleich schwieriger ist, zeigt sich bei dem letzten Ausweis der Bant von England vom 7. Oftober, wo bei einem Gesamtbestand der Af­tiven von 569 Millionen Pfund allein 308 Millionen Regierungs­ficherheiten enthalten waren. Von den Anlagen der britischen Notenbank könnten etwa siebzig Prozent als nicht ,, ideal liquide" bezeichnet werden. Natürlich wird die Reichsbank alle Borkehrungen treffen, um von diesen Positionen wieder herunter zukommen. Anzeichen zur Erleichterung zeigen sich schon darin, daß das Reich 150 Millionen aus den Münzgewinnen zur Einlösung von Reichsschatzwechseln verwendet und daß in den letzten Tagen das Reich überhaupt keinen Betriebskredit bei der Reichsbank mehr in Anspruch genommen hat. Anders liegen noch die Dinge bei den Sparkassen. Nach der ersten eingetretenen Beruhigung der Sparer haben die Borgänge in England ein neues Ansteigen der Ab­hebungen mit sich gebracht. Als die Wirkungen der englischen Vor­gänge auf das deutsche Sparerpublikum nachließen, hat

die gewiffenlose Inflationshehe der nationalen Oppo­fifion" in Harzburg neue Unruhe in die Sparermassen gebracht. Die schnelle Klärung der politischen Situa tien wird aber hier zweifellos beruhigend wirken, so daß auch die Sparkassen in absehbarer Zeit von dem Drud der ständigen Abhebungen von Sparguthaben bei gleichzeitigem Rückgang der In diesem Zusammenhang Neueinlagen befreit merden dürften. find auch die Bestimmungen über die Sparkassen in der legten Rotverordnung von größter Bedeutung. In erster Linie hat dies für die neuen Liquiditätsvorschriften zu gelten, ganz ab­gesehen davon, daß auch die Berleihung eigener Rechtspersönlich feiten an die Sparkassen nunmehr auch den ängstlichsten Gemütern, die durch eine gewissenlose politische eße aufgewühlt wurden, deutlich vor Augen führt, daß

Die höchst unerfreuliche Entwicklung der Devisenlage bei der Reichsbank in den letzten drei Wochen hat starte Beunruhigung hervorgerufen. Trotz der scharfen Anspannung wird aber auch hier die Situation von den zuständigen Stellen ruhig beurteilt. Seit dem 15. Juli, wo der Gold- und Devisenbestand 1480 Millionen betrug, tonnte bis Anfang September infolge der getroffenen Berteidigungs­maßnahmen der Bestand wieder bis auf 1780 Millionen erhöht wer­den. Im September trafen nun eine Anzahl Faktoren zusammen,

die

in außerordentlich starkem Maße an den Gold- und Devisenvorräten der Reichsbank gezehrt

Der einmalige Charakter dieser hauptsächlichen Devisen­anforderungen hat die Leitung der Reichsbank offenbar dazu bewogen, den zweiten Freigabetermin für aus­ländische Martguthaben am 15. Oftober nicht hinauszu­schieben, wie dies möglich gewesen wäre. Die Ansprüche hieraus dürften sich nach den Abziehungen im Sep­tember auf taum mehr als sechzig Millionen Mark stellen. Es ist also damit zu rechnen, daß der Tiefstand in der Devisen­entwicklung der Reichsbank noch nicht erreicht ist. Andererseits lassen Devisenablieferung( Kreditsperre) darauf schließen, daß es aber die verschärften Druckmaßnahmen gegen die Saboteure der der Reichsbank jetzt Ernst damit ist, alle Mittl anzuwenden, um den Devisenüberfluß der Wirtschaft für die Währungsdecke nutzbar zu machen.

Das Geheimnis des Leuna - Dels.

Die Kosten: und Rentabilitätsfrage.

Der phantastische Vormarsch der Verbrennungsmaschine muß die| eine Kapazität von 80 000 Tonnen pro Jahr haben und wird mit Frage auftauchen lassen, wie lange die Delreserven der Welt hochmodernen Kradanlagen( Raffinadeanlagen) arbeiten.

überhaupt noch reichen.. Die mit dem modernen Verfahren( Ro­ tary ) geschaffene Möglichkeit, die Erdrinde tiefer( bis rund 3000 Meter) anzubohren und den tiefliegenden Delen nachzuspüren, hat diese Sorgen nicht vermindert.

Deutschlands Delsorgen sind doppelter Art. Wir haben im Jahre 1930 nicht weniger als 3,5 Millionen Tonnen Mineralöle verbraucht. Davon fonnten im Lande selbst nur 700 000 Tonnen, Benzole, Kartoffelsprit, inländische Delförderung und Leunaöl, gewonnen werden.

In den Jahren 1928 und 1929 dürfte die deutsche Delförderung, die damals noch ausschließlich in Hannover saß, je 100 000 Tonnen ergeben haben. Berglichen mit den Vorjahren ist das viel, ver­glichen mit der Produktion anderer Länder äußerst wenig. Das Hauptpetroleumland der Erde,

die Vereinigten Staaten von Nordamerika , hatten im verfloffenen Jahr eine Förderung von 128 Millionen Tonnen,

Benezuela lieferte 20, Rußland 18 und Persien und Rumänien je 6 Millionen Tonnen. Nun ist es mit der deutschen Delförderung ein eigen Ding. Pessimisten und Optimisten streiten sich über die Aussichten, wie schon immer in der achtzigjährigen Ge­schichte der deutschen Erdölförderung. Die einen sagen, es sei eine bloße technische Spielerei, und können darauf verweisen, daß in den hannoverschen Gebieten bisher nur jede dritte Bohrung fündig ge­worden ist. Die anderen erklären Deutschland für eins der freichsten Länder der Erde und begründen diesen Optimis mus mit der logischen Gleichartigkeit der Norddeutschen Tiefebene. Leider kann kein Mensch in das Innere sehen, und die Meßgeräte, die die elektrotechnische Industrie bisher zur Verfügung stellte, ver­lagen. Es gehört also Glück dazu, wenn man mit der Tiefbohrung unter die Salzlagerstätten geht, wo man mehr Del vermutet. Jedenfalls konnte der Kalikonzern Burbach in Bolkenroda( Thü­ ringen ), wo man das Del unter den Salzlagerstätten wegholt, seine Förderung von etwa 1500 Tonnen im Januar 1931 bis August auf über 8000 Tonnen erster Qualität steigern Für das Jahr 1930 wird die deutsche Förderung insgesamt mit 170.000 Tonnen angegeben, wobei schon Neuinvestitionen eine wichtige Roile fpielen. Behauptet wird, daß man

gegenwärtig in Deutschland eine Kapazität von 300 000 Tonnen

habe, die man mit einigem Glück vervielfachen könne.

Bei den Dingen, die in der deutschen Erdölindustrie im Werden find, scheint uns die Umstellung in der Verarbeitung ebenso wichtig zu sein wie die Steigerung der Kapazität. Bisher hat man das hannoversche Del zum größten Teil auf Schmieröl verarbeitet. Erst mit Fertigstellung der Großraffinerie in Misburg am Mittellandfanal wird man das hannoversche Del in größerem Ausmaß zu ben wertvolleren Benzinen verarbeiten. Misburg soll

So weit die deutsche Erdölförderung. Nach Lage der Dinge wird man es bei ihr immer mit Unsicherheiten und Un= gewißheiten zu tun haben, die eben naturgegeben sind. Das spricht natürlich für die Ueberlegungen, große Anlagen nicht ausschließlich auf Rohöl abzustellen. Mittel und Wege, das zu vermeiden, bietet die Hydrierung, bei der es technisch gleichgültig ist, ob man bei der Gewinnung der Benzine, von Rohöl, Teer oder Kohle, die praktisch unbegrenzt vorhanden ist, ausgeht. Beim Kraden muß man sich auch damit abfinden, daß bestimmte Mengen von weniger wertvollen Schwerölen ab= fallen. Bei der Hydrierung kann man dagegen regulieren, welche Endprodukte man haben will.

Sicherheit und Regulierarbeit sprechen also gegen das Braden und für die Hydrierung.

Wenn man von Hydrierung spricht, denkt man in der Regel an die Verflüssigung der Kohle. Damit ist der Begriff nicht erschöpft. Aber bleiben wir zunächst dabei. Dieselben Stoffe, die das Benzin enthält und auf denen die Wunderwirkungen des Dels beruhen, also Kohlenwasserstoffe, die unter Kolbendruck verbrennen, das Auto über Hunderte von Kilometern treiben, das Flugzeug über die Wolken heben und in modernen Kraftmaschinen Tausende von Pferdekräften entwickeln, sind auch in der Kohle vorhanden. Nur ist Kohle wasserstoffarm. Will man aus Kohle die Wunderwirkungen des Dels erzielen, dann muß man ihr Wasser­stoff zuführen. Es vollzieht sich gewissermaßen eine Zwangsver heiratung zwischen Kohle und Wasserstoff. Man spricht von einer Anreicherung des Wasserstoffs an Kohle.

Daraus wird schon die Bedeutung des Wasserstoffs und seiner Herstellungsfoffen für den Prozeß der Kohle­verflüffigung erkennbar.

Daß man den festen Brennstoff Kohle durch Wasserstoffanreicherung

in flüssige Produkte überführen kann, weiß die Chemie seit 70 Jahren. Vor dem Krieg hat Friedrich Bergius die Ver­flüssigung der Kohle durch Anlagerung von Wasserstoff unter hohen Druden technisch durchgeführt. Die Hydrierung ist also absolut nichts Neues. Auf anderen Gebieten wird dasselbe Prinzip seit langem wirtschaftlich und industriell ausgewertet. So entsteht durch In­reicherung von Wasserstoff an Stidstoff Ammoniak und durch Anreicherung von Wasserstoff an Kohlenoryd Methanol. Die ganze Kohlenverflüssigung ist nichts anderes als eine An­lagerung von Wasserstoff an Kohle, wodurch Benzin entsteht. An Stelle voit Kohle fönnen Teer oder Rohöle treten. Technisch ist das völlig gleichgültig. Die Schwierigkeiten des ganzen Prozesses, den die JG.- Farbenindustrie in ihrem Werf Leuna bei Merseburg entwickelt, lagen wohl bei den hohen Temperaturen, bis 400 und 500 Grad. und bei den hohen Druden, 200 Atmosphären, die das Material aus­zuhalten hat. Dafür sind Sonder stähle geschaffen worden, die

eden Tag kann Dir etwas zuftoßen! Wieviel hat Deine Frau dann noch zum Leben? Befreie Dich von dieser Sorge: durch eine Lebens Verficherung! Wenn Du schon versichert bift: ift die Summe nicht zu klein?

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