völlig sabotiert, so daß sie allmählich aus einem Gewinn- unternehmen ein mit dauernden Schwierigkeiten ringendes Verlustobjekt zu werden beginnt. Zu diesem Zwecke ist gegen- über von Dairen ein chinesischer Hafen Hilutao gebaut worden, der mit dem ostchinesischen Bahnnetz durch gute Ver- kehrswege verbunden ist. Beim Verlassen des Hafens von Dairen werden die japanischen Produkte von den lokalen Be- Hörden mit doppelten Zöllen belegt, so daß sie am Ort ihrer Bestimmung konkurrenzunfähig werden. Ueberfälle auf iso- lierte Japaner sind an der Tagesordnung. Mit unverkenn- barer Absicht macht die chinesische Polizei Jagd auf koreanische Einwanderer und befördert sie über die Grenze. Alle Vorstellungen der japanischen Regierung blieben monatelang erfolglos. Mit vollendeter Höflichkeit erklärte sich die chinesische Regierung für machtlos und drückte ihr Be- dauern über die Verletzungen des Vertrages aus. Der japanische Stolz dem machtlosen China gegenüber wird durch diese ewige Politik der Nadelstiche aufs tiefste verletzt, aber ein praktisches Mittel gegen die chinesische Ab- wehrtaktik hat sich bisher noch nicht finden lassen. Die Ge- fahr wird immer größer, daß die einst für Japan so vielversprechende Mandschurei zu einem Passivposten in der japanischen Rechnung werden wird. Die japanische Geduld ist gleichzeitig mit einer Bombe explodiert, mit der ein Haufe von 350 chinesischen Soldaten eine Brücke der südmandschurischen Bahn nördlich von Mulden in die Luft gesprengt hat. Als Antwort darauf haben die japanischen Militärs gezeigt, daß sie auch noch da sind und ihr Eingreifen hat einigen hundert Menschen aus beiden Seiten das Leben gekostet. Angesichts der Haltung der feind- lichen chinesischen Schwesterrepubliken Nanking . Kanton und Peking , die über der Gefährdung der nationalen Ehre ihre ewigen Streitigkeiten für einige Zeit vergessen und die sich gegen den Erbfeind solidarisch erklärt haben, wird es Japan nicht zum äußersten kommen lassen, weil es fürchten muß, trotz seiner militärischen Ueberlegenheit den kürzeren zu ziehen, wenn ganz China sein Vorgehen mit einem Boykott japanischer Waren beantworten würde. Diesen Luxus kann sich das Land der aufgehenden Sonne zur Zeit nicht leisten. Es wird daher auf die kostspielige Genugtuung auf dem Felde der Ehre verzichten. In der Ueberfülle der europäischen Sorgen wird das mandschurische Intermezzo bald wieder vergessen werden. Man wird es daher auch versäumen, den Hintergründen des Falles nachzugehen, um Möglichkeiten für die dauernde Be- seitigung der Uebel zu f'nden. Sie liegen in den Auswüchsen der kolonisatorischen Tätigkeit Japans , das versucht, Profits auf Kosten chinesischer Arbeit aus der Mandschurei heraus- zupressen. Solange dafür nicht Abhilfe geschaffen sein wird. wird die mandschurische Frage dauernd ein Sturmzentrum bleiben, dessen Gefahr sich steigern wird, wenn Rußland den Augenblick für gekommen hält, sich aktiv in die Angelegen- heit einzumischen. Auf dem Wege zum Kompromiß. Genf . 19. Oktober.(Eigenbericht.) Im mandschurischen Konflikt scheint eine Entspannung einzu- treten. Der heutigen geheimen Ratssitzung lagen Nachrichten vor, noch denen im Fernen Osten eine gewisse Fühlungnahme zwischen (Chinesen und Japanern erfolgt sei. Es wird einesteils als deren Ergebnis angesehen, daß der Bahnbetrieb Mugden— Hai- l u n g wieder aufgenommen werden konnte, die Japaner die beabsichtigte Landung neuer Truppen in Schang- Hai aufgegeben und ihre Bo in benflug zeuge durch Beobachtungsflugzeuge ersetzt haben sollen. Anderer- feits dürsten die diplomatischen Bemühungen Washingtons in Tokio und der Schritt der dreizehn Mächte auf Grund des Kellogg -Paktes wesentlich zu diesen Ergebnisien beigetragen haben. Der Optimismus der Ralsmilglieder nach der heutigen Sitzung kommt weiter aus der etwas k o n- ziliantercn Haltung Japans in Genf . Es hat in- zwischen seine Forderungen an China in Gestalt von s ü n f Punkten dem Ratspräsidentcn mitgeteilt, der einen davon als unannehmbar bezeichnen mußte. Es verlautet, daß die Japaner nicht mehr absolut auf ihm bestehen wollen. Weiter bildet sich die Bereitschaft heider Parteien heraus, dem Rat die F o r m u- lierung eines Einvernehmens zu ermöglichen, so daß keine Entscheidung mehr gegen Japan notwendig sein werde. Auch die chinesischen Forderungen scheinen diesem Ziel näherzukommen. Das Arrangement dürfte wohl auf der Basis der A n e r- kennung der Verträge Zustandekommen, also des Verzichts Japans auf seine ursprünglich weitergcsteckten Pläne sowie ganz bestimmter Garantien Chinas ohne Reparation. Der Völkerbund wird die Durchführung durch Einzelbeoba-/'er der Mächte kontrollieren und garantieren. Für heute>st jede weitere Sitzung abgesagt. Briand wird mit Japan und China direkt weiter verhandeln. Man rechnet bereits mit einem günstigen Ende der Ratstagung Mitte der Woche.
Hitler gegen die Arbeiter. Sr nennt sie den„Mob der Städte". Zllüncheo, 19. Oktober. (Eigenbericht.) Das offene Einschwenken Hitlers in die Front der industriellen und großagrarischcn Reaktion gegen die Arbeiterschaft hat eine Vorgeschichte, die ihren Ausgangs- punkt von einer Reichskonfercnz der Nazigauleiter im April dieses Jahres in München nahm. Der vor wenigen Wochen aus der Hitlcr-Partei ausgetretene mehrjährige Hilfsreferent bei der Reichs- leitung, Freiherr von Reck, teilt darüber interessante Einzel- Helten mit. Aus dieser Reichskonfercnz erklärte Hitler am 27. April, daß man den Mob der Städte niemals, gewinnen könne und darum den Kampf aufs Land hinaustragen müsse. Diese Auf- sassung bildete dann tags daraus den Inhalt des Hauptreserats, dos der neue Leiter der agrarpolitischen Abteilung der Nazipartei, D ipi.o in v o lk s w i rt Dar re, vor den versammelten Gau- leitern hielt. Darre führte aus: Die Nationalsozialistische Parrei sei zwar als Arbeiter- parte! gegründet worden, doch sei die Erfassung der Arbeiterschaft vorbeigelungen. Das Lumpenprole- tariat sei überhaupt nicht für die Partei zu begeistern. Die gegen- wäctige Anhängerschaft bestehe vornehmlich aus wurzellosen Elementen, die man mit propagandistischen Methoden sehr leicht ge- Winnen könnte. Es sei aber die Gefahr gegeben, daß man diese
Groener über Erklärungen gegen den f Reichs wehr min ist er Dr. Groener, der das Reichs- Wehrministerium leitet, äußerte sich am Montag einem Pressevertreter gegenüber über die Aufgaben seiner beiden Aemter. Wir gehen wohl nicht fehl in der Annahme, daß diese Aeußerungen mit ihren scharfen Wendungen gegen Terrorakt« insbesondere im Hinblick auf die jüngsten blutigen Vorgänge in Braunschweig erfolgten. Reichsminister Groener erklärte: „Wir müssen im tonnnenden Winter alle Kräfte an- spannen, um den inneren Bestand des Reiches, die Autorität des Staates und die wirtschaftlichen Grundlagen unserer Existenz so zu festigen, daß das deutsch « Volk und mit ihm die Reichsregierung in der Lage ist, in klarer Erkenntnis der Größe der Entscheidungen Opfer für eine freie Zukunft zu bringen. Diesen Leitgedanken, dem der Herr Reichskanzler schon in seiner Reichstagsrede Ausdruck gegeben hat, müssen olle unsere Hand- lungen untergeordnet werden. Die Vereinigung wichtiger staallicher Machtmittel des Reiches in einer Hand ist heute mehr als zuvor eine Notwendigkeit, die wir zur Stärkung und Verdeutlichung der Autorität des Staates und zur Erfüllung der schweren Aufgaben des Winters brauchen. Als Reichswehrminister habe ich darauf gehalten, daß die Wehrmacht als sicherer Hort der staatlichen Ordnung unbeirrt von den Wandlung«« der Tagespolitik ihren Weg geht und schon allein durch ihre Existenz zum Ausdruck der inneren Sicherheit des Staates und der Verfassung wird. An dieser Aufgabe der Wehr- macht ändert sich nichts. Ich lehne es ab. von dieser Linie abzuweichen und etwa die Wehrmacht als Polizeitruppe des Reichsinnenministeriums verwenden zu wollen. Ihre vornehmste Aufgabe bleibt, den Staat gegen Angriffe von außen zu schützen und— trotz der unzulänglichen Mittel, die uns die Verträge gelassen haben— der lebendige Ausdruck des Wehrwillens des ganzen Volkes zu sein. Ebenso wie ich als Reichs- wehrminister jeden Versuch einer Politisierung der Wehrmacht bekämpft habe, werde ich als Reichsinnenminister dafür sorgen, daß die personelle Verbindung mit einem Ressort, das vornehmlich politische Aufgaben zu erfüllen hat, an der überparteilichen Linie der Reichswehr nichts verändert. Je stärker die politischen Spannungen im Jnn«ren werden, je weiter die Spaltung des Volkes in zwei Lager betrieben wird, desto wichtiger wird die Aufgabe der Staatsführung, alle ausbauwilligen Kräste zu positiver Mitarbeit heranzuziehen. Das gemeinsam« Ziel erfordert ab«r, daß der Willkür in der politischen Betätigung Schranken gezogen werden, wenn sie auf den ge- woltsamen Umsturz der Verfassung und auf die Ver- nichtung unseres Staatswesens und unserer Kultur im Bolschewis- mus gerichtet ist Unsere Ehre erfordert die Bekämpfung von Versuchen, durch Denunziationen und böswillige Diffamierung das Ansehen des Deutschen Reichs herabzusetzen, und Bekämpfung einer politischen Kampfesweise, die sich in gemeiner Hetze und Ver- unglimpfung der Einrichtungen des Staates und seiner führenden Persönlichkeit«» erschöpft.
Leute ebenso rasch wieder ogrlier«. Auf Asfchatt- menschen sei überhaupt kein Verlaß und deshalb müsse die Pro- pagonda der Partei aufs Land hinausgetragen werden. Dort s«i zwar schwerer Boden zu beackern, aber die Erfahrung lehre, daß Menschen um so zäher an etwas festhalten,' je hartnäckiger der ursprünglich dem Neuen geleistete Protest in Erscheinung getreten sei. Der bodenständige Mensch, der deutsche Bauer, müsse das Rück- grat der Partei werden. Die erste Folgerung aus dieser geheim betrieben«» program- matijchen Umkehr bildete die Herausgabe einer Nazi-Bauernzeitung. der nationalsozialistischen„Landpost", zu deren Geleit Hitler den geistreichen Satz schrieb:„Der Nationalsozialismus wird entweder den deutschen Bauern erobern oder er wird überhaupt nicht sein." Es bleibt also ab- zuwarten, ob die Hakenkreuzler ihre schwindelhaste Firmierung als Arbeiterpartei zum allen Eisen werf«n werden.
Gtröbel gegen die GAP. Die bessere Einsicht vor einem Jahre. Der der abgesplitterten Gruppe Rosenfeld-Seydewitz zu- gehörende Reichstagsabgeordnete S t r ö b e l veröffentlichte am 25. Oktober 1930 in der Zeitung der Deutschen Friedens- gesellschaft„D a s andere Deutschland ", Nr. 43, einen Artikel, der sich mit der Taktik der sozialdemo- kratischen Reichstagsfraktton beschäftigte. Ströbel rechtfertigte die Haltung der Fraktion und schrieb unter anderem folgendes: „... Was wäre geworden, wenn die Regierung Brüning zu Fall gebracht worden wäre?... Das Stürzen einer Re- gierung hat nur dann einen Sinn, wenn eine nach Ansicht der Opposition bessere Regierung ans Ruder kommt. Wenn nur Personen wechseln, aber das System doch zu 9S Proz. das all« bleibt, wird an den Regiorungshandlungen wenig gebessert, wohl aber werden nur die Parteien in Mißkredit gebracht, die nunmehr die Verantwortung für die Regierung über- nomnien haben...." „Dies»nal lagen die Dinge bei der Frage des Regierungssturzes noch viel einfacher und viel schlimm»er Fiel die Regierung Brüning, so kam nicht einmal eine„Große Koalition" mit Einschluß der Sozialdemokratie in Frage, da dafür ja keine Mehrheft zustandezu- bringen gewesen wäre. War die Regierung Brüning durch die An- nähme des Mißtrauensvotums unmöglich geworden, so gab es nur zwei Eventualitäten: entweder verschärfte Diktatur dieser Regierung oder eine Regierung der Rechten unter Führung der Straßer, Goebbels . Hügenberg und Oldenburg - I a n u s ch a u. Beide Wege hätten höchstwahrscheinlich zum Bürger- krieg und zum Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft geführt."... „Aber auch die Bildung einer Rechtsrcgicrung unter der Führung der Nazis und Hugenbergiancr wäre«ine Katastrophe. Kein Mensch weiß, welcher Torheiten und Provokationen eine solche Regierung auf außenpoliti- schem Gebiet fähig wäre... Wohl aber würden sie(die Nationalsozialisten) mft deren Zustimmung(Agrarier und Schwer- industri«) nach dem Wchrmimsterium und dem Ministerium des Innern greisen, um die Machtinittel der Reichswehr und der Polizei restlos in chren Besitz zu bringen. Der Endkampf zwischen Demo- trat« und Faschismus wäre dann unausweichbar."
seine Aufgabe.
Das Ansehen des Deutschen Reiches erfordert, daß Terrorakte gegen politische Gegner und hlutige Auseinandersetzungen von Volksgenossen untereinander unmöglich gemacht werden. Ich werde mich nicht scheuen, zur Erfüllung dieser Aufgabe im Not- falle drakonische Ausnahmebestimmungen vom Herrn Reichspräji- denken zu erbitten. In diesem Geiste werde ich die zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen erlassenen Verordnungen handhaben. Es wird meine Aufgabe sein, die gerechte Anwendung der Bestimmungen sicher- zustellen. Ick) hoffe dabei, daß die überwiegende Mehrheit der beut- schen Presse, der politischen Parteien und Verbände durch die Achtung dieser Grenzen im politischen Kampfe unter das sachlich« Ziel der Existenz und der Freiheit des Deutschen Reiches stellen und damit dem verfassungsmäßigen Recht der sreien Meinungs- äußerung seine Bedeutung wiedergeben. Dann wird es auch möglich sein, die Fülle der einengenden Bestimmungen abzubauen und die Grenzen politischer Betätigungsmöglichkeiten klarer zu gestalten. Ich erwarte davon eine größer« Rechtssicherheit aller beteiligten Kreise und nicht zuletzt eine Freimachung der polizeilichen Organe für ihre eigentliche Aufgabe. Es muh eine Ehrenpflicht der einzelnen politischen Gruppen werden, in Ihren Reihen selbst Disziplin zu hallen und Aus- schrcltungen zu verhindern. Dann kann sich die Polizei darauf beschränken, gegenüber Aus- schreitungen und Gewalttätigkeiten vorzugehen. Dafür werde ich allerdings mit meiner ganzen Kraft sorgen� daß, wenn die Staatsgewalt eingesetzt werden muß, sie auch in aller Härte durchgreift. Die Polizeibeamten in ihrem schweren, aufopferungsvollen Dienst gegen Widerstände und Terrorakte zu schützen, betrachte ich als die Pflicht des Staates, zu deren Erfüllung die schärfsten Handhaben geschaffen werden müssen. Je mehr wir einen fruchtlosen Kampf im Inneren vermeiden und verhindern, desto mehr können wir die Kräfte einsetzen zur Ueberwindung der Not durch positive Maßnahmen. Ei?« der wich- tigsten Aufgaben, die uns neben den wirtschastspolitischen Maßnahmen der Reichsregierung der Notwinter stellt, sehe ich in der Linderung der leiblichen und seelischen Not der jugendlichen Erwerbs- losen. Die organisatorischen Möglichkeiten und die Geldmittel für dies« Aufgabe sind zu gering, um von Staats wegen allein wirk- sam« Maßnahmen schaffen zu können. Allen Verbänden und Gruppen, die Jugendliche in ihren Reihen haben, erwächst die Auf- gäbe, in dieser Frage positive Mitarbeit zu leisten. Es wird die vornehmste Aufgabe des Reichsinnenministers fein, alle Bemühungen und Versuche, die gemacht werden, um die Jugend von der Straße wegzubringen, sie zu Zucht und Ordnung zu erziehen, sie körperlich zu ertüchtigen und in ihrer geistigen Haltung wehrhaft zu machen, so weit wie möglich zu unter- stützen. Die in meiner Hand vereinigten Machtmittel des Staates sind stark genug, um der Betätigung der ausbauwilligen Kräfte im Volke weiten Spielraum zu lassen. Die Jugend braucht Jedale. Sie soll die Freiheit haben, für sie zu loben, wenn sie nicht gegen den Staat gerichtet sind, sondern auf Deutschlands Zukunft."
„Wer diese Lage nur etwas grundlicher durchdenkt, wird es begreifen, daß die Sozialdemokratie trotz aller Bedenken gegen die Regierung Brüning in ihrer Politik sich nicht zum Sturz dieser Regierung entschließen konnte." Diese Argumentation gilt heute— nach Harzburg — in verstärktem Grade. Aber derselbe Ströbel, der �damals die Dinge so richtig darstellte, gehört heute zu der jSfialter- gruppe, die gemeinsam mit den Kommunisten das Spiel der Harzburger begünstigt hat!
Krach in der Wirischastspariei. Folgen der Abstimmung für Ärüning. Der Gesamtvorstand der Wirtschaftspartei ist für Mittwoch, den 21. Oktober, nach Berlin einberufen worden, um sich mit der Haltung der Reich stagssraktion der Partei bei der entscheidenden Abstimmung im Reichstag zu beschästigen. In der nächsten Woche soll dann der Reichsausschuß der Wirtschaftspartei, ebenfalls in Berlin , zusammentreten. Zu dem Schritt des sächsischen Staatsministers a. D. Dr. Weber, der sein Amt als einer der Partei- Vorsitzenden der Wirtschaftspartei als Protest gegen die Abstimmung für Brüning niedergelegt hat, wird versichert, daß die vicrköpsigc Parteileitung vor der Entscheidung im.Reichstag beschlossen habe, die Reichstagsfraktion zu ersuchen, unter ollen Umständen geschlossen abzustimmen.
Vereinbarung zwischen Kassen und Aerzten. Anpassung des Honorars an den Grundlohn. Die zwischen den Spitzenorganisationcn der Krankenkassen und der Aerzte soft Monaten schwebenden Verhandlun- gen, um die Ausgaben für ärztliche Behandlung in ein bestimmtes Verhältnis zur Wirtschaftskraft der Kassen zu bringen, haben zu einer Vereinbarung geführt. Diese Vereinbarung ist im Augen- blick noch nicht von den Verbänden angenommen. Mit ihrer An- nähme ist jedoch zu rechnen. Die Grundtendenz der Vereinbarung liegt darin, daß die ärzt- liche Organisation selbst in erster Linie dafür sorgen soll, daß nicht ein« Ueberbelastung der Kassen eintritt. Das Arzthonorar wird jetzt ganz allgemein pauschaliert und unter Anwendung eines Punktsystems durch die ärztliche Organisation berechnet und gezahlt. Der Durchschnittswert eines Punktes der ärztlichen Behandlung soll bei etwa 89 Pf. liegen. Je mehr Einzelleistungen, desto geringer der Punktwert. Auf diese Weise wird verhindert, daß nicht eine kün st liche Steigerung der Leistungen entsteht. Be- züglich des kafsenärztlichen Honorars wird von einer Stichzahl aus dem letzten Jahr ausgegangen. Der gewährte Rabott wird gleitend in seiner Höhe dem jeweiligen Grundlohn angc- paßt. Der Arzt wird für Verschwendung bei Arznei- und Heilmittelauslagen, die einen bestimmten Normalsotz übersteigen, unter Umständen haftbar gemacht, d. h. die Kosten für die Ueber- schreftung selbst tragen müssen. Die Beschränkungen für die Zulassung der Jung- ärzte zur Kassenpraxis werden gemildert. Es ist vereinbart. daß die zur Zeit noch wartenden 3699 Jungörzte im Laufe von drei Jahren, also in drei Etappen zugelassen werden. In Berlin warten etwa 699. Es werden hier also Jahr für Jahr binnen drei Jahren 299 Jungärzte zur Aossenpraxis zugelassen.