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Aufsl'chtsraissiimng.

,Im Vertrauen, Herr Bankdirektor, wir sind längst pleites. Himmelswillen, Herr Generaldirektor, sagen Sie kein Wort den Auffichtsräten drinnen. Die genehmigen gerade die Bilanz".

Llm die Llniverfltäten. Eine Erwiderung. Aus Hoch sch ulkreisen wird uns geschrieben: Mit einigem Erstaunen konnte man vor einigen Tagen in derGermania " einenMahnruf an die Zentrums» _4.ckademiker" lesen, der es sich zur Aufgabe machte, die an Den preußischen Hochschulen durchgeführten Sparmaßnahmen in grober und sachlich unbegründeter Form alsBrotkorb- Politik" des sozialistischen K u l t u s m i n t st e r s zu denunzieren. Es wird behauptet, die Sozialdemokratie hätte eingesehen, daß die deutschen Universitäten nicht einfach von links erobert werden könnten. Man versuche deshalb jetzt die Notverordnung zu einer sozialistischen Strasexpedition gegen die Universitäten zu mißbrauchen, was bei dem Fehlen der Landtagskontrolle zu dem Erfolg geführt hätte, daß mit der Beseitigung der Emeritierung der Professoren ein Grund- pfeiler des deutschen Hochschulwesens gefallen fei. Bekanntlich sind die preußischen Notverordnungen in langer Zusammenarbeit der verschiedenen Ressorts mrd in ausführlichen Verhandlungen des Kabinetts beraten und zum Abschluß gebracht worden. Es sollte uns wundern, wenn das Zentrum nicht durch feine Vertreter in der Regierung und Bürokratie an diesen Verhandlungen recht maßgeblich beteiligt gewesen wäre. Sowohl der Staatssekretär im Kul- tusministerium wie der Leiter der Hochschulabteilung im Finanzministerium gehören ja dem Zentrum an. Darüber schweigt sich jedoch der sonst so redselige Professor derGer- mania" vollkommen aus. Die Aufgabe des Kultusministers gegenüber den Hoch- schulen liegt wesentlich darin, die Hochschulen nicht in ihrem Eigenleben einseitig und unfruchtbar werden zu lasten. Seine Funktion ist es, den Mittler zwischen dem öffentlichen Leben des Volkes und dem wissenschaftlichen Leben der Hochschulen darzustellen. Er hat dafür Sorge zu tragen, daß die Hoch- schulen durch die Gewinnung geeigneter Lehrkräfte, durch die Bereitstellung der Lehrmittel und durch den Zustrom ge- eignete? Studenten ihre zentrale Auswirkungsmöglichkeit auf das geistige Leben behallen; er hat zugleich Sorge zu tragen, daß die moralische Verantwortung, die den Hochschulen durch das Recht weitgehender Selbstver- waltung wie auch durch die Beiträge aller Steuerzahler zu- gewachsen ist, von ihnen mit heiligem Eifer wahrgenommen wird, und sie nicht zu Anwälten bequemer Interessen oder geistesfeindlicher Gesinnungen herabsinken. Der Kultus- minister kann auch bei den getroffenen Sparmaßnahmen mit gutem Gewissen für sich in Anspruch nehmen, nur von diesen übergeordneten Gesichtspunkten seines Amtes ausgegangen zu sein. In einer Zeit, wo alle Beamten und Lehrer in ihren Gehällern und Pensionen gekürzt werden mußten, durfte die Gehaltskürzung nicht an den Türen der Hochschullehrer hallmachen. lieber den Weg, den man bei der Kürzung eingeschlagen bat, ließe sich wenn auch nicht im Tone derGermania " ernsthaft streiten. Die Einkünfte der Professoren bestehen neben dem Gehall in den Einnahmen aus Kolleg- g e l d e r n. Wenn der Minister die volle Gleichstellung der Profestoren mit den übrigen Beamten angestrebt hätte, so hätte er nur die Kolleggelder zugunsten des Staates ein- zuziehen brauchen; er hat jedoch nur die Professoren relativ zu gleichen Mäßen an den Kürzungen betelligen wollen, und es ist ihm deshalb bester erschienen, nur eine wellere Sonder- stellung der Profesforen zu beseitigen, die darin besteht, daß die beamteten Hochschullehrer mll vollem Gehall�e m e r i- » i e r t", stall wie die Beamten mit gekürzten Bezügen p e n- s i o n i e r t werden. Die Praxis derEmerillerung" ist all. und sie hat eine gewisse Rechtfertigung darin, daß mll dem Ausscheiden des Professors aus seiner amtlichen Stellung an sich schon eine erhebliche Minderung seiner Einnahmen durch den Wegfall aller oder doch des Großtells der Kolleg- nelder eintritt. Uns würde es deshalb richtiger erscheinen, wenn man die notwendige Kürzung der Professoren- einnahmen durch wellgehende Beschlagnahm« der Kolleg- qelder durchgeführt hätte. Sie sind in den letzten Jahren ohnehin erheblich gestiegen, da dem immensen Wachstum der Studentenzahlen keine durchgreifende Vergrößerung des Lehrkörpers unserer Hochschulen entspricht. Wenn der Minister trotzdem nur mit Porsicht an den Kolleggeldabbau herangegangen ist und die Abschaffung der Em�ritierung bevorzugt hat, so läßt sich zugunsten dieses Weges die Lage der nichtbeamteten vorwiegend jüngeren Lehrkräfte der Hochschulen einwenden. Denn für diese, zumeist auf sehr knappe, ja unzureichende Besoldungen angewiesenen Lehrer bedeutet die Einnahme durch Kolleggelder häufig die einzige Möglichkeit des Durchhaltens und vor allem auch das einzige Bollwert, um ihre Selbständigkell gegenüber übelwollenden Einflüssen der Fakultäten zu behaupten. Wer die Sorgen des akademischen Nachwuchses kennt, weiß, daß diestarke Majorität von Privatdozenten ", die an den Universitäten der kleineren Zahl von ordentlichen Pro- fessoren gegenübersteht, keineswegsaus der Hoffnung auf eine freie und auskömmlich dotierte Stellung" seine Existenz bestreiten kann, wie der Leitartikel derGermania " an- -unehmen scheint. Ganz entsprechend scheint allerdings das Zentrum überhaupt seine Hochschulpolitik einzurichten. Denn der Abbau der Hochschulgehälter begann eine ganze Zeit vor d-n preußischen Notoerordnungen, und zwar in sehr radl- kaler Weise in Baden, wo das Zentrum die Kultus- Verwaltung allein in den Händen hat. Preußen hat inzwischen den seit Jahren eingeleiteten Ausbau der rechtlichen Stellung der jüngeren und nichtbeamtetcn Lehrer der Hochschulen konsequent fortgesetzt und auch durch die Notverordnungen nicht prinzipiell angerührt, wofür dem preußischen Minister lebhafter Dank gebührt. Wir möchten jedoch meinen, daß auf diesem Felde noch viel geschehen könnte Man sollte die Emeritierung aufrechterhalten, um auch den Anreiz zum Ausscheiden denjenigen Lehrern der Hochschulen zu erhalten, die sich den Änforderungen ihrer Stellung nicht mehr gewachsen fühlen. Statt dessen sollte man jedoch die Kolleggelder konsequent dazu verwenden, um den nötigen Sparbeitrag von den Hochschulen zu gewinnen und die Lage des wistenschaftlichen Nachwuchses sicher- zustellen.. Noch ein Wort schließlich über die Stellung der Sozial- demokratischen Partei zu den deutschen Hockschulen. Der deutsche Sozialismus braucht nicht gegen Anwürfe der Wissenschaftsfeindlichkeit verteidigt zu werden. Er hat, wie allbekannt, die Freiheit der wissenschaftlichen F o r sch u n g und die Bedeutung der wissenschaftlichen Lehre selbst über die Zeiten hinaus unbeirrbar verteidigt, in denen das Bürgertum wissenschaftlichen Gedanken keinerlei Wir» kung auf die Lebensgestaltung zubilligte. Die Partei hat jell

ihrer Regierungsübernahme ihren Anhängern trotz der Not die hohen Ausgaben für die Wissenschaftspflege stets zu- gemutet und begreiflich zu machen verstanden. Sie ist dabei von der Ueberzeugung ausgegangen, daß die Hochschulen m ihrer heutigen Erscheinung zwar alles andere als erfreulich sind, daß jedoch der ideelle Kern des deutschen Hochschulwesens sehr wohl wieder zur Geltung gebracht werden könnte, wenn die staatliche Verwaltung ihre Auf- sichtsrechte gegenüber den Hochschulen mit Nachdruck dazu verwendet, um den Mißbrauch der Wissenschaft zu partei- lichen oder partikularen Standesinteressen in der Wurzel ausrotten. Wir erwarten, daß der preußische Kultusminister sich diesem Werke mit dem höchsten Eifer und unbeirrt durch den Standesdünkel der Profestoren, wie er sick in derGer­ mania " Ausdruck verschafft, widmet. Er wird dabei der Mll- Hilfe der unabhängig gesonnenen Hochschullehrer sicher sein. wie überhaupt des Beifalls aller derjenigen, denen das deutsche Hochschulwesen als ein möglicher echter Ausdruck des wissenschaftlichen Strebens des gesamten Volkes wert ist.

Staat und Student. Tagung des Weimarer Kreises deuffcher Hochschullehrer» Weimar , 27. Oktober. (Eigenbericht.) Am 26. und 27. Oktober»tagte unter dem Borsitz des Lsip- ziger Historikers Professor Dr. Goetz in Weimar der sogenannte Weimarer Kreis der deutschen Hochschullehrer. Es ist dies eine lose Vereinigung verfassungstreuer Universitäts - Professoren aus allen Fakultäten und politischen Lagern. Sie reicht von der Volkspariei, die durch ihren Nestor Geheimrat Professor Kahl vertreten war, bis zur Sozialdemokratie, von der die Pro- fessoren Radbruch, Schaxel, Peters, Hermberg und Piper und viele andere erschienen waren. Der 84jährige Staatsrechtler Professor Kahl sprach die Vegrühungsworte. Er betonte, die Pflichten der deutschen Hochschulchrerschast seien, Vorbild und Lehren zu geben, und daß auch der Staat in den Pflichtenkreis einzubeziehen sei Nach ihm ergriff Dr. P i p e r- Münster das Wort und legte die Ursachen der politischen Radikalisierung auf den Universitäten dar, die er hauptsächlich in dem Autoritätsglauben urib in der Neigung zum Irrationalismus sah. Ihm folgte Professor e ß l e r- Leip­zig. der in glänzender Formulierung zeigte, wie wenig es sich mit dem Geiste akademischer Freiheit vertrage, wenn die Studenten jetzt von der Aussprache zum Sprechchor übergegangen seien. Hier könne nur die feste Hand helfen. Die Vorträge des folgenden Tages beschäftigten sich mit der staatsbürgerlichen Bil- d ung der Studenten. Diese Notwendigkeit betonte Professor Hertz- Köln. Aus dieser neuen Aufgabe der Hochschulen müsse sich eine Front gegen Radikalismus und gegen den Kultus der Gewalt ergeben. Jetzt werde noch ein krankhafter nationalisti - scher Geltungstrieb hochgezüchtet. Leider hätten zum Teil einige Gelehrte selber schuld an diesem Mißstand. Es sei zu erwögen, ob man nicht in Aussprachen mit Professoren ausländischer Hoch- schulen politische Vorurteile über Deutschland beseitigen könne. Auch Prälat Schreiber, M. d. R., sprach sich entschieden für eine positive politische Bildungsarbeit auf den Hochschulen aus. Folgende Resolution wurde angenommen: Die im Weimarer Kreis vereinigten Hochschullehrer sind am 26. und 27. Oktober in eingehender Beratung der beunruhigenden Geisteslage weiter Kreise der Studentenschaft nachgegangen. Sie sind sich bewußt, daß durch die unlösliche Verknüpfung des Einzel- sihüksals mit der Not des Landes sich der akademische� Ju- gend eine tiefe Hoffnungslosigkeit und Radi- kaiisrerung bemächtigt hat. Sic stehen dieser Jugend in ihrem Existenzkampf und im Ringen um die Zukunft von Volk und Staat zur Seite. Zur akademischen Freiheit rechnen sie auch die Freiheit der politischen Willensbildung. Aber ohne S e l b st z u ch t und akademische 5)aitung sind Freiheit und Wieder- aufbau nicht zu erwerben. Die Hochschullehrer des Weimarer Kreises sind deshalb entschlossen, mit Nachdruck alle neuen Versuche, p o- l i t isch e U n s itt en d e r Straße in die Hochschulen zu tragen, in ihrem Teile entgegenzutreten. Schwächliche Zurückhaltung und unangebrachte Nachsicht bei solchen Ausschreitungen ge- fährden die großen Ueberlieferungen der deutschen Hochschulen. Wir geben die Zuversicht nicht auf, daß im Kampf um Erhaltung und Zukunft unserer Hochschulen heute Professoren und Studenten mit- einander einig sind. Der Ehre des akademischen Menschen entspricht es, auch in ernsten politischen Auseinandersetzungen das Vorbild des ehrlichen Kampfes zu geben."

verbot des..caudvoikiaiupj". Der Oberpräsident der Provinz Schleswig-Holstein hat das Erscheinen der in Itzehoe heraus- gegebenen Wochenschrift �Der Landoolkkampf" auf die Dauer von acht Wochen verböte».

Der Warschauer Prozeß. Die Angeklagten klagen an. Warschau , 27. Oktober. (Eigenbericht.) Nach Dr. Lieb ermann kam im Brest -Prozcß der sozialistisch« Parteivorsitzende, frühere Arbeitsminister und stellvertretende Leiter der polnischen Friedensabordnung in Riga nach dem Krieg mit Sowjetrußland Abg. Professor Barlizki zu Wort: Nicht Umsturz, sondern legale Ausschaltung Pilsudskis aus der Re- gierung war das Ziel des Linksblocks. Daß die Führer der Opposition keine bewassnetcn Helfer hatten, beweist das traurige Schicksal des Baucrnabg. D o m b s k i, der van Offizieren in seiner Wohnung überfallen wurde und an den Folgen gestorben ist. Zluch ich, sagte Barlizki, habe damals einen Revower nur zum Schutz bei mir tragen müssen, da Banden mir auflauerten. Liebermanns Beleuch­tung der Rolle des Staatspräsidenten Moscicki ergänzt Barlizki durch folgende Mitteilung über eine Audienz, die er gemein» sam mit einem anderen sozialistischen Führer hatte. Der Staalxpräsidcnl antworieie auf die Frage, wann er den Sejm einberufen werde, darüber hat der Kriegsminister(JJil- fudski) noch keine Entscheidung getroffen!.. Grausige Einzelheiten über Brest-Litowsk berichtet dann der jüngste Angeklagte, der Arbeiterjugeiidsührer Abg. Dubais . Als der Vorsitzende ihn unterbricht und feine Angaben für unbe» wiesen erklärt, ruft der frühere Innenminister und jetzige An- geklagte Dr. Kjernik:Aber mein« Wunden hat ja der Arzt begutachtet!" Dubais schildert u. a., wie der Gefängnis- ckommandant Bjernazki während der Voruntersuchung sogar den Untersuchungsrichter Dermant und den Staatsanwalt Michaitowski, der seither Justizminister geworden ist, vollkommen ausgeschaltet lzat. Das Gericht wird durch diese Aussagen sichtlich nervös. Der Vorsitzende erklärt, daß er weitere üllkkeilungen über Brest- Litowsk nicht mehr zulassen werde: er entzog dem nächsten Angeklagten Abg. M a st e k(Soz), als er zu erzählen beginnt, wie er nach der Verhaftung mißhandelt wurde, prompt das Wort. Die Polizeibehörden haben heule nachmittag alle Zeiluageo, die allzu genaue Presseberichte brachten, konfisziert. Auch aus- ländische Blätter, die sich offen über den Prozeß äußern,»erden jetzt auf höhere Anweisung beschlagnahmt. Wahlboykoii in Güdslawien. Aufruf der Opposition. Nach dreijährigem Absolutismus ist in Jugoslawien wieder Paralmentswahl ausgeschrieben. Die gesamt« Opposition hält sich dieser Wahl fern. Ueber die Gründe der Nichtbeteiligung schreiben uns die Präsidenten der Demokratischen Bauerntoaiition(Kroatische Bauernpartei und Selbständige Demokratische Partei) Dr. Wladimir Matschet und Exminister Svctozar Pribitschewitsch u. o.: Der Absolutismus ist am 6. Januar 1929 dekretiert worden. gleich nach der Ermordung kroatischer Führer, mit Stjepan Raditsch an der Spitze in offener Belgrader Pariamenlsjitzung. Am 3. Sep­tember dieses Jahres ist eine neue Verfassung oktroyiert worden. die jedoch alle Dekrete der Diktatur in Kraft läßt, auf Grund deren allen politischen Parteion alle politischen Rechte und jede politische und menschliche Freiheit oernichtet worden ist. Auch die Wahl wird unter diesen Ausnahmebestimmungen durch- geführt. Daraus kann nicht ein Parlament hervorgehen, zu- mal seine Alitglicder nicht die Immunität für ihre im Parka- mcnt getanen Aeußerungen haben sollen, und nur jene in die Skupschtiua kommen können, denen die Polizei es erlaubt bzw. jene, welche die Polizei in die Kammer entsendet. Die Wahlordnung vom 19. September dieses Jahres ist bestimmt, den VaUswillen zu knechten. Die Gefängnisse sind voll von Meu- scheu, die nichts anderes getan haben, als die notwendigen linier- schriften für den Kandidaten ihres Vertrauens zu sammeln. Nur S t a a t s i i st e n sind zugelassen, jeder Listenträger mutz in jedem Verwaltungsbezirk des ganzen Staates 269 Unterschriften aus- bringen, dadurch ist allen Oppositionsparteien, erst recht auch alleu Miuderheits- Völkern di» Erlangung von Mandaten unmöglich gemacht. Die Regierung ober hat durch ihre Behörden diese Ünterschnsten jür ihre Kandidaten natürlich aufgebracht. Darauf kann die Antwort nur sein: Niemand geht wählen. Am 8. November müssen all« Wahllotale leer sei».