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Morgenausgabe

Rr. 511

A 257

48.Jahrgang

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Der Borwärts" erscheint wochentäg lich zweimal, Sonutags und Montags cinmal, die Abendausgabe für Berlin  und im Handel mit dem Titel ,, Der Abend", Juustrierte Gonntagsbeilage Bolt und Zeit".

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Sonnabend

31. Oftober 1931

Groß- Berlin 10 Pf.

Auswärts 15 Pf.

Die einfpalt. Nonpareillezeile 80 Pt. Reflamezeile 5,- RM. Kleine An­zeigen das fettgedruckte Wort 25 Pf. ( zuläffig zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 12 Pf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Bort 15 Pf. jedes weitere Wort 10 Pf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmarkt Zeile 60 Pf. Familien. anzeigen Zeile 40 Pf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Verlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

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Fernspr.: Dönhoff( A 7) 292-297. Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin  .

Schultheiß- DD Bant.

Enthüllungen über den Wirtschaftsskandal am laufenden Band.

Herr von Stauß hat bekanntlich den Reiniger im Schultheiß| in der eine Bantschuld von 3,75 Millionen lag, haben die drei Ge­Standal zu spielen versucht. Bielleicht hat die scheinbar unbefledte fellschafter noch einmal Schultheiß- Attien in der gleichen Höhe ein­Beste der Deutschen Bank und Disconto- Gesellschaft den anderen in den Standal verstridten Banten nicht gefallen. Jedenfalls gibt es jetzt neue Enthüllungen wie am laufenden Band auch mit deutlicher Spise gegen die DD- Bant und Herrn von Stauß. Die Luft wird immer dider um die Schultheiß- Berantwortlichen. In erster Linie geht es um

mettere unrichtigkeiten in dem bekannten Börsenprospekt, mit denen Berstöße gegen das Börsengesetz verknüpft sind.

Die Deutsche   Bant und Disconto- Gesellschaft soll der Nord. deutschen   Hefeindustrie A.-G.( wichtige Ostwertebeteiíi­gung) einen Zehn millionenkredit gewährt haben, der Ende 1930 verlängert werden mußte. Bei der Verlängerung- vor der Prospettveröffentlichung- wurde eine reguläre Ausfallbürg schaft des Schultheiß- Konzerns festgelegt, von der Herr von Stauß gemußt haben muß. Trotzdem wurde sie im Prospekt nicht erwähnt. Nach Veröffentlichung des Prospettes aber erfolgte prompt die schriftliche Bestätigung der übernommenen Ausfallbürg­schaft durch Schultheiß. Die DD- Bank hat aber den Prospekt eben­falls unterschrieben. Also vielleicht eine Prospektschiebung und ein neuer Berstoß gegen das Börsengeſetz.

Der Börsenprospeit war noch in einem anderen Falle unrichtig. Er macht Angaben über ein Effettentonfortium G. m. b. H., in der 6 Millionen Schultheiß- Attien für Kaßenellen­bogen, Walter Sobernheim   und die Schultheiß- Gesellschaft selbst ver­maftet murden. Für Kazenellenbogen schien der Gegenwert von

gebracht. Wieder schien nach dem Prospekt der Kaufpreis( 200 Pro3. des Nominals) gestundet. Bald zeigte sich aber, daß Kazenellen­bogens Gesellschaft ihre Anteilsforderung von 6 Millionen Mart zum Ausgleich eigener Bank verpflichtungen benutzt hatte, und zwar bei der DD- Bank und der Schweizerischen Eidgenössischen Bank. Bilanz des Geschäfts: Die Effettentonsortium G. m. b. 5. hatte fast 10 Millionen Bankschulden, die durch die 12 Millionen Schultheiß- Aktien( nach dem heutigen Kurs) nicht mehr gedeckt sind, Herr Kahenellenbogen und die Banken hatten zwar ihr Geld,

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der Prospekt war aber auch in diesem Punkte unrichtig. Den vierten Fall, der eine unrichtige Buchung und eine Verletzung der Prospektvorschriften zugleich ist, enthüllte gestern der ultramare Aehnlichkeit der interessanteste. Erst kurz nach ..Deutsche Volkswirt", und dieser Fall ist wegen der Nordwolle: der Fusion mit den Ostwerken soll entdeckt worden sein, daß es in Holland   eine Gesellschaft namens Nutria" gibt. In dieser ,, Nutria" waren aus Gründen, deren Aufhellung sehr bedeutsam sein fann, 6,2 millionen Schultheiß- Aktien untergebracht ( darf man sagen: verschoben?- warum Holland  ?), die mit nicht weniger als 350 Prozent bewertet waren und für die Diese Forderung erschien nun eine offenbar unzulässige Buchungs­die, Nutria" in der Fusionsbilanz mit 21 Millionen belastet war. art- als Bantguthaben.

3m Prospett, in dem die Bilanz veröffentlicht war, wurde da­durch eine entsprechend höhere Liquidität vorgetäuscht.

3,75 Millionen Mart gestundet zu sein. So nach dem Prospett. Die neue Schultheiß- Bilanz forrigiert die Falschbuchung jetzt selbst,

Tatsächlich soll aber bereits zur Zeit der Prospettveröffentlichung Kahenellenbogen schon ausgezahlt gewesen sein, und statt der Sfundung für Kahenellenbogen bestand eine Bankschuld an die den Prospekt veröffentlichenden Baufen.

Auch davon mußten die Banken vor der Prospettveröffentlichung gemußt haben. Also neuer Verstoß gegen das Börsengeseh, neuer Konflikt zwischen dem, was die Banticrs mußten, und dem, was sie

als Aufsichtsrat zu tun hatten.

Dritter Fail: In dieselbe Effektentonsortium G. m. b. 5.,

Der Wirtschaftsbeirat.

Generalaussprache beendet- Es werden Ausschüsse eingeseht

Die Generalaussprache des Wirtschaftsbeirates wurde gestern nachmittag unter Borsiz des Reichspräsidenten zu Ende geführt.

momit die Unzulässigkeit eingestanden ist. Auf die holländische Nutria aber muß die Schultheiß A.-G. 13 Millionen Mark abschreiben!

Hält man diese neue Standalliste mit der alten zusammen, jo Hält man diese neue Skandalliste mit der alten zusammen, so follte man glauben, die Staatsanwaltschaft wüßte sich vor Arbeit nicht zu helfen. Wir hören aber, daß dem gar nicht so sein soll. Sollte das Preußische Justizministerium, das hier zuständig ist, sich nicht einmal selbst, und zwar sehr gründlich bemühen müssen? Nicht

einmal die Bücher sowie die Privat- und Konsortial- Akten der Be­teiligten sollen bisher mit Beschlag belegt sein!

Pilsudskiften gegen die Internationale.

Polizeispitzel als Retter des Landes.

Warschau  , 30. Oktober.  ( Eigenbericht.) Im Brest  - Prozeß erklärte der angeklagte Bauernführer Dr. Butet, er habe bei seiner Verhaftung die Liste der zur Inter nierung bestimmten Barlamentarier gesehen, die Bilsudsti selbst angefertigt hätte. Sein( Buteks) Name und derjenige des sozialisti

Es wurde ein erster Ausschuß eingesetzt, der sich sofort mit den Stillhalte problemen befassen soll und unter Bor­fitz des Reichskanzlers Dr. Brüning Sonnabend früh seine Beschen Abg. Dr. Bragier sei von dem damaligen Innenminister ratungen auf Grund der Borschläge der Reichsregierung beginnen wird. Diesem Ausschuß wurden die Mitglieder des Wirtschafts­beirates Dr. Pferdmenges, Dr. Schmitt, Dr. Schmiz und Dr. Silverberg angehören, zu denen noch ein weiterer Sachver­ständiger treten wird.

Die übrigen, dem Wirtschaftsbeirat zur Begutachtung vorzu­legenden Punkte werden in zwei weiteren Ausschüssen behandelt, die die Reichsregierung im Laufe der nächsten Woche einberufen wird.

General Skladom ffi hinzugefügt worden, offensichtlich als Revanche dafür, daß sie beide furz vorher im Parlament eine herabsetzung des Dispositionsfonds dieses Ministers und die Einfegung eines Untersuchungsausschusses gegen die Wahl­mißbräuche der Verwaltung durchgefeht hatten. Die ersten Belastungszeugen waren zwei hohe Beamte des Innenministeriums. Der eine, Bizeminister Stamirowiti, war selbst früher Mitglied der Sozialistischen Partei. Er griff die So­zialistische Internationale mit besonderer Gehäffigkeit an, weil sie eine Grenzrevision zum Schaden Polens   betreibe und die pol­

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Preise und Löhne.

Wie fann man die Wirtschaftsfrise überwinden?

An den Verhandlungen des Wirtschaftsbeirates inter­essieren die breite Deffentlichkeit vor allem die Lohn- und Preisfragen. Es hat sich da vielfach eine Auffassung herausgebildet, die zweifellos a bwegig ist. Man sagt sich, wenn Preise und Löhne im gleichen Verhältnis ab gebaut werden, dann bleibt der Reallohn unberührt: die Unternehmer geben ihre Ware billiger her, dafür ver­kaufen die Arbeiter ihre Arbeitskraft billiger. Man komme so zu einem niedrigeren Lohn- und Preisstand.

Diese Rechnung würde stimmen, wenn man die Preise im gleichen Ausmaß wie die Löhne abbauen könnte. Hier liegt aber der Hase im Pfeffer. Die Regierung kann das Lohnniveau beeinflussen. Eine gleiche Beeinflussung des Preisstandes ist aber nicht möglich. Einmal gibt es in Deutschland   trotz aller Kartelle und Trusts noch eine freie Preisbildung. Hier ist der Preis das Ergebnis von Angebot und Nachfrage; im Grunde genommen hängt hier der Preis von der Kauftraft der Bevölkerung ab. Die Bil­tragen haben, daß der Teuerungsinder in Deutschland   im Ber­dung der freien Preise, die wohl in erster Linie dazu beige­lauf des letzten Jahres stärker zurückgegangen ist, entzieht sich eben der Beeinflussung, auch der Beeinflussung der Re­gierung.

Es bleiben die sogenannten gebundenen Preise. Sie sind das Ergebnis von Zöllen, Kartellen, Trusts usw. In den meisten Fällen nutzen die Kartelle usw. erst die über­bittieren. Hier kann die Regierung einschreiten. Sie kann höhten Zölle aus, um den Käufern Monopolpreise zu und muß gegen die Kartelle vorgehen. Sie kann die Zölle aufheben bzw. radikal ermäßigen. Das wird ohne Zweifel dazu führen, daß die entsprechenden Preise gedrückt werden. durch Preiskürzungen aufwiegen zu wollen, Wenn man aber davon spricht, Lohnkürzungen dann muß man sich darüber klar werden, wie weit die Lebenshaltungskosten durch Zollermäßigungen bzw. Aufhebungen und durch eine Aktion gegen die Monopol­preise beeinflußt werden kann. In Deutschland   beruht z. B. die Ueberhöhung der Agrarpreise u. a. auf einem überhöhten 3oll. Eine Ermäßigung der Zölle wird natürlich einen Druck auf die Getreidepreise ausüben. Das muß das Mehl und auch das Brot verbilligen. Selbst eine weitgehende Berbilligung wird aber die Lebenshaltungskosten insgesamt nicht be­sonders start nach unten drücken. So wünschenswert auch die Verbilligungen sind, im Rahmen der Lebenshaltungs­foften werden sie nicht gerade überwältigend wirken.

Dabei ist noch etwas anderes zu beachten. Monopol­preise finden wir vor allem auf dem Gebiet der Rohstoffe, bei Rohle, Eisen, 3ement usw. Das sind alles Dinge, die unmittelbar mit der Lebenshaltung nichts zu tun haben. Immerhin sind wir aber der Ueberzeugung, daß sich ein Druck auf die Monopolpreise fonjuntturpolitisch äußerst günstig auswirken muß. Aber Eisen und Zement fann man nicht essen. Unmittelbar werden durch einen Druck auf diese Monopolpreise die Lebenshaltungskosten nicht betroffen.

Wir schließen daraus: Nach Lage der Dinge fann eine Lohntürzung durch Preissentung nicht aus­geglichen werden! Der Reallohn würde bei einem solchen Experiment immer wieder zu furz fommen. Die Auf­fassung, man fönne Löhne und Preise drücken, ohne den Reallohn anzutasten, ist grundverkehrt. Die Gleichung Löhne Preise hat arge Löcher. Wir hoffen und fordern, daß der Wirtschaftsbeirat die Initiative der Reichsregierung auf­

Nach Abschluß der Ausschußarbeiten ist eine Schlußaus otti Fonds( für die Opfer faschistischen Terrors) in diefem nimmt und Positives zur Preissenkung fun wird. sprache unter Vorsitz des Herrn Reichspräsidenten   in Aussicht Sinne beeinflusse! Der Zeuge mußte sich von der Verteidigung

genommen.

23,5 Milliarden Auslandsverschuldung Die private Verschuldung Deutschlands  .

Mir

warnen aber vor dem Wahn, daß man eine Lohnsenkung nachweisen lassen, daß er die Broschüre von Vandervelde   über durch Preisverbilligungen ausgleichen kann. Nach Laae der Brest- Litowsk  , die er als Beweis anführte, überhaupt nicht ge Dinge ist aber der Reallohn, die binnenländische Kaufkraft. lesen hatte und daß die Informationen, die die Berliner   das größte Aktivum der deutschen   Wirtschaft. polnische Gesandtschaft über den Vortrag des angeklagten Im verflossenen Jahr hat sich der Einzelhandels­Abg. Dr. Ciollosz gegeben hatte, im schärfsten Widerspruch mit den umsat in Deutschland   um einige Milliarden verringert. Berichten der Berliner   Presse aller Richtungen über diesen öffent- Er liegt auf dem Tiefstand von 1925. Das sind die lichen Vortrag stehen. Auch der zweite Vertreter des Innen­Zu den verschiedenen in der Presse erschienenen Schäßungen ministeriums hatte nichts Ernsthaftes vorzubringen und mußte fich volgen eines unüberlegten Lohnabbaues, einer hemmungs­über die deutsche Auslandsserschuldung wird von maßgebender Kaufkraft. Man sollte sich deshalb Seite mitgeteilt: Auf Grund der Anmeldung, welche mit Notver- peinliche Fragen über die Polizeiagenten gefallen losen Drosselung der Kauffraft. Man sollte sich deshalb ordnung vom 27. Juli 1931 angeordnet wurde, ergibt sich nach dein lassen. Auf seine Aussage wird ein wesentlicher Teil der Anflage hüten, diese Fehler zu wiederholen. Sie können die Krise in ie fönn Stande vom 28. Juli 1931 eine deutsche   Auslandsverschuldung von gestützt. Im weiteren Berlauf des Prozesses werden die Polizei- Deutſchland nur verschärfen.. 12 Milliarden furzfristigen Schulden( weniger als 12 Monate). I agenten als Belastungszeugen aufmarschieren. 11,5 milliarden an langfristigen Schulden( länger als 12 Mo­nate). Diese Ziffern find Bruffo ziffern. Die deutschen   Anlagen im Auslande ebenso wie die im Wiggin- Bericht ermähnten Anlagen des Auslandes in Deutfdiland( Affien und andere Werte fowie brudung durdy tren gebliebene Truppen follen zwei Dffiziere getötet jedenfalls der einzige, der gejenft werden tönne. Sie über Grundstücke) find bisher statistich noch nicht erfaßt worden. Seit worden sein. Die Unruhen sollen jedoch fortdauern und Juli dürfte etwa 1 milliarde zurückgezahlt jein. große Rämpfe bevorstehen.

Brasilianische Truppenrevolte. In Pernambuco   ist in dem dort ffationierten 21. brasilianischen Jägerbataillon in der Nacht zum

Die Unternehmer behaupten immer, eine Ankurbelung der Wirtschaft tönne nur von der Senkung der Ge= stehungskosten kommen, und sie stellen es so hin, als feien die Löhne der Hauptteil der Gestehungskosten, fchen dabei erstens den doppelten Charakter bes Lohnes als Gestehungstosten und auftraft;