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BERLIN Sonnabend

31. Oktober

1931

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags. Zugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Expedition: Berlin SW68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Dönhoff( A 7) 292-297

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Nr. 512

B 256 48. Jahrgang

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Fricks Programm

Die nationalsozialistische Bartholomäusnacht- Morddrohung gegen Zehntausende von Funktionären der Arbeiterschaft

Frankfurt ( Oder ), 31. Oftober.( Eigenbericht.) Hier sprach der nationalsozialistische Reichstagsabgeord­nete Frid in einer öffentlichen Rundgebung. Die Ver­sammlung war sehr stark von uniformierten SA.- Leuten besucht. Die Polizei schritt gegen die llebertretung des Uniformverbots nicht ein.

In dieser Kundgebung sagte Frid:

Nach dem ,, vorbildlichen italienischen Muster" werden die Nationalsozialisten 24 Stunden nach ihrer Macht­ergreifung den Margismus mit Stumpf und Stiel aus rotten", was nicht durch Polizei oder auf gesetzlichem Wege, sondern durch den Volkszorn" geschehe, wobei., natürlich einige Zehntausende von margistischen Funktionären zu Schaden tommen werden".

Die Arbeiterschaft erblickt in dieser Rede eine einzige große Mordheze gegen die Funktionäre der Arbeiter schaft, und sie fragt empört, wo der Schutz des Staates da­gegen bleibe.

Anfang in Braunschweig .

Die Sozialistische Arbeiter- Jugend, Ortsverein Wolfenbüttel, hat an den Reichsminister des Innern die folgende Beschwerde über das Berbot eines Werbeaufmarsches gerichtet:

Die Sozialistischen Arbeiter- Jugend, Ortsgruppe Wolfenbüttel , beabsichtigte am Sonnabend, dem 24. Oftober, einen Werbe. aufmarsch durch die Straßen der Stadt Wolfenbüttel zu ver. anstalten. Bei der Anmeldung des Aufmarsches bei der hiesigen Polizeibehörde äußerte Polizeifommissar Möhle die An­ficht, daß der Veranstaltung nichts im Wege stände, daß aber der endgültige Bescheid über die Genehmigung des Werbeaufmarsches sowie der ihr folgenden Jugendfundgebung in 24 Stunden folgen würde.

Nach Ablauf dieser Frist gab Herr Polizeifommissar Möhle unserem Beauftragten den endgültigen Bescheid, daß die in Leistes Festsälen geplante Jugendkundgebung mit dem dazugehörigen Pla­taten und Flugblättern gestattet sei, die Genehmigung des Werbeaufmarsches dagegen nicht erteilt werden könne. Auf die Anfrage, aus welchen Gründen das Verbot des Werbeaufmarsches ausgesprochen werde, erflärte Kommissar Möhle, daß er auf diese Frage nicht antworten könne, daß die Be­antwortung dieser Frage von einer höheren Stelle als die er auf Nachfrage den Synditus der Stadt Wolfen büttel, Herrn Dr. Pini, bezeichnete gegeben werde. Der Beauftragte der Sozialistischen Arbeiter- Jugend begab sich darauf zu Herrn Dr. Pini, um von diesem die Verbots: gründe, die gegen die Veranstaltung des Werbeaufmarsches

Sprachen, zu erfahren.

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Herr Dr. Pini erklärte, daß eine Verfügung des Herrn Minister Klagges erschienen sei, wonach jämt­liche Veranstaltungen unter freiem Himmel, sowie alle Umzüge, die vom Reichsbanner oder anderen margistischen Organisationen veranstaltet werden sollen, zu verbieten seien. Auf die Anfrage, aus welchen Gründen dieses Verbot erlassen sei, ant­wortete Herr Dr. Pini: Herr Minister Klagges ist der Ansicht, daß alle marristischen Organisationen unterdrückt werden müssen."

3m irauten Heim

Der Marschall Pilsudski beschäftigt sich

Sparprogramm der BVG.

daheim am liebsten mit Patiencen Legen. Heute Entscheidung im Verkehrsausschuß.- Einschränkung ab 1. Dezember.

, Papa, hast Du Dir auch was gewünscht, wenn die Patience aufgeht?"

Ja, mein Töchterchen: lebenslänglich Brest - Litowit für alle Angeklagten."

Der Verkehrsausschuß der BVG. ist heute vormittag zufammengetreten, um über die geplanten Einschränkungen des Berkehrs endgültig Beschluß zu fassen. Dem Ausschuß liegt neben dem von uns starf kritisierten Direktionsvorschlag ein Gegen­vorschlag des Städtischen Verkehrsamts vor. In zwei Lesungen hat der Ausschuß aus beiden Plänen ein neues Sparprogramm entwickelt, daß nunmehr dem Aufsichtsrat zur endgültigen Beschlußfassung zugestellt wird. Der Aufsichtsrat tritt am Sonn­abend nächster Woche zusammen. Mit der Einschränkung des Ber-. fehrs muß die Berliner Oeffentlichkeit ab 1. Dezember rechnen. Wie uns versichert wird, sind mit der Durchführung des Einschrän­fungsprogramms unter teinen Umständen Entlassun­gen von Arbeitern und Angestellten verbunden. Die freiwerdenden Arbeitskräfte sollen vielmehr durch die bereits beschlossene Durch­führung der 44- Stunden- Woche voll und ganz kompensiert werden. Jm Berkehrsausschuß ist man der Meinung, daß man, ohne eine Drosselung des Verkehrs vorzunehmen, in einzelnen Fällen doch an die Stelle eines besonders bei der Straßenbahn zum Teil veralteten Fahrplansystems die Möglichkeit einer beweglicheren Linienführung sehen müsse. Der Omnibusverkehr im Ausschuß der Ansicht, daß der von uns als Schildbürgerei ge­wird faum wesentliche Einschränkungen erfahren Einmütig ist man fennzeichnete Borschlag, den Verkehr bei der Hoch- und Unter­grundbahn nachts eine Stunde früher einzustellen, in­diskutabel ist.

Die Reinigung bei Schultheiß

Brauereien gesund- Die Schuld der Spekulanten und Großbanken

Dr. Schifferer, der vom Aufsichtsrat des Schultheiß- Pahenhofer-| dem Rüden der gefunden Brauereibetriebe Inter­Konzerns mit allen Vollmachten in den Vorstand der Gesellschaft delegiert worden ist, gab heute den Vertretern der Preise einen Ueberblick über die im Gange befindliche Reinigungsaktion.

Die dringendste Aufgabe war zunächst, im Hinblick auf die hohen Depositen bei Schultheiß flüssige Mittel zu beschaffen. Zu diesem Zwed haben die beteiligten Banken 10 Millionen Mark zur Verfügung gestellt. Sodann hat der Aufsichtsrat eine Prüfungs­fommiffion eingesetzt, die sich aus ei Personen zusammensetzt. Es find dies der ehemalige Staatssekretär im Reichsfinanzminifterium Prof. Dr. Popik als Vorsitzender, ferner Geheimrat Lippert, ehe­maliger Börsenfommissar und Justizrat Meidinger. Ob die Wahl der letzigenannten Persönlichkeit für die Prüfungskommission ein guter Griff ift, muß bei den engen persönlichen Berbindungen, die Justizrat Meidinger als Syndikus zu den beteiligten Großbanken unterhält, start bezweifelt werden.

Die Aufgabe dieser Revisionskommission, die am Montag die Arbeit aufnimmt, ist im wesentlichen folgende:

1. Aufklärung der Konfortialgeschäfte.

2. Prüfung der Beziehungen zwischen Schultheiß und den Tochtergesellschaften.

3. Prüfung der einzelnen Tochter- und Untergesellschaften. 4. Inwieweit ist der Inhalt des letzten Börsenprospektes zu beanstanden? 5. Inwieweit ist die Bilanz zu beanstanden?

Die bereinigte Bilanz der Schultheiß- Patzenhofer A.-G. soll in 14 Tagen fertiggestellt sein, worauf dann die Generalversammlung einberufen wird. Im übrigen klärt sich die Situation bei Schultheiß­Pazenhofer auch nach den Ausführungen des Delegierten Dr. Schifferer immer mehr dahin, daß ein technisch vorbildlicher und im Bern völlig gefunder Betrieb, wie die Schultheiß­Pahenhofer- Brauerei durch betriebsfremde Spetulanten und machttämpfe der Großbanken in den Strudel hin­

Der Werbeaufmarsch der SAI., Wolfenbüttel , wurde mit dieser Begründung verboten und ist auch nicht durchgeführt worden. Herr Reichsminister! In Wolfenbüttel konnten die National­fozialisten anschließend an eine Versammlung am 23. September d. 3. einen Fadelzug durchführen, der um 23 Uhr noch nicht beendet war, ohne daß die Polizei eingriff. Anläßlich des Reichstreffens der NSDAP . am 18. Oftober in Braunschweig sind in Wolfenbüttel Formationen der verschiedenen Artenuiforcingeriffen worden ist. miert und nicht uniformiert in größerer Zahl und in Dr. Schifferer erklärte zu diesem wichtigsten Punkte des ganzen Oftwerte- Schultheiß- Pazenhofer- Standals nachdrüdlich, daß auf Forthegung auf der 2. Seite.)

effentämpfe von anderer Seite ausgefochten werden, die nicht das geringste mit dem Werte selbst zu tun hat. Mit dieser Feststellung ist die verhängnisvolle Rolle, die die Großbanten bei diesem Konzernskandal gespielt haben und auch jetzt noch spielen.

Plünderer in Pfandleihe.

Drei junge Burschen mit Maste Ladentaffe ausgeräubert. Große Aufregung unter den Straßenpassanten verursachte heute

vormittag ein Raubüberfall in Neukölln. Wieder waren junge Leute, diesmal drei, daran beteiligt.

Im ersten Stock des Hauses Hermannstraße 106/107 be­treibt der Pfandleiher R. Kümpfel sein Geschäft. Am Sonn­abendvormittag gegen 10% Uhr erschien bei ihm ein junger Bursche, der sich Mäntel und Anzüge ansehen wollte. Während der Geschäftsmann noch mit dem vermeintlichen Kunden sprach, wurde die Tür abermals geöffnet und zwei weitere Bur­schen traten ein. Der eine war mastiert, beide hatten Schuß­waffen. Als die Burschen drohend näher famen, flüchtete der Geschäftsmann in das Hinterzimmer, schloß die Tür ab und rief zum Fenster hinaus um Hilfe. Die Räuber, die jeden Augenblick fürchten mußten, daß Leute eindringen würden, plünderten schnell die Ladenkasse und stürmten zum Hause hinaus. Die Hilferufe des Geschäftsmannes hatten bereits die Bassanten alar­miert. Einer der Täter konnte gefaßt und zum Polizeirevier ge­bracht werden, die beiden anderen sind entkommen. Die Personalien des eftgenommen stehen noch nicht fest, man weiß auch noch nicht, wieviel die Räuber erbeutet haben.

Quirnheim ist infolge Erreichung der Altersgrenze mit Ablauf des Der Präsident des Reichsarchivs Dr. h. c . Ritter Mertz von 31. Oftober 1931 in den dauernden Ruhestand getreten. Zu seinem Nachfolger ist der bisherige Direktor im Reichsarchio Dr. h. c . Hans von Haeften ernannt worden.