Die Wahlen von Mecklenburg . Die Katastrophe der bürgerlichen Parteien. Die Wahlen in Mecklenburg bedeuten das Sterbe- glöckchen für die bürgerlichenParteien. Setzt man die bei den Amtsvertreterwahlen abgegebenen Stimmen in Vergleich zu den bei der Reichstaaswayl vom 14. Sep- "tember 1530 abgegebenen Stimmen, so ergibt sich das fol- gende Bild: Amtsoertreterwahl NeichstagZ- Zu- bezf. com 7. November tcubl Abnahme SPD ........ 71 100 83 600—12 500 KPD ........ 21 400 18 900+ 2 oOO Nal-Soz........ 90 900 57 900+ 33 000 Bürgerl. Parteien... 39 800 86 700— 46 900 Lei der Reichstagswahl wurden sozialdemokratische und kommunistische Stimmen abgegeben 102500. bei der Amts- vertreterwahl 92 500. Dagegen bei der Reichstagswahl bür- gerliche und nationalsozialistische Stimmen zusammen 144 600, bei der Amtsvertreterwahl aber nur 130 700. Es war also nichts mit dem Einbruch in die ..marxistische Front"! Berücksichtigt man. daß bei der jetzigen Wahl die Wahlbeteiligung geringer war. so ergibt sich, daß sich am Kräfteverhältnis zwischen der„marxistischen " und der bürgerlichen Front nichts Wesentliches geändert hat. Die sensationelle Verschiebung, die diese Wahl gebracht hat, ist eine Angelegenheit des Bürgertums. Die bürgerlichen Parteien haben rund 47000 Stimmen verloren, das sind fast 6 0 P r o z.! Von diesen 47 000 Stimmen haben die National- soziclisten für sich rund 33 000 eingesangen. Angesichts dieser Verschiebung bemüht sich die deutsch - nationale Presse, den Sachverhalt zu verdunkeln. Der Hugen- bergsche„T a g" schreibt: „Die verschiedenen bürgerlichen Einheitslisten, die sich auch schon bei den Wahlen in Anhalt besonders für die Deutsch - nationalen als nicht günstig erwiesen hatten, lassen die Auswirkungen auf die einzelnen Parteien nicht erkennen. Die Deutsch nationalen werden wiederum durch die Verbindung mit sterbenden Parteien auch an dem Verlust der ge- samten bürgerlichen Front beteiligt sein, wenn auch nur in geringem Maße, da gerade in Mecklenburg ch u g e n» bergs folgerichtige Politik Verständnis und begeisterte Gefolgschast gesunden hat." Welch ein Trost für die Deutschnationalen, daß sie die eigene Katastrophe in der Gesamtkatastrophe der bürgerlichen Parteien verbergen können! Das klingt ganz anders als der Siegesjubel über nationalsozialistische Erfolge, den man sonst in der Hugenberg-Presse anstimmte! Der nationalsozialistische Bundesgenosse wird ihnen unheimlich! Was aber Hugenbergs 'olgerichtige Politik anbelangt, so hat sie bei den deutschnatio- nalen Wählern in Mecklenburg wirklich begeisterte Gefolg- schaft gefunden: sie sind in Scharen von Hugenberg weg und zu Hitler hingelaufen! Die Sozialdemokratische Partei hat 2500 Stimmen an die Kommunisten verloren. Diese Tatsache begeistert die „Deutsche Zeitung". Sie schreibt: „Besonders erfreulich im Hinblick auf die bevor- stehenden Entscheidungen in Preußen und im Reich ist, daß der unaushaltsame Abstieg der Sozialdemokratie auch bei den Mecklen- burger Wahlen zutage getreten ist. Die Sozialdemokraten haben in einigen Aemtern bis zu 40 Proz. ihrer Stimmen zum Teil an die Kommunisten und. wie es nach den vorläufigen Ergeb- ntsjen scheint, insbesondere in den Landbezirken auch an die Rationalsozialisten abgegeben." Mit der sozialdemokratischen Stimmabgabe an die Na- t-onalsozialisten war es nichts, wie das Gesamtergebnis zeigt. Daß die Stärkung der Kommunisten auf Kosten der Sozialdemokratie aber von der reaktionären„Deutschen Zeitung" als besonders erfreulich bezeichnet wird— dies Wort sollen sie lassen stahn! Es sollte der Arbeiterschaft zu denken geben! Vergleich mit den Amisvertreierwahlen. Schwerin , 2. Zlovember.(Eigenbericht.) lieber den Aussoll der Sonntag- Wahlen zu den Amts- Versammlungen(Landkreislagen) gewinnt man ein den tatsächlichen Verhöllnlsien mehr gerecht werdende, Bild, wenn man die Ergebnisse der letzten Amlsvcrlrcter wählen vom Zahre 1928 zum vergleich mit denen der am Sonntag heranzieht. Aach de» biehcrigen Erfahrungen sind bei den Amtsvertreterwahlen für die Sozialdemokraten immer 20 bis 25 Prozent weniger Stimmen ab- gegeben worden als bei rein politischen Wahlen. Gegenüber den letzten Amtsvertrelerwahlen beim Vergleich berücksichtigt, so ergibt sich etwa folgendes: Zn fünf Aemlern haben die Sozialdemokraten Verluste bis zu 5 Prozent erlitten. 3m Amte Malchin ist der größte Verlust mit etwa 30 Prozent vorhanden und im Amte Wismar mit etwa 15 Prozent. Dagegen find sozialistische Stimmen- gewinne in den Aemlern Schwerin mit» Prozent. Lud- wigslvst mit 15 Prozent. Hagenow mit 15 Prozent und w a r e a mit 5 Prozent festzustellen.
Treu zur Republik! Massenkundgebung in Alteuburg. Altenburg . 2. November.(Eigenbericht.) Am Sonntag fand eine imposante Kundgebung der Sozial- dcmokratie in Allenburg in Thüringen für Republik und Sozialis- mus statt. Ganz Altenburg prangte in den Farben der Republik und der Sozialdemokratie. 6500 uniformierte Reichs- bannerkameraden marschierten in einem zweistündigen Marsch durch die Arbeiterviertel. Die Straßen Altenburgs waren mit Girlanden überspannt, die den Reichsbannerkameraden ein herz- liches Willkommen boten. Die Altenburger Bevölkerung, begrüßte die Reichsbannerlamcraden begeistert. Ueberall erhielten sie als Zeichen der Liebe und der Sympathie Blumenspenden. Nach dem Marsch fand«ine gewaltige Kundgebung auf dem Markt- platz statt, an der 25 000 Menschen teilnahmen. Für den ver- hinderten Genossen Otto Wels sprach für den Parteivorstand Karl Litke und für den Bundesoorstalch des Reichsbonners Schwarz- Rot-Gold der Genosse Pape-Magdeburg. Die Kundgebung mar ein imposantes Treuebekemünis zur Sozialdemokratie. Die Mafien stimmten begeistert in den Ruf aus die Republik und die Soziawenivtratie ein.
Ein Kampf um Rom.
Hugenberg:„Max, bleibe Sei mir, geh nicht von mir, Max!"
Paris , 2. November. (Eigenbericht.) Ministerpräsident Laval ist am Montagnachmittag um zwei Uhr nach Paris zurückgekehrt. Sämtliche in Paris anwesen- den Minister, zahlreiche hohe Beamte, der polnische Botschafter und der amerikanische Geschäftsträger erwarteten ihn auf dem Bahnhof. Um vier Uhr nachmittags erstattet« Laval dem Präsidenten der Republik über die Aussprache mit Hoooer Bericht. Einer Meldung der Radio-Agentur zufolge, die einige Stunden vor der Ankunft Lavals in Le Havre von Bord der„Ile de France " nach Paris übermfttelt wurde, soll Laval die Absicht haben, die Reichsregierung um eine bündige Erklärung über ihre Pläne hinsichtlich des Zoung-Plans und des Zahlungsmora- toriums ersuchen zu lasten Man erwartet, so heißt es in der Meldung weiter, daß Deufichland darauf bei seinen Gläubigern einen Antrag auf nochmalige Prüfung seiner Zahlungsfähigkeit stellt. In diesem Falle würde Laval für Ansang Dezember eine Glänblgerkonferenz nach Biarritz einberufen, die, wie man hofft, vor Beginn der Abrüstungskon- ferenz und vor der Fälligkeit der Deutschland gewährten Kredite zu einem abschließenden Ergebnis gelangt. Bei der Landung in Lc Havre gab Laval für den Rundfunk
folgende Erklärung ab:„Ich entbiete dem französischen Volke meinen Gruß. Ich bin s e h r zufrieden mit der Reise, die ich soeben beendet habe, und ich spreche den Wunsch aus, daß sie gute Er» gebnisse für den Weltfrieden zeitigen möge." Was Hoesch Laval vorschlagen wird. Der deutsche Votschastcr in Paris , von fioesch. dürfte dem fran zösischen Zllinislerpräsidenlen während der für Dienstag in Ans- ficht genommenen Unterredung u. a. vorschlagen, daß Deutschland bereit ist, 7 Milliarden kurzfristige Kredite inner- halb 10 llahren in Jahresraten von je 700 MlMonen Mark zurückzuzahlen. Insgesamt werde« die schwebenden kurz- fristigea Kredite ans rund 1114 Milliarden Mark geschötzl. davon laufen W: Milliarden entweder als Rembours-Kredite oder in einer weise, daß sie sich den Sklllhalkeverhandlungen aus Volkswirtschaft. lichen Gründen entziehen müssen. Für die restlichen 7 Mil- liarden Mark aber muß ein Abkommen getroffen werden, das mil unserer Handelsbilanz und mit der Aufnahmefähigkeit der fremden Länder für deutsche Waren in Einklang gebracht werden kann.
Hitlers Koalitionsschmerzen. Oingeldey will den Anschluß nicht verpassen. Die Gespräche über eine Koalition zwischen dem Zentrum und den Nationalsozialisten eilen zweifellos den Ereignissen weit voraus. Es ist bekannt, daß der Reichskanzler Brüning an eine Zusammenarbeit mit Hitler in ob» sehbarer Zeit nicht denkt. Brüning hat es bei den Berhand- hingen mit dem Ausland ohnehin schon schwer genug, und man darf ohne weiteres glauben, daß ihn ein Grauen packt bei dem Gedanken, mit nationalsozialistischer Belastung über Stillhalteabkommen und Reparationsstundung verhandeln zu müssen. Auf der anderen Seite haben auch die Nationalsozialisten keine Neigung, vorzeitig ihr Spiel vor den Wählern auf» zudecken. So hat denn Herr Alfred R o s e n b e r g für seinen „Völkischen Beobachter" einen Artikel geschrieben, in dem er die Forderung, die Hakenkreuzler sollten sich in eine Front mit dem Zentrum eingliedern, als eine„unverfrorene Anmaßung" bezeichnet. Herr Rosenberg versichert, daß seine Partei auf„irgendeine Leimrute" nicht gehen weroe. Bei diesem Stande der Dinge wirkt es einigermaßen humoristisch, daß der Führer Dingeldey von der Bolks- partei in einer Rede, gehalten zu Gießen , seinen Anspruch auf Beteiligung an einer Brüning.Hiller-Koalition schon angemeldet hat. Hierfür war offenbar der Wunsch ent-
scheidend, sich noch schnell mit einigen Portefeuilles ein- zudecken, bevor das letzte Mandat verlorengegangen ist. Leon Blum warnt. Putschabsichten in Mitteleuropa . Der französische Sozialistensührer Leon Blum weist im Pariser „Populairc" aus die Putschrüstungen in Mfttelkuropa hin. Von Ungarn sagt Blum, daß dort eine Diktatur des jetzigen Wehr- Volksstück im Deutschen Theater. Horvath:„Geschichten aus dem Wiener Wald ". Der Liebes» und Leidensweg der kleinen eigensinnigen Marianne, die beinahe im Dreck verkommt, weil sie ihr Herz an einen Halunken hangt, gezeigt in lsbenswarmen wienerischen Stimmungsbildern, die das Publikum begeistert aufnimmt. Nur die gegen den S<htuß zugespitzt« Rührsekigkeft enttäuscht. Neben vereinzelte« Pfiffen rauschender Beifall. vsr.
Ministers Gömbös errichtet werden soll, um die Wiedereinsetzung Habsburgs vorzubereiten. Prompt hat darauf die Regierung in Budapest dementiert. Weiter hat Blum erfahren, daß die H e i m w« h r. diesmal in ganz Dcutschöstcrreich, am 8./9. November putschen soll. Tatsache ist, daß dieser Tage Heimwehr und Hakenkreuzler'in Graz eine geweinsame Versammlung abgehalten haben, was jedenfalls«ine starke Annäherung der beiden Faschistenlager beweist. Leon Blum warnt vor einem nationalistisch-legitimistifchcn Mitteleuropa und vor einer„Einheitsfront Hitler-Mussolini- Mustapha Kemal". Unterhaus vollständig. 554 zu 61. London , 2. November. Mit den heule bekanntgewordenen Wahlergebnissen liegen nun- mehr die u ollst ändi gen Zahlen über die englischen Wahlrn vor. von den 615 Parlamentssitzen, die zu vergebe« waren, ent- sielen 554 auf die Anhänger der Nationalregieruug. 50 aus deren arbeiterparleilichen Gegner und tl auf unabhängige Liberale und Unabhänaloe. Kommunisten oder Mitglieder der„Reuen Partei" Mosicys wurden nicht gewählt. Lapan verhandelt nicht. Troß dem Völkerbund! Tokio , 2. November. (Reuter.) Tie japanische Regierung erklärt, daß es ihr unmög. lich fei, den chinesischen Vorschlag unmittelbarer Ber- Handlung«» auf Grund der Entschließung des Völker- bundsrats vom 24. Oktober anzunehmen. Vor der Ratstagung hat Japan geradezu als„Rechts- arund" und Ziel seines Raubzuges erklärt, China zu direkten Verhandlungen bereitzumachen. Kaum empfiehlt der Rat solche Verhandlungen, lehnt Japan sie ab. Will der Völker- bund nicht zum Gespött werden, so kann er eine Regierung. die so das Recht hinter die Gewalt zurückstellt, nicht in seiner Gemeinschaft dulden. Die Besiedowsty-Meldungen über eine bevorstehende Zahlungseinstellung Rußlands werden von den zuständigen deutschen Stellen als grundlos dementiert. Ein« Sowjetgoldsendung von 21 Millionen Mark ist zum Ausgleich der passiven Sowjethandelsbilanz bei der Reichsbant eingetroffen.