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Morgenausgabe squilotiqologi

Nr. 517

A 260

48.Jahrgang D

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Der Vorwärts" erscheint modhentäg lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Juustrierte Sonntagsbeilage Bolt und Zeit".

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Mittwoch 4. November 1931

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einfpalt. Nonpareillezeile 80 Bt. Metlamezeile 5,- RM. Kleine An­zeigen" das fettgedruckte Wort 25 Bi. ( zulässig zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 12 Pf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Pi jedes weitere Wort 10 Pf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pf. Familien. anzeigen Zeile 40 Bf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen­täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Front gegen den Mordkurs! Benesch und Mitteleuropa .

15 überfüllte Maffenversammlungen!- Kampf dem faschistischen Terror! Zu fünfzehn großen öffentlichen Kundgebungen am| mittel des Staates fetzen und sie gegen die Arbeiterschaft miß gleichen Abend und in den verschiedensten Stadtteilen hatte die Berliner Sozialdemokratie aufgerufen.

Es galt, den Beweis zu liefern, daß die sozialistische Arbeiterklasse der Reichshauptstadt troz Krise und Not auf dem Posten ist, um dem Ansturm der nationalsozialistischen Reaktion und ihrer Bundesgenoffen vom Volfsentscheid zu begegnen. Es galt ganz besonders, den werktätigen Massen im ganzen Reiche zu zeigen, daß die Berliner Parteigenossen die Borgänge in Braunschweig mit größter Aufmerk samkeit verfolgen: sie sind mit den Opfern jener braunen Best solidarisch, die im Reich des Herrn Klagges wüten darf, weil das Bürgertum es sich mit Herrn Hitler nicht ver­derben mill. Führer der Berliner Sozialdemokratie und leitende Genossen aus Braunschweig sprachen zu den Massen. Es gab feine von den fünfzehn Versammlungen, die nicht überfüllt war und polizeilich abgesperrt werden mußte. Nirgends ereigneten sich nennenswerte Zwischenfälle. Das Reichsbanner war überall in stattlicher Zahl auf marschiert und sorgte durch seine bloße Anwesenheit für un gestörten Berlauf.

Besonders stürmischen Beifall ernteten die Genossen aus Braunschweig , die in allen Bersammlungen erschienen und Zeugnis ablegten für das blutige Treiben der faschistischen Horden. Aus ihren packenden Schilderungen gewannen die Zuhörer ein Bild von dem, was die Arbeiterschaft in ganz Deutschland zu erwarten hat, wenn mit fommunistischer Hilfe die Hitler , Frick und Konsorten sich in den Besitz der Macht

brauchen. Der Eindrud dieser Schilderungen war so nach haltig, daß selbst die kommunistischen Zuhörer, die sich in allen Versammlungen mehr oder minder zahlreich eingefunden hatten, Störungen oder selbst Zwischenrufe taum wagten. Durch ihren glänzenden Verlauf haben die fünfzehn überfüllten Rundgebungen ihren doppelten Zwed erfüllt: einmal das Selbstbewußtsein der eigenen Parteigenoffen und der mit ihnen sympathisierenden Massen zu stärken, denen die Gegner von rechts und links tagtäglich einreden wollen, daß ihre Partei an Boden verliere; zweitens aber auch den Bundesgenossen vom Hakenkreuz und vom Sowjetstern zu demonstrieren, daß die deutsche Sozialdemokratie sich in ihrer Aufgabe als Bollwert der Republik und des Sozialismus durch fein Geschrei, durch feine Berleum dungen und durch keine Gewalttaten beirren läßt.

Keine Donaufonföderation

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feine Einbeziehung

von Diffaturen!

Von Rudolf Illovy- Prag .

ihrem von schweren Erschütterungen bisher bewahrten Wirt­Die Tschechoslowakei mit ihrer festen Währung und schaftsleben verfolgt mit besonderer Aufmerksamkeit alle Bor­gänge in ihrer Umgebung. Außenminister Benesch hat in seinem letzten Exposé bemerkt, daß auch die tschechoslowakische Republik bei andauernden wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten der Nachbarstaaten nicht lange Widerstand leisten könnte und sie daher ein Interesse daran habe, daß es sowohl Oesterreich als auch Ungarn gut gehe. Aus diesem Grunde seien ein Plan und ein Programm notwendig.

Wie dieser Plan beschaffen sein soll, darüber hat Benesch nichts Konkretes verraten. Jedoch sein Hinweis auf die Kleine Entente , daß sie die Grundlage einer guten Zu­sammenarbeit in Mitteleuropa werden könnte, deutet an, daß sich Benesch die künftige Neuordnung in Mitteleuropa in einer Anlehnung der Nachbarstaaten an die Kleine Entente vorstellt. Ebenso wie heute ein jeder der drei Kleine- Entente- Staaten: Tschechoslowakei , Jugo­ slawien , Rumänien , politisch und wirtschaftlich selbstän= dig und unabhängig ist, wäre es auch bei einer Erweiterung der Kleinen Entente um neue Mitglieder der Fall. Diese Konstellation könnte aber zum Ausgangspunkt gegenseitiger handelspolitischer Vereinbarungen werden, die allmählich vielleicht auch zur An gleichung der Zölle führen fönnten. Ob irgendwelche 3ollunion zwischen diesen Staaten möglich wäre, würde die Weiterentwicklung zeigen. Gegenwärtig ist eine jede Zollannäherung sogar Ueber einzelne Versammlungen berichten wir an anderer Stelle innerhalb der Kleine- Entente- Staaten noch ferne Zukunfts­des Blattes. mufit.

Sie hat fünfzehn Maffenversammlungen gleichzeitig ab gehalten; fie fönnte ebensogut dreißig und noch mehr Kund­gebungen am gleichen Tage veranstalten und sie wären alle gleichsam überfüllt. Wenn die faschistische Reaktion es wagen sollte, ihre Braunschweiger Bürgerkriegsprovokationen in Berlin zu wiederholen, dann wird sich ihr eine Front von Hunderttausenden Männern und Frauen ent­gegenstellen, an der ihr Ansturm zerschellen wird. Das ist die politische Lehre des gestrigen Abends!

Faschistischer Banfenfrach.

Die größte italienische Bank muß saniert werden.

In den letzten Monaten war die faschistische Zensur für Nach| Commerciale eine neue Seifung erhalten habe. Der Hinweis auf richten über das italienische Finanz- und Bankwesen besonders un­durchläffig. Jeht fommt, bemerkenswerterweise aus Rom , dem Regierungsfih, nicht aus Mailand , die Nachricht, daß die größte

Bank Italiens , die Banca Commerciale 3taliana in Mailand , um­

gestellt werden mußte. Die Mitwirkung der italienischen Regierung gestellt werden mußte. Die Mitwirkung der italienischen Regierung und der italienischen Nationalbank ist offenbar.

Die Banca Commerciale Italiana hat ihren gesamten Befit an Industrieaktien verkauft. Erwerber ist ein neugegründetes Bantinftitut, des von denselben großen Industriekonzernen beherrscht wird, deren Aktienpakete die Banca Commerciale verkaufen mußte. Es wird in dem sehr forgfältig formulierten Verwaltungsbericht ausdrücklich darauf hingewiesen, daß durch die neue Transatlion fich für die furzfristigen Berpflichtungen der Banca Commerciale eine sehr hohe Liquidität ergebe.

die durch den Aktienverkauf en gros erhöhte Liquidität rechtfertigt die Vermutung, daß eine Sanierung notwendig war und jetzt im fillen versucht ist.

Die Banca Commerciale Italiana ist nicht nur die größte italienische Bank, sondern auch die wichtigste Repräsentantin der faschistischen Wirtschaftspolitit. Die größten, von der faschistischen Regierung ftart geförderten Konzerne der chemischen und Metall­industrie( Montecattini), der Kunstseidenindustrie( Sore de Chatillon). der Elektrizitätsindustrie und der Schiffahrt wurden von der Banca Commerciale aufgebaut und beherrscht. Sie hatte Ende 1930 nicht weniger als 8,28 milliarden Lire( 5 Lire gleich etwa 1 Mark) Ein­lagen und fremde Kredite. Ihr Bestand an Aktienpaketen dürfte in diefem Jahre 600 Millionen Cire überschriften haben. Der Verkauf dieser Aktienpakete ist jetzt erfolgt.

Die Meldungen aus Rom bezeichnen die Transaktion als ein

Vor einigen Monaten fam die kurze Nachricht, daß die Banca | wichtiges Ereignis im Wirtschaftsleben Italiens ".

Laval unterrichtet Hoesch.

Zweistündige Informationsaussprache.

Paris , 3. November. ( Eigenbericht.) Ministerpräsident Laval berichtete heute vormittag dem Ministerrat über seinen Besuch bei der Regierung der USA . Am Nachmittag erschienen Außenminister Briand und Botschafter v. Hoesch bei Laval.

Die Unterredung dauerte genau zwei Stunden. In ihrem Verlauf wurden Finanzminister Flandin und der Direktor im Finanzministerium Bizot hinzugezogen. Laval gab nach einer deutschen Mitteilung dem Botschafter eine Erläuterung zu dem Gang und den Ergebnissen der Washingtoner Besprechungen, moran sich eine eingehende Aussprache schloß. Briand verließ um 7 1hr zusammen mit dem Botschafter das Arbeitszimmer und ließ sich mit ihm vor dem Eingang des Ministeriums photographieren, während Lapal noch furze Zeit mit Flandin tonferierte.

Im Anschluß daran diftierte der Ministerpräsident der Breffe

ein turzes Kommuniqué, in dem es heißt, daß er den Botschafter über seine Unterredungen mit dem Präsidenten Hoover bezüglich der Ersetzung des gegenwärtigen Moratoriums durch das normale Regime des Young- Planes" unterrichtet habe.

Die Unterredung hat sich also auf die Mitteilung von Einzel­heiten über die Washingtoner Unterhaltungen an den deutschen Botschafter beschränkt. Irgendwelche Vorschläge der Reichsregierung wurden von dem Botschafter nicht überbracht. Das wird erst nach der Beratung der Mitteilungen Lavals durch die Reichsregierung geschehen. Der Finanzminister wurde zugezogen, um einige tech­nische Erläuterungen zu den Bestimmungen des Young- Blanes über ein 3ahlungsmoratorium zu geben.

Ja, die wirtschaftlichen Gegensäge der Tschechoslowakei und Jugoslawiens haben sich durch Schuld der tschechischen Agrarier in der letzten Zeit derart verschärft, daß Jugoslawien mit der Erschwerung des tschechoslowakischen Textilerports als Gegenmaßregel auf die tschechoslowakische Einschränkung der Getreideeinfuhr drohte.

Obwohl die tschechische Deffentlichkeit sich nicht verhehlt, daß die Schaffung eines größeren Wirtschaftsgebietes be­lebend auf die Industrie wirken würde, ist sie trotzdem grund­säglich gegen alle Pläne, die den Keim einer Gefahr für die staatliche Selbständigkeit in sich tragen. Deshalb hat auch Benesch betont, daß die Regierung die Erneuerung irgend­welcher alter, überlebter Formen für unmöglich hält und nur solche akzeptieren würde, welche die Interessen des tschechoslowakischen Staates und der tschechoslowakischen Nation respektieren. Mit diesen Worten hat Benesch die be­sonders in Wien von Reaktionären propagierte und von französischen Aristotraten geförderte Idee einer Donauföderation, aus welcher Erkaiserin Zitas herrschbegierige Augen hervorgucken, abgelehnt. Aber auch sonst, trotzdem sich die Tschechoslowakei in die inneren Ver­hältnisse der Nachbarländer nicht einmischen will, ist es selbst­verständlich, daß ein von der Heimwehr terrorisiertes Desterreich in einen tschechoslowakischen Mitteleuropaplan nicht einbezogen werden könnte, und daß Beneschs Worte von der tschechoslowakischen Pflicht, Ungarn in seinen Wirt­schaftsnöten die helfende Hand zu reichen, auf ein vom Habs­ burger Otto als König beherrschtes Ungarn nicht An­wendung finden würde. Schließlich können ja feine mittel­europäischen Pläne, wie auch Benesch ausgeführt hat, ohne vorheriges Uebereinkommen zwischen Berlin , Paris und Rom verwirklicht werden, wie überhaupt Benesch das Einvernehmen zwischen Berlin und Paris im Interesse des europäischen Friedens für unbedingt notwendig hält. Eng­land, jagte Benesch in der Exposedebatte im Senat, ist an mitteleuropäischen Fragen uninteressiert und wird jede mittel­europäische Lösung annehmen, über welche sich Deutschland , Frankreich und Italien einigen.

Die wirtschaftliche Besserstellung der Tschechoslowakei im Verhältnis zu anderen Staaten ist, abgesehen von rein wirt­schaftlichen und politischen Momenten, auch dem ehrlichen Be streben aller Faktoren zu danken, die zeitweilig sich einstellenden Schwierigkeiten zu beheben. Ein Fall Schacht wäre in der Tschechoslowakei unmöglich. Der Staatsvoranschlag für 1932 ist aktiv. Durch Kürzung von Sachausgaben wurde seine Verringerung um eine halbe Milliarde Kronen erzielt. Budgetabstriche werden in allen Ministerien mit Ausnahme des Unterrichts- und Sozialfürforgeressorts vorgenommen. Staats­bieten der Staatsverwaltung werden Ersparungskommissäre

Der franzöfifdhe Ministerrat hat die Einberufung des Par angestelltenbezüge werden nicht gekürzt. In allen Ge­laments zum 12. November beschloffen.