Beilage
Mittwoch, 4. November 1931
en blable ab hiyo Der Abend
,, Hotel du Nord"
Eine Fahrt in das Land des Dichters
Eugène Dabits Pariser Roman Hotel du Nord" hat, durchaus nicht unverdient, einen Erfolg erzielt, wie er unter tausend Büchern nicht einem beschieden ist: achtzehn Auflagen in kurzer Zeit und der Preis für den besten„ Volksroman", in der Tat Volksroman insofern, als er das Volk in volkstümlicher Weise schildert. Schlag worte wie Naturalismus oder neue Sachlichkeit versagen hier volltommen.
Das hat kein Proust geschrieben, Das hat kein Valéry gedicht't,
das ist wirklich nur die einfache Erzählung vom
Schidjal fleiner und fleinster Leute,
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wie sie sich unter dem Dach eines möblierten Hotels zusammenfinden, ihr Leben und Treiben und Treibenlassen, ihr Scharwerken und Sich- Abplagen, ihr Lieben und Hassen, ihre bescheidenen Freuden und Feste, ihr Leiden und Gleiten und Versinken es ist alles in dem Buch: Geburt, Heirat und Tod, mehr kann auch in Balzacs Gesammelten Werfen nicht sein. Und mit welchen Augen ist das gesehen, mit welcher Hand gestaltet, und mit welchem Netz ward die Luftschicht um diese kleine Welt eingefangen!
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folgt auf Schleuse; mit unheimlichem Rauschen stürzt das Wasser über die geschlossenen Klappschützen, die hohen Steinmauern der Schleusenkammer glänzen von Feuchtigkeit, aber wo stedt Julot, l'éclusier, der Schleusenwärter Julot, der nicht immer ganz nüchtern durch das Buch schlurrt?
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der Straße
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dlowa lin Stälausgabe des Vorwane
ist's eine Sinnestäuschung?„ Hotel du Nord" galt als Name, den der Dichter erfunden hatte, doch da an dem schmalen, hohen Haus die Inschrift lautet unzweideutig:
Hotel du Nord.
Und mehr! Wie im Roman heißt das Kaffee zur Rechten ,, Au chope des singes", zum ,, Affenschoppen", und zur Linken das flaffende Tor muß sich auf den Fuhrhof des Monsieur Latouche öffnen. Staunen lockt uns näher. Welche Verwunderung erst, als sich von der Glastür zum Hotel du Nord" der Name Dabit abhebt! Vor der Tür sitt ein Mann in Hemdärmeln auf einem Strohstuhl in der gelösten und lässigen Haltung des: Nach getaner Arbeit ift gut ruhn.
,, Erlauben Sie eine Frage?"
"
Bitte!"
,, Kennen Sie vielleicht den Roman ,, Hotel du-?" ,, Wie denn nicht, der Verfasser ist ja mein Sohn!"
Schon eint uns ein Tischchen vor dem Affenschoppen". Der Vater des Autors, ein sauberer, sehniger, blonder Fünfziger, spru= delnd von Leben, auch geistig gelenfig, mit den guten Formen, die selbst der kleine Mann in diesem Volk beherrscht, freut sich von ganzem Herzen, daß der Ruhm seines Sohnes Fremde bis hierher. gezogen hat. Schade, Madame ist in der Oper! Schade, Eugène weilt mit seiner Frau im Süden, bei Marseille , wo sie malt und er ein neues Buch schreibt! Aber der Vater Dabit erzählt von Kind heit, Jugend und Entwicklung des Jungen, der hier wirklich im Ausschnitte, Zeitschriften mit Bildern herbei, strahlt vor Stolz. Kaum tippen wir an, lädt er uns zur Besichtigung des Hotels ein. Der Schankraum im Erdgeschoß, der im Buch eine so bedeutende Rolle spielt, fiel allerdings ebenso weg, wie draußen auf dem Kanal das Waschboot fehlt. Dafür quetschten wir uns die schmale, enge Treppe hinauf, Fettleibigkeit ist bei den Bewohnern dieses Hotels weit feltener als bei denen, die im Rih" oder„ Claridge" absteigen, tappen durch dunkle Korridore, erster Stock, zweiter Stod, ein paar Zimmer werden auf gut Glück geöffnet, alles sehr einfach, Bett, Stuhl, Tisch, Schrank, Waschgeschirr, Spiegel, aber alles peinlich reingehalten. Meist Ansichtskarten zum Fächer geordnet an der ge= tünchten Wand, einmal am Fenster ein Bauer mit einem Kanari, öfter auf dem Schrank eine Ziehharmonika. ,, Man ist recht musikalisch hier", lächelt Monsieur Dabit, aber was wüßten wir von Auf und Ab der Menschenschicksale, die in diesen Zimmern anhuben oder endeten, ohne den Roman!
Eine überaus geräumige Polizeimache, bereit, Dutzende von ..Flics" auszuspeien, droht an der Straßenseite. Eine Brücke zum Quai de Valmy drüben, auf unserem Ufer als Fortsegung die Martinschleusenstraße; parallel zu ihr führt die Rue de l'Hopital zur Rue de la Grange- aur- Belles. Hinter langer, hoher mit Apés ritif- Plakaten beklebter Mauer erhebt sich dort mit Türmen und Türmchen das St. Ludwigs- Spital, seine dreihundert Jahre alt, vornehmlich Hautkrankheiten bestimmt. Hierher wird, da sie sich in Wehen krümmt, die Magd Renée des Romans geschleppt; hier verröchelt der schwindsüchtige Ladevèze und die arme Lucie Mimar ach, wie viele Ladevèzes und Lucies spuden in dieser Stunde hinter den grauen Häuserfronten ringsum Blut! Dem Krankenhaus schräg gegenüber ein Tabakverschleiß mit Zeitungsverkauf laß sehen! Hauptsächlich anarchistische, syndika- Milieu" seines Romans plätschern fonnte, bringt Besprechungen, listische, kommunistisch- oppofitionelle Wochenblättchen wie Le Libertaire",„ Le Cri du Peuple"," La Vie Ouvrière" ,,, La Daß neben den Uebersetzungen in andere Sprachen eine Verité", zwischen Freiheitsmann" ,,, Volksruf" ,,, Arbeiterleben" und Uebertragung ins Deutsche von Bernhard Jolles( im Wahrheit" der„ Ami du Peuple" des großfapitalistischen GroßBuchverlag Kaden u. Co., Dresden 1931) mit sechzehn Zeich parfumeurs Coty und Schundromane in grellbunten Umschlägen- nungen des Verfassers vorliegt, ist den Lesern des Abend" aus Dabit ,,, Hotel du Nord"? Unbekannt! Connais pas, M'sieur! einer Besprechung von Friedrich Lichtnefer bekannt. Jolles Durch die Rue Bichat zurück zum Quai. Die Gegend wird dem versteht flott und geschickt zu verdeutschen, wirklich zu verdeutschen, Leser des Buchs immer vertrauter, aufregend vertraut. Der fleine nicht etwa Französisch mit deutschen Vokabeln wiederzugeben. würfelförmige Rettungspavillon mit taschentuchgroßer Trikolore als Manchmal allerdings führt ihn sein Bestreben, ohne Umschweise Zeichen seiner Amtlichkeit wir fennen ihn doch! Ein flüchtiger eindeutig zu sein, zu weit, wie dort, wo er von den ewig gleich Blid hinein offenbart eine Pritsche, auf die man die Opfer des bleibenden Gesprächen in der Kneipe redet:„ Der eine ist fon- Kanals bettet; sie erinnert halb an eine Wachtstube, halb an ein servativ, der andere fortschrittlich". Im Urtert:„, Celui- ci, qui est Operationszimmer und nimmt fast den ganzen winzigen Raum ein. unitaire, celui- là, qui est cégétiste", alfo: dieser, der für die Die Aufschrift draußen: Secours aux noyés! Hilfe für Ertrunkene! anarchistelnde„ Unité syndicale", jener, der für die ,, Confédération flingt freilich unsinnig für Ertrunkene gibt es feine Hilfe mehr du Travail " ist, oder flüssiger: der eine, der Anarcho- Syndikalist, und für die Lebenden in diesem Proletarierviertel oft auch nicht. der andere, der Gewerkschaftler ist dieser Sah, aber nicht die llebertragung mit„ konservativ" und fortschrittlich", drückt aus, daß es sich um ein typisches Arbeiterlokal handelt. Manchmal verpakt Jolles auch einen Ausdruck: la casquette craisseuse de cheminot des Gepäckträgers Mimar ist keine speckige Stromer müze, sondern eine schmierige Eisenbahner tappe. Vor allem aber greift die Uebersetzung einen Ton zu hoch, indem sie für den Pariser Argot fast immer Hochdeutsch verwendet; auch sonst geht bei den Unterhaltungen die Sprache zuweilen auf Stelzen. Der Verkäufer des Hotel du Nord" rühmt: Dies ist kein Stundenhotel, müssen Sie wissen", darauf das Käuferehepaar: Darauf würden wir auch dankend verzichten". So geschraubt reden kleine Leute nicht, und im Französischen steht auch nur, wörtlich ins Deutsche gewendet: ,, Klar, ein Stundenhotel möchte man auch nicht".
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Daß die deutschen Besprecher des Romans annehmen, das ,, Hotel du Nord" sei ,, an einer Seine- Schleuse, irgendwo am Ufer der Seine gelegen", nimmt nicht Wunder, denn auch die pariserischsten Pariser , die ihre Stadt gut zu kennen glauben, zuden auf die Frage nach dem Quai de Jemappes und Quai de Balmy die Achseln; daß die Benennung von den beiden berühmtesten Siegen der Repolutionsfriege im Jahre 1792 stammt, wissen sie mehr nicht. Aber ein Feldherrnblid auf den Plan von Paris gibt Aufschluß, und nicht gezögert, denn:
Wer den Dichter mill verstehn, Muß in Dichters Lande gehn.
Freilich machen wir es uns etwas schwer. Wir ahnen noch nicht, mie nah die Stätte der von Dabit geschilderten Begebenheiten den äußeren Boulevards, wie nah sie sogar einem von alien Deutschen gekannten Punkt, dem Ostbahnhof, liegt. Wir stoßen mit dem Autobus vom Herzen der Stadt nordostwärts bis zum Rondell Jean Jaurès vor, wo die lange, nach dem 1914 gemeuchelten unvergeßlichen Sozialistenführer geheißene Avenue beginnt. Heute bekümmert sie uns nicht, denn wir drehen südwärts und haben vor uns den Kanal Saint Martin, der rechts vom Quai de Valmy, links vom Quai de Jemappes gesäumt wird. Dieser künstliche Wasserlauf steht auf der einen Seite mit dem Bassin de la Villette und dem Ourcq - Kanal, auf der anderen, und zwar unterirdisch unter dem Boulevard Richard Lenoir hin, mit der Seine in Verbindung. Unter den vielen Plänen, die sich hinter seiner Stirn stapelten, betrieb Napoleon I. auch die Anlage des Sankt- Martins- Kanals, der nach seinem Willen nicht nur dem Warentransport auf dem Waffer: weg, sondern auch der Verschönerung dieses etwas dürftigen Stadtviertels dienen sollte. Ob der Imperator zufrieden wäre, wenn er fähe, was aus seinen Entwürfen geworden ist, steht dahin, aber auf jeden Fall wurde der Kanal das Wahr- und Kennzeichen dieser
Gegend.
Es ist die Landschaft des„ Hotel du Nord". Nichts allerdings von dem, was der ahnungslose Leser vielleicht erwartet, von ,, dunkelstem Paris " und falscher Romantit eines Apachenquartiers, für die Amerikanerinnen die Autocars ,, Paris bei Nacht". Hierher verschleppt kein Cookführer seine Herde, hier gibt es nichts mit Ah und Oh zu bestaunen, hier ist, ohne Touristen und Fremde, ein zu hundert Teilen franzöfifches Paris : arbeitsam, nüchtern, alltäglich grau, mit Fabriken, Werkstätten, Magazinen an der nicht dem Wasser zugekehrten Seite der Quais. Die anderwärts wie die Fliegen herumschwirrenden Taris suchst du hier vergebens; wer sollte hier in einem anderen als einem Lastauto fahren, und entdeckst du doch einmal eins, so ist der Chauffeur blind und taub für deinen Wink und Ruf: er fährt zur Abendsuppe oder nach Hause.
Auf der anderen Quaiseite neigt sich eine Böschung mit verwahrlostem, wie vergilbtem Gras zum Kanal hinab. Unten liegt, das Gesicht zur Erde, ein„ Clochard", ein obdachloser„ UntermBrückenbogen- Penner", und schläft tief und fest. Das Wasser scheint stodend, schmierig, von ungewisser Farbe; in dieses Wasser starren im Roman Pierre und Lucie, und sie wendet sich an ihn: ,, Weißt du, bei uns daheim, die Mas ist flarer". Da und dort preßt sich einer der langen Lastkähne, wie sie auf den Kanälen ganz Frantreichs durch Dampf- oder auch noch durch Bferbefraft geschleppt werden, an die Ufermauer; fie liegen, wie Dabit sie beschreibt, gmara mallia, trög, bauchig, gleich trähtigen Tieren. Schleufe
Ein unwahrscheinlich dürftiges Straßenmädchen streicht vorbei. Ueber die Drehbrücke an der Schleuse drängen lachend und lärmend Kinder. Unten wird geangelt. Ein Stelzfuß wirft die Leine aus, fünf, sechs gleich junge Burschen mit verwegen sigenden Kappen, die Hände in den Taschen der verschliffenen Jacketts gebohrt, schauen fachmännisch zu. In dem Roman wird an dieser Stelle eine stark zersetzte Frauenleiche aus dem Wasser gefischt, und Julot gibt Erflärungen ab:„ Da ist wirklich Unrat drin... trepierte Kazen, verfaulte Hunde... Embryos. Das treibt vom Bassin de la Villette mit den Küchenabfällen abwärts", und die Antwort: Bratfische aus dem Wasser-um feinen Preis der Welt!" Aber der Stelzfuß ist anderer Ansicht und seine Zuschauer anscheinend auch.
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Hier liegt auch der kleine„ Square", nicht sehr viel umfang reicher als ein stattliches Gemüsebeet, ein paar tränkliche Bäume, etwas schütterer Rasen, drei, vier Bänke und auf jeder ein Pärchen in mehr inniger als schamhafter Umschlingung. Aber dort, jenseits
Sogar auf das flache Dach müssen wir, auf dem Lecouvreur als Käufer des Hotels gestaunt hat: Das ist ja wie an der See!" Wirklich erschließt sich ein Blick über den Kanal, auf dem die Lastfähne mit 3ement, Sand und Kohle aus anderen Departements, aus Belgien und Holland liegen, über die scharfgeschnittene Häusersilhouette des Quai de Valmy und weiterhin über schwarz gelagerte Gebäudemassen und phantastische Straßenschluchten. Hinter der Schornsteinlandschaft uns gegenüber sinkt die Sonne, und als mir wieder zu ebener Erde stehen, wird es ein Abend, wie ihn mit viel Stimmungsgehalt der Roman schildert. Langsam verstummt das Wagenrollen; das belebende Rauschen der Schleusen ist deutlicher hörbar; die Laternen entzünden sich; auf dem Square erwacht die Zärtlichkeit; alte Frauen führen ihr Hündchen spazieren. In dem dunklen Wasser des Kanals spiegeln sich die Sterne, es wird frisch, und von den äußeren Boulevards trägt ein Windstoß die Stimmen Hermann Wendel. der Stadt herüber.
Von der Heiligen, die in die Wüfte ging
Amerikanische Zeitungen berichten das Verschwinden der ameriTanischen Predigerin Aimee McPherson . Seit den Auftreten des Mormonenpropheten Smith hat teiner der amerikanischen Settengründer einen derartigen Zulauf und ein solches Interesse der gesamten Oeffentlichkeit gefunden, wie Aimee. Was es mit ihrem Verschwinden auf sich bat, berichtet der folgende Auffaz. Auch diesmal heißt es, daß Aimee nicht vom Bösen geraubt ist wie ihre Anhänger behaupten, sondern einen jungen Freund gefunden hat. Ihr Gatte sei zu gleicher Zeit mit einer reichen Dante, ihre Tochter mit einem Sportsmann, ihr Sohn mit einer Schauspielerin davongegangen. Auch ihre alte Mutter ist verschwunden. Es geschehen Zeichen und Wunder.
Los Angeles ist ein spanischer Name und heißt die Engel". Die meisten Amerikaner aber meinen, Los Angeles beherberge alles andere als Engel. Hier wohnen angeblich die Faulenzer, die im Often ihr Geld gemacht haben und sich bei den Zinsen in Kalifornien erholen, die Grundstücksspekulanten, Filmstars und alte ausgediente Pensionäre. Die ganze Stadt jei eine Art Sanatorium.
In Schlesien hörte ich den Ausdruck" Klapstifte" für Sana torium. Warum fällt mir dieses Wort gerade jetzt ein?
Wir stehen vor einem mächtigen Gebäude, einem Rundbau von der dreifachen Größe des Zirkus Busch. Es ist der Angelus
tempel der Aimee McPherson , einer Dame, die hier Pastor und Wundertäter ist.
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Am Eingang fann man die Wochenzeitung der Kirche For mat Tageszeitung- taufen.„ Bom 3elt zum Angelustempel" heißt ein Aufsatz, der den Aufstieg dieser nicht allein in Kalifornien , sondern in ganz Amerika bekannten Sefte der Aimee erzählt. Der Gatte dieser unternehmenden Dame war Missionar. Mit ihm soll sie Länder und Völker kennengelernt haben. Schließlich fam fie aber wieder in die Heimat zurück, als ihr Gatte tot war und hier bekam sie den göttlichen Auftrag zu predigen. Ohne diesen direkten Auftrag des Himmels macht es keiner der bedeutendsten ameritanischen Brediger.
Frau Aimee hatte eine besondere Methode, ihre Scharen zu sammeln und schließlich das Geld für den Millionenbau ihres Tempels, des größten auf dem amerikanischen Kontinent, zusammenzutreiben. Sie ist leider frank und wir können nur ihre Meisterschüler bei der Arbeit sehen.
In einem großen Nebenraum des Tempels sizen Männer und Frauen dicht gedrängt zur abendlichen Gebetsübung.
„ Wer will heute glücklich werden?" fragt ein junger, schwarzlockiger Mann von der Bühne. Einige Hände heben sich.
Bereitet euch vor, stellt euch ein! Wir singen das Lied. zu Beginn. Bei der ersten Strophe flatschten alle rhythmisch nachy dem Taft des Liedes in die Hände."
Ein Klavierspieler intoniert. Der Ansager gibt das Zeichen. mit Händeflatschen wird die erste Strophe gesungen. Die armen Unglücklichen, denen soviel nerheißen war, heben zum Zeichen, taß diese Strophe noch nicht genügend Wirksamkeit gehabt hot, eine and empor. Der Manager fündigt die zweite Strophe an. Jest werden die Hände rhythmisch über dem Stapf hin und her ge
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schwenkt. Bei der dritten Strophe wird eine weitere Körperübung vorgenommen wer glaubt da nicht, daß nach 12 Strophen die Arme niedersinken im Bewußtsein des Glücklichseins? Manchmal geraten Frauen oder Mädchen in Ekstase und weissagen der gläubig aufhorchenden Menge. In Engelskostüme ( nach Aimee gehen die Engel in langen schwarzen Mänteln mit weißem Futter und einem ähnlichen Häubchen auf gut frisiertem Haar) gekleidete Mädchen wandeln in den Gängen auf und nieder, bieten Literatur zum Kauf auf und Alimees Photo in Vierfarbendruck: Die Priesterin in Engelsuniform, verzückt den Blick in die Höhe und Prophetengeste mit Buch in der Hand. Man kann das Photo der schönen Pastorin aber auch in modernem Stil nach Art einer Filmdiva einfarbig erhalten.
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Im Kreis ihrer Engel tritt Aimee unter Posaunenschall eines
großen Orchesters jeden Sonntag auf die Bühne ihrer Wirksamkeit. Die Mädchen tanzen Engelreigen und Aimee entzückt mit begeisterter Ansprache. Junges Geficht ist wirksamer, meint Aimee, geht also zu einem Schönheitskünstler und läßt sich die Falten aus dem Gesicht entfernen. Was soll man mit 50 Jahren noch meiter tun, wo
doch die Aepfel der Hesperiden nicht mehr zu haben sind.
Der Tempeltraum gleicht einem Amphitheater. Wenn 5000 Menschen in die Hände klatschen, wer soll da nicht die Engel im Himmel pfeifen hören?
Im Jahre 1929 war Frau Aimee müde der Arbeit, und sie verkündete ihrer besorgten Anhängerschar, sie ziehe sich für einige Monate in die Wüste zurück, um mit Gott allein zu sein. Im eifrigen Gebet wartete täglich die gläubige Gemeinde auf die Wiederkehr der Prophetin, bis eines Tages ein neugieriger Journalist meldete, er hätte Frau Aimee mit Gott allein in der Wüste getroffen. Der liebe Gott sei ein schöner, junger Mann gewesen.
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Die gute Gemeinde hat ihrer Prophetin den Sündenfall nicht nachgetragen. Aber auch im Jahre 1930 mußte sie ihr einige Wochen Urlaub gewähren. Zuerst hieß es, Frau Aimee wäre plötzlich erkrankt. Aber der neugierige Journalist wußte bald zu erzäh= len, daß die Prophetin und darin scheint sie ganz alttestamentlichen Glaubens zu sein ein recht streitbares Wesen hätte und sich mit der eigenen Mutter, die bei ihr wohne, so geprügelt hätte, daß die jüngere einen Nervenzusammenbruch erlitt und ein paar Haare einbüßte, der älteren das Nasenbein zerbrochen wurde und sie einige Bisse davontrug. Aimees Kirchenzeitung aber wußte zu melden, daß viele Gemeindemitglieder die Nacht hindurch für die Gesundheit und das Leben der Prophetin gebetet hätten.
In einem Nebenraum des Tempels befinden sich Krüden , Stüßen, Bandagen es ist das Museum für die Kranken
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geräte derjenigen, denen Aimee durch Wundertaten die Gesundheit wiedergegeben hat.
Natürlich hat der Engelstempel seinen eigenen Radiosender auf dem Dach des Hauses. Auch Brausen und Gymnaftifräume beher bergt das Gebäude, denn es sind nicht nur Kinder und Weiber Friedrich Weigelt. hoffnungsvolle Toren".