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Morgenausgabe

Nr. 519

A 261

48.Jahrgang

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Der Bormärts" erscheint mochentäg­lich zweimal, Gonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", lustrierte Gonntagsbeilage Bolf und Zeit".

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Donnerstag 5. November 1931

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

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Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Neue Brotteuerung?

Wahltag in Argentinien .

Der schicksalschwere 8. November.

Die Bäcker wollen sie- und wo bleibt die Reichsregierung? Bentralparlaments, des Staatspräsidenten, feines Stellver­

Die andauernde Steigerung des Roggenpreises an der Berliner Börse , der der Reichsernährungsminister völlig untäfig zufieht, hat die Mehlpreise auf 29 Mart je Doppelzentner steigen lassen. Die Berliner Bäder, die ihren Brotpreis von 50 Pf, auf einen Mehlpreis von 27 Mart kalkuliert haben, haben gestern nachmittag befchloffen, eine Deputation an Schiele zu fchiden, um ihm die Nofwendigkeit einer Erhöhung der Brol­preise auf 52 bzw. 53 Pf. mitzuteilen. Gleichzeitig wollen die Bäder ihn fragen, ob er etwas unternehmen will, um den Mehlpreis zu feufen, damit die nach Ansicht der Bäder notwendige Brofpreiserhöhung nicht zu erfolgen braucht.

Da die Erfahrung lehrt, daß die Verhandlungen Schieles mit den Bädern stets wie das Hornberger Schießen auslaufen, ist eine neuerliche Brotverteuerung möglich.

für die breiten Massen wäre, muß wiederum darauf hingewiesen werden, daß die gefeßlich festgelegte Brotpreistlaufel ein Steigen der Brotpreise verbietet. Wir haben erst vorgestern auf die außer ordentlich knappe Getreideversorgung Deutschlands hingewiesen und eine Erleichterung der Getreideeinfuhr verlangt. Diese Forderung erhält jetzt durch die drohende Erhöhung der Brotpreise höchste

Aktualität.

Die Reichsregierung würde leichtfertig handeln, wenn sie nicht sofort Maßnahmen ergriffe, um die Berteuerung des Brotes zu unterbinden.

Es muß ein Ende haben mit der Politik, die nur Maßnahmen zur Hochhaltung der Agrarpreise ergreift, aber niemals eine Preis regulierung nach unten, selbst wenn sie gesetzlich vorgeschrieben ist, vornehmen will. Eine neue Brotpreiserhöhung ist ausgeschlossen. Die Reichsregierung muß eine Revision der Getreidepolitik vor­

Nicht nur, daß eine Berteuerung des Brotes völlig untragbar nehmen, durch die die Mehlpreise gesenkt werden.

Japans Raubzug.

Neue chinesische Anklagen in Genf .

Genf , 4. November. ( Eigenbericht.) Die chinesische Regierung ftellt in einer Note an den Bölfer bund fest, daß seit der Vertagung des Rates in dem konflikt in der Mandschurei nicht nur nichts geschehen sei, sondern daß die japanische Armee die Befihergreifung der Südmandschurei ausdehne und sie entschloffen verftärke. Ja, fie unternehme jo­gar Bersuche, in die Nord mandschurei einzudringen, die in Moskau Besorgnis hervorrief. Von der Ausführung des seit über einem Monat dem Rat wiederholt versprochenen Beginns der Räumung fei feine Rede. Japan habe die Ernennung von Unterhändlern für die Berhandlungen der Räumungsmodalitäten abgelehnt und be­harre auf dem Abschluß eines Bertrages über grundlegende Prinzipien als Vorbedingung für die Räumung. Diefe Haltung stelle eine Verlegung des Artikels 10 des Bölferbunds­paktes und des Artifels 2 des Kellogg - Paftes dar. Chinas Regie­rung wiederholf, daß fie fest entschloffen sei, niemals und unter feiner Bedingung unter dem Druck der militärischen Befehung zu

verhandeln.

ebenso das gesamte öffentliche Leben der Stadt. In 600 Stiften feien 1 200 000 Dollar einfaffiert und nach Japan geschafft worden. Die chinesische Bahn Mukden- Hailun sei im Besitz der Japaner, die sie für eigene Rechnung ausbeuten. Endlich wurden burch 3mangsarbeit große Berladerampen für japanische Truppen an der Bahn Mufden- Befing gebaut.

Das Memorandum schließt mit einer detallierten Schilderung der Unterstügung aller fogenannten Unabhängigkeitsbestrebungen durch die japanischen Truppen und zahllose Unterdrückungs- und Einschüchterungsmaßnahmen gegen die wehrlose Bevölkerung.

Briand ermahnt Japan .

Genf , 4. November. ( Eigenbericht.) Der Präsident des Bölkerbundsrats, Briand , hat auf die japanische Erklärung gegen die letzten Entscheidungen des Bölker­bundsrats zum Konflift in der Mandschurei mit der Er­innerung geantwortet, daß die am 30. September einstimmig an­genommene Ratsentschließung juristisch in Kraft sei und ihre Durchführung erheische.

In einem ausführlichen Memorandum werden die Angaben der Note durch Tatsachenberichte aus der Mandschurei ergänzt. Die chinesische Regierung hatte ein Komitee unter der Führung von Wellington Roo ernannt und Japan aufge: ferdert, das gleiche zu tun für Verhandlungen über die Räumungs und Sicherheitsabmachungen laut Ratsbeschlusses vont 22. Ottober. Tofio habe geantwortet, diese Entschließung sei nicht in Kraft. Man erwarte vielmehr von China seine Einwilligung in dirette Bergeräumten Rechte in der Mandschurei verlangt, erinnert Briand handlungen über die grundlegenden Prinzipien einer Wieder­aufnahme der normalen Beziehungen und den Rückzug der Truppen. General Honjo laffe jezt die Erträgnisse aus den Steuern auf die mandschurischen Salzbergwerte in Höhe von 24 Millionen Dollar pro Jahr an die von den Japanern eingefeßte Regierung in Mufden abführen. Die Erträge der Salzbergwerfe von Niutszhang seien bis zur Höhe von 760 000 Dollar von japanischen Truppen beschlagnahmt worden, gleichfalls für sogenannte Behörden unter japanischem Schutz. Alle diese Einnahmen seien aber ver­pfändet für den Tilgungsdienst ausländischer Anleihen. Ihre Be­fchlagnahme verlege die internationalen Berträge. In Mutben feien alle Banfen und Handelshäuser unter japanischer Kontrolle,

Reichsgericht gegen Klagges.

Bestätigt die Aufhebung des Verbots des Volksfreund".

Leipzig , 4. November.

Briand erinnert Bunft für Puntt an die Uebereinstim mung zwischen den in der Erflärung vom 26. Oftober geforderten prinzipiellen Fragen und den gleichen Forderungen im ersten Teil der letzten Ratsentschließung, gegen den die Japaner nichts einzu menden hatten. Zum fünften prinzipiellen Punkt der japanischen Erklärung, der von China die Achtung der Japan vertraglich ein­an Chinas Bereitwilligkeit, alle Differenzen durch schiedsge. richtliche oder juristische Lösung zu regeln. Damit sei von China auch der letzte Punkt der japanischen Erklärung ausreichend ge­fichert. Unter diesen Bedingungen hoffe es Briand bestimmt, daß die japanische Regierung gemäß ihrer am 30. September feierlich übernommenen und in den drei Ratssig ingen am 22., 23. und 24. Oktober wiederholten Verpflichtung fo schnell als mög lich die Zurückziehung der Truppen in die Eisenbahnzone erfolgen und diese Absicht in türzester Frist völlig durchführen" werde. Echließlich erinnert Briand nochmals an die Empfehlung des Rates zur Bildung einer gemischten Kommiffion für die Regelung der Räumung und die Uebernahme der besetzten Gebiete.

Aufräumungsarbeit in Thüringen . Die Versetzung der Nazi- Polizeibeamten aus Weimar . Weimar , 4. November. Im thüringer Landtag wurde am Mittwoch eine Entschließung In nichtöffentlicher Sihung hat am Mittwochnachmittag der der Nationalsozialisten abgelehnt, nach der der Landtag gegen die 4. Straffenat des Reichsgerichts die vom Reichsinnenminister an- Versehung der beiden nationalsozialistischen geordnete Berkürzung des Berbots der Braunschweigere i marer Polizeidirettoren Protest erheben und dem fozialdemokratischen Zeitung Der Volksfreund" auf zehn Tage als dafür verantwortlichen Minister Dr. Kästner schärfste Mißbilligung gerechtfertigt erklärt. Durch diesen Beschluß ist der Ein- aussprechen sollte. Die Ablehnung erfolgte mit den Stimmen der spruch des braunschweigischen Innenministers& lagges gegen Regierungsparteien, der SPD und der Deutschen Staatspartei, die von Groener verfügte Begrenzung des Berbols zurüd- gegen die Stimmen der Nationalsozialisten und Deutschnationalen bei Stimmenthaltung der Kommunisten. 1411 gewiesen worden.

Leichte Besserung im Befinden des Genossen Bartels. In dem Die Wiener Polizei hat eine tommunistische WertBefinden des schwer erkrankten Genoffen Friedrich Bartels ist Hätte zur Erzeugung falscher Bässe und mente aufgededt und einige Berfonen, darunter den Reichsdeutschen erfreulicherweise eine leichte Besserung eingetreten. Der Su Milli Rofe verhaftet. stand des Patienten wird jedoch noch immer als ernst bezeichnet.

L. G. Buenos Aires , Mitte Oktober. Der Diktator General Uriburu hat die Neuwahl des treters und der Provinzial- Parlamente und Gouverneure auf Parteien Bedingungen annehmen, denen sie nur zuge­den 8. November ausgeschrieben. Borher mußten aber die stimmt haben, um überhaupt wieder zum verfassungsmäßigen Zustand zurückzugelangen. So wird die Aprilwahl im Staat Buenos Aires kassiert, die gegen die Dittatur ausgefallen ist. Die Wahlausschreibung selbst hat Uriburu immer wieder hinausgeschoben, im Gegensatz zu seinen früheren Ver­fprechungen. Zwischendurch versuchten die nach sechzehnjähri­ger Ausschaltung wieder zur Macht gelangten Konser= des staatlichen Lebens. Verfassung und Wahlrecht sollten zu­Dativen ultrareaktionäre Husarenritte auf allen Gebieten rüdreformiert, das Parlament in eine Ständeversamm­lung umgewandelt werden usw. Da diese Pläne vom Volke einmütig abgelehnt wurden, inaugurierte Uriburu die Periode des positiven Wiederaufbaus mit schmetternden Reden in den Militärkasinos, wobei die heiligsten Prinzipien der Demo­fratie" verkündet wurden. Bevor gewählt werde, müsse der Augiasstall gereinigt, der Staat wieder auf eine solide finanzielle Grundlage gestellt werden. Und so wurden Tausende staatliche Angestellte entlassen, den anderen das Gehalt um 2 bis 28 Proz. gekürzt, die Post­gebühren verdoppelt, die brasilianische Herba-( Maté) Einfuhr einer Handvoll fonservativer Besizer riesiger Verbapflanzun gen verboten, die Einfuhrzölle auf Hunderte Bedarfsartikel bedeutend erhöht; die Ausgaben für öffentliche Arbeiten von 174 Millionen auf 100 Millionen Besos verringert. Das Ergebnis war eine Verminderung der allgemeinen Berwal­tungsfoften um 18,43 Proz., der staatlichen Subsidien um 24,02. Proz., der Heeresausgaben um 77,84 Broz( von 30,7 auf 6,8 Millionen) und der Ausgaben für staatliche Bauten um 42,58 Proz! Statt der verheißenen annähernd 400 Millionen find rund 200 Millionen erspart worden, aber dafür wurde die 3ahl der Beschäftigungslosen beträchtlich erhöht und die wirtschaftliche Lage Zehn­tausender, denen Lohn und Gehalt gekürzt wurden, wesentlich verschlechtert. Schließlich hatte der Finanzminister Uriburu , ein Bruder des Diktators, angekündigt, das Jahr werde mit einem Defizit enden, das trotz der gewaltigen, ohne gesetzlicher Grundlage dekretierten Steuererhöhungen ,, minde­stens 98 Millionen Besos übersteigen werde.

Auch die Währung ist durch die Verminderung der Ein­fuhr der Sanierung nicht näher gebracht worden, vielmehr davon augenblicklich weiter entfernt als je zuvor! Während der Peso vor dem Sturze des Präsidenten Irigoyen und seines beispielloſen forrumpierten Verwaltungssystems etwa 3,10 Dollars notierte, hat der Kurs jetzt den alarmierenden Stand von 4,40 erreicht! Die am 1. Oftober in New York fällig gewesene Schuld von 50 Millionen Dollars ist mit dem Gold aus der Konvertionskaffe getilgt worden. Um die Defizits der Regierung auszugleichen, aber nicht um die Be­dürfnisse des Handels zu befriedigen, wurde Papiergeld= wirtschaft getrieben. Durch jede neue Zahlung der Banken an die Regierung wird der Geldumlauf inflatiert. Nun hat die Regierung, um die Spekulation auszuschalten, die Zentralisierung des Devisenhandels und die Ausfuhr nur gegen Devisen dekretiert. Die Kontrolle des Devisenverkehrs hat unmittelbar zu einer Erholung der argentinischen Titel auf dem New- Yorker Martt somie zu einem momentanen Steigen der argentinischen Getreidepreise geführt, allein die So bietet die Besetoentwertung geht weiter. Republik am Vorabend der allgemeinen Wahlen das Bild einer beängstigenden wirtschaftlichen und politischen Lage, die sich bis zum Wahltage leicht fatastrophal gestalten fann. Die Produktions- und Handelskrise, der Währungsverfall, das stete Steigen der Preise für Lebensmittel, Bedarfsartikel, Mieten usw., bei weiteren 2ohn- und Gehalts sent un­gen, die vielfach schon 50 Pro3. erreicht haben, der Arbeiter und Beamtenabbau auch in der Landwirtschaft und die Einstellung der Bautätigkeit haben zu einer Ber­schärfung der sozialen Spannungen geführt. Dazu kommt noch die politische Gereiztheit aller Parteien, die den Wahlkampf unter dem Belagerungs­zustand führen müssen und auch sonst von der provisorischen Regierung und ihren Bevollmächtigten in den Provinzen durch zahlloje Schifanen behindert sind. Die Befürchtun gen, daß es noch vor dem Wahltag zu ernſten Ereignissen kommen wird, ist allgemein, und sie wird noch durch die Wahrscheinlichkeit gestärkt, daß die größte Partei des Landes, eben die im September vorigen Jahres aus der Macht ver­triebene Radikale Partei, den Wahlen überhaupt fern­bleiben wird.

Von ihr hat die Regierung die Garantie gefordert, daß ihre Kandidaten in feinerlei Beziehungen zu dem gestürzten Regime stehen dürfen! Als ob man einer Partei, die vor drei Jahren zwei Drittel aller Stimmen bekam, im Handumdrehen und auf Befehl eines Diftators neue Führer geben könnte. die dem Diktator genehm wären! Diese Forderung founte