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Rr. 547 48. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Die Tragödie des Postschaffners

Zuchthaus für Unterschlagung von Einschreibebriefen

3m Poffroagen zwischen Berlin   und Hamburg   ver Schwanden Einschreibebriefe. Im Februar dieses Jahres begann es damit. Man fand den Dieb in der Berjon des Boffschaffners. Er war allein im Poliwagen zwischen Berlin   und Hamburg  , öffnete die Einschreibebriefe, in denen er Geldscheine vermufete, nahm fie an fich und verbrannte Briefumschlag mit Restinhalt. Wes­halb aber dieser 36jährige Beamte, feit elf Jahren im Postdienst, Berufslaufbahn und Familienglüd wegen lumpiger 1200 mt. fo frevelhaft aufs Spiel gefekt? Weshalb?

Das erzählte er vor dem Schöffengericht Berlin- Mitte. Er war verheiratet und Vater eines Kindes. Seine Frau betrieb ein fleines Geschäft. Es ging nicht. Es war verschuldet. Die Gläubiger drängten. Er unterschrieb für die Frau Wechsel. Während er aber zwischen Hamburg   und Berlin   fuhr, hinterging die Frau ihn mit die Schulden. Er heiratete zum zweiten Male, die Zahlungs: cinem anderen. Dann suchte sie das Weite und hinterließ ihm termine für die Wechsel nahten, wo sollte er das Geld hernehmen? Der Gedanke gab ihm feine Ruhe, er verfolgte ihn während seiner einsamen Fahrten zwischen Berlin   und Hamburg  ; da faßt er den unglüdseligen Entschluß, die Einschreibebriefe mit Geldinhalt zu öffnen.

Wieso tonnte N. aber monatelang die Bernichtung der

in ähnlichen Prozessen dem Zuhörer immer wieder aufdrängt. Die Antwort darauf gab der Postfachverständige: es gibt feine Kontrolle der Einschreibebriefe, auch keine Gewähr dafür, daß sie dem Adressaten wirklich zugestellt wurden; die Ge­währ ist hier nicht größer als bei einfachen Briefen. Die Ein fchreibebriefe werden beim Postamt nicht mehr wie früher in Listen eingetragen, und dem Bostschaffner im Bostwagen werden sie nicht mehr wie früher mit Begleitlisten laut Zahl eingehändigt, damit er die Liste am Empfangsort weitergibt. Alles aus Ersparnis gründen. Aus Ersparnisgründen tun auch nicht mehr zwei Be­amte im Postwagen Dienst, sondern nur noch einer. Eine Kon­trolle für eingeschriebene Briefe ist somit überhaupt nicht mehr vorhanden

Der Staatsanwalt beantragte zwei Jahre Zuchthaus. Das Ge­aus und verurteilte den ungetreuen Postschaffner zu einem Jahr richt ging über die Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus hins drei Monaten Zuchthaus   und Aberkennung der bürger lichen Ehrenrechte auf drei Jahre. Auf die milde" Strafe hieß es in der Urteilsbegründung sei nur erkannt worden, weil der Ange­flagte feine Tat aus unverschuldeter Notlage begangen hatte. für die Einschreibebriefe wieder einzuführen Wofür zahlt eigentlich

Bielleicht ist das für die Poft der Anlaß, das Kontrollsystem

Einschreibebriefe betreiben? Eine Frage, die sich im Gerichtssaal das Publikum die Einschreibegebühr?

Für die Alten von Tempelhof. Ein muffergültiges Sozial- und Kleinrentnerheim. Abseits vom Großstadtlärm und doch nicht abgelegen, in Mariendorf  , Streligstraße, hat das Bezirksamt Tempel. hof seinen Sozial- und Kleinrentnern ein hübsches

Altenteil erbaut. Nach dem Grundsah: viel Sonne, viel Wärme mar man bestrebt, die Wohnräume nach der Sonnenseite zu legen, und so erstand eine hufeisenförmige Bauanlage.

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Es find 92 Wohnungen davon 65 Einzimmer und 27 3 weizimmerwohnungen erstanden, von denen jede einen kleinen, abgeschlossenen Küchenraum besigt. Den ur sprünglichen Plan einer Gemeinschaftsküche ließ man fallen; die alten Leutchen haben sich ihr Ruheplähchen mit all dem ihnen lieb= gewordenen Krimskrams aufs behaglichste eingerichtet, voll Stolz öffnet jede die Türe zu ihrem Heim und bittet die Besucher ein= zutreten und zu bewundern. Auf Tischen und Vertikos prangen Decken und Deckchen, und in der Liliputküche brodelt das Mittag­effen; gute Wandbilder, schönes, altes Porzellan sprechen da und bort von vergangenen, besseren Tagen... Aber sie haben sich alle samt hineingefunden in die veränderte Lage, viele von ihnen haben mit diesem schönen Seim sogar einen meit besseren Tausch gemacht.

Bäder find in genügendem Maße vorhanden, ebenso Wasch füchen, Trodentammern und Blättstuben, für die Fortschrittlichen fogar mit Motorantrieb. Auch der Geselligkeit ist gedacht, in jedem Stockwert befindet sich am Flurende ein Aufenthaltsraum, außerdem gibt es ein Lesezimmer und ein Gesellschaftszimmer mit Klavier. Jede Wohnung hat außerdem Radioanschluß. Die Räume sind in hellen, freundlichen Farben gehalten, jedes Fensterbrett blumengeschmückt, für den Sommer ist ein großer offener Liegeraum vorgesehen, dazu 3entralheizung, Müllschlucker, eingebaute Geschirrschränke.

Der Mietpreis schwankt zwischen 22 bis 28 Mart pro Monat, dafür wird Wohnung, Heizung, Beleuchtung und Kochgas gestellt. dafür wird Wohnung, Heizung, Beleuchtung und Kochgas gestellt. ,, Was lange währt, wird gut" läßt sich auch hier behaupten. Der Plan zur Errichtung dieses Altersheimes geht nämlich auf das Jahr 1924 zurück, im Jahre 1926 erfolgte der Grundstücksanfauf, das Jahr 1927 brachte die Bewilligung der ersten Baurate, das Jahr 1928 eine weitere finanzielle Zuwendung, und im Oktober 1930 tonnte mit den Erdarbeiten begonnen werden.

Arbeiter- Rad- und Kraftfahrer- Bund Solidarität und Ar­beiterwohlfahrt. Durch eine Aussprache mit einem Bertreter des Hauptausschusses für Arbeiterwohlfahrt Berlin   und dem Bundes­Dorstand des Arbeiter Rab- und Kraftfahrer- Bundes Solidarität", Offenbach   a. Main  , find die Differenzen, die bisher zwischen diesen

Sonntag, 22. November 1931

beiden Körperschaften bestanden haben, beseitigt. Der Bund emp fiehlt den Mitgliedern, die Lotterie der Arbeiterwohlfahrt auch meiterhin nach Kräften zu unterſtüßen.

Sturm über Deutschland  .

Am Dienstag, dem 24. November, findet im Herrenhaus ( Plenarjaal), Leipziger Straße   3, um 20 Uhr eine große repu blikanische Jugendfundgebung statt. Thema: Sturm über Deutschland  ! Staatsminister Carl Severing  , cand. jur. Kurt Bley, R- Aufbruch oder Verderben?" Es sprechen gierungsrat Dr. Walter   Kolb, Regierungsrat Dr. Hans Muhle.-­Frig Koriner rezitiert. Fanfarenmusif. Die Veranstaltung wird getragen vom Deutschen Republikanischen Studentenbund, der Freien Nationalen Schülerschaft und dem Deutschen Republi­fanischen Pfadfinderbund. Anfragen und Vorverkauf   Berlin SW. 11, Bernburger Straße 18, III. Tel. B 2 Lützom 6491.

verordneten treten am Donnerstag zu ihrer nächsten Sizung Donnerstag wieder Stadtverordnetenjihung. Die Stab:- zusammen. Auf der Tagesordnung stehen u. a. die Ab­über die Sparverfügungen des Magistrats. Die Beratungen be­ftimmungen über die Sparmaßnahmen beim Nachrichtenamt und die Fortsetzung der zweiten Beratung des sozialdemokratischen Antrages über die Sparverfügungen des Magistrats. Die Beratungen be­

ginnen um 16% Uhr.

Mit   Wertheim ins Märchenland.

veranstaltet die Firma A. Wertheim, gemeinsam mit der

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wo

Ab Montag, den 23. November, bis einschließlich 15. Dezember Reederei Nobiling, Dampferfahrten für die   Berliner Schuljugend mit dem Wintermärchen" nach dem Müggelschlößchen", die gestrige Probefahrt, an der in der Hauptsache Lehrpersonal und meihnachtliche Märchenspiele die fleine Gesellschaft erfreuen sollen; andere schulbehördliche Vertreter teilnahmen, brachte bereits den Vorgeschmack der kommenden Genüsse. Im festlich geschmüdten Wintermärchen" ging es den Müggelbergen zu; im Reſtaurant Müggelschlößchen" wurden die Gäste mit Musit empfangen, dann stieg das meihnachtliche Märchenspiel Die Wunderkiste". Bater und verschlossene Weihnachtstifte der Obhut ihres Sohnes. Geplagt von Mutter, die einen Gang zu besorgen haben, übergeben die wohl­Neugier, bleibt der Jüngling auch wirklich standhaft und nimmt. Zuflucht zu seinem hochintereffanten Seemannsschmöter; auf einmal gibt es einen mächtigen Krach, der Kistendeckel fliegt hoch und der wackere Seebär aus der Geschichte steht leibhaftig vor dem staunenden jungen Mann; nachdem er mit Humor seine Reisegeschichte zum Besten gab, verschwindet er wieder, woher er gekommen und an seine Stelle tritt ein lustiger Malersmann, der allerlei Allotria auf der Leinwand treibt; ihm folgt eine jodelnde Tirolerin, ein Zulu­faffer und noch andere fröhliche Leute, die ihrem Publikum nicht bloß mas vormachen, sondern in lustigem Frage- und Antwortspiel die kleine Gesellschaft mitmachen lassen. Während der Dampferfahrt produzieren fich am Mikrophon jugendliche Rezitatoren, wer will, fann sich bei   Wertheim dazu melden und erhält für seine fünstlerische Tätigkeit" ein hübsches Spielzeug; außerdem merden Naschereien und Kaufbons unter die Kinder verteilt. Der ganze Spaß toftet 75 Pf., es haben sich bereits 5000 Teilnehmer gemeldet; die Fahrten finden täglich, außer Sonntags, um 14% Uhr ab Jannowizbrüde statt.

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