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BERLIN  Sonnabend 28. November 1931

Der Abend

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Nr. 558

B 279 48. Jahrgang

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Die Tscheka   im Braunen Haus

Geheimdienst und Mordlisten/ Die Polizei hat gehaussucht

München  , 28. November.( Eigenbericht.)

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Bon der Pressestelle der Reichsleitung der NSDAP.  - sonder barerweise nicht von der Polizei wurde am Freitagabend be­fanntgegeben, daß die von der Münchener Post" veröffent= lichte Mordliste der Polizei am Freitagabend Veranlassung zu einer Durchsuchung des Braunen Hauses   gegeben hat. lleber das Ergebnis der Haussuchung meldet die Presse­stelle der NSDAP., nicht die Polizei(!) das folgende:

,, Die Identität des bereits vorher bekannten Fälschers der Lifte konnte auf Grund des vorhandenen Materials einwandfrei festgestellt werden. Es handelt sich um einen gewissen Friedrich Löbel, der die Mordliste fabrizierte, die Unterschrift des Grafen du Moulin- Eckardt fälschte und das Ganze veröffentlichte."

Man erfährt von der Pressestelle der NSDAP  . selbstverständlich nicht, auf welche Weise die Polizei diese Feststellung getroffen haben soll. Die Polizei erklärt ihrerseits, daß der Inhalt dieser Mitteilung nicht richtig fei. Vielmehr sei die Untersuchung des aufgefundenen Materials noch nicht abgeschloffen.

Die ,, Münchener Post" erklärt gegenüber dem Täuschungsversuch der Pressestelle der NSDAP.  :

,, Wir halten unsere Darstellung über die Aus arbeitung von Mordlisten in vollem Umfange auf. recht und werden zu gegebener Zeit mit weiterem Material aufwarten."

Die Münchener Post" ist auf das genaueste darüber unter­richtet, daß zahlreiche solcher Mordlisten bestehen. Sie selbst befigt sieben Stüd davon. Wie solche Mordlisten in die Braris umgefeßt werden, haben die Münchener   Sozialdemokraten beim Hitler Butsch des Jahres 1922 erfahren. indexy gi

Gegenüber dem Versuch der NSDAP., alles abzuleugnen, ver­öffentlicht heute die Münchener Post" weiteres Material über den Geheimdienst im Braunen Haus. Es existiert in der Reichsleitung der NSDAP  . ein sogenannter Geheim­dienst, der in drei Abteilungen untergegliedert ist. Die erste Abteilung ist der Allgemeine Geheime Nachrichtendienst, deffen Leiter ein gewiffer Schumann ist.

Die zweite Abteilung ist der Geheime Nachrichtendienst der SA.   Truppen, dem die Ueberwachung der SA.- Männer ob­

Lösung des Problems

M

Wir Nazis werden nach Regierungsübernahme einfach so viele erschießen, daß sich die Arbeitslosenfrage ganz automatisch löst."

liegt. Der Leiter ist der Graf du Moulin- Edardi. Die zu tragen, trat der stellvertretende Bürgermeister, ein dritte Abteilung, die wichtigste, ist der Geheime Nachrichtendienst Nationalsozialist Kahl, in Aktion und verlangte von der SS. Das ist die ausgesprochene Zscheta, der Buhrke, daß er sofort verschwände. Als Buhrke auch eigentliche Femedienst. Die Leitung hat Prinz walded darauf keine Anstalten machte, die Situng zu verlassen, holte das Stadtoberhaupt die Polizei und auf Befehl dem noch ein Freiherr des stellvertretenden Bürgermeisters bemächtigten sich zwei Polizeibeamte des Berichterstat ters und schleppten ihn gewaltsam bis vor den Ausgang des Rathauses.

von

neben Pyrmont  , von Bossana beschäftigt wird.

Best- Praxis in Eutin  .

Terror in der Stadtverwaltung.

Kiel  , 28. November.( Eigenbericht.)

In Eutin   fand am Freitag eine öffentliche Stadtratssitung statt, zu der die Schleswig­Holsteinische Volkszeitung", wie üblich, ihren Bericht­erstatter entsandt hatte. Nach Eröffnung der Situng forderte der Naziführer mit dem deutschen   Namen Saalfeld   von dem Vorsitzenden die Entfernung des Berichterstatters, Genossen Buhrke. Wenn der Bericht erstatter nicht verschwinde, würde die Nazifraktion die Sigung verlassen und dadurch den Stadtrat beschluß­unfähig machen. Da aber die Arbeiten des Stadtrats fortgesetzt werden müßten, könne der Vorsitzende die Fraktion der Nazis nicht entbehren und infolgedessen müßte Herr Buhrke aus dem Saal heraus.

Der Berichterstatter erklärte, dass er nicht daran dächte, dem Verlangen der Nazis Folge zu leisten, worauf Saalfeld   bemerkte, daß die Nazis es ablehnen, mit Buhrke, der seit den Vorfällen vom 9. November ihnen mißliebig sei, in einem Saal zu sitzen.

Darauf forderte der Vorsitzende Buhrte dreimal auf, den Saal zu verlassen. Als Buhrke dann noch einmal erklärte, er denke nicht daran, ciner solchen ungeseklichen Forderung Rechnung

Schneefälle in Sicht.

Kältewelle aus Rußland.  - Straßenreinigung gerüstet. Mit dem wechselvollen früben und regnerischem Wetter dürfte es jetzt bald vorüber sein; aus Rußland   ist eine ältewelle im Anrüden, die nicht nur einen erheblichen Temperatur­if ur 3, sondern auch stärtere Schneefälle mit sich bringen wird. Der Amtliche Wetterdienst rechnet damit, daß dieser Wetter­umschwung fich bereits in den heutigen Abendstunden vollziehen wird.

Die Kältemelle hat bereits ganz Polen   überflutet. Aus Warschau   werden heute mittag Temperaturen von 4 bis 9 Grad Kälte gemeldet. Ganz Nordrußland und Finnland   steht unter dem Einfluß eines weitverbreiteten Hochdruckgebietes, in deffen Bereich Temperaturen bis zu 30 Grad Kälte herrschen. Mittelrußland verzeichnet 12 bis 26 Grad und Südrußland sogar 10 bis 14 Grad Kälte. Für die Jahreszeit ganz ungewöhnlich. tief­liegende Temperaturen werden van der Schwarzmeerfüste gedrahtet, selbst an der Krim   wurden 4 bis 7 Grad unter Null verzeichnet. Das nordöstliche hoch dehnt sich unaufhaltsam meiter na d) Besten aus. Polen   ist bereits erreicht und Ostpreußen   ist gleich­falls unter den Einfluß der ersten Ausläufer der Kältemelle ge­raten. Der zu erwartende Temperatursturz soll nun feineswegs Don vorübergehender Dauer sein, man glaubt vielmehr auf Grund der vorliegenden Anzeichen, daß die Frostperiode längere Zeit an­halten wird. Der Wintertönig wird seinen ersten Einzug halten. Ganz im Gegensatz zu den Temperaturen in Ost- und Mittel­ europa   wird aus den nördlichen Gebieten wahrhaft früh= lingshaftes Better gemeldet. Spitzbergen   hatte heute früh 2 Grad Wärme und auf Island   wurden durchschnittlich an­nähernd 10 Grad gemessen.

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Wie uns von der Städtischen Straßenreinigung auf Anfrage mitgeteilt wird, ist man auf einen plöglichen Schneeeinbruch in jeder Beziehung gerüstet. Nach einem bestimmten Schneeplan, der sich bereits im Vorjahr gut bewährt hat, wird zuerst an die Be­freiung der Innenstadt und im Anschluß daran an die Beseitigung der Schneemassen in den Außenbezirken gegangen. In ganz Berlin  stehen 340 Schneepflüge und zahlreiche Sandstreuwagen zum fofortigen Einfah bereit. Außer dem etwa 3000 Mann betragenden Stammpersonal tönnen jederzeit Erwerbslose eingesetzt werden, so baß im Bedarfsfalle genügend Mannschaften zur Schneebeseitigung

zur Verfügung stehen.

Skandal um Potsdam  .

Potsdamer   Stadtbauinspektor wegen Bestechung verhaftet.

Die Aufdedung der Potsdamer   Korruptionsaffäre zieht weitere Kreise. Außer dem Potsdamer   Tiefbauamt ist auch das Potsdamer   Hochbauamt von bestechlichen Beamten ge­schädigt worden. Der mit der Untersuchung der Fälle beauftragte Kriminalrat Degner verhaftete heute früh den Stadtober­inspektor Alfred Rauh, der bereits zugegeben hat, von Unter­

Die Nationalsozialisten scheinen tatsächlich der Ueber zeugung zu sein, daß Eutin   die vorläufige Hauptstadt des Dritten Reiches ist. Sie kümmern sich weder um das Recht noch um die Pflicht des Staatsbürgers, die ihm von der Reichsverfassung gegeben sind. Die Teilnehmerfirmen Geld erhalten zu haben. nahme an den öffentlichen Stadtratssitzungen ist das Recht eines jeden Bürgers. In diesem Falle handelte der Hinausgeworfene aber noch in Ausübung seiner beruflichen Pflicht. Es gibt kein Recht, das den Vorsitzenden einer öffentlichen Sihung ver­anlassen könnte, einen einer Partei mikliebigen Menschen aus dem Saal zu weisen, solange der Besucher sich im Rahmen der Umgangsformen hält, die den Ver­lauf der Verhandlungen nicht stören.

Die Schleswig- Holsteinische Volkszeitung" wird sich sofort beschwerdeführend an den Ministerpräsiden ten von Oldenburg   und an den Herrn Reichs. innenminister wenden, weil sie nicht gewillt ist, sich eine derartige Herausforderung gefallen zu lassen.

Der stellvertretende Bürgermeister Kahl hat auch die öffentliche Versammlung verboten, die von der Sozialdemokratie für Sonntag einberufen worden war und die über die Vorgänge, die sich am 9. November in Eutin   abspielten, und über die Bocksheimer Dokumente Aufklärung geben sollte.

Schon seit Tagen erhielten die Potsdamer   Ermittlungsbehörden zuschriften anonymer Art, daß auch beim Potsdamer   Hochbauamt, ftechungen vorgekommen sein sollen. Der Polizeibericht fagt das von dem Dezernenten Stadtbaurat Schiffer verwaltet wird, Be­heute folgendes: In dem Verfahren gegen mehrere Potsdamer  Unternehmer und gegen Beamte des Städtischen Bauamtes fanden heute morgen Besprechungen zunächst beim Finanzamt Potsdam  und im Anschluß daran bei der Staatsanwaltschaft statt. Gleich­zeitig murden bei zwei Potsdamer   Firmen die Ge Stadtbauinspettor Rauh vom Städtischen Hochbauamt fchäftsbücher beschlagnahmt, und es wurde der Firma hat sich dann im Laufe der einsetzenden Bernehmungen auf das Potsdamer   Polizeipräsidium gebracht. Bei der einen Firma hat sich dann im Laufe der einsetzenden Bernehmungen

ergeben,

daß Stadtbauinspektor Rauh Zuwendungen in Höhe von mehreren tausend Mark von Unternehmern erhalten hat. Rauh legte darauf ein volles Getändnis ab und wurde in Haft genommen.

Die Ermittlungen bei der zweiten Firma werden heute fortgesetzt. Am Montag wird der neue Sachverständige, Abteilungsdirektor