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Sühne für Schneider und Graf.

Die Mörder der Reichsbannerfameraden vor Gericht.

Tage maren alle drei bereits in Feldberg. Sie, wurden von einem Nationalsozialisten in Empfang genommen; der war über alles unterrichtet,

hatte auch auf Grund eines telegraphischen Befehls aus Berlin  für ein Hotel gesorgt.

Au der Schwelle dieses Jahres wurden die Reichsbanner-| Hauschte nach Oranienburg  . Hier trafen sie Beder. Am nächsten fameraden und Sozialdemokraten, der 23jährige milli Schnei der und der 29jährige Herbert Graf von Nazifugeln meuch­lings niedergeffredi. Am Ausgang des Jahres, am 11. Dezember, sollen sich die Mordbuben wegen ihrer blufigen Schandtal vor dem Landgericht I, Berlin  , verantworten. Die Verteidigungs­methode ist ihnen unmittelbar nach der Tat vom Angriff" eingeflüstert worden. Schneider, hieß es da, habe in Notwehr ge­handelt, er sei von Reichsbannerleuten angegriffen und zu Boder geschlagen worden. Nicht den Mörder trifft die Schuld, den Ermordeten. So dürfte die Berteidigung der Buben nicht minder feige sein, als der Mord am wehrlosen Gegner!

Die Empörung der Reichsbannerkameraden. Selten hat eine Nazibluttat eine derartige Empörung in der republikanischen Bevölkerung weit hinaus über die Grenzen Ber­ lins   ausgelöst, wie diese hier. 3mei junge Menschenleben waren ausgelöscht worden nicht im Verlaufe eines Wortwechsels oder einer tätlichen Auseinandersegung: nein, der Gegner mar

in die Wohnung feines Opfers eingedrungen

und hat es grundlos, aus nadter Mordlust, vor den Augen

der Eltern niedergefnallt; nicht anders der Komplice auf der Straße, den zufällig herbeigekommenen Reichsbannerfame raden Graf.

Schlimmer noch als die Morbtat war das Verhalten der Nazimordpresse nach der Ermordung der beiden Reichs­bannerlente. Der Angriff schrieb von Reichsbannerjämmer­lingen, Reichsbannerfirolchen, Reichsbannermordgesindel und Reichs­bannerjammerhorden: von Wegelagererbanden, zusammengelau fenem Gesindel, müsten Banden, roten Strolchen und feigen Lumpen. Der Itische Beobachter" fläffte über die ..Judenpresse", die da behaupte, die Mörder feien Nationalsozialisten. Die Deutsche Zeitung" schob die Schuld an der Ermordung Schneiders dem Reichsbanner zu. Und mährend Zehntausende von Republikanern in machtvollen Kundgebungen gegen die Nozimord: pest aufrüttelnden Protest erhoben, während Hunderttausende dem Reichsbannermann das lezte Geleit gaben, und die sozialdemofra­tische Fraktion im Preußischen Landtag   eine Große Anfrage ein brachte: Was die Regierung zur Steuerung der Mordpest zu tun beabsichtige,

fuchten die Nazimörder, deren Namen der Polizei bereits be­fannt waren fie hießen Beder, Hanste und kol­lah, mit Hilfe der Mörderbeförderungsfielle der NSDAP  . das Weite.

Auch für diese Zentrale ist niemand anderes als Adolf Hitler   verantwortlich; erst menige Wochen nach der Ermordung von Schneider und Graf hatte dieser Führer" in München   er­flärt: Es geschieht nichts in der Bewegung, ohne daß ich es weiß, und ohne daß ich es billige. Ja noch mehr, es geschieht gar nichts, ohne daß ich es wünsche." In der foeben der Barteipresse zugegangenen Totenliste der im Laufe der legten zwei Jahre von den Nazis Hingemordeten stehen diese beiden an 26. und 27. Stelle. Weitere 33 Ramen von Ermordeten folgen hinterher.

Die Nazi- Mörderbeförderungszentrale in Tätigkeit. Die NSDAP  . hat das Bestehen einer Mörderbeförderungs­zentrale ftets in Abrede gestellt. Ihre Eristenz ist aber diesmal flipp und flar erwiesen morden. Der Maurerlehrling Rollag wor nach dem 1. Januar im Begriff, fich dem Polizeiprä fidium zu stellen. Als er aber mit den eigentlichen Tätern Beder und Hauschte zusammentraf, murde er anderen Sinnes. Ein Parteigenosse überbrachte ihm die Order:

Cieber Kamerad! Sie erhalten hiermit den Befehl, den SAL- Kamerad Hauschke nach Feldberg  ( medlenburg) zu begleiten. Der Dienstfuende. Unterschrift: Sturmabteilung   2."

Dieser folgte eine zweite Order: Der ergangene Befehl ist fofort auszuführen. Unterschrift."

Rollag erhielt 3ehrgeld und Fahrspesen und fuhr mit

Man trug sich unter falschem Namen ins Fremdenbuch ein. Am 8. Januar tam ein neuer Befehl: nach Neubrandenburg   meiterzu­fahren. Jeder erhielt 30 Mart. In Neubrandenburg   murden sie von dem Sturmführer Borath empfangen; während Kol­latz bei diesem übernachtete, bezogen Hauschke und Beder ein Hotel. Am nächsten Morgen fuhren beide auf Grund der empfangenen Reiseroute nach Oberaudorf   in Bayern  . Sie hatten sich nach leber­schreitung der österreichischen   Grenze beim Nationalsozia listen von Maltig zu melden. Sie bekamen auch eine Be­fcheinigung mit: Der Ueberbringer ist arbeitslojer EA.- Mann und Parteigenosse, der der Unterstügung dringend bedürftig ist. Seine sonstigen Verhältnisse sind in Ordnung, seinen Angaben ist Glauben zu schenken."

Die Mörder auf der Flucht ins Ausland/ Verhaftung

Kollak tam nach Rülom bei Glienice in Medlenburg zum Sturmführer Walter Roch und erhielt am 30. Januar einen Brief aus Wien   folgenden Inhalts:

Cieber Kamerad! Deine Urlaubszeit ist jetzt zu Ende, die anderen beiden sind bereits im Trodenen; fahre bis Oberaudorf  , dann läufft Du den Jun etwa 20 minuten aufwärts und gelangst dann an eine Fähre, mit der Du Dich übersehen läßt. 2luf einem einstündigen Weg durch den Wald kommst Du noch Sufffein; Du mußt spätestens Mittwoch früh Deine Reise antreten, da man sonst annehmen muß, daß etwas dazwischengekommen ist. Unterschrift." Borath besorgte die Fahrlarte. Rollag fuhr über Bitten berge nach München   und weiter nach Oberaudorf  . Er ließ sich auf einer Fähre über den Inn   sezen und wurde in Kufstein   von einem Polizeibeamten festgenommen, weil er feine Ausweispapiere hatte. Bereits unterwegs legte er ein Geständnis ab. Beder murde Hauschke in Kufstein  . Letzterer hatte von seinem Parteigenossen im Juni in Wien   verhaftet, einen Tag später, am 13. Juni, Hauschke in Kufstein  . Legterer hatte von seinem Parteigenossen Weber dessen Baß zur weiteren Flucht nach Italien   erhalten.

Trazis gefolgt, um dafür zu sorgen, daß sie nicht gleich zurüdtamen und eine neue Schlägerei anzettelten.

Als Rollag und hauschte, die zur Filiale des Angriff".. gelaufen waren, um dort die Bache zi alarmieren, zusammen mit Becker in die Hufelandstraße zurückkehrten, herrschte hier voll= fommene Ruhe. Beder wurde von seinen Spießgesellen in den Zigarrenladen geschickt, fand dort niemanden vor, drang weiter ins Schlafzimmer, erblickte hier ein Kleidungsstück mit einem Reichsbannerabzeichen, stieß auf Frau Schneider, die ihn fragte, was er dort zu suchen habe. Beder antwortete pazig, er habe sich selbst das Recht zum Eindringen genommen.

In diesem Augenblick betrat Willi Schneider   als erster den Laden. Unmittelbar danach frachte der Schuß. Willi Schneider  brach zusammen. Beder flüchtete. Gleich darauf fiel draußen der zweite Schuß; Hauschte hatte Graf födlich am Kopfe verlegt.

Beder will in Notwehr gehandelt haben; Hauschke bestreitet, ge­schossen zu haben. Hat man je erlebt, daß SA.  - Mardbuben den Mut aufgebracht haben, zu ihrer Tat zu stehen? Dann wären fie ja feine rechten SA.  - Leute. Eine

Für die Verhandlungen find sechs Tage vorgesehen. große Zahl von Zeugen soll den wahren Sachverhalt fiären helfen. ein Bertuschen wird den Mordbuben nügen Sie werden unmittel­bar vor Silvester 1932 die Quittung erhalten für ihre Bluttat am Silvester 1931.

Die Geister, die sie riefen... Nationalsozialistische Welle über den Landbund.

Die Wahlen zu den Landwirtschaftskammern sehen in den ein­zelnen Provinzen und Landesteilen den Reichslandbund in einem verzweifelten Abmehrkampf gegen die nationalsozialistische Welle. Die Geister, die die radikalen großagrarischen Landbund­führer zum Kampf gegen den Margismus und gegen das, herr­schende System" aufriefen, menden sich nun gegen die Landbund= demagogen selbst.

Einige Zahlen von den Wahlen zu den Landwirtschaftskammern fennzeichnen die rapide Kräfteverschiebung in der agrarischen Wähler fchaft. Im Landkreis Rroffen erzielten die Hakenkreuzler auf den ersten Anhieb 1322 Stimmen gegen 2053 Landbundstimmen. Im Landkreis Guben   waren alle drei gewählten Kandidaten National­sozialisten. Bei der Wahl zur Pommerschen   Landwirt. fchaftskammer wurden 18 Landbündler und 12 National sozialisten gewählt. Sämtliche gewählten Nationalsozialisten aber maren Mitglieder des Landbundes, ein Zeichen für die Zersetzung. die die Hitler  - Propaganda im Lager des Landbundes angerichtet hat. Die Mörderbeförderungszentrale hatte tadellos funktioniert; In Ostpreußen   gelang es den Nationalsozialisten, 16 Kan­bloß Kollag Unvorsichtigkeit war den Komplicen zum Verhängnis didaten gegen 19 Landbündler durchzubringen, im Vogtland   er geworden. Er felbst wurde am 6. Mai mangels Fluchtverzielten sie 57 Bro3. aller abgegebenen Stimmen und in der Amis­dachts aus dem Untersuchungsgefängnis enthauptmannschaft Dschah sogar eine Dreiviertelmajorität gegen den laffen, jedoch unter dem Druck der öffentlichen Meinung wieder Landbund. Auch in Brandenburg  , mo fie in 11 Kreisen 24 Kandi 20jährigen Rollag, mie auch gegen den 25jährigen Maler Hauschte ständig. in Haft genommen. Die Anflage gegen ihn, den noch nicht daten gegen 17 Landbundsize durchbrachten, war ihr Sieg voll­lautet auf Totschlag. Der Werkmeister Ernst Porath, 35 Jahre alt, und der Kaufmann Karl Heinrich Weber, 27 Jahre olt, find der Begünstigung angeklagt, der 20jährige Privat­förster Kurt Breßl ebenso wie auch Beder und Hauschte des unbefugten Waffenbefizes..

Der Mord: Bon der Silvesterfeier in den Tod.

Ruft man sich die Tatsachen der Nacht vom 31. Dezember zum

i. Januar d. 3 ins Gedächtnis zurück, so erscheint es unverständlich. daß die Anklage nicht auf Mord, sondern bloß auf otfchlag lautet. Bei dem den Nationalsozialisten seit langem verhaßten so zialdemokratischen Funktionär Schneider waren zur Silvester­jeier einige Freunde versammelt. Man hatte in der zum Zigarren laden gehörenden Wohnung gemütlich Neujahr gefeiert. Einer der Gäste, Bruno Schneiber, hatte gegen 3 Uhr einige Festteil. nehmer begleitet und wurde nach seiner Rüdkehr von Kollag und Hauschte angerempelt. Es tam zu einem Wortwechsel, die Gäste aus dem Zigarrenladen eilten herbei; es murden aus dem Berkehrslokal Nazis alarmiert, aus dem Reichsbannerverkehrslokal Willi Schneider   rief das lle berfallfom= Reichsbannerleute. mando an: als es eintraf. war die Schlägerei bereits vorbei, die Nationalsozialisten geflüchtet. Der Angeklagte Bressel hatte dabei einige Schüsse in die Luft abgegeben. Schneiders Gäste waren den

Der Reichslandbund hat sich von jeher erbittert gegen jede Wahl von Arbeitervertretern zu den Landwirtschafts­tammern gewehrt. Die Landbefizer wollten in den Kammern unter fich bleiben, denn diese stellten nach ihrer Meinung nichts anderes dar als öffentliche Organe für produktionspolitische Gemeinschafts­arbeit". Die Bandarbeiter als politische Organisation sollten fein anderes Recht haben, als vor paritätischen Ausschüssen gnädigst angehört zu werden.

Jezt hat der Ultraradikalismus des Reichslandbundes sich selbst

erschlagen und: Hitlers   Mannen drüden als politie Gruppe die berufsständischen Bertreter mehr und mehr an die Wand. Vielleicht geht den von großagrarischen Führern verheyten Bauern ein Licht auf, wenn die Hitlerianer in den Landwirtschaftstammern beginnen, ihre produftionspolitische Gemeinschaftsarbeit" nach Bogheimer Muster aufzuziehen.

( Gewerkschaftliches siche 2. Beilage.)

Berantwortlich für Bolitik: Victor Schiff; Wirtschaft: 6. Klingelhöfer: Gewerkschaftsbewegung: 3. Steiner; Feuilleton  : Dr. John Shitowski: fofales und Conftiges: Friz Karstäbt; Anzeigen: Th. Glode; sämtlich in Berlin  . Berlag: Borwärts- Berlag Gm b. S., Berlin  . Drud: Borwärts- Buchdruderei und Berlagsanstalt Paul Ginger u. Co.. Berlin   S. 68, Lindenstraße 3. Hierzu 3 Beilagen.

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