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Nr. 579 48. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Freitag, 11. Dezember 1931

Die Sünden der Preisregelung.

Was der Volkswirtschaft und den Massen hilft, ist nur sehr unzulänglich geschehen.

Gewerkschaften und Sozialdemokratie haben immer wieder eine Berkoppelung der Preisfrage mit der Lohnfrage als wirtschaftlich falsch abgelehnt. Wirtschaftlich richtig sei allein der Verzicht auf jede weitere Lohujeutung, die Senfung der überhöhten Grundstoffpreise, Kohle, Elfen, Zement, Düngemittel u. a. und die Berbilligung der durch Zölle unfinnig überteuerten Lebensmittel des Massenbedarfs. Nur durch eine solche korrektur im Preisgefüge sei mit ihren Fort­wirkungen eine allmähliche Erhöhung der kauftraft und eine Wiederbelebung der Wirtschaft zu erwarten. Die vierte Notverord­nung hat diesen Weg nicht beschritten: im Zentrum ihrer Maß­nahmen steht die Cohajentung. Die Preissenkungsmaßnahmen er­fcheinen unzulänglich und ihrer Wirkung dazu zweifelhaft.

Un die Berbilligung der gegenüber dem internationalen Preisniveau weit überhöhten Getreide- und Juderpreise hat man sich nicht herangewagt.

Die erforderlichen Zollfeutungen für Getreide, die eine Preis­verbilligung hätten herbeiführen können, find nicht vorgenommen worden und nicht einmal der unter ganz anderen Verhältnissen vor mehreren Jahren festgelegte, wirtschaftlich längst überholte Zuckerhöchstpreis wird herabgefeht. Hier handelt es sich um für die Lebenshaltung der Massen gefährliche Berfäumuiffe. Wer­den fie nachgeholt?

Die Senfung der gebundenen Preise der Kartelle für Rohstoffe und Fertigwaren sowie der Markenartikelpreise um 10 Prozent war längst überfällig.

Die gebundenen Breise waren seit Krisenausbruch nur um etwa 10 Broz. geſentt worden. Gegenüber dem Preisniveau im Krisen­jahr 1926 find die freien Preise für Rohstoffe und Halbwaren bis November 1931 um fast 45 Proz. zurückgegangen; die ge bundenen Preise im gleichen Zeitraum nur um 7 Proz Hier waren Preisanpassungen längst erforderlich.

Die gemählte fchematische Herabseßung um 10 Proz. muß als sehr unzulängliche Regelung empfunden werden. In zahlreichen Fällen trägt die zehnprozentige Herabjegung eines megs der Martilage ausreichend, Rechnung. Bei einer Sentung der Eisenpreise um 10 Proz. würde zum Bei­spiel der deutsche Eisenpreis von 128 auf etwa 115 Mart geſentt werden, der Weltmarktpreis liegt aber zur Zeit nur etwa auf 60 Mart, so daß die deutschen Eisenpreise immer noch um faft 100 Proz. über den Weltmarttpreisen bleiben.

Bei verschiedenen monopolistisch organisierten Industrien, bei henen der inländische Absah starf zurüdgegangen ist, so z. B. bei der Eisenindustrie, wird der Fall eintreten, daß die verordnete Kostenfentung die Preis- und Erlössentung, die ja nur den inländischen Absatz betreffen, voll erreicht und sogar überschreitet. Die Eifenindustrie fezt gegenwärtig wohl nur etwa 40 Broz ihres Abfahes zu den inländischen Syndikatspreisen ab. Eine 10 prozentige Preisfentung bedeutet für fie also nur eine etma 4 prozentige Erlösminderung. Man fann sich ausrechnen, daß die Lohnsenkungen zuzüglich der Frachts ersparnisse( Erfagfrachten usw.) den Erlösausfall ersehen.

Bon einem echten Opfer der Eisenindustrie zum Beispiel. fann feine Rede sein.

Durch alle diese Maßnahmen erscheint es möglich, die Kahlenflein­handelspreise unter Einrechnung der Kartellpreisfenfung um bis zu 20 Proz. zu senken. Bei der Kontrolle der Innungspreise wird be­sonders sorgfältig geprüft werden müssen.

Die Notverordnung befreit

diejenigen Kartellpreise, die an internationale Berträge gebunden, find, vor der Preisherabſegung. Hierbei handelt es sich um verhältnismäßig feltene Fälle, da zunächst nur die Ausfuhr preise in den internationalen Syndikaten gemeinsam geregelt werden. Immerhin liegen auch für einige wichtige Waren, z. B. für Alu­minium, internationale Preisregelungen vor. Die Regierung hat die Pflicht, auch in diesem Falle bei den deutschen Verbänden auf eine Anpassung hinzuwirken. Sie profitieren ja ebenfalls von allen Kostenentlastungen.

Ob die Frachtensenkungen in vollem Umfange auch zu ent­sprechenden Preissenkungen führen, ist offen. Verschiedene Syn ditate, z. B. die Zementsyndikate und Großhandelsverbände, stellen ihre Breise frei Berbrauchsort. Wird die Regierung darauf achten, daß neben der Sentung der Werkspreise auch die Frachten­senfung der Abnehmer- und Verbraucherschaft voll zugute tommt? Eine Festsetzung neuer Verbraucherpreise bei Brennstoffen ist nicht gesichert.

Die Regierung hätte es nicht nötig gehabt, diesen schemati­fchen Eingriff in die gebundenen Preise, der zu vielen Unzu­länglichkeiten und unzufräglichkeiten führen wird, vorzunehmen, wenn sie einen Apparat für die Kontrolle der Mono­pole befäße, der eine fachverständige Beurteilung der Monopol­wirtschaft und eine entsprechende Preisbeeinflussung ermöglicht hätte. Gerade diese neue Maßnahme bestätigt wiederum, daß die Schaf fung eines besonderen Monopol- und kartell­amtes, wie wir es jeit Jahren fordern, unerläßlich ist, wenn man eine vernünftige Politik gegenüber den Monopolen treiben will. Immerhin stellt dieser Teil der Preissentungsmaßnahmen, so lückenhaft und unzulänglich er ist, eine Preissenfung per Rasse dar.

Gegenüber den versprochenen Preissenkungen per Termin, die uns der neue Reichskommiffar für Preisüberwachung bringen soll, haben wir stärksten Zweifel.

Es fäßt sich eben farm das haben alle Erfahrungen bes miesen das Kleinhandelspreisniveau milltürlich regulieren. Es ist vielleicht möglich, daß auf dem einen oder anderen Gebiet, mo ganz offensichtlich überhöhte Preisspannen vorliegen, an dem einen oder anderen Ort der Preiskommissar oder die von ihm eingesetzte Senfung der Unkosten, die der Handel durch Gehaltsabbau, Behörde sich durchsetzt. Aber es erscheint uns schon fraglich, ob die zehnprozentige Berbilligung der Mieten, Zinsnerbilligung und Frachtenfentung erhält, voll für die Berbraucher zur Aus wirtung fommen wird.

Sehr bedenklich wäre es, wenn die Arbeit des Kommissars, der nicht nur die Preisstellung für Lebenswichtige Waren, sondern auch für die lebenswichtigen Leistungen des täglichen Bedarfs, d. h.

die Versorgungs- und Verkehrstarife überwacht, sich in erster Reihe auf diese tonzentrieren würde. Kein Mort ist darüber zu verlieren, daß diese Tarife heute meist überhöht find, aber tatsächlich sind diese Tarife heute infolge der Finanznot der Gemeinden eben nicht ohne weiteres herabsehbar. Jeden Aus­fall müßte der Berbraucher durch neue Steuern aufbringen, so daß die Entlastung ausbleibt, oder die Kommunen würden gezimntgen, ihren Sozialaufmand noch meiter einzuschränken.

Go bleibt bel näherer Betrachtung auch hier der Eindruck, daß es fich teils um schematische und fückenhafte Eingriffe, teils um dilettantische und vielfach wenig aussichtsvolle Versuche handelt, die fich von unseren Forderungen der Anpassung der künstlich über­höhten Preise auf industriellem wie auf agrarischem Gebiet unter Aufrechterhaltung des Lohnniveaus unterscheiden und die auch gegenüber dem sofort wirksamen Lohnabbau noch feinen Ausgleich zu bieten vermögen.

Aufklärung über die Kreditfrise.

Die große Ausdehnung des Wechselumlaufs seit dem Juli.

Das Institut für Konjuntturforschung veröffentlicht| Entwicklung ist der deutliche Ausdrud der Einschrumpfung der wirt einige sehr bemerkenswerte 3iffern über die Beränderungen des deutschen Wechselumlaufs und der Besizverteilung der Wechsel­papiere, die ein interessantes Licht auf die Auswirkungen der Kredittrise vom Juli d. 3. werfen.

Die wesentliche Ursache der Kreditkrise ist die Kündigung bzw. Nichtverlängerung der furzfristigen ausländischen Kredite gewesen, die mit einem Schlage die Banten nor die Notwendigkeit gestellt hätte, die wieder ausgeliehenen Auslandsgelder fofort zu tun digen und ihre Eintreibung zur Zurüdzahlung der Auslands. tredite durchzuführen. Dabei stellte sich heraus, daß der größte Teil dieser Kredite nicht eintreibbar war, daß er eingefroren war und daß die größten Unternehmungen Deutschlands durch die zwangsmäßige Beitreibung zahlungsunfähig geworden wären. Für die Banten wäre ebenfalls die Zahlungsunfähigkeit allgemein ein­getreten nicht nur für Danat und Dresdener. In dieser Lage haben die Banken und die Reichsbank zusammengemirtt, um einen Erfaz für die bereits zurückgezahlten Auslandskredite zu schaffen; im übrigen trat dann das sogenannte Stillhalteabkommen für die ausländischen Kredite in Wirksamkeit. In erster Linie wurde der

Ersatz in der Ausstellung von Bankwechseln gefunden, die die Reichsbank sei es mit oder ohne Garantie öffentlicher Stellen- distontiert, d. h. gegen 3insabzug angetauft hat, womit die Lüde notdürftig geschlossen wurde.

Es ist eine beträchtliche Senkung der Kohlenfrachten vor gesehen, die sich hier im Preis auswirken muß. Möglich und Die wichtigste Folge dieser übrigens zwangsläufigen nötig ist die Senfung der übermäßigen handels Politit war eine Ausdehnung des Wechselumlaufes geminne, besonders in den unsinnigerweise zwischengeschalteten in Deutschland , die in strittem Widerspruch zu der allge Berthandelsorganisationen, wozu der Reichswirtschaftsminister aus: meinen Wirtschaftsentwicklung stehen mußte. Entsprechend dem all­drücklich in der Rotverordnung die Ermächtigung erhalten hat. gemeinen Wirtschaftsrückgang war vom Ottober 1928 bis zum Of Ferner sind auch dort, wo es notwendig ist, die Kleinhandels= tober 1929 der gesamte Wedjjelumlauf von 12,1 auf 11,3 milliarden spannen für jede Art ausbrand, für die gleichfalls eine gesunken. Im Oftober 1930 waren es nur noch 9,7, im Mai Regelung erfolgen soll, nach den neuen Bedingungen zu senken. 1931, turz vor der Kreditkrije, nur noch 8,5 milliarden Mart. Diese

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schaftlichen Tätigkeit in der Krise, denn Wechsel werden im allge meinen nur im Ausmaß der vorhandenen Wirtschaftsumfäße aus gestellt; die Reichsbant selbst disfontiert normalerweise nur Handelswechsel.

Die sogenannten Bantatzepte spielen nur eine geringe Rolle: im Ottober 1928 maren es 5 Broz., im Oktober 1930 und im Mai 1931 waren es 9 Proz.( in dieser Steigerung bis zum Mai 1931 fonimt zum Ausdrud, wie fehr befonders die hitter wahl auch schon vor der eigentlichen Kreditkrise im Juli die Be­megungsfähigkeit der Banten durch das wachsende Mißtrauen des Auslandes eingeengt hatte). Ganz entgegen der wirtschaft: lichen Entwicklung aber ist nom Mai 1931 bis zum Ottober 1931 der deutsche Wechselumlauf nicht mehr weiter gefunken, fon dern infolge der oben gekennzeichneten Lage im Sommer d. I. von 8,5 auf 10,9 nder um 2,4 Milliarden Mark gestiegen. Dabei stieg der llmlauf von Bantatzepten von 800 auf 1800 mil. Mart; der Anteil der Bankafzepte am gesamten Wechselumlauf erhöhte sich von 9 auf 17 Prozent. Es ist bekannt, daß in derselben Zeit der Wechselbestand der Reichsbant erheblich ge­stiegen ist; die Steigerung ist in erster Linie auch auf die Annahme von Bankakzepten neben den Handelswechseln durch die Reichsbank zurüdzuführen.

Die ausschlaggebende Rolle, die heute die Reichsbank in der deutschen Kreditwirtschaft spielt, wird auch durch die Anteilsnermehrung gefennzeichnet, die die Wechselbestände der Reichsbanf gegenüber dem Gesamtumlauf von Ende Mai bis Ende Oktober d. 3. zu verzeichnen haben. Bei der Reichsbant waren Ende Mai 1931 mur 1,8 Milliarden Wechsel, Ende Oktober aber rund 4 Milliarden oder 2,2 Milliarden mehr. Von Mai bis Ende Oktober hat sich der Anteil des Wechselbestands der Reichsbank trotz der bedeutenden Undaufs. steigerung von 21 auf 37 Bro3. Dom gesamten Wechsel

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