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BERLIN Dienstag 15. Dezember

1931

Der Abend

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Nr. 586

B 293 48. Jahrgang

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Der Angriff auf den Lohn

Stellungnahme des ADGB . zur Notverordnung

Hente vormittag trat im Gewerkschaftshaus der Bundesausschus des Allgemeinen Deut. schen Gewerkschaftsbundes zu einer außer ordentlichen Tagung zusammen, um vor allem zu der Iohnpolitischen Lage, die durch die Notver ordnung entstanden ist, Stellung zu nehmen.

Internationaler Faschismus

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Der Vorsitzende, Genosse Leipart , berichtete zunächst über die Bemühungen des Bundesvorstandes vor Zustandekommen der Not­verordnung, die Einheitsfront der Gewerkschaften einschließlich der Beamtenbünde zu sichern und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Leipart berichtete hierauf über die Besprechung, die die Ge­wertschaften aller Richtungen mit der Reichsregierung unter Anwesenheit des Reichskanzlers, des Reichsarbeitsministers, des Reichswirtschaftsministers und des Reichsfinanzministers gehabt haben. Bei diesen Besprechungen, die drei Stunden in Anspruch; nahmen, hat zunächst Leipart die Einwände und Wünsche der Organisationen vorgetragen. Er forderte die Hinausschiebung der Lohn­jentung bis die Breissenfung sich tatsächlich ausgewirkt haben mert, sonst mürbe sfy mieber nur um eine Borleistung der Ar­beiterschaft handeln. Er fritisierte lebhaft, daß die Notverordnung nichts für die Arbeitsbeschaffung porsehe. Wenn die Löhne allge. mein gesenft werden, dann werden auch Mittel frei, die unbedingt für die Arbeitsbeschaffung verwandt werden müssen. Be- t fonders notwendig sei dies bei dem Baugewerbe. Hier sehe aber die Rotverordnung nur vor, daß die Länderregierungen von l der Hauszinssteuer höchstens ein Fünftel zur Belebung des Bau­marttes verwenden tönnen.

Weiter sehe die Rotverordnung Steuerermäßigungen und den Erlaß von Steuern vor. Auch diese Mittel müßten zur Arbeits. beschaffung verwandt werden. Kritisiert habe er auch die

Verschlechterung der Sozialversicherung.

Gewiß werde nicht nur in das Tarifrecht, sondern auch in die Privatverträge eingegriffen. Während aber der Eingriff in die Privatverträge eng begrenzt sei, habe der Schlichter freie Hand. Auch das Recht des Schlichters müffe begrenzt werden. Die Lohn­jentung auf den Stand vom 10. Januar 1927 bedeute praktisch in den meisten Fällen die Her abseßung auf den Stand von 1925! Die Notverordnung sehe vor, daß die Parteien bis zum 19. Dezember die Bereinbarungen über die neuen Lohnsätze treffen sollten. Das sei schon technisch nicht möglich.

Was aber dann, wenn diese Vereinbarungen nicht zustande kommen? Soll dann der Schlichter allein bestimmen? Hier sei eine Möglichkeit, die Breissenkung vor der allgemeinen Lohnfentung einzuschalten, und zwar derart, daß die alten Löhne solange zu gelten hätten, bis die neuen Löhne festgesetzt seien. Wenn man fozusagen

durch einen Schiedsspruch des Reichspräsidenten neue Löhne feftfehe,

dann müsse auch verlangt werden, daß diese neuen Löhne all. gemeinverbindlich erklärt werden, und daß nicht durch Außenseiter diese niedrigen Löhne nochmals gedrückt werden.

Sehr scharf murde gegen die Ausnahmebehandlung der Reichs, Staats- und Gemeindearbeiter protestiert und verlangt, daß auch hier Berhandlungen über die neuen Löhne eingeschaltet werden. Zum Schluß wies Leipart den Bundesausschuß darauf hin, daß auf jeden Fall die alten Löhne weiter gelten, solange nicht die neuen Löhne vereinbart find.

Preisdiktator zieht um.

Bom Reichsernährungsministerium ins Bayernhaus". Der Preissenfungskommissar Oberbürgermeister Dr. Gördeler, der bisher im Reichsernährungsministerium in der Wilhelmstraße sein Büro hatte, wird dieser Tage mit seinen Beamten und Mit­arbeitern neue eigene Räume beziehen. Das neue Quartier wird im Bayernhaus in der Potsdamer Straße aufgeschlagen wer den, das dem Reiche gehört. Dieses Gebäude diente früher bekannt­lich dem Warenhaus Wolf Wertheim als Geschäftshaus, und während des Krieges war dort eine Reihe von Kriegsgesellschaften untergebracht. Im ganzen wird der Preissenfungsfommissar mit feinen Beamten ein aus fünf Räumen bestehendes Büro beziehen.

GEGEN DIE UNTERDRÜCKUNG

DER SÜDTIROLER DEUTSCHEN

Der 3taliener: Wie herrlich, daß den deutschen Nationalisten die internationale faschistische Solidarität über alles geht!"

schläge darüber vermissen, wie es möglich wäre, an die Stelle dieser Notverordnung etwas Besseres zu setzen. Es muß gerade Don freige wertschaftlichen Funttionären verlangt werden, daß sie an solchen Maßnahmen, wie sie die neueste Not­verordnung darstellt, nicht nur Kritik üben, sondern den verant­wortlichen Gewerkschaftsfunktionären auch brauchbare Vorschläge unterbreiten.

Die von etwa 1500 Funktionären besuchte Versammlung nahm gegen fünf Stimmen eine Entschließung an, in der die Ber­nichtung der Kaufkraft als der unglücklichste Lösungsversuch der Krise bezeichnet wird, und in der es u. a. wörtlich heißt:

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Ihre besondere Kritit richten aber die Funktionäre gegen die wenn auch angeblich nur vorübergehende Aufhebung des Tarifrechts. Der Zwangseingriff des Staates in die freien Ent­scheidungen der Tarifvertragsparteien führt auch sonst zu ver­urteilende diktatorische Methoden in das Sozialrecht ein. Die Funktionäre erwarten, daß dem Abwehrwillen der Organisation auch im parlamentarischen Kampf Rechnung getragen wird."

Der Schiedsspruch für Nordwest.

Der heutige ,, Borwärts"-Bericht über die Lohn- und Arbeits­zeit bei der Eisenindustriegruppe Nordwest nach dem gestrigen Schiedsspruch, bedarf einer Richtigstellung insofern, als der bis­herige Stundenlohn des 21jährigen Facharbeiters nicht von 75 Pf., sondern von 79 Pf. auf 70 Pf. herabgeseht wurde. Der Shundenlohn des 21jährigen Hilfsarbeiters, der auf 55 Pf. herabgesetzt wurde, betrug bisher nicht 60 Pf., sondern 63 Pf.

Der Schiedsspruch wurde von den Gewerkschaften abgelehnt. Die Unternehmer haben den Schiedsspruch angenommen und seine Berbindlichkeit beantragt. Die Nachverhandlungen beginnen Donnerstagvormittag um 9 Uhr im Reichsarbeitsministerium.

Weihnachtsrückfahrkarten.

Die Sonntagsrückfahrkarten der Reichsbahn gelten zu Weih­nachten vom

Der Landtag tritt zusammen. 23. Dezember bis 4. Januar. Solche Karten können

Mißtrauensantrag gegen den Finanzminister.

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Der Preußische Landtag trat heute mittag 12 Uhr zu seinem letzten Bollsizungsabschnitt vor Weihnachten zu­fammen, der sich voraussichtlich bis zum Freitag erstreden wird. Während auf der Tagesordnung der heutigen Sigung entwurf über die Umgestaltung des Dienst straf­nur fleinere Borlagen stehen unter anderem der Gesez­rechtes der nichtrichterlichen Beamten- will der Landtag am morgigen Mittwoch die Aussprache über den deutsch­nationalen Mißtrauensantrag gegen den preußischen Finanz­minister Klepper vornehmen. Die Abstimmung über diesen Mißtrauensantrag findet am Freitag statt.

30A. gegen Notverordnung.

Verstärkte Werbetätigkeit.

Am Montag abend nahm in den Sophiensälen eine start über­füllte Versammlung der Funktionäre der Ortsgruppe Berlin des 3d2 zu der Notverordnung Stellung. Genosse 3eiß erläuterte die einschneidenden Bestimmungen über die Gentung ber Löhne und Gehälter der Arbeiter und Angestellten in den öffentlichen Betrieben und in der Privatindustrie. Er betonte, daß nichts damit getan sei, gegen die Notverordnung zu protestieren, sondern daß man nach Mitteln und Wegen suchen müsse, diese fast unerträglichen Bestimmungen abzuändern.

auch fombiniert recht weit mit einer Er­mäßigung von einem pollen Drittel über Weih­ nachten und Neujahr verreisen fann. Man muß dann lediglich einige Tage vorher sich zum Mitteleuropäischen Reisebüro oder den besonderen Schaltern auf den Fernbahnhöfen begeben.

Drei Räuber im Auto.

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Raubüberfall auf Juwelengeschäft. Mit vorgehaltenen Pistolen.

3n der Dreibundstraße 45 wurde heute mittag ein über­aus verwegener Raubüberfall auf das Juweliergeschäft von Ru­dowski verübt.

Um 11.25 Uhr hielt vor dem Geschäft ein Auto, in dem sich brei Männer befanden. Einer von ihnen blieb am Steuer figen, die anderen beiden begaben sich in den Laden. Von dem In­haber, der allein in dem Geschäft anwesend war, ließen sich die Männer unter der Maske harmloser Kunden eine goldene Arm­banduhr vorlegen. Man wurde auch scheinbar handelseinig. Als es aber zum Bezahlen kommen sollte,

zogen die beiden Käufer" plößlich Pistolen hervor und richteten fie drohend auf Rudowski. Der Juwelier mußte die Hände hoch­heben und zusehen, wie die Banditen mehrere Tableaus, auf denen etwa 20 Armbanduhren lagen, an sich riffen und mit der Beute fluchtartig den Laden verließen. Der Geschäfts­mann rief jeẞt laut um Hilfe. Seine Rufe wurden von der In­haberin eines benachbarten Blumengeschäfts gehört. Als die Frau auf die Straße eilte, sah sie gerade noch, wie die Banditen das Auto bestiegen und in rasender Fahrt in Richtung Belle- Alliance- Straße davonfuhren. Um sich die Verfolger vom Leibe zu halten, feuer­ten die Flüchtenden aus dem Auto heraus noch zahlreiche Schüsse ab. Zwei Kugeln gingen fehl, die dritte zertrümmerte die Fensterscheibe des Juweliergeschäfts. Der Vorfall war inzwischen auch von zahlreichen Bassanten bemerkt worden, die Es war selbstverständlich, daß sich dem Referat des Genossen Verfolgung verlief jedoch ergebnislos, da die Täter bereits Beiß eine ausgiebige Diskussion anschloß, die fast bis einen zu großen Vorsprung erreicht hatten. Beamte des Raub­Mitternacht dauerte. Die Diskussion, das muß ganz offen aus- dezernats erschienen alsbald am Tatort und leiteten die ersten Er­gesprochen werden, brachte zwar den Unwillen der Funktionäre über mittlungen ein. Es ist nicht ausgeschlossen, daß es sich um die­die Notverordnung zum Ausdruck, ließ aber prattische Vor- selben Autobanditen handelt, die vor zwei Tagen in einem

Bei der Aktion der Gewerkschaften zur Erreichung dieses Zieles dürfen aber feinesfalls Schritte unternommen werden, die zur Folge haben fönnten, daß das Gebäude der Gewerkschaften zer schlagen wird, worauf bestimmte arbeiterfeindliche Kreise schon seit längerer Zeit hinarbeiten. Gerade diese Notverordnung zwinge die Funktionäre der Gewerkschaften, ihre Werbetätigkeit zu verstärken, damit die gewerkschaftliche Front aller Arbeitnehmer endlich so start werde, um derartige Notverordnungen von vornherein zu ver­hindern.