Einzelbild herunterladen
 

Eine Goebbels- Berſammlung aufgelöst Peinlich genaue Justiz. 130 ans *

Er provoziert Beleidigungen des Polizeivizepräsidenten und

greift Brüning scharf an.

Die Bersammlung die gestern von der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter"-Partei im Sportpalast veranstaltet wurde, bot das gewohnte Bild: Neben dem Paradegeneral der alten Armee, neben den Herren im Einglas, neben den schmisses verzierten Studenten und nicht zum wenigsten neben den Ber= tretern eines feiſten Bürgertums, sah man die jugendlichen Arbeits­losen, die Not und mangelnde Einsicht in dieses Lager verführt haben. Wenn man zudem noch die Damen und Dämchen fah, die vom bevorzugten Platz aus mit dem Zorgnon die wegen des Uniformverbotes in Zivil aufmarschierenden Männer der SA. be­äugelten und begutachteten, dann mußte man sich fragen: Wie kann sich hierhin ein flassenbewußter Proletarier verirren?

Die Einleitung zu nationalsozialistischen Versammlungen ist be fannt und abgeleiert: Man spielt in bunter Reihe Militärmärsche und gestohlene sozialistische Lieder, deren Terte auf ein Heil Hitler abgewandelt find. Dann hielt, von Heil Goebbels!" und Heil Doftor" begrüßt, der kleine Joseph seinen Einzug. Daß man es auf eine Propotation der Polizei absah, bewies schon der Vortrag eines Liedes, in dem das Gewehr, das man ergreifen müffe, eine Hauptrolle spielte. Der Bertreter der Polizei sah sich gezwungen, den Vortrag dieses Liedes abzubrechen.

Dann nahm Dr. Goebbels   das Wort und führte etwa fol­gendes aus: Ich werde mich heute sehr vorsichtig ausdrücken, denn in der Zeit, da durch die dritte( es handelt sich um die vierte, Herr Doktor) Notverordnung der sogenannte Weihnachtsfriede verkündet ward, habe ich mich bemüht, mir den Ton eines anständigen Staats­bürgers anzueignen.( Stürmische, von ironischen Rufen begleitete Heiterkeit.) Ich habe den Knigge studiert, um nicht Ungelegenheiten mit jenen zu haben, in deren Gegenwart zu reden ich hoffentlich bald das leztemal Gelegenheit haben werde.( Erneute Heiterfeit, die von 3 wischenrufen gegen die preußische Polizei begleitet ist.) Es wird mir möglich sein, mit der nötigen Vorsicht die politischen und wirtschaftlichen Dinge vor Ihnen flarzulegen, weil die Tatsachen selbst sprechen.

Unser Kampf richtete sich gegen die Regierung Brüning und gegen ihr System. Nach der Verfassung von Weimar ist der Reichstag als Vertretung des Volkswillens das ausschlaggebende Element in der Politik. Der Reichstag ist von der Regierung Brüning seit ihrem Bestehen ausgeschaltet worden. Wir haben es deshalb für unsere Pflicht gehalten, aus dem Parla­ment heraus zum Bolte zurückzukehren. Unser Führer hat dann im Hotel Kaiserhof zu den Bertretern der angelsächsischen Presse gesprochen. Seine Rede hat mehr Beachtung ge= funden als die Ausführungen des gegenwärtigen Reichstanzlers.( Stürmisches Bravo.) Unser Führer, frei von jedem Amt und jeder Berantwortung, weder Mitglied des Reichstags, noch auch nur deutscher   Staatsbürger( stürmische Pfui­rufe) spricht eben gleichwohl für das deutsche Volt. Hinter Brüning steht eine zerfallende Parlamentsmehrheit, und es wird nicht eher Ruhe in Deutschland   tommen, bis nicht die Homogenität zwischen dem Volkswillen und den Bertretern der Statsgewalt hergestellt ist. ( Stürmische Zustimmung.)

Unsere Gegner rufen demgegenüber jetzt zu einer Eisernen Front auf. Das Reichsbanner wimmert: Staat, pad zu! Und die fogenannten freien Gewerkschaften schließen sich an. Wir haben bisher keine große Angst vor der Eisernen Front gehabt. Wir glauben, daß mehr Blech als Eisen vorhanden ist.( Frenetische Heiferteit.) Aber unsere Ansichten änderten sich, als der Polizei vizepräsident Dr. Beiß( lärmende Zurufe: Jude, fibor im Berliner Tageblatt"( neuer Spettatel) feine Sympathie mit dieser Eisernen Front erklärte.( Erneute stürmische Zwischenrufe, die im einzelnen unverständlich bleiben.) Die Tat­sache, daß der Berliner   Bolizeivizepräsident sich in dieser Weise geäußert hat, zwingt uns, uns mit der Eisernen Front politisch...

Nach diesen Zwischenfällen wurde Goebbels   von dem amtieren­den Polizeibeamten unterbrochen. Die Versammlung wurde für aufgelöst erklärt. Goebbels   richtete einen Appell, nationalsozia­liftische Disziplin zu zeigen. Diese Disziplin zeigte sich darin, daß man Radau machte und grölte.

Bielleicht ist es bedauerlich, daß die Versammlung polizeilich aufgehoben wurde. Herr Goebbels mar so schön im Zuge, nament­lich auch etlichen Kreisen, die dem Kabinett Brüning nahestehen, die Augen zu öffnen, und man hätte von dem Beleidiger Hindenburgs fo gerne gehört, wie er über die Berhandlungen seines Führers" mit den Herren der Reichsregierung über die Verlängerung der Reichspräsidentenschaft Herrn von Hindenburgs denkt.

Attentat auf italienischen Konsul

Schüsse in Paris   aus Rache

Paris  , 8. Januar.  ( Eigenbericht.) Auf den italienischen Konsul in Paris  , Gentile, wurde am Freitag turz nach 11 Uhr ein Attentat berübt.

Der Konsul hatte gerade eine Kraftdroschte verlassen und wollte bas Konsulat betreten, als ein junger italienischer Student namens Richichi auf ihn zutrat und vier Revolverschüsse auf ihn abgab, die ihn am rechten Oberschenkel erheblich verlegten. Während der Ronful zusammenbrach, ergriff der Attentäter die Flucht. Der vor dem Konsulat wachhabende Polizeibeamte nahm sofort die Ber folgung des Täters auf. Er hatte den Flüchtling fast eingeholt, als dieser sich umbrehte und zwei Schüsse auf den Beamten abgab, die jedoch fehlgingen. Einige Schritte weiter stellte sich dem Italiener  ein anderer Polizeibeamter in den Weg. Jetzt gelang es, thn zu überwältigen und abzuführen. Auf dem Wege zur Bolizeimache wäre er von der Menge beinahe gelyncht worden. Richichi erklärte bei feiner Bernehmung, daß er das Attentat aus Rache begangen habe, da er auf Veranlassung des Konsuls aus der italienischen Schule als Hilfslehrer entlassen worden wäre und manumehr ohne Mittel für sein Studium sei. Das Konsulat hat die Angaben Richichis bestätigt. Die Entlassung sei erfolgt, nachdem man er fahren habe, daß Richichi in seiner Heimat wegen eines ftraf­rechtlichen Bergehens verurteilt worden fel.

Der Konsul schwebt nicht in Lebensgefahr. Er wurde am Freitagnachmittag operiert.

Sprengstoff- Fund bei Italienern in Paris  . Wie Havas berichtet, verhört die Polizei gegenwärtig drei italienische Staatsangehörige, bei denen eine größere Menge Sprengstoff gefunden wurde. Es besteht der Verdacht, daß die drei Italiener einen Anschlag in Italien   ausführen wollten. Es soll sich bei den Verhafteten um drei italienische Anarchisten handeln. Der eine, der aus Bologna   stam mende Eduard Leln, habe bei einem italienischen   Arbeitgeber in der Nähe von Briançon   in den franzöfifchen Alpen die Sprengstoffe hergestellt und 30 Kilo davon nach Baris gebracht. Die beiden bzw.

FASANENSTR MEINEKESTR

JOACHIMSTHALERSTR

GEDACHTNIS

IRCHE

Go, Angeklagter, nun machen Sie mal an diesen Schildern vor, wie Gie damals von der Gedächtniskirche zur Fasanenstraße gegangen sind. Halt, nicht so schnell, nicht so schnell! Bedenken Sie doch: Zur Joachimsthalerstraße sind mindestens fünf Minuten Weg!"

Attentat auf den Kaiser von Japan  .

Die Schüffe eines Koreaners.

China   stimmt natürlich zu.

Aus London   wird gemeldet: Gestern wurde auf den Kaiser  | weiter im Vormarsch befinden. Ihr Ziel fei, die letzten von Japan Hirdhito bei seiner Rüdtehr von einer militärischen chinesischen Kräfte aus der Mandschurei   zu vertreiben. Parade in Tofio von einem 32jährigen Koreaner namens Rihosho ein Bombenattentat verübt. Der Kaiser ist nicht verlegt worden. Man nimmt an, daß die indische Unabhängigkeits­bewegung auch den Wunsch der Koreaner nach Befreiung neu entflammt hat.

Die Polizeibehörden hatten die Veröffentlichung der Nachrichten über das versuchte Attentat verboten, doch hatte eine javanische Zeitung bereits Egtrablätter herausgegeben und die Nachricht war bald darauf in gans Japan   verbreitet. Die Polizei hat Durch­fuchungen im rabifalen Viertel von Toflo vorgenommen

Die Regierung zurückgetreten.

Zofio, 8. Januar.  ( Eigenbericht.)

Das japanische& abinett Juntai ist zurüdgetreten, weil es fich für den Schuh des Lebens des Kaifers verantwortlich fühlt und die Tatsache des erfolgten Bombenattentats als eine moralische Belaffung empfindet. Ein Auftrag zur Neubildung der Regierung ist von dem Mikado bisher nicht erteilt worden.

Ablenkungsmanöver gegen China  .

Totio, 8. Januar.

Bie verlautet, soll die Untersuchung des Anschlags auf den Kaiser von Japan   ergeben haben, daß der Urheber von der provisorischen foreanischen Regierung in Shang­ hai  (!) zwei Bomben und 300 Den erhalten habe.( Der Bersuch, den Volkszorn auf Urheber abzulenten, die in Schanghai  , also in China  , leben sollen, ist offenkundig. Red.)

Japaner marschieren weiter!

Genf  , 8. Januar.  ( Eigenbericht.) Die chinesische Regierung hat dem Böllerbundssekretariat am Freitag mitgeteilt, daß fich die Japaner   in der Mandschurei

Der Langsam Prozeß.

Heute Rechtsanwalt Apfel als Zeuge.

Ranting, 8. Januar.

Wie verlautet, wird die chinesische Regierung in ihrer Antwort auf die amerikanische   Note über die mandschurische Frage der Hal­tung der Bereinigten Staaten juftimmen und erneut den Stand. punkt Chinas   in dieser Frage darlegen. Die chinesische Regierung sei entschlossen, ihren Standpunkt nachdrücklicher als bisher zu verteidigen.

Japans   ablehnender Standpunft.

Zotlo, 8. Januar.  ( Reufer.). Ein Vertreter des Ministeriums des Aeußeren erklärte, die Bereinigten Staaten tönnten vielleicht der Auffaffung fein, daß das Vorgehen Japans   in der Mandschurei   eine Berletzung der Ver­waltungshoheit Chinas   darstelle, in wirklichkeit habe aber anting   niemals die Verwaltungshoheit in der Man­dichurei ausgeübt, außer vielleicht nominell

Japan   könne seine Aktion in der Mandschurei   nicht ändern,

denn es habe nur ein Mindest maß von Vorsichtsmaßnahmen zur Wahrung feiner begründeten Interessen und Rechte ergriffen. Es wolle nicht mehr haben als das, worauf es auf Grund der be­stehenden Verträge einen Anspruch habe.(?)

Nanking   will Beziehungen in Tokio   abbrechen?

Condon, 8. Januar.

Die chinesische   Regierung beabsichtigt, britischen Meldungen aus Kanking zufolge, die diplomatischen Beziehungen zu Japan   abzubrechen, um hierdurch einen Drud auf die japanische   Regierung auszuüben. Sie beabsichtige gleichzeifig, eine & onferenz der Unterzeichner des Kellogg  - Bertrages und des Neun- Mächte- Abkommens vorzuschlagen.

Riefenburg den Spazierstock zu enreißen. In dem Ringen, das sich entspann, fuchte sich Riefenburg mit dem Sfod zu wehren. Hierauf haben wir nur gewartet," erklärten die Nationalsozialisten und schlugen nun gemeinsam auf Riefenburg mit der Faust und dem Stod ein, stießen ihn mit dem Fuß in so brutaler Weise, daß Riesen­burg zu Boden stürzte. Durch den Stoß mit dem Fuß oder den Stockschlag erlitt Riefenburg einen komplizierten, besons ders schweren Beinbruch, der ihn drei Monate ans Kranken­bett feffelte. Noch als der Wehrlose am Boden lag,

Der Helldorf   Prozeß geht heute meiter. Als erster wird Rechts­anwalt Dr. Apfel vernommen. Für den 21. Januar ift Goebbels vorgesehen. Während der ersten Berhandlung befand er sich auf Reifen und tonnte nicht gehört werden. Der Vertrauensmann der Polizei hatte mit aller Bestimmtheit befundet, daß unmittelbar vor dem jüdischen Neujahrsest zwischen Helldorf   und Goebbels   eine Verschlugen die Rohlinge auf ihn ein. einbarung stattgefunden hatte, am 14. September auf dem Kur­ fürstendamm   die S2. demonstrieren zu lassen.

Die Kriminalpolizei ist eifrig bemüht, festzustellen, was hinter dem Aufruf des früheren SA.- Führers Friz Günther stedt, der darin dem Grafen Helldorf   unverhohlen den Vorwurf macht, er habe die SA.- Leute auf den Kurfürstendamm   befohlen, um sie hinter­her im Stich zu lassen. Das Ergebnis der polizeilichen Bemühungen fteht noch aus.

Rache für den Kurfürstendamm  .

Mejerif, 8. Januar.  ( Eigenbericht.) Am 4. Ottober 1931 überfiel ber 19jährige Nationalsozia Lift Briefche gemeinschaftlich mit einem unermittelten Täter in Meserih   ohne jeden Anlaß den 26jährigen Raufmann Riesenburg. Nachdem die beiden Nationalsozialisten zunächst durch grob beleidigende zurufe Riefenburg gereizt hatten, hinderten sie ihn am Heimweg, indem sie ihm erklärten:

Euretwegen haben unsere Kameraden in Berlin   zwei Jahre für den Kurfürstendamm   bekommen, heute machen wir dich fertig und bekommen gar nichts!"

Der Polizei gelang es nur, einen der Täter, den Griesche, zu ermitteln, der sich am 7. Januar 1932 vor dem Amtsgericht in Meserig zu verantworten hatte. Bor Gericht spielte er den Ahnungslosen, der den Mittäter nicht tennen wollte. Erklärung für seine brutale Tat fonnte er nicht geben.

Eine

Sie fuchte sein nationalsozialistischer Verteidiger darin, daß Riefenburg Angehöriger   jener Raffe sei, der der Erfinder der Klaffenkampf- und Klaffenhaßtheorie Mardochai oder Mordochai entstamme"( gemeint ist Marg).

Diese geiftvollen Ausführungen waren anscheinend der Anlaß für den nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten Rittergutsbefizer pon Corswant, dem Termin persönlich beizuwohnen und bie stramme Haltung des waderen SA.- Mannes und fulminanten Ber teibigers zu tontrollieren.

Obwohl der Vertreter des Nebentlägers Riesenburg, Rechts­anwalt Dr. Reichmann- Berlin  , ebenso wie die Staatsanwaltschaft ausführlich nachwiesen, daß der Schulfall einer gefährlichen Rörperverletzung verwirklicht sei, verurteilte das Gericht nur megen einfacher Störperverlegung und Beleidigung. Griesche wurde mit zwei Monaten und einer Woche Gefängnis bes

anderen verhafteten Staliener jollen Lely lediglich beherbergt bam. am nächsten Augenblic ang Griescht seine Jade as unb juhte straft ihm bei dem Transport der Sprengstoffe geholfen haben.