Ein Roman für alle
Oft dringen Stimmen zu den Ohren der Redaktion, die mit dem Zeitungsroman abrechnen. Der eine liebt Tempo, der andere Beschaulichkeit, der will Romantik, jener Sport. Um allen Wünschen gerecht zu werden, hat sich unser Feuilletonkollege entschlossen, einen Roman zu schreiben, der alle befriedigen wird: er richtet sich nämlich inhaltlidi streng nach den Wünschen, die in tags zuvor eingegangenen Beschwerdebriefen geäußert wurden. Wir veröffentlichen heute dieses literarisch einzig dastehende Werk und hoffen endlich einmal, einstimmiges Lob zu ernten. Die Redaktion.
Hulda weint am See
6. Fortschung
Erfolg war da. Liebe? leberholt. Arved aß. Arved tranf. Arved schlief. Gefährtin? Man sprach darüber. Dreimal. Resultat: Arved war entschlossen. Sie hieß Aaka. War siebzig. Fabelhaftes Weib. Einziges Manko: fie aß gern Krebsjuppen. erdigungen zu unsachlich vor sich gehen. Deshalb. Das hielt sie! ( Berechtigt!) Er anerkannte es. Empfand Hochachtung. Speiste deshalb Sonntags mit ihr im Adlon. leberwachte ihre Massage.
Roman von O. F. Henri Copyrigth 1930 by Vorwärts- Verlag, Berlin ( Rest animalischer Gier.) Sie wollte nicht sterben! Weil Be
Ein herrlicher Oktobertag. Ueber den blaßblauen See huschten die letzten Segel. Die Kiefern am Waldrande spiegelten sich in der fühlen Flut, auf der von vereinzelten Laubbäumen herabgewehte, bereits vergilbte Blätter lagen. Still war es ringsum, und still sollte es an jenem Tage auch bleiben. Nichts regte sich. Nicht einmal das Eichhörnchen, das auf dem dritten Ast( von unten) einer himmelaufstrebenden Buche saß und an einer Bucheder fnabberte, rührte sich vom Fleck. Es war. wie wenn man die Natur zu Grabe trüge. Einsam am Rande des Sees stand hinter einer verwilderten Rotdornhede, gerade als ob sie dort gewachsen märe, eine Bank. Wie oft hatten sich frohe Menschen auf sie gesetzt, heute blieb sie leer.
Sehr geehrter Herr Redakteur!
So leer wie die Bank in Ihrem Roman, so leer scheint mir auch der Roman selbst zu sein. Was sind das für langweilige Naturschilderungen! Blöde Romantik, die in unsere Zeit gar nicht mebr paẞt! Was gebt uns ein See im Herbst an? Die Stadt mit ihrem vielseitigen Tun und Treiben liegt uns viel näher. Also sorgen Sie mal für was anderes!
Hochachtend
Willi Pachnidke, Monteur.
1. Fortjehung.
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Doch sollte die Bant nicht lange leer bleiben. Zur Zeit unserer Betrachtung gegen 4 1hr nachmittag find Arved und Hulda unterwegs nach dem See. Borläufig aber fizen sie noch in einem Café in der City. Autos tuten, Straßenbahnen flingeln durch das Gemühl der Massen. Wo hastei alles hin? In die Fabrit, ins Büro, nach Bahnhöfen und Konzertlokalen. Arved sicht in das Getriebe. Es macht ihn verrückt. Diese Hast, diese Flucht! Wahin? Zur Arbeit, zum Bergnügen, zur Freude, ins Berderben! Bohin?! Ueberall lauert der Moloch Stadt, frißt täglich tausend Seelen und speit deren Reste in dunkle Gassen, weit draußen, wo RangierLokomotiven zwischen den Signallaternen des Vorstadtbahnhofs umherirren.
Lieber Herr!
In den letzten zehn Jahren brachten Sie keinen Roman, der sich für uns Frauen geeignet 6 bätte. Auch dieser. Roman sagt uns gar nichts. Kommen Menschen darin vor, die von ihren Ge fühlen sprechen, die... Was soll ich weiter schreiben: es fehlt bei Ihnen der Sinn für Liebe, für Gefühle.
Womit ich verbleibe
2. Fortsetzung.
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Gia Heinersbach.
,, Nein", sagte Areved, hier halte ich es nicht länger aus. Dieses Getriebe es zermürbt mich. Ich will Friede und Dabei sah er Hulda an. Sie schlug ihm die Augen voll entgegen. Dann fuhren sie nach dem kleinen See. War es falt auf jener einsamen Bant? Nein! Denn ihre Herzen glühten. Längst hatten sie sich gefüßt, ihre Lippen aneinandergepreßt, daß das Blut wie ein rasender Feuerstrom sich vom Herzen einen Weg bahnte zu den Liebeseinöden ihres Körpers. Sie versanten trunken von heißem Glück in sich selbst und.
Wertgeschätzte Redaktion!
So etwas nennt sich Redaktion? Danke schön. Da hält man Ihre Zeitung, die ich von heute ab abbestelle, jawohl, denn meine 16jährige hat sich den Roman gestern mit ins Bett genommen. Wo soll das hin? Das frage ich Sie, Herr. Eine Schweinerei abonniere ich nicht, merken Sie sich das. Ich habe nichts gegen Liebe, aber so eine Liebe ist keine Liebe. Liebe ist viel zarter, aber das verstehen solche Verführer wie Sie ja nicht.
Mit aller Verachtung solcher Leute Ihres Schlages. Gertrud Müller, Hausfrau.
3. Fortsetzung. Blöglich besannen sie sich.„ Mein", sagte Arved ,,, meine Liebe zu dir ist mir heilig." Er zog sich scheu zurück und jah, mie sie leise errötete. Ueber dem hauchfeinen Purpur ihrer linten Wange fräujelte sich ein blondes Löckchen, das er behutsam in seine Hände nahm und mit sanfter Inbrunst an die Lippen drückte. Hulda war einer Ohnmacht nahe, so hatte das Glück sie übermannt. Arveds männlicher Stolz, seine ritterliche Art frieben ihr in diesem Augenblid Tränen der Freude in die Augen; Tränen am See. Sie rollten unablässig über ihre ungeschminkten Wangen auf das harte Holz der Bank am stillen Sec. Während sie mit zitternden Händen aus ihrem Täschchen ein kleines Fläschchen mit 4711 zog, um ihre ebenso heiße wie zarte Stirn zu fühlen Arved suchte ihr inzwischen die letzten Wasserrosen, da fnisterte etwas in der Nähe. Ein Böglein?
Das Telephon läutet:„ Bitte, hier
eurem neuen
Redaktion...? ..Mensch, seid ihr denn alle varickt jeworn da oben. Ich habe jrade Frühstückspause und lese die letzte Fortsetzung von Roman. Hält ja keen Mensch aus! So'n Gewimmre von Liebe und so. Is ja allens Quatsch. Jibt's ja gar nich mehr. Solche Romane schmeißen Se man wech. Wir woll'n wat von
Wallaze oder so lesen, det is eher'n Ding. Alle Tage passiert'n Mord oder so wat ähnliches, aber bei Ihn' bei Ihn', da knutschen sie sich ab, ooch noch nich mal richtig, so'n Senfjeheule..." ( Hallo, Redaktion, ich unterbreche, Sie werden von Berlin verlangt auf 295.)
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4. Fortsetzung.
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.. Plötzlich, was war das. Der Detektiv sprang mit einem Satz zu der Bank, wo das Mädchen leblos hingesunken war. Es roch sehr scharf nach Parfüm.„ Seltsam", sagte Allan Gray, Parfüm... hier im Walde?" Er riß das Fläschchen weg und warf es ins Wasser, das brausend aufzischte. In diesem Augenblick tam Arved wieder, eine Seerose in seiner Hand. Eben sagte Allan Gran noch: ,, Da kommt der Mörder. Packt ihn...!" da rig Mr. Macpherson sich den Spizbart vom Kinn und griff mit eiserner Gewalt nach Allan Grays Händen. Sie sind erstaunt über die Verwandlung, old by, ja, Sie haben sich getäuscht, ich bin nicht Macpherson!! Scottland Yard schickte mich mit, um auf Ihr sauberes Handwerk zu achten!" Währenddessen stürzte sich Arved
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über die leblose Hulda. Alles war ihm rätselhaft. Die Männer? Das Riechfläschchen? Der Meister trat zu Arved: ,, Dieser Mann
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er zeigte auf Allan Gray wollte Sie des Mordes verdächtigen. Er stahl vom Tisch des Caféhauses, wo Sie vorhin saßen, das Fläschchen, das die Dame für einen Augenblid un beachtet stehen ließ, träufelte Gift hinein und stellte es unbemerkt wieder hin Ja, old boy, wandte sich der Meister an den Berbrecher, Ihre Erpresserabsichten habe ich diesmal durchkreuzt." In diesem Augenblid ertönte unter der Bank ein mächtiger Knall. Splitter flogen umher, Rauch stieg auf. Ein Schrei zerriß die Luft.
Sehr geehrter Herr!
Mit Interesse verfolgte ich Ihren neuen Roman, aber offengestanden, zeitgemäß ist er nicht. Liebesgeschichten, olle Detektivkamellen. Wie oft hat man das schon gelesen. Tausendmal. Haben Sie schon einmal etwas vom Sport gehört? Wo ist in Ihrem Roman von diesem wichtigen Teil unseres Kulturlebens die Rede? Nirgends. Dafür bringen Sie so unwahrscheinlichen Kitsch, den man nicht lesen kann.
Mit Hochachtung
Felix Nesseltrieb, Sportsman.
5. Fortsetzung.
Jahre gingen dahin. Der Knall unter der Bank, damals am See, war nichts weiter als die Explosion einer Bombe, durch die Hulda mieder aus ihrer tiefen Remußtlosigkeit erwachte und ihr Mörder zerrissen wurde. Der Meister von Scotland Yard nahm sich Arveds an und ließ ihn Borer werden. Als ihn Hulda einst Diag Schmeling gegenüberstehen sah, bangte sie um sein Kinn und bat ihn, die Borerlaufbahn ihr zuliebe aufzugeben und mit ihr ein Krawatten- Spezialgeschäft zu gründen. Stolz lehnte er ab und- gab damit zugleich seine Liebe auf. Hulda heiratete einen andern. An ihrem Hochzeitstage sah sie Arved im Ring. Tausende von Menschen ringsum. Die Lampen marfen ihr scharfes Licht auf die Körper der Kämpfenden. Eben hatte Schmeling einen Schlag gegen das Nasenbein bekommen; er blutete aus Augen und Dhren. Das Volk jubelte Arved zu, der diesen Moment benußte, um einen scharfen Linken auszuteilen. Der Hieb traf. Jubel, Begeisterung, Sturm, Blumen. Schmeling wurde ausgezählt. Die Menge tobte; eine Gräfin überkletterte die Seile und füßte Arveds Borhandschuhe. Es war ein großer Tag für Arved und sein Vaterland.
brief an redaktion.
ihr roman ist abzulehuen. aus ästhetischen gründen. zudem: falsche, modern sein sollende sportromantik. man wendet sich besserem zu. was ihnen fehlt? die hypererotische idee der pan- maskulin- femininen überwachung der sinne durch neue sachlichkeit. nur so werden sie leser halten!
geschrieben in neuer zeit
von hannes arnschewswicziski.
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Verehrter Herr Feuilletonredakteur! Wissen Sie, Ihr Roman ist nicht nur unmoralisch, er ist auch pervers. Ueberdies ist er langweilig, er ist ohne jede Phantasie. Es ist kein Wunder, alle Romane, die geschrieben werden, taugen nichts. Warum? Weil sie keine Phantasie haben, weil die Autoren Dussels sind. Denn sie haben keinen Stil. Ich würde Stil haben, wenn ich einen Roman schreiben würde. Aber ich bin kein Schriftsteller. Ich würde einen Zukunftsroman schreiben, denn ich würde sehr phantasievolle Sachen schildern.
Unter ergebener Hochachtung
Justinus Klätterer, Magistratskanzlist.
7. Fortsetzung.
unternehmen
Aus Angst, glücklich zu werden, trennten sie sich im letzten Augenblic. Es war eine Stunde vor dem Start zu dem großen Himmelsfluge, den Dr. ing. h. c. Phosphorius und sein Assistent tein anderer als der ehemalige Boger war es wollten. Alle Welt horchte gespannt. Sämtliche stratosphärischen Radiostationen hielten ihre radioelektrifizierten Lichtkegel in den unendlichen Raum. Die Marsbewohner bedauerten in einer wenige Minuten vor dem Start eintreffenden Depesche, daß Dr. Phosphorius erst auf seiner Rückfahrt den Mars berühren wolle. Jegt war es soweit. 37 Uhr 56 Minuten zählte die Generaluhr 58... 59... Dr. Phosphorius hielt die Hand am Hebel, eins der Caelo Expreß- Companie. Der Zeiger rudte nor. 57.. ruhige Gelehrtenhand voll eiserner Energie. 38.00 Uhr! Ein ge
waltiges Dröhnen in der Luft. Eine heiße Welle schoß über den Play. Der Caelo- Expreß befand sich in diesem Augenblick bereits 138,5 Kilometer von der Erde entfernt. Von Viertelminute zu Biertelminute sprang der Entfernungsmesserzeiger, der vor dem Caelo- Direktionsgebäude angebracht war, vor Dr. Phosphorius sah aus dem Ausgud. Der Mond war bereits überholt. Das Surren seiner Umdrehung war noch zu hören. Drei Blitze zuckten. Arved sprang auf, Schweiß auf der Stirn. Eben wollte er den Regulator berühren, da lächelte Dr. Phosphorius:„ Mein Lieber, das war der Abschiedsgruß von Professor Williamspleen, der im Nerbital- Mondkrater zu Beobachtungen weilt!" Arved jah wieder hinaus in den unheimlichen Raum. Ein Feuerpunkt wurde größer und größer. größer und größer... rafte heran. Dr. Phosphorius erbleichte: ,, Der furchtbare Selladrinus- Komet. Verflucht. Meine Berechnung stimmt doch?!!?" Der Punkt wurde zur Kugel, die Kugel begann zu flackern, zerflog in eine Scheibe von Glut und Helle. Dr. Phosphorius ergriff die Hand des Assistenten. Sie zittern?"
Die glühende Scheibe verdeckte jetzt alles andere. In den nächsten Sekunden mußte die Katastrophe... Wir müssen hindurch!" schrie Dr. Phosphorius. Der Messer zeigte 130 687 Kilometer Stundengeschwindigkeit. Dr. Phosphorius stürzte an den Regulator. Wir müssen durch den Kometen!"
Wir haben eine traurige Pflicht za erfüllen: Unser verehrter Kollege vom Feuilleton ist nach der letzten Zuschrift zusammengebrochen und mußte in ein Nervensanatorium gebracht werden. In einem Anfall geistiger Umnachtung hat er die restlichen Blätter des Romans zum Frühstück aufs Brot gelegt und gegessen. Wir bedauern daher, sein interessantes Werk nicht weiter veröffentlichen zu können. Friede seinem Geiste! Die Redaktion.
Segovias„ Steinerne Harfe" fiehlt ein Schild aufdringlich Benfionen und Wohnungen zu billigen
Unter den vielen architektonischen Sehenswürdigkeiten Segovias, der Hauptstadt der gleichnamigen spanischen Provinz, stellt die altrömische Wasserleitung ein bautechnisches Unikum dar. Sind doch die Steine dieses gewaltigen Baumerts durch kein Bindemittel gefestigt, sondern loje übereinandergeschichtet, so daß das Ganze den Eindruck einer in der Luft schwebenden Steinmasse darstellt, ein Bild, welches das Wort des Dichters rechtfertigt, der den altrömischen Aquädukt eine Harfe aus Stein genannt hat. De Wasserleitung, melche die ganze Altstadt durchzieht, rund 1000 Meter lang und 65 Meter hoch ist, diente mit ihren 160 gewaltigen Doppelbögen bis vor kurzem noch der Wasserversorgung der Stadt, der sie das Trinkwasser vom Rio Frio der 20 Kilometer entfernten Sierra de Fonfria zuführt. Das Bauwerk ist ein Wunderwerk der Ingenieurkunst vor 2000 Jahren. Es erzählt von den Zeiten des Trajan und steht noch jest, während rings innher Zivilisation zugrunde gingen, und eine neue Belt erstand. Kein Versuch, das Rätsel dieses Bauwerts zu lösen, vermag den Eindruck der geheimnisvollen Macht zu vermischen, von der es Zeugnis ablegt. Unbeschadet aller technischen Erklärungen fragt man sich, wie es möglich ist, daß diefe aus lojen Steinen geschichteten Bogen, die fein Kalt und fein Mörtel zusammenhält, 2000 Jahre lang bestehen bleiben konnten.
Dabei zeigen die Linien dieser steinernen Harfe" eine Schönheit und Harmonie, mie sie altrömische Baumerte nirgends in dieser Balltomumenheit aufweisen, ganz abgesehen von dem tadellosen Zustand, in dem sich der Bau befindet. Kein Wunder, daß das altehrwürdige Baumer? von einem dichten Legendentranz umsponnen ist. Eine dieser Deutungen befagt, daß kein anderer als Luzifer in eigener Berson der Baumeister gewesen. Wie ein riesiges lleber bleibjel aus legendärer und heldischer Bergangenheit ragt die Wasserleitung in die Gegenwart. Von der Höhe aus überwacht das Granit maffin das geschäftige Martttreiben, das sich täglich zu feinen Füßen entfaltet. Ein feines Kaffeehaus hat sich, on einem der gewaltigen Pfeiler lebend, hier eingenijtet, und auf einem diefer Bjeiler emp
Preisen.„ Oben fließt das Wasser und darunter der Wein," fang Lope de Vega von dem granitenen Monument. Zu Füßen der Wasserleitung treffen sich allabendlich nach der Tagesarbeit die Bürger von Segovia , um die fleinen Tagesangelegenheiten zu befprechen. Diese Schwatzstunde der braven Bürger fontrastiert in eindrucksvoller Weise mit den altehrwürdigen Steinen. Wäre nicht das lärmende Echo des Rundfunks, das aus Kneipen und Häusern heraustlingt, jo fönnte man meinen, das Steinmaffiv, das der Stadt fein Gepräge gibt, jei ein Wert von gestern, und die schwatzende herinnspazierende Menge dieselbe, die vor 20 Jahrhunderten an warmen Sommerabenden im Schatten des Aquadukts nichts anderes
tat.
Niedrigere Strafen für französische Bigamisten. In Frankreich zulegen; man will damit denen, die zugleich mehrere Frauen nehmen, ist jetzt eine Bewegung entstanden, die Strafen für Bigamie herabnicht neuen Mut einflößen, sondern hofft, dadurch zu erreichen, daß eine größere Anzahl dieser llebeltäter auch wirklich verurteilt wird. Das gegenwärtige französische Strafgesetzbuch verhängt über Bigamie fehr schwere Ahrdungen bis zu 20 Jahren Gefängnis. Die Bigamisten kommen vor die Geschworenengerichte, und da man fich scheut, fie für ihre Verfehlungen so furchtbar büßen zu lassen, so spricht man sie häufig frei. Auf Grund dieser Freisprüche, die fich in der letzten Zeit sehr gehäuft haben, ist jetzt im Justizministerium eine Kommiffion zusammengetreten, um die Frage zu erörtern. Es wird vorgeschlagen, daß die Bigamie nicht mehr als ein Berbrechen, sondern nur noch als ein Vergehen bezeichnet werden soll, das nicht vor die Geschworenen sondern vor Berufsrichter tommt. Wenn diese Aenderung durchgeführt wird, dann dürften nur noch wenige Bigamisten freigesprochen werden. Bei den Geschworenen vermag die Redekunit des Anmaltes sehr viel, und besonders in Bigamiefällen haben die Männer mit den Angeklagten großes meniger zugänglich und fällt fein Urteil streng nach dem Gesez, so Mitleid. Der Berufsrichter ist solchen unsachlichen Einflüssen daß auf diese Weise mehr Bigamisten ins Gefängnis tommen würden und damit dieser in Frankreich sehr häufigen linfitte gesteuert würde.