Die Gozialpolitit im Dritten Reich.
Der Freie Angestellte", bas Organ des Zentralverbandes ber Angestellten, veröffentlicht in feiner nächsten am 16. Januar er fcheinenden Rummer einen Brief eines Herrn Walter Bergner. Mitglied des Bezirkswirtschaftsrats Geffen ber NSDAP. , der durch das Bogheimer Blutprogramm zu einer eigen. tümlichen Berühmtheit gelangt ist. Bergner ist auch Gauführer des Deutschnationalen Handlungsgehilfen. Berbandes. Er erfuhr in feiner Eigenschaft als wirtschaftspolitischer Gaufachberater" der Hitler- Bartei einiges über die fozialpolitischen Pläne, die durchgeführt werden sollen, falls das Dritte Reich tatsächlich Wahrheit merden sollte. Die Ab. fichten feiner Partei haben ihn fo tief erschüttert, daß er in einem Brief, der vom 8. Juli 1931 stammt und an ein Damals prominentes Mitglied der Hiller- Partei gerichtet war, feinem Herzen Luft machte. Er schreibt:
Ich muß Ihnen allerdings offen gestehen, daß ich von den porgetragenen Ansichten ziemlid) entfegt mar. Ich weiß nicht, ob Sie das fozialpolitische Programm der Deutschnationalen Boltspartei tennen. Wenn ja, werden Sie sicher bei einem Ber gleich festgestellt haben, daß bas, was Dr. Wagener in seinem Wirtschaftsmanifest plant, Geist vom Geifte der Deutsch . nationalen Boltspartei ist, daß amischen beiben Wirtschaftsprogrammen tein mefentlicher Unterschied besteht.
Ich fann mich recht gut erinnern, daß mir immer und immer darauf hinwiesen, daß der Arbeiter und der Angestellte endlich sein Recht und seinen Antei an den allgemeinen Produktionsgütern erhalten sollte. Nun dürfte es allgemein bekannt sein, daß der Arbeitnehmer allein unbedingt schwächer ist als der Arbeit geber, daß er sich gegen die Wiültür des meist liberalen Arbeitgebertums nur mehren fann, wenn er sich zusammenschließt.
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Das bekennt selbst Hitler in seinem Buch Mein Kampf " und jagt, solange Arbeitgeberverbände vorhanden sind, erst recht Gemertschaften vorhanden sein müßten. Darüber wollen wir uns doch klar sein, daß Differenzen zwischen Arbeitgebern und Arbeit nehmern im Dritten Reich nicht ohne weiteres verschwinden merben, trok Berbot DON Aussperrung und Streit."
Und was beabsichtigen die Nazis nach dem Berbot von Lohntämpfen an die Stelle der Sozialversicherung zu setzen? Hören wir weiter Herrn Walter Bergner, der es missen muß:
Besonders schmerzlich berührte mich die Stellungnahme der Reichsleitung zu der Sozialversicherung... burch eine 21 blösung ber heutigen Sozialversicherung burd) ein 3mangsfparfystem fchüttet man das Kind mit dem Babe aus. Auch hier treffen wir uns, d. h. Dr. Wagener und sein Kreis, mit den Ansichten der Deutschnationalen Volkspartei ." Bergner stellt dann fest, daß diefes Programm identisch ist mit den Forderungen des befannten reaktionären Brofessors Horneffer, das von den schwerindustriellen Scharfmachern abgesehen- allgemein abgelehnt wurde. Also die angeblich sozialistische Hitler- Bartel hat in den Fragen der Sozialpolitik das Programm, das in Deutschland nur die reattionärften Scharfmacher münschen, bas nicht einmal die Bereinigung der deutschen Arbeitgebernerbände des Herrn von Borfig vertritt. Und nun begreift man auch, warum diese Scharfmacher die angeblid) fozialistische Arbeiterpartei" Hitlers finanzieren.
Helldorf : Auto als Feldherrnhügel.
Der Führer des Krawalls beobachtet.
Jm Hellborf- Prozeß waren gestern fämtliche Angeklagten zur Stelle Die Berhandlung tonnte also ohite Berzögerung beginnen. Neben mehreren Polizeibeamten und einigen Kurfürstendamm . Berlegten tam der Neffe des ermordeten Balther Rathenau , ber Student Rathenau , als Zeuge zu Bort. Rathenau war in Jeinem Auto non Halensee gekommen, hatte es, um sich besser die Demonstration ansehen zu tönnen, in der Fasanenstraße abgestellt. Er war gerade im Begriff, von der Fasanenstraße in den Kurfürsten damm einzubiegen, als das rote Lampenzeichen dem Bertahr halt gebot. An das Auto, in dem Graf Helldorf saß, traten zwei Männer heran, die ebenso gefleidet waren wie die Demonstranten. Der eine fezte seinen Fuß auf das Trittbrett des Autos; entweder machte er den Infassen eine Mitteilung oder er erhielt Instruftionen. His Der Berkehr sich wieder in Bemegung fegte, gingen die beiden Män. ner in der Richtung zur Kaifer- Wilhelm- Gedächtniskirche und mach ten den Demonstranten irgendwelche Zeichen. Die eindeutigen Aussagen dieses äußerst sicheren Zeugen verfehlten schon in der ersten Berhandlung ihren Eindrud nicht. Sie haben seitdem an ihrer Sicherheit und Eindeutigkeit nichts eingebüßt. R.- 2. Dr. Sad, ber wohl speziell wegen dieses für Helldorf und die Mitinfassen feines Mutos so gefährlichen Zeugen gestern auf der Verteidigerbant er. fchienen war, versuchte die Aussage des Zeugen zu erschüttern. Bergeblich! Sie verlor nichts an ihrer Bedeutung und Wirkung. Es ist noch eine große Anzahl Zeugen zu vernehmen. Man hofft jedoch, am 21. Januar die Beweisaufnahme abschließen zu tönnen.
Entwaffnung der Republikaner .
Die Heimwehr bleibt unbehelligt.
Wien , 12. Januar. ( Eigenbericht.)
Die Polizei hat am Dienstag wiederum mit einem großen Aufgebot von Mannschaften im Ottakringer Arbeiterheim nach Waffen haussuchen lassen und in einem vermauerten Bersted 750 Ge mehre und sechs Maschinengewehre sowie Munition und Handgranaten beschlagnahm t.
Der Vorstand der Wiener Sozialdemokratie protestiert in einem Aufruf dagegen, daß die der Polizei bekannten Baffenlager der Heimwehr nicht ausgehoben werden, obwohl Starhemberg jeben Tag einen Butsch ankündigt, während die Waffert, die zur Berteidigung der Republik bestimmt sind, beschlagnahmt
merden.
Die Kunde von der Beschlagnahme verbreitete sich in dem Arbeiterbezirk Ottakring mit Bligesschnelle. Vor dem Arbeiterheim, das von einem Bolizeifordon abgesperrt war, sammelten sich im Laufe des Abends viele Arbeiter an, zumeist Rommuniften, die die Attion der Polizei mit 3urufen begleiteten. An einzelnen Stellen fam es zu zwischenfällen, wobei auch einige Berhaftungen
Borgenommen wurden.
Gewiffenhaftigkeit. Am Tage der ersten Besprechung BrüningHitler erschien diese Nachricht in einer 2. und 3. Ausgabe unferes Abendblattes. Die ,, Rote Fahne " and ihr nachbetend Die Welt am Abend" behaupteten tagsbarauf unnerfroren, wir hätten diese Nachricht totgefchmiegen. Am Dienstag teilt sie mit, was die Reichsbannerführer am morgigen Sonntag" beraten werben. Ja, aus dem Münzenberg wird das pure Gold höchfter Bemisferhaftigkeit gefördert.
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Die neuen Gralshüter.
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Bomben- Heim bleibt in Haft.
Troß der Einheitsfront Hugenberg- Thälmann!
Der Rechtsausschuß des Bandtages befaßte sich am Dienstag mit einem fommunistischen Antrag, wonach der Landtag das Staatsministerium beauftragen solle, den Bauernführer Claus Heim sofort in Freiheit zu sehen.
Ein Regierungsvertreter mies darauf hin, daß Heim zu fieben Jahren Zuchthaus wegen der im Zusammenhang mit der Banbvoltbemegung in Schleswig- Holstein verübten Bomben. attentat habe man im ganzen sieben Bombenattentate unterbelifte verurteilt worden sei. Nach einem Handgranaten. nommen, nämlich auf das Landratsamt 3gehoe und Niebüll , auf das Finanzamt in Oldenburg , auf das Haus des Rechtsanwalts Strauß in Lüneburg und des Regierungspräsidenten Grimm in Schleswig , auf eine Krantentasse und das Regierungspräsidium in Lüneburg . In einzelnen Fällen felen erhebliche Sachschäden ein. getreten, Menschen feien aber nicht zu Schaden gefommen. Seint hatte die Fäden in der Sand. Er sei allerdings persönlich nicht zugegen gemejen, audy habe er von einem Anschlag auf das Finanzamt in Oldenburg nichts gemußt. Auf Grund der Spreng ftoffbestimmungen fet die Berurteilung zu teben Jahren 3uchthaus erfolgt. Seine Strafe laufe am 24. September 1936 ab. Er habe jetzt rund fieben Monate der Zuchthausstraje perbüßt; dazu fämen etwa zwei Jahre Untersuchungshaft.
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In der Aussprache sprach sich Abg. v. Wangenheim( Dt. Fraktion) gegen den kommunistischen Antrag aus. Man dürfe gerade diese Angelegenheit nicht zu einer Parteifache machen. Dem Minister müsse es überlassen bleiben, nach Ablauf einer gewiffen Zeit von sich aus eine Entscheidung zu treffen. Frau Abg. Mehlis( Dnat.) empfahl die Annahme des Antrages. Abg. Gehrmann( S03.) betonte, Angriffe auf Leip und Leben von Boltsgenossen müßten gefühnt werden. Das erste Handgranaten attentat sei gegen Landwirte verübt worden. Die sich den agitatori. fchen Wünschen Heims nicht hätten anschließen wollen. Man babe auch Schädigungen gänzlich Unbeteiligter in Rauf genommen, wie es sich besonders bei den Attentaten gegen das Haus des Rechts anwalts Strauß und des Regierungspräsidenten in Lüneburg er gebe. Abg. Hestermann( Wirtschaftsp.) lehnte gleichfalls den
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Beginn der Kammertagung. Gedenten für Maginot.- Dank an Briand .
Paris , 12. Januar. ( Eigenbericht.)
Die ordentliche Parlamentsfeffion des laufenden Jahres wurde am Dienstagnachmittag in der Hammer und dem Senat eröffnet. Die Kammer war in wellem Umfang von flarten Polizeikräften abgefperet, weil die Kommunisten Arbeitslosenmanifeftationen angekündigt hatten. In fleinen Trupps fuchten sich die Kommunisten der kammer zu nähern. Da den Aufforderungen der Polizeibeamten, sich nicht zufammenzurotten, nicht Jolge geleistet wurde, wurden zahlreiche Verhaffungen vorgenommen. Bis 6 Uhr abends betrug die Zahl der Berhafteten über 3000. In der Kammer wurde die Sigung von dem 84jährigen Abgeordneten Thomsen( Radikale Linte) eröffnet, der zunächst einen furzen Nachruf auf Maginot verlas, dem sich der Ministerpräsident Zeichen der Trauer für furze Zeit unterbrochen. Nach Bieberim Namen der Regierung anschloß. Die Sigung wurde dann zum eröffnung der Sigung hielt Thomsen die Eröffnungsrede, in der
u. a. ausführte:
Antrag ab. Bis weit in die Rechtskreise hinein seien diese Straftaten abgelehnt worden, weil man eine Agrarpolitit nicht mit Sprengstoff betreiben solle.
Schließlich wurde der Schutzantrag für den Bomben
bauern abgelehnt. Für ihn stimmten nur die Kommunisten und
die Deutschnationalen!
Ein neuer Bomben- Prozeß. Der Konstrukteur der Bomben unter Anflage.
Bor dem Schwurgericht in Altona beginnt am 19. Januar ein neuer Bombenattentats prozeß, und zwar gegen den Hersteller der Bomben, die im Sommer 1929 in Schleswig- Holstein zu Den Attentaten benugt wurden, den Elektrotechnifer Alfred Kap. hengit. Er war, als die Bombenattentäter seinerzeit verhaftet wurden, nach der Schweiz geflüchtet und lebte hier unter dem Pfeudonym eines Schriftstellers Ortner" bei einem Freund in Sugano, wo er dann von dem Berliner Kriminalfommiffar Mühl friebel verhaftet wurde. nd wes
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Die Erledigung des von Deutschland gestellten Auslieferungsantrags verzögerte fich damals, meil der Berteidiger der Auslieferung mit dem Hinweis widersprach, daß es sich um ein politisches Delitt handle. Die Bundesregierung in Bern verfügte dann aber doch schließlich die Auslieferung.
Nach der Anklage sol Raphengft, bei dessen Bombentonstruktion Ammonit durch einen 3eitzünder zur Explosion gebracht wurde, nicht nur die Bomben angefertigt und sie den Tätern ausge händigt haben, er foll vielmehr auch selbst bei dem Anschlag auf das Bandratsamt in Niebüll in Schleswig- Holstein beteiligt ge= mesen sein.
Dagegen hat man die Anschuldigung, daß er auch an dem Atten. bat auf den Reichstag teilgenommen habe, fallen gelaffen.
Zu der Berhandlung ist eine große Reihe von Zeugen und Sachverständigen geladen, u. a. auch Rechtsanwalt Dr. Strauß aus Lüneburg , dessen Haus bekanntlich seinerzeit durch einen Bom'sent anschlag schwer beschädigt wurde.
So arbeitet Frankreich , indem es sich mit allen Mitteln um die Organisation eines soliden und dauerhaften Friedens bemüht, an der Einigung der Völker und ihrer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Marfchieren wir weiter auf diesem Weg, den Blid immer auf das Baterland, auf die Republit und auf die Politit des Friedens und der internationalen Solidarität gerichtet." ( Großer Beifall.)
Im Anschluß daran murde zur Neuwahl des Kammervor standes geschritten. Der bisherige fozialistische Kammerpräsident Bouiffon, der feinen offiziellen Gegentandidaten hatte, wurde mit großer Mehrheit wiedergewählt.
Im Senat gedachte Alterspräsident Jénouvrier des Kriegsministers Maginot und hielt dann die Eröffnungsrede, in der er gleichfalls auf die Bemühungen Frankreichs um die Sicherung des Friedens hinwies.
Knallfrösche gegen Ludendorff . Sitler- Gardiffen mit Stinkbomben und Kanonenfchlägen. Hildesheim , 12. Januar.
Der Tannenberg- Bund Ludendorffs veranstaltete in der Stadthalle eine öffentliche Bersammlung. Bereits als der Redner begann, Der große Friebensfreund Briand , in deffen Bemühungen fetten 3mifchenrufe ein und der Versammlungsleiter ließ deshalb mehrere frembe Nationen die höchste Garantie für die allgemeine durch die Bolizei mehrere Besucher aus dem Saal entfernen. InBeruhigung der Welt erbliden, hat, da er noch nicht völlig wieder zwifchen aber wurden Stintbomben in den Eaal geworfen hergestellt ist, die Anficht ausgesprochen, daß es für ihn schwer fein und Niespulver gestreut. Als endlich ein Kanonenschlag zur werde, sich nach Lausanne und Genf zu begeben und er hat daher Explosion gebracht wurde, fab fich die Polizei gezwungen, die Ber fein Portefeuille, dem Ministerpräsidenten zur Verfügung gestellt. jammlung aufzulösen und den Gaal zu räumen. Bei der Mit lebhafter Beunruhigung würden wir die Unterbrechung eines Bestnahme einiger Personen entstand vor dem Eingang des Saales Kurses sehen, mit dessen Erfolgen fo viele Hoffnungen nerbunden find. Unsere Außenpolitit perfolgt ihren Marsch auf dem Wege, ein Gedränge. Mehrere Personen wollten die Festnahme ben fie fich in Locarno porgezeichnet hat, und der seitdem durch perhindern und mußten mit dem Gummifnüppel zur Ordnung die Barlamentsbeschlüsse in vollem Einvernehmen mit der Bolts gebracht werden. Auch auf der Straße tam es zu Auseinandermeinung gebilligt worden ist. Unter der Autorität Briands hat fegungen Bildplatate des Tannenberg- Bundes an dieje Politif im Jahre 1929 zur Unterzeichnung des Kellogg Battes den städtischen Anschlagfäulen mit der Unterschrift: Arbeiter und im Jahre 1930 zur Schaffung der europäischen Studienfchidsal im Dritten Reich", auf denen ein mit schmerer tommiffion geführt. Im vorigen Jahre hat das Barlament auch bie Chre gehabt, die feierliche Zustimmung Frankreichs zu der Schiedsgerichtsklausel auszusprechen. Es hat auf diese Weise fraftvoll zur Weiterentwicklung der internationalen Solidarität beigetragen.
Eisentette um den Hals an einen Pfahl gefeffelter Mensch bar. geftelt war, wurden schon vor Beginn der Versammlung zerfetzt und mit brauner Delfarbe überschmiert.