Einzelbild herunterladen
 

Rr. 2149. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Donnerstag, 14. Januar 1932

Die gefährdete Hochbahn.

Strecke Hallesches Tor- Kottbusser Tor muß gänzlich renoviert werden. Wie die

tele

Die Hochbahnstrede sallesches Tor- kott busser Tor, die jetzt bereits seit dreißig Jahren in Betrieb ist, gilt seit langem als das Schmerzenskind der Verkehrsgesellschaft. Immer wieder werden Schäden in der Eisenkonstruktion des Viaduktes ent­bedt. Zum erstenmal wurde die Bevölkerung durch das Bekanntwerden der Tatsache beunruhigt, daß sich in der Eisenkonstruktion auf der Strede zwischen Hallesches Zor und Prinzenstraße ein Riß in einem wichtigen Träger gezeigt hatte. Die Stelle des Viaduktes wurde abgesteift und der Verkehr konnte ordnungsgemäß weitergeführt werden, bis sich vor einigen Tagen die Verkehrsgesellschaft auf Anraten ihrer Techniker ge­zwungen sah, ein 10- kilometer Tempo auf der ganzen Strede bis zum Kottbusser Tor   für alle Züge an zuordnen. Wenige Tage darauf wurde der Ceffentlich­

Schäden behoben werden.

wierig, weil sie meistens nur des Nachts in der kurzen Zeit ausgeführt werden können, wenn der Betrieb ruht. Seit langem besteht ein genaues Renovierungsprogramm, das in vier bis fünf Jahren durchgeführt werden sollte. Es zeigt sich jedoch jeht, daß die Verkehrsgesellschaft im Interesse der Berkehrssicherheit daran gehen muß, die Erneuerung zumindest des Teiles zwischen Hallesches Tor und Kottbusser Tor schnellstens durchzuführen. Er­freulicherweise ist nirgends trotz der langen Lebensdauer der Kon­struktion Rost bildung eingetreten. Das zeugt für eine intensive| und gute Unterhaltung des Viadukts. Für den Fall, daß die Renovierung der ganzen Strecke doch nicht ohne eine Stillegung durchgeführt werden kann, gibt es nur die eine Möglichkeit, den Verkehr durch einen Pendelbetrieb der unter dem Viaduft laufenden Straßenbahnlinien zu ersetzen. Selbst bei Geld= überfluß, an dem die Verkehrsgesellschaft aber bekanntlich nicht leidet, würde eine Ersetzung der Hochbahnstrecke durch eine Unter­grundbahnlinie nicht in Frage fommen.

-

der wichtigen Frage der Stredenerneuerung bereits eingehend be­fchäftigt hat, alles tun wird, um sowohl höchste Berkehrs­sicherheit zu gewährleisten als auch eine Stillegung der wichtigen Strecke zu vermeiden. Wahrscheinlich wird man schon in nächster Zeit die notwendigen Mittel für die umgehende Er­neuerung der Strecke freimachen.

Leberwachung liegt bei der Nordfüdbahn AG.

Es ist in diesem Zusammenhang interessant, einiges über die Aufgaben zu erfahren, deren Erledigung noch immer bei der Nord südbahn A.-G. liegt. Dieser Gesellschaft, die ihre Bauten an sich bekanntlich längst beendet hat, ist die gesamte

leberwachung der Hoch- und Untergrundbahnstrecken anver­traut. Auch die Renovierung der Strede Hallesches Tor- Rottbusser Tor wird von ihr durchgeführt. Augenblicklich führt die Nordsüd­bahn A.-G. als Tochtergesellschaft der BBG. mehrere andere größere Reparaturen um Netz der 11- Bahn durch, so die Er­neuerung einer Brücke auf der Strecke Reichskanzlerplat- Knie, die

keit mitgeteilt, daß die Schäden behoben seien und seit Was der Aufsichtsratsvorsitzende der BBG. fagt. über das Gebiet der Reichsbahn beim Bahnhof Wizleben führt.

gestern verkehren die Züge wieder in der fahrplanmäßi­gen Zugfolge. Der Vorwärts" hat nun einige Sach. verständige über die gezeigten Schäden und über die Verkehrssicherheit der Strecke befragt. Wir können unseren Lesern darüber das Folgende mitteilen.

Die Schäden treten immer wieder an der gleichen Stelle zwischen Hallesches Tor und Kottbusser Tor   auf und zwar auf der Strecke, die von einer bestimmten Firma fertiggestellt wurde. Wie jest festgestellt wurde, hat diese Firma die Bernietungs­löcher der Eisenträger nicht gebohrt, wie es heute allgemein iblich ist, sondern gestanzt. Die Stellen, an denen die Eisen­fräger zusaminenstoßen und miteinander vernietet werden, sind mit einem fogenannten Knotenblech umgeben. Die leiseste Ver­fdjiebung ader Veränderung der Lage der Eisenträger wird mm mit Hilfe einer Rüstung, die unter der Brücke läuft, dauernd genauestens tontrolliert. Aarf diese Weise wurden die neuauf­getretenen Echäden auch festgestellt.

Eine direkte Gefahr für den Hochbahnverkehr besteht bei dem Auftreten dieser Unregelmäßigkeiten nicht

und die Anordnung des langsamen Fahrens war eine Vor­sichtsmaßnahme, die die Fahrgäste durchaus nicht zu be unruhigen brauchte. Einige Sachverständige scheinen jedoch der Meinung zu sein, daß es fraglich ist, ob die geplante Erneuerung der Strede sich durchführen laffen mird, ohne eine vorübergehende Stillegung des Verkehrs auf der gefährdeten Strede vor­zunehmen.

Die Strecke wird geffügt".

Die gefährdete Hochbahnstrecke gehört zu den ersten Hoch­und Untergrundbahnlinien, die in Berlin   gebaut wurden. Die erfte Linie, die im Februar 1902 eingeweiht wurde, führte vom Potsdamer Platz   über den heutigen Bahnhof Gleisdreieck zum Stralauer Tor. Angeschlossen wurde vierzehn Tage später die Strede vom, 300 bis zum Potsdamer Platz und im August 1902 toar die Hochbahnstrede bis zur Warschauer Brüde fertiggestellt. Da man allgemein die Lebenszeit dieser Hochbahnkonstruktion auf dreißig Jahre bemißt,

hat die Strede alfo eigentlich ihre Pflicht und Schuldigkeit getan. Die Verkehrsgesellschaft arbeitet deshalb auch bereits seit dem Sahre 1924 dauernd an der Erneuerung der für den Berufs­verkehr so wichtigen Linie. Die Arbeiten gestalten sich jedoch sehr

Benner Adria

7

über der

Nach einem Tagebuchroman von Karl Hans Schober

Alarm!

erzählt von Erich Knauf  

Die U- Boot- Schule habe ich hinter mir. Ich habe Lukens Rat befolgt, der mir erzählte, wenn ich von den 11- Booten fortkommen möchte, dann müsse ich dem Arzt bei der Präsentierung einen fleinen Roman erzählen. Das habe ich fertig gebracht, und so wurde ich vom Arzt als untauglich herausgeschmissen. Seit vier Wochen bin ich auf dem Flaggschiffe.

Lieblich dient hier als Radiotelegraphift. Wir freuen uns, daß wir wieder zusammen sind. Soeben fonumt er auf mich zu: 3wiefel und noch zehn Mann sind abgesoffen." Was? Zwiefel? Abgesoffen?"

Schnell hält mir Lieblich den Mund zu und deutet nach Backbord, wo ein Offizier an der Reeling lehnt.

Schrei nicht so", spricht er gedämpft, foeben ist die De pesche eingetroffen." Dabei erhebt er sich und ruft einen Signalunteroffizier heran. Der heißt. Tolstoi, ist groß und start und treibt heimlich Politik.

Er reicht mir die Linke ,,, Zuwachs", und setzt fich zu mir. Ein Freund von uns ist abgesoffen", beginne ich. Tolstoi   ist über alles informiert: Im Nachbarhafen drangen die feindlichen U- Boote ein und versenkten den Torpedobootzerstörer. Dreizehn Mann und vier Offiziere find abgesoffen."

Ich erfahre von einer Meuterei in Cattaro  . Tolstoi   er­zählte mir, daß ein Teil der Flotte, der in der Bocca Di Cattara antert, einen Bersuch gemacht hat, den Krieg zu

I

Wir haben auch den Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Berliner Verkehrsgesellschaft, Bürgermeister Dr. Elsas, über seine An­ficht befragt. Dr. Elfas versichert, daß der Aufsichtsrat, der sich mit

Absteifungsarbeiten auf der Hochbahnstrecke Hallesches Tor- Kottbusser Tor

beenden. Das hohe Gebirge zieht dort einen Halbkreis um die Bucht, und das Meer schläft darin wie in einer Mulde. Küftenforts hoden auf den Bergen. Als die Schiffe eines Tages vollzählig in der Bucht versammelt waren, gaben vier Matrosen das Signal zum Aufstand. Sie hießen Franz Rasch, Anton Graber, Jerfo Sisgoric und Mate Bernicevic. Die Kommandos wurden gestürzt und die Küstenforts be­setzt. Am Top der Achtermasten wehte die rote Flagge. Aber noch in derselben Nacht tamen deutsche Unterseeboote, die das Flottenfommando im Hauptfriegshafen herbeigerufen hatte, und riegelten die Bocca ab. Am dritten Tag der Meuterei stürmten Landsoldaten die von den Matrosen be­setzten Küstenforts und nahmen die roten Besayungen ge­fangen. Die Landratten waren noch nicht reif für den Um­sturz. Die vier Rädelsführer wurden festgestellt und zum Tode verurteilt., Bei Morgengrauen wurden sie auf einem Karren geladen und wie gefährliche Bestien unter starker Be deckung durch die Straßen nach dem Friedhof von Staljari gefahren, wo sie dann erschossen und eingescharrt wurden. Niemand von der Zivilhevölkerung durfte Zeuge diefer Erelution sein. Patrouillen durchzogen die menschenleeren Straßen, alle Fenster und Fensterläden mußten geschlossen bleiben.

Aber die Revolte war noch nicht tot. An die Stelle der vier erschossenen Kameraden traten Kraus und Koucky. Sie beschlossen, mit ihrem Torpedoboot zum Feind überzugehen. Aber sie wurden verraten und nach Pola gebracht, wo sie zum Tode verurteilt wurden. Morgen sollen sie im Ge­fangenenhause hingerichtet werden.

-

Niedergeschlagen fist Toistoi neben mir. Da tritt Horst zu uns und stößt mich an: Flagge wird eingezogen!"

Schon bin ich auf und hau die Hand an die Kappe. Aber es ist zu spät. Der Brojoß faucht mich an: Bande elende! Wie heißen Sie?"

Ich rapportiere. Dann rennt er auf Steuerbord und überrumpelt eine Heizergruppe, die erschöpft ausspannt. Schweine!" Er padt den ersten und jagt ihn unter Deck. Hinterher die anderen. Sie hasten an mir vorbei. Auf den Gesichtern flebt noch der verschwitzte Schmutz des Kohlenein­schiffens. Ihre Arbeitsmonturen fleben vor Dred und Schweiß an den Leibern.

Südtirol   gegen Hitler  .

Nächste Reichsbannerkundgebung Freitag Spichernfäle.

Die nächste große Kundgebung des Berliner Reichs banners, die am kommenden Freitag, 20 Uhr, in den Spichernsälen, Spichernstr. 1( Il- Bahnhof Nürnberger Platz), stattfindet, wird sich mit dem nationalsozialisti­schen Verrat an Südtirol   beschäftigen.

Das Reichsbanner hat als Referenten für diese Kund­gebung den Pater Innertofler( Wien  ), den Vor­jizenden des Hilfsbundes für Südtirol  , verpflichtet. Als zweiter Redner spricht Kamerad Dr. Mischler, der Vorsitzende des Deutschösterreichischen Schutzbundes. Die Kundgebung wird zu einer Abrechnung mit den Verrätern nationalsozialistischen werden. Unkosten­beitrag 20 Pfennig. Erwerbslose haben freien Eintritt.

Seilattentat bei Blankenfelde  . Motorradfahrer ausgeraubt, die Zäter entkommen. Ein Seilaftentat wurde gestern abend auf der Chaussee zwischen Blankenfelde   und Schildowv auf einen Motorradfahrer verübt.

Gegen 18 1hr befand sich der Motorradfahrer Willi Erd= mann aus Schildow auf dem Heimweg. Etwa 800 Meter hinter Blankenfelde   fuhr Erdmann mit seinem Rad gegen ein starkes Wäscheseil, das quer über die Chaussee gespannt und an zwei Bäumen befestigt war. E. stürzte, erlitt aber glücklicherweise nur leichtere Verletzungen. Als er sich erheben wollte, stürzten sich vier bis fünf Mäner auf ihn, zwangen ihn zu Boden und durchsuchten seine Taschen. Den Banditen fielen aber nur 7 M. in die Hände. Mit ihrem Raub flüchteten die Täter querfeldein.

Die Polizei hat sofort die Ermittlungen nach den Tätern aufgenommen. Man nimmt an, daß die Seilatteniäter es wah:- scheinlich auf ein Automobil abgesehen hatten, denn das Seil war start genug, um einen Kraftwagen zum Halten zu bringen.

Loser, ein Landsmann von mir, liegt in meiner Nähe. Er hat schon zwei Torpedierungen hinter sich. Das letztemal wäre er beinahe abgesoffen. Manchmal springt er im Traume auf, schreit und blickt wirr um sich und haut sich dann wieder auf die Hängematte.

-

Ich spüre, daß sich unser Rasten, langsam vom Winde getrieben, um die Boje dreht. Aber da was ist denn los? Bon Achter ertönt ein Kommandoruf: ,, Gefechtsstationen!" Stärker: An die Gefechtsstationen!"

Beduselt springen wir hoch. Jezt donnert eine Salve in der Nähe.

,, Was ist los?"

Schon wieder fracht es. Die Reflektoren irren rajend von einem Bunft zum andern. 3wischen Kanonenschüssen hämmert ein Maschinengewehr. Eine Granate plagt.

Auf der Signalbrüde blizen unsere Reflektoren auf. Morsezeichen an die Nachbarschiffe. 3mei feindliche Gleit­boote find im Hafen und drücken sich in der Finsternis an das Flaggschiff heran. Schon sind sie im Lichtkegel unseres Scheinwerfers.

Auf Mittschiff halten einige Matrofen bereits den Rettungsring bereit. Einige ziehen die Unterhosen herunter, dann das Leibchen. Aber die Gleitboote wenden sich ab und rasen zum Hafentor. Sie liegen jetzt im Licht der Reflettoren. Es donnert und kracht, die Geschüße spektakeln, und alles ist in Rebel und Rauch gehüllt.

Ein Gleitboot schleudert und überschlägt sich. Splitter tanzen durch die Luft. Knapp vor dem Hafentor sinkt es.

Das andere entkommt.

Dann wird es ruhig. Das Geschüßfeuer verftummt. Unsere Motorboote stoßen ab und fischen zwei Offiziere auf.

Die Empörung über die Schweinerei im Hafen ist groß. Nicht einmal im Hauptkriegshafen tann man ruhig schlafen. Einige sind so unsicher geworden, daß sie vor dem Schlafen gehen die Schwimmweste umschnallen. Aber nichts Verdäch­tiges regt sich mehr. Der Himmel ist voll ruhiger Sterne.

Plößlich wieder ein Kanonenschuß, ein zweiter und dritter! ,, Die Aasgeier der Kazelmacher! Auf!" Baramengo! Der Teufel soll sie holen!"

"

Achter ein Hornsignal: An die Gefechtsstationen! Die Flagge ist eingezogen, wir liegen ausgeftredt neben Fliegeralarm!" Alles ist hoch und sprigt auseinander. dem Geschüßturm, und die Nacht bricht herein.

( Fortsetzung folgt.)