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Nr. 21 49. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts Donnerstag. 14. Januar 1932

Erdölfonzerne und Preissenkung.

Ungenügende Treibstoffverbilligung.- Wucherische Petroleumpreise.

Die Verordnung des Reichswirtschaftsminifteriums über die Durchführung der Preisfenfung für Treibstoffe hat mit Recht in der Oeffentlichkeit scharfen Widerspruch hervor­gerufen. Das Reichswirtschaftsministerium hat gegenüber der Betriebsstofffonvention von seinem Recht, Ausnahmen von der zehnprozentigen Senkung der Kartellpreise zuzulassen, Gebrauch gemacht und durch eine Bekanntmachung eine Preissenkung von nur 2 bis 2% Pf. je Liter für Treibstoffe gegenüber dem Stand vom 30. Juni v. J. für ausreichend erachtet, und zwar unter Auf­rechnung der bereits gewährten Verbraucherrabatte. Da in den Städten Berlin  , Hamburg  , München  , Dresden  , Frankfurt   bereits ein Sondernachlaß von 2 Pf. je Liter gewährt wurde, tritt also für die

Hauptverbrauchsgebiete tatsächlich keinerlei Berbilligung

branntweinmonopol abnehmen, das ja auf Beständen in Höhe von 2 Millionen Hektolitern rettungslos festsigt. Der Beimischungs­zwang von Monopolsprit zum Benzin soll 10 Proz. betragen. Wirt­schaftlich wird das erst tragbar, wenn es gelingt, den äußerst hohen Preis für Monopolsprit zu senken. Das will man erreichen, indem man dem deutschen   Einheitstreibstoff 10 Proz. des billigeren Methylalkohols zusetzt, für den als Großlieferant ebenfalls die JG.- Farben- Induſtrie( Leuna  ) in Frage kommt.

Hinsichtlich der Kosten denkt man an eine Rationalisierung bei den Zapfstellen. Wir haben in Deutschland   etwa 50 000 3apf­stellen, von denen, nach Auffassung der Väter des Projektes, rund die Hälfte stillgelegt werden fönnte.

Benzin) in Frage, die ihre Leistungsfähigkeit im Laufe des vorigen Jahres auf 350 000 Tonnen gesteigert hat. Die Raffinerie Misburg, die von der Preußischen Bergwerks A.-G.( Preußa g) in Ber­bindung mit der Delgewerkschaft Elwerath und dem Kalifonzern Wintershall   gebaut und die nach einem nordamerikanischen Krad verfahren besonders hannoversches Erdöl verarbeiten wird, dürfte Wir behalten uns eine Stellungnahme zu den Pro Treibstoffbedarf in Deutschland   wird in den vorliegenden Projekten tung sind. Das Sinnvollste wäre die Belaffung eines Staatsmono­im Jahre 70 000 bis 80 000 Tonnen liefern können. Der gesamte jeften vor, die auch handelspolitisch) von erheblicher Bedeu­mit 1,5 Millionen Tonnen angenommen. Man geht weiter davon pols. Unmöglich muß die subventionsmäßige Bevorzugung von Tonnen erbringt. 150 000 Tonnen Alkohol will man dem Reichs- Kosten sein. aus, daß die Gewinnung von Benzoi aus Kohle jährlich 150 000| Interessentengruppen auf anderer Leute oder des Staates

Die Friedrich- Alfred- Hütte hat den Arbeitern vorsorglich ge­

Stromverbilligung der Preag. fündigt, jedoch in einer Bekanntmachung der Hoffnung Ausdruck

ein. Die den Konzernen verbleibende Bertriebsspanne von Der Einfluß der Großproduzenten bis zur Lampe und zum gegeben, etwa am 8. Februar die Arbeit wenigstens zum Teil

Motor bewährt sich.

rund 10 Pf. per Liter ist wesentlich höher als im gesamten Aus­land. Es darf nicht zugelassen werden, daß auf den Verbrauch Die dem preußischen Staat gehörende Preußische Elet­die übermäßigen Kosten und Lasten eines im Konzernkampf un­trizitäts A.-G.( Preag) und die ihr angeschlossenen Stromver­finnig aufgeblähten Vertriebsapparats abgewälzt teilungsgesellschaften haben eine großzügige Tariffentung werden. Das Reichswirtschaftsministerium hat unseres Erachtens vergenommen. Dabei muß berücksichtigt werden, daß bei der Preag die Pflicht, diese Spanne weiter herabzusehen und auf eine all- schon vorher, z. B. gelegentlich der Zusammenfassung und Ueber­nahme fommunaler und sonstiger Verteilungsneße Strompreis­senkungen in Kraft getreten sind.

gemeine Verbilligung der Treibstoffe hinzuwirken.

Biel   ärger noch liegen die Verhältnisse in dem sonstigen Mineralölgeschäft und geradezu aufreizend im Leucht= petroleum vertrieb.

Im Handel mit Motorenöl und Schmieröl, der größtenteils in der Hand der großen Konzerne und ihrer Tochter gesellschaften liegt, sind Gewinnzuschläge bzw. Rabatte in Höhe von 50 Proz. gang und gäbe und gehen teilweise noch beträchtlich darüber hinaus. Gegen diefe Ueberteuerung hätten die zuständigen Stellen längst eingreifen müssen.

Geradezu ein Skandal ist die phantastische Ueberteuerung des Petroleums.

also in erster Reihe des Leuchtölverbrauchs. Leider ist noch immer ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung auf die Betroleumlampe angewiesen, im Berliner   Wedding   gibt es 3. B. noch zahlreiche Wohnungen ohne Gas- oder Elektrizitäts­anschluß, und die Landbevölkerung ist noch größtenteils auf das Leuchtpetroleum angewiesen.

Nach der Einfuhrstatistik erreicht der Verbrauch von Leucht­petroleum noch immer rund 2 Millionen Hektoliter im Jahr. Der Preis für Leuchtpetroleum ist trotz des gewaltigen Preis­fturzes nicht herabgesetzt worden. Der Kleinabgabepreis be­trägt in den Großstädten nach wie vor zumeist 40 Pf., auf dem Lande 45 Pf. je Liter. Demgegenüber beträgt der Importpreis gegenwärtig nur 3 bis 3% Pf.. 3oll und Spiritusabgabe etwa 11 Pf. je Liter. Die Spanne zwischen dem Einstandspreis der Konzerne von rund 14% und dem Kleinverkaufspreis von 40 bzw. 45 Pf. beträgt also mehr als 200 Proz. Diese gewaltige Ueberteuerung, die man geradezu als wucherisch bezeichnen muß und von der gerade die allerärmsten Volksschichten betroffen werden, wird offenbar dadurch ermöglicht, daß das Betroleumgeschäft faktisch von zwei großen Konzernen, von Dapolin" und Oler", beherrscht wird, den deutschen  Tochtergesellschaften des Standard- Dil- Konzerns und der Anglo­Berfian Company. Hier liegt faktisch eine monopolistische Ueber­teuerung vor, gegen die längst hätte vorgegangen werden müssen. Es ist die Aufgabe des Preisfommiffars, die Breisstellung für die Waren des täglichen Bedarfs gehört das Leuchtpetroleeum zu überwachen. Wir erwarten, daß angesichts dieser geradezu aufreizenden Ueberteuerung der Preiskommissar unverzüglich eine fühlbare herab segung der Petroleumpreise erwirft.

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Ein Plan für die Treibstoffwirtschaft. Einheitsmarfe für deutschen   Treibstoff.

Ausland.

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Lizenzen fürs

Nach Informationen des WEB.- Handelsdienstes wird gegen­wärtig von den zuständigen Stellen ein Plan zur Neuordnung der deutschen   Treibstoffwirtschaft erörtert. Nach diesem Plan soll eine Einheitsmarke für den deutschen   Treibstoff zu einem Einheitspreis festgesetzt werden in Berbindung mit einem Lizenzsystem für die ausländischen Liefergruppen.

Die Zusammenfchung des Einheitsbrennstoffes soll so sein, daß auf Benzin 70 Proz, auf Methylalkohal 10 Proz, Aethylalkohol 10 Proz. und auf Benzol ebenfalls 10 Proz. entfallen. Man will also Spiritus in größerem Umfange verwenden, was für die Land­wirtschaft und das Brannlweinmonopol von Bedeutung wäre. Dieses Mischungsverhältnis würde die Möglichkeit bieten, je nach dem Ausfall der Kartoffelernte die Spiritusbeimischungsquote zu I erhöhen oder zu verringern.

Im Zusammenhang mit diesem neuen Projekt wird auch an eine Reorganisation des Verteilungsapparats der der deutschen   Treibstoffwirtschaft gedacht, dessen Koften fast 50 Pro3. des Benzinpreises ausmachen. Die ganze Angelegenheit befindet sich jedoch vorläufig erst im Stadium der Erörterung, irgendwelche Beschlüsse sind bisher nicht gefaßt worden.

Als deutscher Großproduzent tommt zunächst die 3G. Farben Industrie mit ihrem Leunawert( synthetisches

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Die neuen Preissenkungen beziehen sich auf alle Gruppen der Stromverbraucher. Im hannover   braunschweigischen schaftlichen Tarife umgebildet worden. Gebiet ist der Kleinkrafttarif für die gewerblichen und landwirt Es wurde ein Blocktarif als Wahltaris geschaffen, der einen Grundpreis von 26 Pfennigen je Kilowattstunde vorsieht und sich staffelweise entsprechend den Be­nutzungsstunden bei den einzelnen Abnehmern bis auf 12 Pfennig sentt. Ein Kleinfraftabnehmer z. B., der entsprechend seiner Ab nahme nach der bisherigen Tarifform im Durchschnitt einen Preis von 22 Pfennigen je Kilowattstunde zu zahlen hatte, wird infolge der Ermäßigung auf 17,5 Pfennig im Durchschnitt tommen. Die Ermäßigung beträgt somit in diesem Falle rund 20 Prozent. Weiter wird im hannover  - braunschweigischen Gebiet der am 1. Januar 1931 eingeführte Haushaltstarif, der 48 Pfennig für den Regelverbrauch und 10 Pfennig für den Mehrverbrauch vorfieht, icht auf 46 Pfennig für den Regelverbrauch gesentt. Die gleiche Herabsetzung des Regelverbrauchstarifs erfolgt im oldenburg  ostfriesischen Gebiet. Ferner wird der Haushaltstarif als Wahltarif im schleswig   holsteinischen Gebiet ein geführt, wo außerdem der bisherige Grundstrompreis für Lichtstrom eine Senfung von 50 auf 46 Pfennig erfährt.

In Westpreußen  , wo sich die am 1. Januar 1931 vorge nommene Preissenfung zwischen 4 und 17 Proz. bewegt, liegt die neu verfügte Preissenfung ungefähr zwischen 4 und 10,7 Proz

Bei der Stromverteilungs- A.- G. Weißenfels   3eiß und der Nienburger Stromverteilung sind ebenfalls wesentliche Er­mäßigungen für die verschiedenen Abnehmergruppen vorgesehen.

Dazu teilt die Preußen- Elektra mit, daß ihr mittlerer Strom­preis Breise von 1925 100 gesetzt schon für das Jahr 1931 bereits ein Absinken auf 90 zeigt. Dazu kommen die neuen Stromverbilligungen.

Bei den Maßnahmen im Breag- Gebiet ist zu berücksichtigen, daß die Preag- Werke und Gesellschaften fast mur Kleinstädte und dünn besiedelte Landwirtschaftsgebiete be­liefern. Um so ernster wog die Verantwortung und um so wichtiger ist der durchgreifende Berbilligungserfolg. Das im Breag- Gebiet perfolgte Prinzip, durch Zusammenfassungen sowohl die Pro­duktions- und Verteilungskosten zu senten als auch die Stromtarife bis zur Lampe und zum Motor zentral zu kontrollieren, hat sich bewährt.

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wieder aufnehmen zu können.

Entbehrlicher Generaldirektor. Klein von der Leitung der Jduno- Germania zurückgetreten.

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Im Favag- Prozeß fam zur Sprache, daß für den General­direktor Klein des Versicherungskonzerns Iduna- Germania bei seinen Gesellschaften eine Lebensversicherung über eine Million Dollar bestehe; die Prämien dafür bezahlten die Gesellschaften. Bisher ist nicht aufgeklärt, zu weisen Gunst en diese Versicherung läuft, ob zugunsten Kleins dann wäre sie eine auffallende Sondervergütung unter großen Kosten und hohem Risiko der Aktionäre und Versicherten oder zugunsten der Iduna­Germania dann wäre sie wohl eine unzulässige Reservenbildung. Klein selbst erklärte damals, die Gesellschaften hätten damit sich selbst versichert gegen den etwaigen Verlust der hochwertigen Arbeits­fraft ihres Generaldirektors.(!!)

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Vor zwei Monaten setzte dann eine überraschende Prüfung der Verhältnisse bei Iduna- Germania durch das Reichsaufsichts­amt für Privatversicherung ein. Die Prüfung ist noch nicht ab ÷ geschlossen; aber der ,, unentbehrliche Generaldirektor Klein hat auf

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Druck des Reichsaufsichtsamts seinen Posten bei den Hauptgesell schaften des Konzerns aufgeben müssen das Reichsaufsichtsamt scheint also die eigentümliche Lebensversicherung wohl doch nicht als ganz einwandfrei angesehen und die Arbeitstraft Kleins als weniger hochwertig beurteilt zu haben, als er selbst.

Die Deffentlichkeit und die Versicherten müssen verlangen, daß das Reichsaufsichtsamt endlich das Resultat feiner Prüfung bekanntgibt.

Deutschland   und die Schweiz  .

Prinzip der Meistbegünstigung bleibt bestehen. Nachdem die Schweiz   den Handelsvertrag mit Deutschland  gefündigt hat, fallen ab 4. Februar d. 3. alle Bindungen des Handelsvertrages, darunter auch die verschiedentlichen zusätzlich vereinbarten Zollsentungen fort. Beide Länder sind jedoch jetzt übereingekommen, das Prinzip der Meist begünstigung aufrechtzuerhalten. Dadurch kommt also jede Zollerleichterung, die eines der beiden Länder einem dritten Land zugestanden hat, dem Berhandlungspartner gleichfalls zugute.

Der Beschluß, die gegenseitige Meistbegünstigung aufrecht­zuerhalten, ist ein Beweis dafür, daß sowohl die Schweiz   wie auch Deutschland   alles vermeiden wollen, um während des ver­traglosen handelspolitischen Zustandes eine Verschärfung der gegenseitigen Beziehungen und damit auch eine Entfremdung zwischen den beiden Nachbarvölkern eintreten zu lassen. Wir wollen hoffen, daß diese Verständigung über die Aufrechterhaltung der Meistbegünstigung als der erste Schritt zu einer all­

Der Preisabbau beim Märfifchen Elektrizitätswert. Das große Brandenburger Versorgungsunternehmen, Märgemeinen handelspolitischen Einigung anzusehen ist. tisches Elettrizitätswerk A.-G., das zu 100 Prozent im Besitz der Provinz Brandenburg   bzw. ihrer Kreise und Städte ist, hat einen weitgehenden Preisabbau beschlossen.

Die jetzige Tarifreform fenft die Arbeitsgebühr für den Jahresverbrauch von 1000 Kilowattstunden von 12 auf 10 Pf. je Kilowattstunde. Die Arbeitsgebühr für Speicherzwede, die fürzlich von 6 auf 5 f. gesenkt worden ist, wird bis auf 4 Pf. gestaffelt. Für Haushaltsstrom war bisher ein Zarif in Kraft, der bei einem Verbrauch bis zu 50 Kilowattstunden eine Grundgebühr von 50 Bf.| je 3immer und Monat und eine Arbeitsgebühr von 15 Pf. je Kilo­wattstunde vorsah. Für den über diese Grenze gehenden Verbrauch ist eine Senkung der Arbeitsgebühr auf 10 Pf. je Kilowattstunde vorgesehen. Wahlweise ist ein Einheitstarif eingeführt worden,

dessen Grundgebühr um 20 Pf. je Zimmer und Monat erhöht ist, dessen Arbeitsgebühr aber allgemein auf 10 Pf. festgesetzt ist.

Großftillegung bei Krupp  .

Vom Krupp- Konzern   wird bekanntgegeben:

Der Auftragsmangel bei der Friedrich Alfred Hütte in Rheinhausen  ( Fried. Krupp 2.-G.) hat in startem Maße zu­genommen. Das Werk sieht sich daher gezwungen, seinen Betrieb am 16. Januar stillzulegen. Von der Stillegung werden voraussichtlich 4250 Arbeiter betroffen.

Norwegen   erhöht die Zölle.

Nach norwegischen Blättermeldungen will die Regierung eine grundsägliche Schwenfung in der bisherigen Handels. politit vornehmen und Norwegen   von dem Vertragssystem der Meistbegünstigunggen loslösen.

In geheimer Sigung wurde heute vom Storthing eine Bollerhöhung angenommen. Auf die bestehenden Zölle wird ein Goldzuschlag gelegt, der 20 Broz. betragen soll.

Günstige Aussichten für Brennabor. 3mischen den Brennabor­werken in Brandenburg   und ihren Gläubigern laufen seit Wochen Bergleichsverhandlungen mit dem Ziele, den Weiter­betrieb des Wertes zu ermöglichen. Die Verhandlungen mit den Großgläubigern sind bisher so verlaufen, daß man mit einer Wiederaufnahme der Arbeit in sämtlichen Betriebsstät= ten rechnen fann.

Polens   Außenhandel aktiv. Die Handelsbilanz ergibt für 1931 bei einer Einfuhr von 689,1 Millionen Mark und einer Ausfuhr von 882,8 Millionen Mark einen Exportüberschuß von 193 gegen 88,8 Millionen Mark im Vorjahr. Gegenüber dem vorher­gehenden Jahr, wo die Einfuhr 1,05 Milliarden und der Export 1,14 Milliarden Mark betrug, ist der Gesamtumfaß des pol nischen Außenhandels infolge der Krise start gesunten.

Josetti

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