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Morgenausgabe

Nr. 39

A 20

49.Jahrgang

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Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Jllustrierte Sonntagsbeilage Bolt und Zeit".

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Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Sonntag

24 Januar 1932

Groß- Berlin 15 Pf. Auswärts 20 Pf.

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Bentralorgan der Sozialdemokratischen Bartei Deutschlands

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Deutsch - französische Verständigung!

Die politische Forderung der Stunde/ Ein Rundfunkvortrag Dr. Edeners.

Im Rundfunk sprach gestern abend im Rahmen der Vortrags­reihe Deutsche Not Deutsche Hoffnung" Hugo Edener: Mehr als je sei es jetzt nötig, die politischen Vorgänge nicht durch die Parteibrille zu sehen, so daß es schon darum begründet fei, wenn ein Nichtpolififer sich mit den politischen Notwendigkeiten ausein­andersetze. Es gebe Boltsteile, die gerade jeht die Gelegenheit für günstig hielten, dem kanzler aus parteipolitischen Gründen ein Bein zu stellen.

Dr. Edener wies auf gewiffe Nachteile hin, die durch eine Schwächung der Autorität Dr. Brünings fich für die deutsche Außenpolitik geltend machen können, und wandte sich mit Nach­drud gegen den Vorwand, verfassungsrechtliche Gründe hätten eine Wiederwahl des Reichspräsidenten von Hindenburg durch eine quali­fizierte Parlamentsmehrheit nicht erlaubt. Eine solche Mehrheit tönnte Berfaffungsänderungen vornehmen. Eine wiederwahl Hindenburgs entspräche außerdem durchaus dem willen der Mehrheit des Boltes. Und schließlich feien umstrittene Berfaffungsfragen weniger wichtig als die Lebensfragen des Baterlandes. Es sei ein gewagtes Spiel, das man um die Volksfeele spiele, just in einer Stunde, wo wir einig fein müßten! Der Redner wies weiter darauf hin, wie die französische Politik aus dieser innerpolitischen deutschen Situation Nutzen zu ziehen vermöchte, umriß die Entwidlung des Repara. tionsproblems bis zur gegenwärtigen, für die deutschen Be­mähungen um Liquidation der Tribuffrage günftigen Lage. Man dürfe aber auch nicht die natürlichen Hemmungen übersehen, ge­

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heime Befürchtungen des Auslandes über eine verstärkte Kon­furrenz der wiedererftarkten deutschen Industrie, die neben anderen Widerständen eine vernünftige Meisterung der weltwirtschaftlichen Krise hinderten.

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Deutschland sei nicht mächtig genug, mit überalferten Drohungen der Gewaltpolitik und nur mit radikalen Weigerungen feine These zu verteidigen. Es sei auch nicht flug, zu sagen, Frankreich wolle uns ruinieren. Richtig sei vielmehr im Gegensatz zu dieser ge­fährlichen Vernichtungsthefe eine deutsch - franzöfifche Verständigung wirklich anzubahnen, ihre Möglich teiten zu studieren, ihre Notwendigkeit einzusehen. Dann fönne man auf die moralische Unterstützung von feilen anderer Großmächte rechnen.

Ein Ausgleich der Jutereffen der beiden großen Nationen fei möglich, wenn der Bersöhnungswille und die Bernunft in beiden Ländern sich durchfekten. Weniger als früher fei heute die Politik durch den Volfscharakter, mehr als je durch ver­nünftigen Jntereffenausgleich bestimmt. Die welf­wirtschaftliche Verflechtung, die raumüberbrüdenden Kräfte der Technit bildeten ein Gewebe, aus dem die Bölfer nicht mehr heraus­freten fönnten. Gerechtigkeit, Vernunft und Verantwortungsgefühl, die einen Bismard zum arbiter mundi( Schiedsrichter der Welt in wichtigen politischen Entscheidungen gemacht haben, müßten sich durchsehen. Der Glaube an diese Ideale berechtige zum Glauben an Deutschlands Zukunft, zum Heile Deutschlands , zugleich zum Segen für die ganze Welt.

Bruch zwischen Japan und China ?

Infolge der neuesten Ereignisse von Schanghai .

Nanking , 23. Januar. ( Reuter.)

zur Berfügung steht, um sich gegen japanischen Raubzug in der Der Abbruch der diplomatischen Be Mandschurei zur Wehr zu setzen. Militärisch ist China von vorn ziehungen zwischen China und Japan wird erwartet. herein der schwächere Teil, besonders nach dem jahrelangen Bürger Diese Maßnahme wurde von Außenminister Eugen frieg und nach den zahlreichen Naturkatastrophen, die China in den Tschen in einer Konferenz von Regierungsführern legten Jahren erdulden mußte und die seine Volkskraft furchtbar vorgeschlagen, an der auch Tschiangkaifchet teil geschwächt haben. Der Völkerbund , der nach seinen Sagungen nahm. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen, man verpflichtet wäre, China tatkräftig zu helfen, begnügt sich mit glaubt aber allgemein, daß der Abbruch der diplomati | Kompromißrefolutionen, die feine Ohnmacht deutlich schen Beziehungen beider Länder trotz der Ankündigung, verraten. Wenn nun die Chinesen zum Handelsbontott schreiten das er vielleicht eine japanische Blockade der und damit die Japaner an einem empfindlichen Buntt treffen, jo chinesischen Häfen zur Folge haben würde, beschlossen ist das berechtigt. werden wird. Es ist übrigens bezeichnend, daß die neueste japanische Pro­votation no am Borabend der neuen Ratstagung

Das Ultimatum des Admirals.

Bor einigen Tagen wurden in Shanghai fünf japanische Mönche von der Menge angegriffen, worauf im ganzen Stadtge iet, einschließlich der internationalen Fonzessionen, blutige Unruhen ent­standen. Für Japan war das fofort ein gegebener Vorwand, neue Marineftreifträffe vor Schanghai zusammenzuziehen. Jetzt hat der japanische Admiral an den chinesischen Bürgermeister von Schanghai ein drohendes Ultimatum gerichtet, in dem er nicht nur Genugtuung für den Angriff auf die Mönche, sondern auch ein ausdrüdliches amtliches Berbot des Bontotts japa­nischer Waren gefordert wird. Die erste Forderung ist vom Bürger­meister angenommen, die zweite jedoch abgelehnt worden. Darauf­hin hat der japanische Admiral feine Drohungen wiederholt.

Für die Dreiftigteit des japanischen Vorgehens in Schanghai spricht überdies folgender Borfall: Beim Chefredakteur einer chinesischen Zeitung von Schanghai erschienen fünf japanische

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erfolgt, auf der die chinesische Regierung einen formellen An. trag auf Berhängung von gemeinsamen Gant Artikel 16 des Statuts tionsmaßnahmen gegen Japan unter Berufung auf den Artikel 16 des Statuts unterbreiten werden. Das zeigt, wie wenig Respekt die Tokioter Regierung vor dem Völkerbundsrat hat.

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Gegen Faschismus!

Für Sozialismus!

Marineoffiziere, die eine ganzseitige Entschuldigung für Große Kundgebung

einen Artikel verlangten, in dem fie eine Kränkung ihres Landes

erblickten. Außerdem forderten sie unter Drohungen, daß der Chef- am Mittwoch, dem 27. Januar, 20 Uhr rebatteur sich noch persönlich beim Admiral melbe, um fich zu im Sportpalast, Potsdamer Str . 72 entschuldigen!

Dieses Vorgehen verschärft beträchtlich die ohnebies fri­tische Lage im Fernen Often. Bisher beschränkte sich die Aktion der japanischen Imperialisten auf die Mandschuret, also auf ein Gebiet, das fernab von dem politischen und militärischen Kraft. zentrum der chinesischen Regierung liegt und in dem schon seit Jahr­zehnten die chinesische Souveränität fattisch start eingeschränkt war. Es hat nun den Anschein, daß die Japaner

den konflikt mit Nanfing bewußt auf die Spike treiben, indem sie auch örtlich das Feld ihrer interventionistischen Tätigkeit nach dem Herzen Chinas verlegen.

Redner:

sozialistischen Partei

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Rüpelspiele.

Faschistischer Spuf und die eiserne Wirklichkeit.

Mit der Veröffentlichung seines Briefes an einen sträflich mißbraucht, hat der Reichskanzler Dr. Brüning politischen Bandenführer, der das Wort ,, Nation " feinem politischen Rufe einen sehr geringen Dienst geleistet. War schon der Versuch, Hitler in eine parlamentarische Aftion einzuspannen, ein Aft politischer Kurzsichtigkeit, so mußte die ungezogene Antwort, die Brüning erhielt, ihm aus Gründen der Selbstachtung jedes weitere Verhandeln ,, Don Macht zu Macht" verbieten. Statt dessen wird die Welt mit dem Inhalt eines Schreibens bekanntgemacht, das ge­radezu wie ein Entschuldigungsschreiben aussieht und alles vermissen läßt, was als eine entschiedene Vertei­digung der Republik gegen dreiste Berunglimpfungen aus­fehen fönnte. Es wird niemand verwundern, daß dieser Schmunzeln aufgenommen wird. Beweist er doch, daß die briefliche Diskussionsbeitrag im Lager der Braunen mit dreiste Brutalität, deren sie sich überall bedienen, selbst im Reichskanzlerpalais nicht ohne Eindruck blieb.c

Auf die höfliche Entschuldigung hat der Empfänger des Briefes bereits am Sonnabend in einer Zirkusvorstellung in München öffentlich geantwortet. In der großen Pose, durch die er stets zu wirken sucht, versicherte er, die Reichs­regierung beschreite mit ihrer Erklärung, Deutschland fönne nicht mehr zahlen, nur den Weg, den er, Hitler, schon vor Jahren gefordert habe. Aber Brüning wende die Vorschläge der Nationalsozialisten nur stümperhaft an und die Beschränktheit der Regierung zeige fich sogar in der Aneignung fremder Ideen. Durch die Notverord­nungen seien die Schäden nicht nur nicht behoben worden, sondern die Entwicklung sei geradezu zur Katastrophe fort­geschritten. Es gehe nicht an, sich damit zu entschuldigen, daß der Krieg, der Versailler Vertrag und die Inflation schuld an dem deutschen Unglück seien, so leicht tönne der Reichstanzler nicht um die Schuld herum. Die Parteien des Kanzlers seien die Schuldigen, und deshalb müßten sie vernichtet werden.

wie nicht anders zu erwarten war, neues Selbstbewußtsein Die vornehme Stilisierung eines höflichen Briefes löst, in der Brust eines politischen Scharlatans aus. Die politischen Kräfte aber, die Brüning in das Tête- à- tête mit dem Re­bellen gegen Demokratie und Republik getrieben haben, bleiben im Hintergrund. Sie sehen mit verschränkten Armen zu, wie ein Stück republikanischer Selbstachtung wieder ein­mal nuklos vertan wurde.

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Wenn das schon am grünen Holze der Reichsregierung möglich war, wer wird dann von dem dürren einer Straf­tammer befferes erwarten? Seit Wochen spielen in Moabit Die Radaujünglinge vom Kurfürstendamm mit der Autorität des Staates, wie sie durch das Gericht dargestellt werden foll, Katz und Maus. Und wenn gestern der als 3euge vorgeladene Hitler - Agitator Goebbels gemeinsam mit dem Verteidiger" Freisler ein Rüpelspiel übelster Art vor den Schranken des Gerichts aufführte, so steigerte er nur die Ungezogenheiten ins Groteske, die seine jungen Leute sich schon vorher erlauben durften. Die Allmacht des Gerichtsvorsitzenden, der die Sigungspolizei" auszuüben hat, scheint völlig zu versagen angesichts der Arroganz, die ein hafenkreuzgeschmückter Busen zu entwickeln pflegt.

Es ist nur eine andere Nummer des gleichen Fadens, wenn die nationalsozialistischen Studenten an der Ber­ liner Universität, wie an andern Hochschulen, ihren ,, nationalen" Tatendrang in den übelsten Prügelszenen ent­falten, mit denen sie jedem sonst so verachteten Gassenjungen erfolgreich Konkurrenz machen. Auch sie haben das sichere Bewußtsein, daß der demokratische Staat von einer Lammes­geduld ist. Er zahlt für jeden von ihnen jährlich viele Hun

Paul Faure, Generalsekretärder französisch. berte von Reichsmart aus den Mitteln der Lohnsteuer und Marie Juchacz , M. d. R.

aus den Taschen der übrigen Steuerzahler, Dafür läßt er sie mit großväterlicher Nachsicht toben und sich auf ihre Herr­

Pietro Nenni, ehemaliger Redakteur des fchaftsmethoden in einem erträumten Dritten Reich" vor­

Avanti" in Mailand

Paul Löbe , Reichstagspräsident

Fahneneinmarsch

Das Verlangen Japans nach einem amtlichen Berbot des fpon­tanen Bonkotts, den die chinesische Bevölkerung vor allem in Musik:: Gesang der Sozialistischen Arbeiterjugend Shanghai gegen die japanischen Waren proflamiert hat, ist böllerrechtlich absolut nicht zu rechtfertigen. Diese Gelb ft. Unkostenbeitrag 20 Pf. Erwerbslose gegen Vorzeigung hilfe bez chineflichen Benölterung it bas einzige Mittel, bas the des Parteimitgliedsbuches und der Stempelkarte frell

bereiten.

Wo bleibt die starke Hand, die diese Zöglinge der Unge­zogenheiten endlich mit den Mitteln behandelt, die einzig auf sie Eindruck machen würde, weil sie selbst sie anzuwenden jeden Augenblick bereit sind?

Einen Borgeschmack der faschistischen Herrschaft lieferte vor wenigen Tagen auch jener nächtliche Ueberfall eines hatenfreuglerischen Sturmbanns" auf eine non Arbeitern