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bewohnte Laubenkolonie, deren Name Felsened" plötzlich eine traurige Berühmtheit erlangt hat. Alle blutdürftige Ge­waltherrschaft, die den Weg des italienischen Faschis­mus mit Mord und Brand erfüllte, zeichnet sich in dem Treiben seiner deutschen Nachbeter in deutlichen Umrissen ab. Die braunen Banden fühlen sich anscheinend völlig sicher. Wenn sogar der Reichskanzler mit ihrem Bandenführer Höf lichkeiten austauscht, glauben sie schon nahe am Ziel zu sein.

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Aber diese Rechnung hat einen grundlegenden Fehler. Sie geht aus von der vermeintlichen Schwäche der ver­fassungsmäßigen Regierung. Aber sie zieht nicht in Be­tracht, daß zur tatsächlichen Verfassung eines Landes nicht nur geschriebene Artikel und eine funktionierende Staats­bürokratie gehören, sondern auch die organisierten Kräfte. die dem Staate erst Leben einhauchen. Sie rechnet nicht mit den Massen überzeugungstreuer und tampf bereiter Republikaner, die sie höhnisch als Marri­als ,, Marri­sten", abtun möchte, die aber plötzlich dastehen, um dem Spuf vom ,, Dritten Reich" Halt zu gebieten.

Die deutschen Arbeiter, bedrückt von wirtschaftlicher Not und schweren Sorgen, denken nicht daran, sich widerstandslos in ein ungewiffes Schicksal zu ergeben. Und wenn der Ruf der Eisernen Front plötzlich viele Hunderttausende von wehrhaften und wehrwilligen Arbeitern zusammen­schweißte, wenn eine Welle stärkster politischer Aktivität durch die Lande strömt, so fann jeder damit rechnen, daß diese Eiserne Front unüberwindlich ist, weil die demokratische Gleichberechtigung für diese Arbeitermassen fein leeres Wort ist, sondern die innere 2 ebensbedingung für ihr staatliches Wollen! Das wissen sie selbst, das fönnte auch der Putschist vom Bürgerbräu langsam erfahren haben; aber das follten auch die Regierenden wissen, die auf Grund der Verfassung auch die Rechte diefer fampfentschlossenen Arbeiter zu wahren verpflichtet sind.

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Gegen den faschistischen Sput- für sozialistische Wirk­lichkeit! Das ist die einzige Parole, die heute gelten fann. Sie ist auch das Losungswort für die große Rundgebung, die am Mittwoch, 27. Januar, im Sportpalast von der Sozial­demokratie Berlins veranstaltet wird. In internatio­naler Verbundenheit mit den sozialistischen Arbeitern aller Länder wird die Sozialdemokratie Deutschlands dem Faschismus in jeder Form ihren starken Ball entgegenstellen. Die Genossen Paul Faure aus Paris , der Generalsekretär der französischen sozialistischen Partei und Pietro Nenni aus Italien werden neben den deutschen Genossen Marie Juchacz und Paul Löbe über den Stampf um Frieden und Fretheit sprechen. Schon der Massenaufmarsch zu dieser Rundgebung wird den Boltsfeinden mit der nationalen Phrase das Warnungssignal zeigen: Hände weg von den demokratischen Bolksrechten! Hände weg von den fozialen Errungenschaften der Arbeiter­#laffe!"

Das Nordwolle Verbrechen.

Die Verantwortung für den Juli- Zusammenbruch. Auseinandersetzungen zwischen ber Danatbant und bent Rontursverwalter des Nordmolle. Ronzerns führen jetzt zu Enthüllungen durch die Danat bant, die das Nordwolle- Berbrechen in einem neuen Lichte erfcheinen lassen. Es ist wahrscheinlich, daß der Zusammen­bruch der deutschen Kreditwirtschaft im Juli vorigen Jahres hätte vermieden werden fönnen, wenn die eingeweihten Stellen, in erster Linie die Danatbant und die von der schwierigen Lage der Danatbant unterrichteten Behörden rechtzeitig eingegriffen hätten.

Nach Erklärungen der Danat hatte diese allein nicht weniger als rund 81 Millionen Mart Kredite bis zum Jahre 1930 gewährt. Seit dem Sommer 1930 bestanden bereits in der Danatbant Besorgnisse über die von Lahusen be­triebene Politit. Lahusen widersetzte sich zunächst jeder

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Das neue Stillhalteabkommen.

5,36 Milliarden Mart. - Gefährliche politische Klauseln.

Nach sechswöchigen Berhandlungen ist gestern das neue Stillhalteabkommen zwischen dem ausländischen Gläubiger- und dem deutschen Schuldnerausschuß unterzeichnet worden. 5,36 milliarden Mart furzfristige Kredite werden ab 29. Februar auf ein weiteres Jahr gestundet. Ueber die Einzelheiten des Abkommens berichten wir im Wirtschaftsteil dieser Ausgabe.

Die Stundung ist nicht bedingungslos, fie ist an schwer­wiegende Voraussetzungen gebunden. Die deutsche Gesetzgebung muß die Durchführung des Abkommens auch wie bis­her durch gefehliche Maßnahmen sichern. Gleichbehandlung der Gläubiger muß gewährleistet sein. Sämtliche Schuldner müssen dem Abkommen beitreten. Das Abkommen fann durch mehr heitsbefchlaß, berechnet nach der Höhe der vertretenen Forderungen, vorzeifg beendet werden, falls diese Be­dingungen nicht erfüllt werden können. Das Abkommen endigt Das Abkommen endigt automatisch auch mit der Erklärung eines deutschen Auslandsmora­foriums. Von handgreiflicher weltpolitischer Bedeutung ist die weitere Boraussetzung, daß das Abkommen auch vorzeitig in dem Fall außer kraft fritt, daß die der Reichsbank gewährten Notenbank­kredite nicht erneuert werden, oder daß ,, b e fondere finanz­wirtschaftliche Ereigniffe auf internationalem Gebiet nach Auffassung der ausländischen Bantenausschüffe die Ausführung des Abkommens wesentlich gefährden". Beide Klaufeln stellen eindeutig den 3usammenhang mit den gegen wärtigen Reparationswirren her. Sie find freilich verständlich, da die Gläubiger der kurzfristigen Kredite Deutschlands sich für ihre Forderungen den Borrang vor allen politischen Schulden sichern wollen.

Dem 60 Seifen umfassenden Vertrag ist ein allgemeiner Bericht des Stillhalteausschusses der ausländischen Gläubiger vorangestellt. Die Einstellung des aus­ländischen Gläubigerausschusses ging danach dahin, die Reichsbank

und die Stabilität der deutschen Währung zu stühen. Die kurz­fristigen Kredite feien in gutem Glauben aufgenommen worden, in gutem Glauben beabsichtigen die Schuldner auch die Rückzahlung. Eine neue Nachfrage nach Devisen bei der Reichsbank erwartet der Ausschuß aus der Neuregelung nicht.

Der Bericht stellt selbst fest, daß der neue Vertrag offenbar leine dauerhafte Lösung für Deutschlands Kreditproblem darstelle. Der Ausschuß schließt sich dem an, was die beiden Baseler Berichte hinsichtlich der Reparationen und der internationalen Schulden ausgeführt haben. Deutschland könne an die Außenwelt nur Zahlungen leisten, wenn es einen entsprechenden Exportüberschuß von Gütern hinaus­zusenden in der Lage sei. Es sei unerläßlich, daß die Handelspolitik die Güterbewegung zum Ausgleich internationaler Schulden ermög­liche, und daß die Länder einander wechselseitig Absatzmärkte bieten. Jedes Land sei in der Lage, Güter herzustellen, die das andere brauche. Die zwischen den Ländern stehenden 3ollschranken hindern aber die Bölker, ein Einkommen zu erzielen, mit dessen Hilfe fie die Produkte anderer Böller, die sie brauchen, faufen tönnten. Der Bericht schließt mit folgenden allgemeinen Fest­ftellungen:

Der deutsche Wirtschaftskörper trägt gewaltige Wiederaufbau­fräfte in fich, die zum Vorschein fommen werden, sobald günstigere Weltverhältnisse eintreten, und es ist unerläßlich, daß die Hemmniffe einer solchen Entwicklung beseitigt werden. Das wird nicht eintreten ohne positives Handeln der Regierungen und Bölfer auf dem Gebiet der internationalen Zu­fammenarbeit, und es ist, wie die beiden Baseler Komitees dringend gefordert haben, keine Zeit zu verlieren. Die gegenwärtige übersteigerte Krise muß dahin führen, daß die Bölker der Erde miteinander verarmen. Das Gegenteil muß erreicht werden: die Länder müssen miteinander reich werden. Erleichterung der Laften und größere Handelsfreiheit, die ein Cand reicher machen, werden sie alle reicher werden laffen.

Neue Heimwehrputschgefahr.

Ein Aufruf der Sozialdemokratie.

29 ten, 23. Januar.( Eigenbericht.) Der Vorstand der österreichischen Sozialdemokratie hat am Sonnabend einen Aufruf erlassen, in dem er zu nächst darauf hinweist, daß ihm verläßliche Mitteilungen von einem geplanten neuen Heimwehrputsch angegangen seien. Der Mitgliedschaft werden deshalb für den Fall, daß der Putsch ausbricht, eingehende Weisungen erteilt. Darin heit es u. at

putschistischen Formationen zu verhindern. Haben die Butschisten in einem Gebiet die Macht au sich gerissen, so ist dort jede Arbeit einzustellen, ausge nommen die Arbeit für Krankenpflege, Kinderfürsorge und zur Abwehr unmittelbarer Gefahr von Menschen­leben. In allen von dem Putsch nicht berührten Gebieten ist unbedingte Ruhe und Ordnung aufrecht. zuerhalten."

Was will Starhemberg in Berlin ?

Wien , 23. Januar. ( Eigenbericht.) Die Blätter melden, daß Starhemberg nach Berlin ab gereift fel. Gt molle dort mit Hitler zujammenfommen. Die Regierung beruhigt.

,, Die staatlichen Organe find bei allen Aktionen gegen die Putschisten zu unterstützen. Die Komman banten des Heeres und der Landfägerei find davon zu ver ständigen, daß unser Kurs nicht gegen fie geht. Wo aber bic Organe des Staates ihre Pflicht nicht erfüllen, haben ble Arbeiter selbst bie Verfassung gegen die Putschisten zu verteidigen. Sozialdemokratische Ge meindevorsteher haben bei einem Butsch alle beteiligten Wien , 23. Januar. Personen zu entwaffnen und zu verhaften. Die Aktionen Unter Bezugnahme auf die in einzelnen Blättern des Republikanischen Schutzbundes find von der gesamten verbreiteten beunruhigenden Gerüchten über einen Arbeiterschaft zu unterstügen. Auch mit bürgerlichen neuerlichen seimwehrbutsch wird amtlich fest. Selbstschuhverbänden, die bereit sind, den Wutsch abzugestellt, daß diese Stachrichten jeder Begründung ent wehren, ist unbeschadet alles sonst Trennenden gemein fam vorzugehen. Ist der Putsch ausgebrochen, so haben behren. Uebrigens feien seitens der Behörden alle not. bie Eisenbahner jebe Beförderung von wendigen Borkehrungen getroffen.

Brüfung durch eine Treuhandgesellschaft, Um 5. Februar 1931 Wieder Märtyrerlüge entlarvt!| Englischer Kabinettskonflikt verkleiſtert.

Prüfungen. Spätestens

April mar befannt, daß bei der Nordwolle ein Berlust von wenigstens 45 millionen Mart zu erwarten fei. Am 7. Mai stand fest, daß der Berluft sich um weitere 20 Millionen Mart erhöht. Mit einem Gesamtverlust von 65 Millionen Mart, der damals übersehbar war, war für den Nordwollekonzern der Zu fammenbruch unvermeidlich, für die Danat eine sehr ernste Gefährdung höchstwahrscheinlich. In Deutschland wur den diese Dinge mindestens bis zum 15. Mai auch den Behörden geheim gehalten. 3m Aus land waren sie befanntgeworden. Für die deutsche Deffentlichkeit völlig unerklärlich fette dann der allgemeine Run der ausländischen Banten auf ihre deutschen Guthaben ein, was zum offenen Zusammenbruch der Danat bant und zur Krise vom 13. Juli führte.

Es steht also fest, daß die entscheidenden Tatsachen, die zum Run des Auslandes auf seine furzfristigen Kredite führten, viele Wochen vorher den nächsten Beteiligten bekannt waren. Dennoch wurde nichts unternommen, die Deffentlich feit wurde in Untenntnis darüber gehalten, der Kopf wurde in den Sand gesteckt und das Berhängnis nahm seinen Lauf. Der Zeitpunkt ist gefommen, wo die Frage der Verantwort­lichkeit für diese Dinge in vollem Umfang aufgerollt werden muß.

Erweiterung der Winterhilfe. Sozialdemokratische Forderung an die Reichsregierung. Von den Winterhilfsmaßnahmen der Reichs. regierung für die Erwerbslosen sind zahlreiche Erwerbslose ansgefchloffen. Kurzarbeiter, ledige Arbeitslose und andere Erwerbslose beziehen nur deshalb keine Unter­stüßung, well fie Familienangehörige mit Einkommen haben. Zweifellos besteht in den meisten Fällen auch bei diesen Arbeitslosen Bedürftigkeit. Die Sozialdemokratie hat darum vom Reichsarbeitsminister in einem Schreiben eine Erweite rung der Winterhilfsmaßnahmen der Reichsregierung auf die Kreise derjenigen Bedürftigen gefordert, die heute noch nicht an ihnen teilnehmen fönnen.

Ein GA. Mann von den eigenen Parteigenoffen erschossen.

Ja Effen erfolgte am 19. Januar ein Zufammenstoß zwischen Nazis und Kommunisten. Dabei wurde der Nationalsozialist Gufe durch einen Schuß in den Rüden getötet. Die Nazis schoben die Schuid den Kommunisten zu und feierten Gufe als Opfer der rofen Mordpeft.

Die polizeilichen Fefifteilungen führten zu einem ganz anderen Ergebnis. Es ist festgeftet worden, daß die gegen die Kommunisten vorstoßenden Nationalfozialisten zum Teil mit Re­volvern bewaffnet waren und einer von ihnen zunächst einen Schuß auf den Boden und dann nach vorn abgegeben hat. Die am Standort der Nationalsozialisten vor­gefundene Hülfe einer abgefeuerten Patrone hat das gleiche Ka­liber( 6,35 Millimeter) wie die bei der Obduktion des Erschoffenen gefunden. Wahrscheinlich ist also Guse von seinen eigenen Parteigen offen erschossen worden.

Das Polizeipräsidium Effen teilt dazu mit: Die polizeilichen Ermittlungen über die Ermordung des 21jährigen National fozialisten Guse, der wie gemeldet, in der Nacht vom 20. auf den 21. Januar bei einer Schlägerei ums Leben fam, haben dazu ge­

führt, daß neun an dieser Schlägerei beteiligte Nationalsozialisten festgenommen wurden.

Wie das Polizeipräsidium Essen mitteilt, hat die Bernehmung diefer Neun, die heute nacht erfolgt ist, starte Belastungs­momente gegen fie ergeben. Drei von ihnen find nachweislich und eingestandenermaßen in dem Befih von Schußwaffen gewefen, einer der Beteiligten hat zugeftanden, daß einer feiner Partei­genoffen im Besitz einer Selbstladepiftole war, wie sie nach dem Gutachten des Sachverständigen zu dem tödlichen Schuß benutzt

wurde.

So hat fich wieder erwiesen, daß Hitlers SA. mit Schußwaffen bewaffnet ist-froß der gegenteiligen Versicherungen ihres Chefs.

Althergebrachte Minifterfolidarität aufgehoben.

Condon, 23. Januar. ( Eigenbericht.)

Das englische Kabinett ist nach wie vor offenbar von der Not­wendigkeit des Firmenschildes national" überzeugt und hat sich Firmenfchildes ,, national" sozusagen geeinigt, nicht einig zu sein über das wichtigste Problem der englischen Politit, das eigentlich ihr ganzer Eristenz­grund ist.

Ueber die Frage, ob und inwieweit der Zahlungsausgleich durch Zölle verfucht werden soll, ist die Spaltung eingetreten. Sie wird offiziell in einem Sommuniqué mitgeteilt, in dem es heißt, die mit der Mehrheit des Kabinetts nicht übereinstim­menden Minister dürften gegen die Zollpolitik des Stabinetis im Unterhaus sprechen und ftimmen.

In allen anderen Fragen sei die Regierung unter sich völlig einig. Die englische Tradition der Rabinettseinheit ist in noch nicht dagemejener Beise durchbrochen worden, um den Schein der nationalen Regierung aufrechtzuerhaften.

Dem Rabinett lag der Bericht eines Unterausschusses über das Zollproblem vor. Den Wünschen der fonservativen Mehrheit in Regierung und Parlament entsprechend schlägt dieser Bericht die Einführung von Zöllen vor, und zwar stand zunächst ein allgemeiner Einfuhrzoll von 10 bis 15 Broz zur Diskussion, der auf alle Waren mit Ausnahme gewisser Rohstoffe gelegt werden foll. Aud Eisen und Stahl follten unter diesen Zoll fallen, der so bald im Kabinett, die sich mit einer Bollpolitik in gewissen Grenzen ab­als möglich eingeführt werden soll. Die ehemaligen Freihändler gefunden hatten, als sie in die Regierung eintrafen, finden diese Vorschläge zu weitgehend. Denn

zufammen mit der Pfundentwertung würden diese Zölle eine 30- bis 40prozentige Berteuerung der englischen Einfuhrwaren bedeuten.

Zu den Gegnern der Bollpolitik im Kabinett gehören Lord Snom. ben und die liberalen Minister außer Sir John Simon. Ber. gebens hat man in langen Verhandlungen eine einheitliche Linie zu finden versucht. Aber es ist nur eine neue Verschleierung und Verschleppung gelungen; das Ergebnis ist, daß die Kon­fervativen tatsächlich regieren und ihre Politik durchführen, während die liberalen Minister mit einigen schwächlichen Reden vor dem Barlament ihr Gewissen zu retten versuchen werden.