atrl Ulartem:
Am Tage nach seiner EiiUieferung tns Zuchthaus wurde der -lrafgefangene Kunze uom Aufseher beim Morgenrundgang unter der Vett statt, aus dem Boden der Zell « liegend aufgefunden, den Kopf mit der Decke verhüllt. Der Aufseher rückte das Bett beiseite und zog die Decke zurück: Kunze starrte ihn ausdruckslos an. Auf die Frage, was das bedeuten solle, gab er keine Antwort, sondern drückte die Knie gegen den Leib und setzte allen Bemühungen, ihn aufzurütteln, swmmen Widerstand entgegen. Der Arzt, dem darüber Meldung erstattet wurde, erklärte ihn für einen Stmulanten. Trotzdem sich der Vorgang jede Nacht wiederhotte, sah man zunächst von rrgendwelchen Maßnahmen ab. Als Dr. Kersten, der Leiter des Zellcnhaufes. den Alt Kunze vorgelegt bekam, fiel chm weniger die fjärte der Strafe, lebenslängliches Zuchchaus wegen Gattenmordes, auf. als der eigentüm- liche Umstand, daß ein Mann, der selbst den Tod gesucht hatte, vor der Einrichtung durch..Begnadigung"' bewahrt worden war. Cs handelte sich um eine jener nicht seltenen Elendskatastrophen, wo ein völlig Zusammengebrochener, ein überschuldeter, von den Gläubigen, bedrängter Handwerker, zur Nachtzeit den Gashahn geöffnet hatte, um gemeinsam mit seiner Frau in den Tod zu gehen. Er selbst war ins Leben zurückgerufen worden, bei der Frau kam jede Hilfe zu spät. Ungeklärt war die Frage geblieben, ob die Ehefrau aus eigener Absicht oder ahnungslos ihr Ende gesunden hall«. Doch da der Angeklagte glaubhaft versicherte, die Tat obne ihre Einwilligung mit Borbedacht begangen zu haben, und die Gc. fchwvrenen die Schuldfrage bejahten, mußte nach dem Gesetz auf Todesstrafe erkannt werden.- Dr. Kersten ließ sich den Gefangenen vorführen. „Kommen Sie, Kunze"", sagte er.„setzen Sie sich zu mir und sprechen Sie sich einmal ruhig aus. Sie haben um Einzelhaft ge- beten. Möchten Sie nun doch vielleicht hinüber zu den anderen?" Der Sträfling schüttelte erschreckt den Kopf. „3ch verstehe. Sie müssen sich erst eingewöhnen. Das ist sckwer. wir Beamten wollen ein übriges dazu tun; nur Ähren guten Willen brauchen wir." „Geht nicht", wandte Kunze finster«in,„kann nicht mehr leben." „Doch! Hier sind Sie ja endlich Ähre Sorgen los, haben Unter- kunft und tägliches Brot. Es kommt nur darauf an, daß Sie das anerkennen und alles Frühere zu oergesien suchen." „Kann ich nicht. HIngericktet will ich werden." „Sie sind begnadigt worden, dagegen läßt sich nichts machen. Scheinen im Grunde ein ganz braver Kerl zu sein, niemals vor- bestraft. Auch im Zuchthaus läßt si.ch's anständig und erträglich leben." „Äch kann nur sein, wo meine Frieda ist." „Ihre Frau, die Frieda, können Sie um sich haben, wenn Sie nur immer liebeooll an sie denken. Mit der Erinnerung rufen Sie die Tote in Ihr eigene» Leben zurück.? Der Gefangene horchte aus, stutzte, versuchte zu begreifen. „Wird sie zu mir wollen— hierher?" fragte er endlich zwischen Zweifel und Hoffnung. „Wenn sie so an Ihnen hängt wie Sie an ihr, warum nickt? Reden Sie mit ihr. Sicher wird Sie ihnen verzeihen und ihr Ge- wissen entlasten." Die beiden Männer trennten sich mit einem Händedruck. Der Gefangene stellte von da ab seinen Unfug mit der Bettstatt ein. dafür hatte dt« Wache von neuen Absonderlichkeiten zu berichten: mit geschlosienen Augen drückte er sich an der Wand seiner Zelle entläng, wobei er unverständliche Worte vor sich hl» murmelte; bei der Bewegung im Freien rings um den Rasenplatz irrt« er oft. aus der Reihe,- blieb ratlos stehen oder strauchelte ohne erstchttichen Grund. Seine Arbeit in der Tischlerei, zu der er als gelernter Zimmermann beordert worden war. verrichtete er willig und mit Geschick, doch mit verstörter, geistesabwesender Miene. Man sah sich dos eine Weile an: als es nicht bester wurde, ließ ihn der Arzt zur Beobachtung in die Heilanstalt überfuhren. Dort blieb sein Der- hallen das gleiche. Da indes die Symptome zur Diagnose des Irr- sinns nicht ausreichten, kam er als ftrafoollzugsfähig in das Zucht- Haus zurück, diesmal in Gemeinschaftshaft. Der Pfarrer bemühte sich um ihn. ohne jeden Erfolg. Kunze Uetz sich auf ein Gespräch mit dem salbungsvollen allen Herrn über- Haupt nicht ein. Er verlangte zurück in sein« Zelle und versprach. sich zusammenzunehmen, wenn man ihm nur seine Ruhe ließe. Dr. Kersten erwirkte ihm vom Direktor die Erlaubnis dazu, be- freite ihn auf Wunsch von dem Arbeitssaal und ließ ihn statt besten still für sich mll Tütenileben und Schnurendrehen seine Zeit hin- bringen, eine meckanische Beschäftigung, die seiner Versunkenh«tt am besten zu entsprechen schien. Die Fenster der neuen Zelle gewährten freien Ausblick auf Wiesen und Felder, die oft von Lankleuten und weidendem Vieh belebt waren. Morgensonne schien herein, Lerchen stiegen trillernd auf, zuweilen zog mit fernem Geknatter ein Flugzeug vorüber: die Well der Freiheit und des menschlichen Tagwerk» breitete sich her- ausfordernd vor ihm aus. ALein sie lockte ihn nicht, sie störte ihn nur. In einer Sprechstunde des Abtellungsleiters bat Kunz« um Versetzung in«in Hofgelaß, zugleich auch um Schreibpapier und Stift. „Dos können Die haben", sagte Dr. Kersten, versprechen, sich weiter gut zu führen und nicht nur Verzweifellen Gedanken nachzuhängen." „Bin nicht mehr verzweifett". gab Kunze klaren Blickes zur Antwort..Kann nur die Menschen und all den Kram da draußen nicht mchr vertragen." „Schon recht, daß Sie sich in der kleinen Well hier, hinter unseren engen Mauern einzurichten suchen. Deswegen ober brauchen Sie die draußen nicht zu hasten. Mit Grell und Haß wüten Sie nur gegen sich selbst und richten sich innerllch vollends zugrunde." „Deswegen? Nein, weil sie einen erst nicht leben lasten und dann auch das Sterben noch verbieten! Reißen mich zurück in das Hundeleben wozu? Nur um mich einzusperren! Die Frieda auf den Schindanger und mich ms Zuchthaus! Nun können wir schauen, wie wir wieder zusammenkommen." „Ihr Unalück. lieber Kunze, ist über alle Maßen. Niemand wird Ihnen sein Mitgefühl versagen. Aber uns alle regiert da» Gesetz, das ausgestellt ist zum Schutze des Lebens. Auch in der ärgsten Not durften Sie über das Leben Ihrer Frau nicht frei verfügen." „Weiß schon. Sollte sie lieber langsam verhungern lasten. Nur gut. daß wir keine Kinder kriegten, die hätten auch dran glauben müsten. Aber die Frieda hat immer gesagt, mein Kind bist du, und ich bin deins, wir Zwei Beide sind uns genug." Alle Gefangnen, befvnde'-s die in Ein'-lbaft, baben einen un» überwindlichen Drang zum Reden. Jede Gelegenheit benutzen sie ausgiebig, am liebsten natürlich mit ihresgleichen: aber auch die Aufseher und höheren Vorgesetzten müssen dazu herbalten. Bei Kunze brach es nach den ersten Mona>en vergrübelter Schweiasam- keit wie aus geborstenem Staudamm hervor. Nur ergoß sich der Gischt seine« wirr brodelnden Gefühls und manischen Verlangens nickt in der RIcktung fremder Obren, sondern in den leeren Raum. Mit Menschen seiner Umgebung sprach er nur da» Nötigste, Wesent-
3)er Xebemläng
ltches, nämlich alles, was ihn zutiefst bewegte, murmelle, rief und keuchte er in der Einsamkeit feiner kahlen Mauern bald stockend und stammelnd, bald in langem, überhitzten Wortschwall oor sich hin. Der Wächter draußen an der Tür vermochte keinen Sinn zu erlauschen: lugte er durch den„Spion", so sah er den Häftling mit langen Schritten und heftigen Gebärden auf und nieder schlürfen. zuweilen auch festgewurzelt ins Leere starren und Gespräche führen mll einer Person, die nicht zugegen war. Dann immer häufiger sah Kunze über den Tisch gebeugt und schrieb, bedeckte Bogen auf Bogen mll seinen kindlich fahrigen Schriftzügen, blätterte zurück und la» sich seine Ergüsse gedämpft, im Tonfall inbrünstiger Gebete vor. Man ließ ihm das Geheimnis dieses schriftlichen Verkehrs. Die vollgeschriebenen Bogen verborg er unter seinem Strohsack, ohne daß sich jemand darum kümmerte. Einmal fand der Aufseher in Kunzes Abwesenheit ein einzelnes Blatt unter die Bettstatt geweht: er hob es auf und übergab es Dr. Kersten. Eme Art Gedicht stellte es vor, gerietet an seine tote Frau, und lautete in seiner mangelhaften Rechtschreibung folgender- maßen: „Gestern auf dich gewart. Konntest du nicht los? Hält Geister reich so fest� Äch se dich beite. Bleib wieder bei mir dise Nacht! Oh Glück! Aber nicht wieder weinen! Blick ich in deine dunklen Augen, zerspringt mir das Herz. Sa mach nur schnell, die stunde kommt. Dein schwarzes Har, dein braunes Aug soll mir das Tema sein. Du liebst mich noch, das ist mein Ehrenkleid. Ganz nah bist du mir und dabei so weit" Es schien wirNich, als empfinge er nachts zuweilen den er- sehnten Besuch. Denn an manchen Morgen trat er dem Ausseher. der Ihm das Frühstück brachte, munter und pestrafft entgegen, erging sich in Andeutungen vom Schatz, der den Weg durchs Schlüsselloch
fände, zitierte die„heimliche Liebe, von der niemand nichts weiß", und bat, d«n anderen nichts zu oerraten. Auch Zeichnungen warf er aufs Papier, teils«in Durcheinander landschaftticher Eindrücke, bewaldete Hügel, Pfade durch wogendes Korn, einen Nachen auf stillem Weiher, teils allerhand bescheidenes Mobiliar und Hausrat, eine Küche mll peinlich ausgeführtem Zu- behär, ein Doppelbett mit hohen Polstern, die Werkstatt eines Zimmermanns, wohl daz Abbild der eigenen. Solch ein Blatt sandte er sogar einmal dem Dr Kersten in scheuer Huldigung. Da stand in einer freundlichen Kleinbürger- stube— an den Fenstern weiße Gardinen. Famtlienbilder an der Wand— der Tisch gedeckt. Zwei Menschen, nur durch Striche mit Köpfen dargestellt, der eine von langem Haar umflattert, saßen sich daran gegenüber, das Ganze eingerahmt von einem Strahlenkranz. Darunter hatte er geschrieben:„Herrn Doktor in Dankbarkell und Friedo läßt grüßen." So gewann sich der Strafgefangene Kunze die eheliche Gemein- schaft mit der geliebten Frau, von der man ihn im Tode grausam genug getrennt hatte, Schritt für Schritt zurück. Da er sie in seiner Zelle schließlich immer um sich wußte, wurde er heimisch in der Hast und fand nichts Schreckliches, vielmehr nur Trost und Beruhigung in dem Gedanken, daß er vor der Freiheit, die für ihn gleich- bedeutend war m-t Komps und Not. mit einsamer, rotloser Irrfahrt durch feindliches Menschengewühl, für immer bewahrt blieb. Er ahnte nicht, daß seine Machthaber die neue. Verhängnis- vollere Begnadigung schon in Erwägung zogen: noch Ablauf von fünf Jahren sollte ihm der Rest der Strafe erlassen werden.— Noch dämmert er friedlich vor sich hin. vertraut mit seinem abgeschlossenen Raum, mit seiner eintönig tropfenden, unmcßboren Zeit, vertraut mit Schemel, Tisch und Lagerstatt, die der Schatten der Gefährtin mit ihm teilt. Wenn ihm die Gnadenbotschaft überbracht wird, mag es wohl geschehen, daß er sich wiederum verzweifelt dagegen sträubt und die wohlwollenden Herren anfleht, dem Rechte seinen Laus zu lolstn. Es wird ihm nichts helfen. Riemol» wird er verliehen daß Gnade härter fein kann als Recht, und Freiheit mörderischer Zwang.
S)r. SBruno SSorchartU: �eehnifche Amtendimg der StelativiläMIheorie
Für viele Menschen besteht der Wert wissenschasilichcr, insbe- sonders noturwistenfchaftlicher Forschung in der dadurch erlangten Beherrschung der Naturkräfte und der Möglichkeit, sie für technische Zwecke nutzbar zu machen. Unzweifelhaft haben sich die verschiedenen Wissenschaften auch In engem Zusammenhang mit den menschlichen Bedürfnissen und der Möglichkeit ihrer Befriedigung entwickelt, aber ebenso unzweifelhaft beruht die Farschertätigkeit und der Fortschritt der Wissenschost auf dem tiesen Drang nach Erkenntnis ohne iede Rücksicht ans etwaigen technischen Nutzen. Wie bei den bedeutendsten Leistungen der fernen und fernsten Vergangenheit sehen wir das auch bei den wisienschaftlichcn Errungenschaften der erst kürzlich dahingegangenen und der noch lebenden Generation. So wenig, um nur einige hervorragende Beispiel« zu nennen, Foradoy bei der Er- forschung der elektrischen Induktion an die Möglichkeit Acr elektrischen Kraftmaschinen dachte und Heinrich Hertz bei der Darstellung elektri- scher Wellen an ihr« Anwendung zur Nachrichtenübermittlung im
Nun, wie wir einer Darstellung in der naturwissenschaftlich- technischen Zeitschrsst„Die Umschau" entnehmen, können Spannungen oon 220 000 Voll und darüber, mit denen in der Technik heute bereits ganz regelmäßig gearbeitet wird, nur auf sehr umständlichem Wege mit einer Genauigkeit bis zu 1 Prozent bestimmt werden. Statt dessen wird aber in Zukunft nur das Photographieren nach dem Verfahren von Rupp zur Bestimmung der Wellenläng« der Elektronen nötig sein, und dann ergibt sich aus den Formeln von d« Broglie und E.nstein die elektrisch« Spannung ohne weiteres mll der überaus großen Genauigkeit, die der Viessung der Wellenlängen zukommt. Das ist ein bescheidener Anfang einer technischen Anwendung, deren Ende nicht abzusehen ist. Doch wir wiederholen, was schon zu Anfang gesagt wurde: Die Bedeutung und die Wertschätzung der Arbeiten von Einstein und de Broglie liegt keineswegs in etwaigen technischen Anwendungen, an die sie gar nicht gedacht haben und
modernen Funkwesen, so wenig dachte auch Albert Einstein bei der! gar nicht denken konnten, sondern in den Aufschlüssen, die sie uns
Aufstellung und Weiterentwicklung de» aus der Relativitätstheorie beruhenden Weltbildes an die Mäglichkell irgendeiner technischen Amvendung. Und doch scheint auch dies« oollkonmien abstrakte Lehre, deren Derständni» so vielen mangels genügender mathematl- scher und physikalischer Vorbildung unmöglich ist, setzt schon. n«h nicht dreißig Jahre nach ihrer ersten Begründung, praktische Anwendung m der Technik finden zu können. Nach der Relativitötscheorie besteht gegenseitige Verwandelbar- kell von Energie und Mass«, so daß durch Aufnahme von Energie die Masse eines Körpers vermehrt, durch Abgabe von Energie ver- mindert werden muß. und Einstein konnte berechnen, um was für Beträge es sich dabei handelt, dl« sich allerdings als so winzig er- gaben, daß sie sich der Beobachtung entzogen. Da» weiteren führten neuere Untersuchungen in der Lehr« vom Licht auf Erscheinungen, die sich nicht mit der überkommenen Anschauung verstehen ließen, daß da» Licht auf einer Wellenbewegung im sogenannten Aether beruhe, die vielmehr nur verständlich wurden, wenn das Licht auf- gefaßt wurde als ein Schwärm äußerst kleiner und schnell bewegter materieller Teilchen, die man Lichtquanten nannte Es ergab sich daraus der merkwürdige und jedem nach einheitlicher Naturauffassung Strebenden geradezu unerträgliche Zustand, daß eine ganze Reihe von Lichterscheinunzen nur durch eine Wellencheari«, eine andere nur durch ein« Quantentheorie des Lichtes begriffen werden konnte. Einen Ausgleich fand der französische Physiker Louis de Broglie , indem er zeigte, daß auch materielle bewegte Teilchen sich verhatten könnten wie eine Welle, und dann lehrt«, aus der Masse und Gc- schwindigkell bewegter Teilchen die Wellenlänge der an sie geknüpften Welle zu berechnen. Bekanntlich wurde er für diese Leistung vor wenigen Jahren mll dem Nsbelpms für Physik ausgezeichnet. Zur erperimentellen Prüfung der van de Broglie angegebenen Formel eignen sich besonders die kleinsten un» bekmmien Massenwenn Sie mir! teilchen. die Elektronen oder Atome negativer Elektrizität. Stellt man eine positiv elektrisch geladene Platt« einer negativ geladenen gegenüber, so wird der zwischen ihnen befindliche Raum von elektri. schen Kräften bcherrscht, er bildet ein elektrisches Feld von be- sthnmter Stärke, die von der elektrischen Spannung der Platten abhängig ist, und in einem solchen Felde bewegen sich die Elektronen mit mn so größerer Geschwinhigkell, je stärker der Spannungsunter- schied der Platten, also die Stärke des Feldes sst. Zur Prüfung der de Brogl: eschen Formel bracht« der deutsche Physiker E. Rupp die Feldstärke oder den Spamnmgsunterschied der das Feld erzeugenden Platten auf 220 000 Voll und lieh dl« Elektronen zur Bestimmung der Wellenlänge der mit ilineki verbundenen Welle ein dünnes Goldblättchen durchdringen. Dann er» leidet die„Elektronenwelle" an den einzelnen Goldatomen eine Beugung in derselben Weise wie eine Lichtwelle an den scharfen Rändern einer sehr engen Oeffnung oder wie«ine Wasserwelle an im Wasser befindlichen Pfählen. In einzelnen Richtungen verstärken sich die austretenden Wellen, in anderen schwächen sie sich, und eine in den Weg der Elektronen gestellte photographische Platte zeigt dann abwechselnd hell« und dunkle Ringe, au, deren Abstand sich ohne weiteres die Läng« der Elektronenwelle ergibt. Auf diese Weise tonnte Rupp die Wellengleichung de Broglies für sehr große Geschwindigkellen als vollkommen zutreffend be- stätigen und erhiett zugleich ein« weiter« Bestätigung auch der Relativitätstheorie, denn für die Moste so rasch bewegter Teilchen mußte der Wert eingesetzt werden, den Einstein aus seiner Theorie erschlossen hatte, und der zufolg« der Energie der so schnell dahin fliegenden Teilchen«ineinhalbmal so groß ist als ihre..Ruhmasse" Was haben aber nun diese recht komplizierten und mit großer Veobachwngskunst durchgeführten Versuche, die doch nur dem Be- mühen entsprangen. Klarhell über das Zutreffen der Einsteinschen und de Broglieschen Grundanschauungen zu erlangen, mit praktischer Anwendung in der Technik zu tun?
in der Äuffassung über die uns umgebende Ncllur gebracht haben.
Stichard It agner in Xondon Eine anschauliche Schilderung von Wagners Persönlichkeit wird in der„Morningpost" von einem ästen Herrn veräsfentticht. der Gelegenhell hatte, ihn bei seinem letzten Besuch in London vor 54 Jahren aus der Nähe zu beobachten. Wagner wohnt« bei feinem Impresario Dannreuther in einem noch heute stehenden kleinen Haus am Orme-square und ging mit seinem Wirt im Gärtcheu des Hauses spazieren. Hier sah ihn der Verfasser:„Er war damals in seinem 64. Jahre, aber seine kleine außerordentlich beweglich« Gestalt zeigte nur wenig Spuren des höheren Atters. Eine malerischs Figur war er. mit dem markanten Kopf und dem ergrauten Haar, das aus einer Samtkappe hervorquoll, die ja so bekamst ist und nach ihm benannt wurde. Die kühnen Augen funkelten von Feuer, und die scharfen Linien seines Gesichts mll den stark betonten Backen- knachen verrieten den unbezwinglichen Kämpfergeist dieses Mannes. Der lockere Kragen mll der flatternden Seidenschleife, der von seinem Hals zurückfiel, und der leichte Mantel, der um ihn wehte, erhöhten den Eindruck des Künstlertums, der von dieser Gestall ausging. Mll raschen nervösen Schritten ging er aus und ab und sprach auf seinen Begleiter ein mll einer unaushaltsamen Redeflut und mll heftigen dramatischen Gebärden. Diese vulkanische Kraft, die bei seinen friedlichen Spaziergängen schon so ungehemmt losbrach, steigerte sich dann noch, als ich ihn einige Tage später tn der Albert Hall diri» gieren sah. Mit der zauberhaften Wucht seines Taktstockes gestaltete er den„Walkürenritt" zu einer so ungeheuren Wirkung, wie ich sie seitdem nie wieder erlebt habe."
Wie all wird ein SSeilungsbtall? Di« Zeitungswissenschaft, die in letzter Zeit einen so hohen Auf- schwang genommen hat. legt besonderen Wert auf die Ausbewahrung der Zeitungen, dl« eine so wichtig« Wissensquelle bilden, ober in unseren Zsttcn de? Holzpapieres ist das Zeitungpblatt einem frühen Untergange geweiht, und man zerbricht sich jetzt, nicht nur bei uns, sondern auch in England und Amerika , den Kopf, um das beste Verfahren herauszubekommen, das der Zeltung ein langes� Leben sichert. In dem Regierungslaboratorimn der Vereinigten Staaten sind nun Untersuchungen angestellt worden, die sich mll der gegen- wärtigen Lebensdauer eines Zeitungsblattes beschäftigen. Dabei kam man zu dem traurigen Ergebnis, daß alle amerikanischen Zeitungsbände, die in den Jahren 187S bis 1927 gedruckt wurden, dem raschen Untergang geweiht sind. In der Zell van 1370— 187-1 vollzog sich nämlich der Uebergang von dem Baumrvoll» und Leinenfaserpapier zu dem Papier, das aus Holz, aus Stroh oder Gras hergestellt wurde. Diese Erzeugnisse besitzen� aber kein« längere Dauer. Erst im Jahre 1327 entschlossen sich etnige Zeitungen die aus ein lange» Fortleben Wert legten, einig« Stücke auf Lumpen- papier abzuziehen, und diese kommen in die öffentlichen Bibliotheken, wo sie Jahrhunderte überdauern werden. Für die Lebensdauer der Zeitung ist entscheidend, welches Verfahren der Papiers abrikaiitm angewendet wird. Auch Lumpen» und Leinenpapier zerfällt sehr rasch, wenn es trocknet, bevor eine chemische Reinigung ersolzt ist. Unter den verschiedenen Verfahren, die zur Erhaltung de» modernen Papiers vorgeschlagen wurden, wird als die beste empfohlen, auf die Zeitungsseiten der einzelnen Bände mit Stärke festes sapamsches Seidenpapier aufzukleben. Auf dies« Weise verleiht die New-Vorker öffentliche Bibliothek den von ihr bewahrten Zeitungen Dauer, aber diese Methode ist recht kostspielig. Wo» eigentlich den raschen Zerfall des Papiers hervorruft, weiß man noch nicht genau Die meiste Schuld tragen wohl die Unreinheiten, die bei der chemischen BeHand- lung übrig bleiben.