1932
Der Abend
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Spätausgabe des„ Vorwärts"
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Nr. 44
B22 49. Jahrgang
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Das versunkene U- Boot
55 Mann an Bord der englischen ,, M 2"/ Lebt die Besatzung noch?
Nach einer Meldung der Admiralität glaubt man, die Lage des untergegangenen Unterseebootes ,, M 2" drei Meilen westlich von Bill of Portland festgestellt zu haben.
Unterseeboote von der Klasse des ,, M 2" fönnen 48 Stunden unter Wasser bleiben. ,, M 2" ist mit den modernsten Rettungsvorrichtungen ausgestattet, darunter einem Rettungsapparat, der es der Besatzung angeblich ermöglichen soll, Mann, für Mann an die Oberfläche zu fommen.
Aus Weymouth wird um 1 Uhr 30 früh berichtet: Von der Küste aus ist die Stelle, wo das vermißte Unterseeboot in 17 Faden Tiefe( etwa 31 meter) vermutet wird, deutlich an den Lichtern der dort persammelten Fahrzeuge zu erkennen. Glücklicherweise ist die Stelle gegen die steife Westnordwestbriefe leidlich geschüßt. Die See ist sehr mäßig bemegt. Es herrscht schwacher Nebel. Leichter mit Sebefränen und Tauchern sind nach der Unfallstelle unterwegs. Ein Sachverständiger eines Taucherunternehmens erklärte, Taucher fönnten in 17 Faden Tiefe gut arbeiten, vorausgesetzt, daß sie immer nach furzer Zeit abgelöst werden. Da das Boot auf sandigem Boden liegt, werden die Arbeiten nicht durch Schlamm behindert werden.
Den letzten Nachrichten zufolge befinden sich an Bord des gefuntenen Unterseebootes im ganzen 55 Mann, nämlich sechs Offiziere, 48 Seeleute sowie ein Fliegersergeant. In das Unterseeboot ist nämlich ein masserdichter Schuppen eingebaut, der ein fleines Wafferflugzeug beherbergt.
Die Bewaffnung des Fahrzeuges besteht aus einem versentbaren 7,5-3entimeter- Geschütz, zwei Maschinengewehren und vier Torpedorohren von 45 Zentimeter Durchmesser.
Das Sterben im U- Boot.
Endlos ist die Reihe fürchterlicher U- Boot- Katastrophen. Das Echwesterschiff des jetzt verunglückten Bootes ging 1925 im Aermelfanal unter. Die ganze Besagung von 68 Mann erstickte in dem stählernen Sarg. Aus England kam die legte Schredensmeldung von dem Untergang eines U- Bootes im Juni 1931 an der chi= nesischen Küste bei Weiheiwei. Das U- Boot Poseidon" war nach einem Zusammenstoß mit einem Dampfer gejunten. Einige Matrosen konnten nach schwierigen Rettungsarbeiten noch lebend geborgen werden. Achtzehn ihrer Kameraden aber blieben auf deni Meeresgrund.
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In aller Erinnerung ist noch die Katastrophe des ameri. tanischen U- Bootes S 51, das ebenfalls nach dem Zu fammenstoß mit einem Dampfer unterging. Tagelang wurden an der Hebung des Bootes, das in 40 Meter Tiefe lag, gearbeitet. Er gebnislos mehrfach riß das Drahtseil, das die Taucher zur Hebung um den U- Boot- Körper geschlungen hatten. Kurz nach der Katastrophe war es gelungen, drei Mann der Besatzung aus einer überfluteten Kammer, die mit den anderen Teilen des Bootes nicht in Verbindung stand, zu retten.
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Dann wurden die Klopfzeichen der Verzweifelnden im Bootsinnern schwächer und schwächer und verstummten schließlich ganz. Als es nach längerer Zeit schließ lich doch gelang, das Boot zu heben, war es zu spät. Die Augen der 21 hatten fich für immer geschlossen.
Lahusen bleibt in Haft.
Haftentlassungsantrag der Verteidigung abgelehnt. Bremen , 27. Januar. ( Eigenbericht.)
Die Juffizpreffeftelle Bremen teilt mit: In der Boruntersuchung gegen die Gebrüder Lahujen hat die Straffammer auf Grund der mündlichen Verhandlungen im Haftprüfungstermin über den von der Berteidigung gestellten Antrag auf Haftentlaffung des Angeklagten Gustav Karl Lahujen entsprechend dem Antrag der Staatsanwaltschaft beschlossen, daß der Haftbefehl aufrechter. halten wird. Das Gericht hat den verdacht, daß der Angeschuldigte Gustav Karl Lahusen in der Absicht der Gläubigerbenachteili. gung gehandelt hat( konkursverbrechen), nicht als dringend erachtet, ihn dagegen hinsichtlich der Bergehen nach§ 240 2bf. 3 der Konkurs ordnung und§§ 312 und 314 3iffer 1 des Handelsgefehbuches und 8 263 des Strafgefehbuches( Betrug) bejaht, ferner Flucht
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EISERNE FRONT
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Heute abend: Auf zum
Sportpalast!
verdacht auch bei Stellung der von drifter Seife angebotenen Sicherheit, sowie Verdunkelungsgefahr als fortbestehend
angenommen.
Berbrüderung beim Seft.
Hitler bei den rheinischen Industriellen.
Düsseldorf , 27. Januar. ( Eigenbericht.)
Am Dienstagabend sprach Adolf Hitler in dem feudalsten Hotel Westdeutschlands vor dem Industrieklub, einer Organisation der Eisen- und Stahlkönige und des bergbaulichen Langnam- Vereins, über die Notwendigkeit seiner Partei und die Notwendigkeit ihrer Unterstützung durch die Unternehmer. Anschließend fand ein Essen bei Sekt und Hummer statt. Die gegenwärtig in Köln stattfindende Tagung des Deutschen Arbeitgeberverbandes unterbrach ihre Veranstaltung. In Hunderten bpn eleganten Limousinen fuhren die Industriellen des Ruhrgebiets von Köln nach Düsseldorf . Vor dem Parkhotel hatten sich Tausende von Arbeitern eingefunden, die ihrer Empörung über den Arbeiterführer" und seine industriellen Verbindungen durch stürmische Zurufe Ansdruck gaben.
Sein Kampf mit der deutschen Sprache.
Ich wurde bewahrt davor, die soziale Frage in folcher Weise zu lernen. Indem fie mich in den Bannkreis ihres Leidens zog, schien sie mich nicht zum Lernen" einzuladen, als vielmehr sich an mir selber erproben zu wollen. Es war nicht ihr Verdienst, daß das Kaninchen dennoch heil und gesund die Operation überstand."
Das Wort ,, Die soziale Frage" ist aus der Besorgnis der Befizenden vor den Folgen der Ausbeutung des Proletariats entstanden, es ist ein sozialwissenschaftlicher Begriff, wie es feststehende Begriffe in allen Wissenschaften gibt. Ebenso wenig wie irgendeiner dieser Begriffe fann ,, die soziale Frage" leiden; man fann sie nicht lernen( höchstens kennenlernen), sie kann sich an nichts und an teinem erproben. Wer schreibt aber solch hanebüchenen Unsinn? Das tut... Adolf Hitler in Mein Kampf ", Seite 23, Ausgabe von 1925. Und die solche Weise", in der nicht er sie ,, lernte", ist die hochnäsige oder zudringlich tattlose Wohltäterei gewisser Reichen. Wie ist es aber eigentlich mit dem Herabsteigen" der feudalen Generäle und Offiziere, der Kaiser= In zwei von Tausenden besuchten und überfüllten Versamm- söhne, der Großindustriellen usw. zu den verwirrten Prolungen sprach hier am Dienstag abend das Mitglied der französischen leten der Hitlerei? Kammer Genosse Paul Faure Paris . Hunderte, die feinen Einlaß mehr finden fonnten, hörten die Rede auf einem freien Platz durch Lautsprecher. Paul Faure führte u. a. aus, daß die fran3öfifchen Sozialisten für die ungeheure Not des deutschen Boltes durchaus Verständnis hätten und ebenso für die Un= möglichkeit, weiterhin hohe Summen auf Grund eines möglichkeit, weiterhin hohe Summen auf Grund eines absurden Vertrages zu bezahlen. Er freue fich darüber, daß die franzöfifchen und deutschen Sozialisten sich in Köln über die Streichung der Reparationen und interalliierten Schulden geeinigt hätten. Seit zwei Jahren verzeichne die französische sozialistische Partei bei allen Wahlen große Erfolge, so daß die gegen
wärtig in Frankreich herrschende nationale Einheitsfront sehr beunruhigt sei und die an sich für April vorgesehenen franzöfifchen Rammerwahlen bis nach den preußischen Wahlen verschieben wolle. Die französische Reaktion hoffe, daß die Preußenwahlen neue Erfolge der Nazis bringen würden und daß sie daraus Nugen ziehen könne. Er, Faure, glaube aber, daß die Hoffnung der französischen Reaftionäre sich als trügerisch erweisen würde.
Faure schloß mit den Worten:„ Wir haben ein gemeinjames Vaterland, in dem die Menschheit ein Leben führen fann in Sonne und Licht."
Die Eiserne Front in Schlesien .
In der 14 000 Einwohner zählenden schlesischen Kreisstadt Striega u fanden am Dienstag in zwei großen Sälen stund gebungen der Eisernen Front statt. Drei Viertelstunden por Beginn mußten die Säle wegen Ueberfüllung polizeilich gefchloffen werden. Hunderte mußten umfehren, obwohl man über 3000 Befucher in den Sälen untergebracht hatte. Es fprachen die Reichstagsabgeordneten Genoffen Buchwiz, Dobbert und Bohle. Es herrschte eine begeisterte Kampfstimmung bei dieser Abrechnung mit dem Faschismus. Als die roten und schwarzrot. goldenen Fahnen in die Kundgebungsfäle gebracht wurden, brach nicht endenwollender Jubel aus.
Nationale Giftmischer.
Künstliche Züchtung der Inflationsangst.
Am Sonntagmorgen fanden die Einwohner von Berlin- Grune wald in ihren Briefkästen ein grünes Papier, auf dem in großen Lettern gedruckt zu leſen ſtand: ROSE
,, Immer wieder taucht das Gespenst der Inflation auf! Englands Goldwährung geht in die Brüche! Ha ft du schon über die Zusammenhänge nachgedacht, Bürger der deutschen Republik???!"
Darunter offenbarte sich in schamhaft winzig fleinen Buchdie staben als Verfasser und Verbreiter dieses Handzettels NSDAP. !
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Zweck und Ziel derartiger Flugblätter liegt klar auf der Hand: fyftematische Züchtung einer Inflationsangst, aus der die Hakenkreuzbewegung agitatorische Vorteile ziehen möchte. Was fümmern der Hitlergarde die bösen Folgen, die für das deutsche Volk aus einer Währungspanit sich ergeben! Um der gibt es ein Agitation willen mit der Inflationsidee spielen größeres Maß von Gewissenlosigkeit?
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Unternehmerschutz- Gesetz.
Beantragt von den Kommunisten im Strafrechtsausschuß.
In der heutigen Sigung des Strafrechtsausschusses gab es ein heiteres 3mischenspiel bei der Beratung des Paragraphen über leichte und schwere Körperverlegte. Die Kommunisten hatten einen Antrag eingebracht, einen neuen Paragraphen einzufügen, worin fie die Körperverlegung durch Ausbeutung" Strafe stellen, und zwar mit Gefängnis bestraft wissen wollten.
unter
Der von den Kommunisten vorgeschlagene Paragraph war aber derart schlecht und unüberlegt formuliert, daß Abg. Landsberg ( Soz) mühelos nachweisen fonnte, wie wenig er sogar den Absichten