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Morgenausgabe

Nr. 57 A 29

49.Jahrgang

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Vorwärts

Berliner Volksblatt

Donnerstag

4. Februar 1932

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Gendarm von Hildburghausen !

Adolf Hitlers Beförderung zum Parteibuchbeamten von Fricks Gnaden.

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wunderbar gegen die Parteibuchbeamten" wettern, ihren Oberhäuptling, der jeder Bor- und Fachkenntnis für die Beamtenlaufbahn ermangelt, aus dem dentbar unsa ch lichsten Grunde zum Beamten ernannt hätten. Es wäre eine Berleugnung aller Agitationsgrundsäge, eine Blamage fondergleichen gewesen.

Die thüringische Staatsregierung hat der Reichs.| belustigend gewesen, wenn die Nazis, die öffentlich so regierung Dokumente übermittelt, aus denen her vorgeht, daß Minister Dr. Frick im Juni 1930 unter Hintergehung seiner Ministerkollegen Adolf Hitler zum Gendarmeriekommissar von Hildburghausen ernannt hat, um ihm auf diese Weise die deutsche Staatsangehörigkeit zuzuschieben. Die Reichsregierung hat diese Dokumente der Oeffentlichkeit übergeben. Wir veröffentlichen diese Dokumente auf der zweiten Seite.

Adolf Hitler läßt erklären, daß Frick ohne sein Wissen gehandelt habe, und daß er die Einbürges rung auf diesem Wege abgelehnt habe.

Gendarm Hitler .

Die Schiebung mit der Staatsangehörigkeit.

In Schillers ,, Kabale und Liebe " flappt der stolze Prä­fident eines deutschen Duodez- Fürstentums elend zusammen, als sein Sohn ihm droht, den Leuten eine Geschichte zu er­zählen, wie man Präsident mird. In Thüringen wäre der Naziminister Frid vor einem Jahre ebenso klein und häßlich geworden, wenn ihm sein Ministerialrat Enthüllun gen darüber angekündigt hätte, mie man in Thüringen deutscher Staatsbürger wird, um zur Präfi­dentschaft fandidieren zu können.

Diefe tolle Schiebung, durch die Adolf Hitler , dem Staatenlosen, insgeheim die deutsche Staatsangehörigkeit von seinem Parteifreund Frid zugeschanzt werden sollte, lieft sich wie ein Stück aus der Komödie, man würde ihre Wahrheit bezweifeln, wenn nicht die Reichsregierung die Urkunden darüber publizierte.

Herr Frick ist auf dem Gebiete amtlicher Geheimtätigkeit fein Neuling. Er hat Rechtsradikalen als Münchener Polizei­ beamter Bässe, auf falschen Namen lautend, ausgestellt. Wenn dies ein Privatmann tut, so ist es schwere Urfunden­fälschung, aber der Polizei ist es gestattet; es ist eine deli tate, aber nach dem Urteil deutscher Gerichte zulässige Hand­lung. Immerhin glauben wir, daß eine ganze Reihe von Polizeistellen in dem, marristisch verseuchten" Preußen der­artige Amtshandlungen, wie sie bei Frid zu den Alltäglich feiten zählten, ablehnen würden. Aber man bleibt halt nicht umsonst während des ganzen Krieges im trauten Pirmasens und übt sich, während die Frontkrieger draußen Patrouillen und Schleichgänge gehen, in den Fein­heiten der amtlichen Schliche.

Kraft dieser Kenntnisse hat es Herr Frid während seiner Ministertätigkeit in Thüringen unternommen, Adolf Hitler auf dem Wege über eine Beamtenernennung in Deutschland einzubürgern. Hitler hat seine österreichische Staatsangehörigkeit seinerzeit verloren, weil er sich der Dienstpflicht entzog und auswanderte. Er wurde dadurch staatenlos. Die deutsche Staatsangehörigkeit hätte er durch Verleihung erwerben tönnen. Es ist aber hierzu die Zustimmung nicht nur des einbürgernden Landes, sondern auch der übrigen Länder notwendig. Erhebt ein Land gegen eine Einbürgerung Einspruch, so entscheidet der Reichsrat.

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So befehle ich es, so wird es gemacht ich allein über­nehme die Verantwortung."

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Und dann wurde der feierliche Att vollzogen. Es erfolgte die Ernennung Hitlers zum- ja, hier wird die Komödie zur Groteske, zur ordinärsten, knalligsten Boffe- es erfolgte die Ernennung Hitlers zum Gendarmerie­fommissar in Hildburghausen . Der Osaf als Gendarmeriekommissar! Wir sagen nichts gegen das ehren­werte Amt eines Gendarmeriefommissars, aber die Groteske liegt in der gespreizten Pfaueneitelkeit des Herrschers vom Braunen Hause, der sich plötzlich in dem weltentlegenen Städtchen Hildburghausen auf ein kleines Böstchen nieder­läßt, als wolle er nun wirklich sieben Gendarmen und drei Landjäger kommandieren.

Deshalb mußte der Aft heimlich vorgenommen werden. So etwa wie vor 200 Jahren irgend ein Potentat heimlich aus dynastischen und erbrechtlichen Gründen seinen Glauben wechselte, ohne daß die Welt etwas darüber er= fahren durfte. Freilich ein Hindernis stand noch im Weg: zu jeder Ernennung brauchte Herr Frid die Zustimmung seines Ministerfollegen, des Finanzministers. Aber, wie gesagt, man hat nicht umsonst vier Jahre in Pirmasens Allerdings er mollte gar nicht! Der Ober­und dann in München alle Pfiffe und Kniffe des formalen regierungsrat mußte gleich ein von Hitler zu unterschreiben­Rechts durchstudiert. Herr Frid wartete fein geduldig, bis des Diktat anfertigen, wonach dieser auf Dienstantritt der Finanzminister in Urlaub war, und er Frid- und Besoldung zu verzichten erflärte. Aber hier ihn vertrat. In einer Person thüringischer Innen- ist der Fuchs Frick zu schlau gewesen. Denn diese Ver­und Finanzminister, machte Frid nun das Geschäft, in fich". zichtserklärung auf Gehalt und Dienstantritt zeigt, daß es Ein Ministerialrat und ein Oberregierungsrat wurden fich nicht um eine ernsthafte Ernennung, sondern um einen hinzugezogen. Unter Androhung der schwersten diszi Schein aft gehandelt hat. Wie Ministerialrat Dr. Kai je n- plinaren Folgen legte Frid ihnen strengste Amtsberg bereits am Montag in der Bossischen Zeitung" zu­verschmiegenheit auf. Mit niemandem durften sie treffend auseinandergesetzt hat, ist ein staatsrechtlicher Schein­über das sprechen, das sie jetzt vollzogen. Dies sind die aft genau so rechts ungültig wie ein zivilrechtlicher Formen, in denen sich offenbar das gute Gewissen" doku- Scheinaft. Adolf Hitler ist nicht Gendarmeriekommissar mentiert. Die Beamten wagten zwar noch schüchtern gegen von Hildburghausen und damit auch nicht deutscher das, was ihnen jetzt zugemutet wurde, amtliche Be Staatsbürger geworden. denten zu äußern. Aber der Minister Frick dekretierte:

Hitler ist bekanntlich wegen Hochverrats gegen das Deutsche Reich, begangen im November 1923, rechtskräftig vorbestraft, mit Fug und Recht hätte gegen seine Einbürgen rung jede republikanische Regierung Einspruch erheben müssen. Da man dies vorausahnte, so wählten die Nazis einen anderen Weg. Nach der Verfassung erwirbt nämlich jeder Ausländer durch die Ernennung zum Reichs- oder Staatsbeamten ohne weiteres die Staatsangehörig­feit. Hier war die Lücke im verfassungsrechtlichen Zaun, durch die Hitler unbemerkt in die deutsche Staatsangehörig teit hineinschlüpfen sollte.

Selbstverständlich dachte Hitler gar nicht ernsthaft daran, Beamter zu werden, ebensowenig dachte irgendeine Regierung baran, ihm zum Beamten zu machen. Es wäre ja auch höchst

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Zustande gekommen ist nur der Fall eines unglaublich

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Und wer's zum Wachtmeister erst gebracht,

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Der steht auf der Leiter zur höchsten Macht!" Schiller: Ballenfteins Lager".