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Nr. 166.

Grscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertel­jährlich 8,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. fret n's Haus. Einzelne Nummer 6 Pfg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuz­ band  : Deutschland   u. Desterreich­lugaru 2 M., für das übrige Ausland 3 Mt. pr. Monat. Eingetr. tut der Post Zeitungs Preisliste für 1896 unter Nr. 7277.

Vorwärts

13. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf., für Bereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr abends, an Sonne und Festtagen bis 9 Uhr vormittage geöffnet.

Fernsprecher: Amt 1, te. 1508 Telegramm- Adresse: " Sozialdemokrat Berlin".

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Sonnabend, den 18. Juli 1896.

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Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Effekten untersagte und damit den Anstoß zum Exodus( Aus-| quellen Rußlands  " ist dieses ein kapital- armes Land; dies Russische   Finanzmanöver. zug) der russischen Anleihen aus Deutschland   gab, welche von resultirt am deutlichsten aus der Höhe des Zinsfußes, Durch die Zeitungen geht die Nachricht, daß Rußland   den chauvinistischen französischen   Kapitalisten aufgenommen den die Höhe des Privatdiskonts am besten erkennen läßt demnächst eine größere Anleihe abzuschließen gedenkt, nach wurden. Die vor Jahresfrist erschienene Broschüre des Es notirt letzterer gegenwärtig in Berlin   pCt., in der einen Version in Höhe von 300 Millionen Franks, nach russischen Finanzagenten Herrn von Cyon giebt darüber Paris   1/4 pCt., in Wien   33/4 pCt., in London   5/8 pCt., der anderen von 1 Milliarde Franks; ja der ,, Neuen Freien Aufschluß, auf welche Weise die kapitalistische Presse Frank- in Antwerpen 29/16 pCt.; dagegen in Petersburg 5 pCt. Breffe" berichtet man aus Berlin   von 2 Anleihen von je reichs zu gunsten der russischen   Anleihen bearbeitet wurde; Ein ostdeutsches Blatt berichtet unter dem 9. März d. J. 500 Millionen Rubel= 1375 Millionen Franks, die an- wie zugänglich sich dieselbe seinen Einsendungen erwies, so aus Lodz  , daß sich der Stand der Baarzahlungen in letter geblich zur Regulirung der Valuta und zum Aus- lange er über die russischen Bestechungsgelder verfügte; wie Zeit bedeutend gebessert habe, da die Privatbanken an bau der sibirischen Bahn bestimmt sein sollen. verschlossen sie aber war, als er mit leeren Händen kam. Nur Wechseln mittlerer Werthe nur noch einen Diskontabzug Welche Version die richtige ist, wird sich binnen durch eine im Großen betriebene Bestechung der kapitalistischen von 8/2 pCt. machen, während deutsche Privatbanken da. furzem erweisen. Feststehend ist die Absicht unseres Erb- Presse Westenropas, von den Organen des Feudalismus bis mals die Wechsel ihrer Kundschaft ungefähr zur Hälfte freundes, Westeuropa   so viel Geld als möglich abzuborgen; herab zu denen der bürgerlichen Demokratie, war es mög- dieses Sages diskontirten. welche Zwecke dafür vorgeschoben werden, ist gleichgiltig; lich, den wahren Stand der russischen Finanzen dem Alle Bankiers, welche in direkter oder indirekter Ges denn in Wirklichkeit ist diese Anleihe, die gleich dem Mädchen Kapitalistenpublikum zu verhüllen. Die offiziellen russischen schäftsverbindung mit russischen Getreide- Exporteuren stehen, aus der Fremde mit jedem neuen Jahre erscheint, haupt- Budgets sind nicht das Papier werth, auf dem sie ge- wissen, daß dieselben bei Konsignationen für nicht pünktliche sächlich zur Deckung des chronischen russischen Defizits beschrieben sind, ist es doch in dem parlamentarisch regierten Abnahme des verfrachteten Getreides 12 pCt. Verzugszinsen stimmt. Italien   möglich gewesen, Jahre lang gefälschte Budgets verlangen. Nichtsdestoweniger besigen sie die Gewissenlosig Es dürfte wohl in ganz Westeuropa   feinen einzigen aufzustellen, bis schließlich der politische Antagonismus feit, ihren Kunden die Anlage in russischen   Werthen zu Finanzier geben, der die Höhe der russischen   Staatsschuld zwischen Italien   und Frankreich   die Presse des legt einem Binsfuße zu empfehlen, der von dem erstklassiger bis auf einige Millionen Rubel feststellen könnte; die Schie- genannten Landes veranlaßte, die Wahrheit zu enthüllen und deutscher   Effekten nur uni geringe Bruchtheile eines Prozentes bungen, die zwischen den Anleihen des Reiches und den von dadurch ersteres zwang, die Steuer auf seine Renten von differirt. Gelänge es Rußland  , eine 3 prozentige Ans ihm garantirten passiven Eisenbahnen stattfanden und 132/10 pCt. auf 20 pCt. zu erhöhen. Wir haben oben die leihe, die gegenwärtig in Paris   ca. 944 pCt. notirt,- noch stattfinden, erschweren einen klaren Einblick. Will man gegenwärtige Schuld Rußlands   und seiner unrentablen von 3 proz. schlesische landschaftliche Pfandbriefe von zweifelloser ein annähernd richtiges Bild gewinnen, so muß man beibe ihm garantirten Eisenbahnen nach Saling auf 19 Milliarden Sicherheit stehen nur 1pGt. höher- zu etwa 92 pet. zu plaziren, Kategorien zusammenfassen. Nach Saling's Börsenpapieren von 800 Millionen Franks angegeben. Dies ist jedoch nur die verso fände der Ausspruch von Engels, daß nächst einer 1887/88 betrugen die Schulden beider Kategorien Ende 1887 3insliche Schuld, die Höhe des Staatspapiergeldes hier nicht zu nennenden Menschengattung die Bourgeoisie zirka 12 Milliarden 330 Millionen, das heißt zwölf- läßt sich zuverlässig nicht bestimmen. Die bürgerliche die dümmste Klasse der bürgerlichen Gesellschaft wäre, seine tausend dreihundert und dreiunddreißig Millionen Presse normirt diese auf 1051 Millionen Rubel glänzendste Rechtfertigung. Frants, Ende 1894 19 Milliarden 800 Millionen d. h. neun 2890 Millionen Franks, die Summe muß aber viel Die Verhandlungen im Prozeß Manke- Landau haben zehntausenbachthundert Millionen Frants. Dem höher sein, sonst hätte es nicht der von der Börsen- das Treiben der kapitalistischen   Presse zur Ergatterung von nach hätte eine Vermehrung von 7 Milliarden 470 Millionen, presse mitgetheilten rigorosen Maßregeln der russischen Re- Nebeneinnahmen enthüllt. Hin und wieder giebt sich das b. h. siebentausendvierhundertsiebzig Mil- gierung bedurft, um eine Baissespekulation in russischer eine oder audere Organ der bürgerlichen Presse durch An­lionen Frants in sieben Jahren stattgefunden Baluta zu erschweren, ja geradezu zu verhindern. Herr griffe auf untergeordnete Finanziers das Relief, die über tausend Millionen jedes Jahr! Wir v. Cyon erzählt in der vorgenannten Broschüre( ,, Mr. de Witte Storruption und den Schwindel zu bekämpfen. Selten es aber ein solches Blatt, die großen fönnen augenblicklich nicht genau feststellen, welcher Betrag et les Finances Russes"), wie die russische   Regierung an der wagt während dieser Zeit für Bauten neuer Eisenbahnlinien, hiesigen Börse in ihren eigenen Noten eine großartige Börsenwölfe, welche im Rothschild  - Konsortium und mächtigen Emissionsgruppen vertreten find, Legung zweiter Geleise, Anschaffung und Ergänzung von Spekulation betreibt, welche Hindernisse sie der Ausfuhr Eisenbahn  - Material ausgegeben wurde; ebenso fehlt uns zur von Noten nach dem Auslande bereitet. Und noch ist es in mit einer schonungslosen Kritik ihrer finanziellen Trans­Zeit das Material, um wie viel der Kassenbestand des Reiches der Erinnerung der Berliner Börse  , wie im vorigen Jahre aktionen zu behelligen, denn es würde dadurch der Schweig­Ende 1894 größer war als Ende 1887, wir glauben aber eher der russische Finanzminister eine Schwänze" in der Valuta gelder in Gestalt von fetten Annoncen, Pauschalien und risiko­zu überschäßen als zu unterschätzen, wenn wir diese Faktoren seines Landes zu inszeniren suchte. Sind derartige Manöver losen Betheiligungen verlustig gehen. Wir werden ja sehen, mit 3 Milliarden 470 Millionen Franks beziffern. Es ver- geeignet, jeden verständigen Kapitalisten mit dem größten Miß wie viele Organe der bürgerlichen Presse in Deutsch­bliebe demnach ein Gebahrungsdefizit des russischen Reiches frauen zu erfüllen, so bietet selbst der mit künstlichen Mitteln land und Frankreich   den Muth und die Ehrlich­und seiner paffiven Eisenbahnen von 4 Milliarden in sieben aufrechterhaltene Kurs der russischen Noten einen Beweis für feit haben werden, der schamlosen Ausplünde Jahren oder von ca. 571 Millionen Frants pro die schlechte Situation der russischen Finanzen. Russische   Noten rung ihrer Abonnenten und Leser durch Jahr. Daß der gänzliche Zusammenbruch eines mit notiren gegenwärtig 216 Mart pro 100 Rubel, was bei eine bankrotte barbarische Macht ent derartigen Fehlbeträgen chronisch behafteten Staatshaushaltes einer Parität von 324 Mart pro 100 Rubel ein Disagio gegenzutreten, die im Verhältniß der Aus­nur eine Frage der Zeit ist, wird jedem Einsichtigen ein- von 331/3 pCt. ergiebt, während nach den Zeitungsnotizen gaben und Einnahmen nicht einmal so viele innere Leuchten; der Zusammenbruch wird erfolgen, sobald die das Disagio in Italien   zur Zeit zwischen 6-7 pCt. Hilfsquellen hat, wie das bankrotte Spanien  , welches Kapitalisten Westeuropa's   aufhören werden, einem so übel schwankt, dasjenige Spaniens   ca. 21 pCt., und das Portugals   einen weit größeren Prozentsatz seiner Staatsschuld im als ca. 24 pCt. beträgt. Letzteres Land hat allerdings die Inland unterzubringen vermochte, verwalteten Reiche fernerhin Kredit zu gewähren. Fürst Bismarck  , dessen franzosenfeindliche Politik die Zahlung der Zinsen seiner Anleihen auf 30 pCt. reduzirt, bankrottere, durch impotenten Absolutismus   heillos ver­gegenwärtige politische Präponderanz Rußlands   verschuldet bei Vollzahlung der Zinsen seiner Anleihen würde lotterte, von keinem anderen Staat, nicht einmal der Türkei  hat, erkannte diesen wunden Punkt der russischen Finanzen, das Agio seines Papiergeldes erheblich höher sein. an administrativer Nichtswürdigkeit und Verderbtheit er­indem er der Reichsbank die Lombardirung der russischen Troß aller Faseleien über die unerschöpflichen Hilfs- reichte Rußland  .

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Rienzi.

Der letzte der römischen Volkstribunen.

Roman von Edward Lytton Bulwer  . Nun, er hielt mich beim Zipfel meines Mantels, als ich von meinem Rostrum stieg( o, ich wollte, Du hättest mich gesehen!- ich war ein zweites Du!) und sagte, indem er wie ein Kind weinte: Ach Herr, ich bin nur ein armer Mann, und an mir ist wenig gelegen, aber wäre jeder Tropfen Blut in meinen Adern ein Leben, ich wollte fie alle für mein Vaterland willig opfern!"

Der brave Mann," sagte Rienzi gerührt, hätte Rom  nur fünfzig folche Bürger! Niemand hat uns unter seiner Klasse mehr genutzt als Cecco del Vecchio!"

" Sie fühlen schon in seiner Größe einen Schuh," sagte Bandulfo.

"

=

anderen

nehmen.

=

das noch

schäftigt seiest, unschicklich wäre, in so großer Menge zu würdig, und geboren, um an ihrer Wiederkehr theilzu Dir zu kommen. Hatte ich nicht recht?" Allerdings, Pandulfo."

"

Aber Cecco del Vecchio sagte, er müsse kommen, und Dir die Hand küssen; und Du kannst ihn hier erwarten, sobald er sich unbemerkt aus der Menge entfernen kann."

" Er ist willkommen!" sagte Rienzi, der in tiefes Nach denken zurück verfiel.

Und sieh, da ist er schon," als ein Schreiber den Besuch des Schmiedes anmeldete.

Laßt ihn eintreten," sagte Rienzi, sich ruhig nieder­

Rienzi reichte nach diesen Worten dem Schmied seine Hand, welche Cecco del Vecchio ergriff und ehrerbietig füßte.

Dieser Kuß ist nicht der Kuß eines Verräthers," sagte Rienzi lächelnd, aber, steh auf, mein Freund,( denn der Schnied war vor ihm niedergekniet) vor einem Menschen soll sich kein Mann erniedrigen. Du hast mit allen tüchtigen Männern in Deiner Nachbarschaft gesprochen; sind sie gut vorbereitet?"

"

Sie sind bereit, zu leben und zu sterben, nach dem Willen Rienzi's." " Ich muß heute Abend die Listen mit den Namen und Wohnung haben."

"

Es soll geschehen." " Jeder muß seinen Namen eigenhändig unterschreiben bezeichnen." Es soll geschehen."

"

"

sezzend. Als der Schmied Rienzi gegenüber stand, gewährte es Bandulfo Vergnügen, den wunderbaren Einfluß des Geistes auf das Materielle zu beobachten. Dieser träftige, wilde Riese, der in allen Volksbewegungen über die anderen hervorragte und ihnen, wie eine Fahne, als Sammel- oder punkt diente, stand jetzt erröthend und zitternd vor dem Geist, welcher( so sehr hatte die feurige Beredtsamkeit Dann geh' heut' Abend um Sonnenuntergang nach Rienzi's den Funken erweckt und angefacht, der bis dahin dem Hause des Pandulfo di Guido. Er wird Dir sagen, in jenem rauhen Busen ruhig schlummerte) den seinigen in wo Du diese Nacht mit einigen wackern Männern zus das Dasein gerufen hatte. Und in der That nähert sich sammen triffst. Du bist würdig, einer der Ihrigen zu sein. derjenige, der zuerst in dem Sklaven das Bedürfniß und Du wirst nicht fehlen!" Bewußtsein der Freiheit erweckt, so weit es dem Menschen überhaupt gewährt ist, mehr als der Philosoph, mehr als selbst der Dichter, dem großen schöpferischen Attribut Gottes! Ist aber der Geist des Sklaven ausgebildet, so kann dem ,, Uebrigens," sagte Pandulfo, hätte ich fast vergessen, Wohlthäter die Gabe verderblich, wenn er plößlich aus der Dir zu erzählen, daß das Volk sich hierher begeben wollte, Sklaverei in die Freiheit tritt, so kann er ebenso schnell aus so sehr verlangte es, Dich zu sehen; aber ich bat Cecco del dem freien Mann ein Schurke werden. Vecchio, auf das Rostrum zu steigen, und ihnen auf seine" Nähere Dich, lieber Freund," sagte Rienzi nach einer berbe Weise zu sagen, daß es jetzt, da Du auf dem Kapitol kleinen Pause. Ich weiß alles, was Du für Rom   gethan mit bürgerlichen und geistlichen Angelegenheiten be- hast, und noch thun willst. Du bist Roms bester Tage

"

Es ist erquickend, so wackere Worte von einem so wackeren Burschen zu hören. Erhob sich irgend eine Stimme mißbilligend gegen das Gemälde und seine Bedeutung?" " Reine einzige." Die Zeit ist also fast reif, noch einige Stunden, und die Frucht muß gepflückt werden. Der Aventin der Lateran und dann die Posaune des Gerichts" Rienzi  schien, nach diesen Worten, mit übereinander geschlagenen Armen und nieder gesenkten Blicken in Nachdenken ver­funten.

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Bei den heiligen Sternen! Ich werde jede Minute bis dahin zählen," sagte der Schmied indem seine braunen Wangen vor Freude und Stolz über das in ihn gesezte Butrauen erglühten.

Beobachte bis dahin alle Deine Nachbarn; laß keinen schwankend und unentschieden werden, keinen Deiner Freunde darf man als Verräther brandmarken!"

" Ich erwürge jeden, und wäre es meiner Mutter Sohn, der sein Wort gegeben hat und es nicht hält!" erwiderte der wilde Schmied. ( Fortsetzung folgt.).