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BERLIN  Freitag 19. Februar

1932

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags. Bugleich bendausgabe des Borwärts". Bezugspreis für beide Ausgaben 75 Pf. pro Woche, 3,25 m. sro Monat ( dapon 87 Vf. monatlich für Zustellung ins Haus) im vorans zahlbar. Bost bezug 3,97 m. einschließlich 60 Pf. Vostzeitungs­und 72 Pf. Postbestellgebühren.

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Nr. 84

B 42 49. Jahrgang

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Landesverrat! Landesverrat!

Der ,, ritterliche Kampf" gegen Hindenburg

Gegen ben Borwärts und die Zeitungen des Mofje­Verlags erhebt Hugenbergs ,, Tag" den Vorwurf des Landesverrats. Bell mir den Mißbrauch von Reichsmitteln zugunsten der Nationalsozialisten in Döberitz   und anderwärts uns nicht gefallen laffen wollen, tobt der Tag":

Es wird der infame volfsverräterische Ver such gemacht, die bei Deutschlands   Lage wirklich dringend not­wendige förperliche Ertüchtigung deutscher   Jugend in der landschaftlichen Weite eines Truppenübungsplatzes wieder einmal entsprechend zu denunzieren.

Diese Entrüftung ist fünstlich. Der Tag" fennt die illustrierte Stahlhelmzeitung ebenso gut wie wir. Sie berichtet über Dinge, von denen hier nichts zu lesen stand aber über sie entrüstet sich der ,, Tag nicht. Sie darf! Nicht das leiseste Lüftchen weht in den Blättern des Tag" wegen des Artifels Militärische Borarbeiten preußischer Landräte" im gestrigen Angriff", wo es hieß:

Aus einer Kleinen Anfrage, die der Landtagsabgeordnete Pg. 2ohse, Gauleiter von Schleswig- Holstein  , an die preußische Regierung richtet, erfährt man, daß die sozialdemokratischen Landrate der schleswig- Holsteinischen Kreise Pinneberg  und Stormarn   an ihre Amtsvorsteher Fragebogen geradezu verblüffenden Inhalts geschickt haben.

Neben einer Reihe Fragen, deren Beantwortung eine rege Spigeltätigkeit der Amtsvorsteher in bezug auf die Erforschung der politischen Gesinnung der Bevölkerung voraussetzen würde, find Auskünfte darüber gefordert, welche Truppenzahlen in den Kreisen untergebracht werden fönnen, wie man militärische Verpflegung sicherstellen könne und wie man einen Me Ide­dienst einzurichten gedente, falls die Telephonleitungen zerstört seien. Sehr merkwürdig berühren insbesondere folgende Fragen: Wo soll bei Ihnen die Hauptverteidigungs stellung gegen einen von Hamburg   anrückenden Gegner sein? Welches ist die höchste Erhebung in Ihrem Bezirt? Wo können sich Truppen aufhalten, ohne gefehen zu

werden?

Bie tönnen Truppen von Hamburg   in Ihren Bezirk befördert werden?

Da weder Hamburg   noch Altona   Reichswehrstandorte sind, wird, wie Pg. Lohse vermerkt, von behördlicher Seite behauptet, es handle sich um vorbereitende Ausmarschmaßnahmen der ,, Eisernen Front". Sollte dies zutreffen, würde wohl Herr Groener schleunigst nach dem Rechten sehen müssen.

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Dem Tag", der all das ruhig hinnimmt, ohne ein Wort darüber zu verlieren, kommt es offenbar gar nicht darauf an, Indiskretionen zu verhindern. Was der Zweck seiner schlecht ge­spielten Entrüftung über Borwärts und Mosse  " ist, verrät er plump genug selber, indem er schließlich bemerkt:

Der Herr Reichspräsident steht zu den Mosie- Zeifun­gen und ihren in den Moffe- Listen gesammelten Lesern und zu den sozialdemokratischen Breitscheid  - Anhän­gern der Hindenburg  - Kandidatur jetzt nicht nur allein in dem Berhältnis eines Reichspräsidenten, sondern auch eines Kan­didaten zu feiner Wählerschaft.

Hindenburg   soll als Kandidat der Landesverrä ter" abgestempelt werden. Zu diesem Zwed werden wir zu ,, Landesverrätern" ernannt.

,, Es soll ein ritterliches Kämpfen werden", erklärt der Stahl­helm. Ja, das merft man; es fängt schon ganz so an!

Was ist mit Osfar?

Wo ist das militärische Heldentum?

Um das neue Vorstandsmitglied der Hugenberg- Partei und möglichen Sammeltandidaten der Harzburger, Osfar Brinz von Preußen, bei den Angehörigen des Luisenbundes und ähnlichen Damen mit der nötigen patriotischen Weihe auszurüften, läßt der ,, Lokalanzeiger" Hugenbergs folgende Weisheit in die Welt:

Im Februar 1915 murde Prinz Ostar als Oberst und Kommandeur der Königsgrenadiere an der Ostfront verwundet. Nach dem Kriege widmete er sich in hingebender Weise der vaterländischen Bewegung.

Darf man bescheiden anfragen, wo diese Verwundung erfolgt ist und welcher Art sie war?

War es nicht etwa auch Herr Oskar, der bereits am 22. August 1914, als sein Regiment bei Byrton in Südbelgien eben ins Feuer geriet, wegen angeblichen Herzfollaps aus der Front getragen werden mußte und feitdem als leidender Mann weit, weit hinter der Front in der Heimat sich aufhalten durfte?

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Bielleicht kann der Lofalanzeiger" Näheres über die Helden­taten Ostars berichten?

aubam

Der Kutschermord aufgeklärt

un pal Drei Täter verhaftet/ Ein Geständnis

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Müller auf der Chauffee zwischen Summt und Lehnik ist jetzt nach Hause gefahren. Einige Tage später Das Verbrechen an dem 27 Jahre alten Bierkutscher Reinhold| über die Tat gesprochen. Am Mittwoch ist er nun mit dem Rade so gibt Köhler an und der Berliner   Inspektion I aufgeklärt worden. Drei Männer gehört und jezt hätte er erst gewußt, was an der Schlagbrüde durch die Zusammenarbeit der Mordkommission mit der Candjägerei hätte er an den Anschlagsäulen von dem Mord an dem Bierkutscher wurden verhaftet. Es find der 28 Jahre alte Arbeiter Friedrich passiert sei. Er vertraute sich seiner Frau an und erzählte ihr den öhler aus Rosenthal, der 29 Jahre alte Arbeiter Adolf Hergang. der 23 Jahre alte Arbeiter Martin Barke, der bei seinen Ber­Behrend aus Rüdnißer Kühle bei Bernau   und fein Schwager, werden dort verhört und den Zeugen gegenübergestellt.& öhler wandten wohnt. Behrend und Barke sind nach Oranienburg   gebracht, wurde zur Mordinspektion nach Berlin   gebracht und hat in der ver­gangenen Nacht nach langem Ceugnen ein Geständnis abgelegt. Dadurch sind auch Barke und Behrend überführt.

Nach dem Geständnis Köhlers hat sich die Tat folgendermaßen abgespielt: Die drei Männer warteten in einem Versted, als das Fuhrwert von Müller herannahte. Verabredungsgemäß sprang Köhler vor und versuchte die Pferde anzuhalten. Während er noch mit den Lieren beschäftigt war, fiel plötzlich ein Schuß. Die Pferde bäumten sich auf und er mußte schnell die Zügel loslassen, um nicht umgerissen und mitgeschleift zu werden. Ehe er noch recht wußte, was eigentlich vorgegangen war, jagten die Tiere mit dem Wagen an ihm vorbei. In seiner Aufregung hat er nicht gesehen, wer geschossen hat. Er will auch weiter nicht gemerkt haben, daß der Kutscher tot zusammengesunken ist. Als er auf seine beiden Freunde zueilte, riefen sie ihm zu: Hol' schnell die Räder!" In wildem Tempo jagten fie jetzt davon. Dann trennten sie sich auf Waldwegen und trafen sich erst Stunden später in dem Häuschen von Adolf Behrend. Als er Barfe fragte, was denn nun los sei und wer geschossen habe, antwortete ihm dieser: Halt den Mund! Die Sache ist vorbeigegangen" Dann hätten fie nicht mehr

fommission gegenüber bestätigt worden. Weinend brach er zusammen, Die Angaben des Köhler sind später von seiner Frau der Mord­als er von dem Anschlag auf der Landstraße sprach. Fahrraddieb bekannt und bereits mehrfach vorbestraft. Der junge Barfe ist der Polizei schon lange als gewerbsmäßiger

Selbstmord auf U- Bahnhof.

Junges Mädchen wirft sich vor den Zug.

Auf dem Bahnhof 3njelbrüde stürzte sich heute früh kurz vor 9 Uhr eine gewisse Margarete Diescher aus Charlotten­ burg  , Schillerstraße 117, vor den einfahrenden Zug und wurde, da der Zugführer den Zug nicht schnell genug zum halien bringen konnte, überfahren. Die Unglückliche war jofort tot. Die Feuerwehr mußte die Abschaltung des elektrischen Stromes veranlassen, um die Leiche bergen zu können, so daß der Verkehr zwischen Alexanderplatz  und Spittelmarkt von 8.52 bis 9.25 Uhr gestört war. Die Leiche wurde ins Schauhaus gebracht.

der Nähe des Bahnhofes Neu- Babelsberg wurde die Leiche Auf den Gleisen der Berlin  - Magdeburger Bahn in eines unbekannten jungen Mannes gefunden, der dort ohne Zweifel Selbstmord verübt hat. Die Leiche ist ins Schau­haus in Charlottenburg   geschafft worden.

Der Kaiser von Mandschurien

Regierungschef Puji

Tokio, 19. Februar.[ und warfen Flugblätter ab, die die bevorstehende Be. Der regierende Ausschuß des neuen mandschurischen sehung Futschaus durch japanische   Truppen ankündigten. Staates hat den früheren Kaiser von China Puji einstimmig zum Regierungschef gewählt.

Buji ist ein junger Mann, bisher ohne andere Beschäftigung als noblen Passionen des feudalen Spiels und sonstiger Geldver­schwendung. Da er schon längst mit den Japanern im Bunde   war, hat die Regierung von Schanghai   vor einiger Zeit seine Verhaftung angeordnet, die aber nicht mehr durchgeführt

werden konnte.

Seine Wahl" zum lebenslänglichen Regierungschef der Man­ dschurei   ist das Siegel auf dem Geschäftsvertrag zur Aus­lieferung der Mandschurei an Japan  . Puji wird Kaiser von des Mikados Gnaden und reißt dafür mit Hilfe des Nationalfeindes eines der zukunftsreichen Gebiete von dem himmlischen Reich seiner Ahnen und von seinem Volke los.

Für den japanischen Militarismus aber soll die Mandschurei mit ihrer offen zu Tage liegenden Koble, mit ihren sonstigen Naturschäzen und mit ihren Häfen eine Etappe zur Befiz­nahme immer weiterer Teile Chinas   sein.

Die Schlacht um Schanghai  . Kräftiger Widerstand der Chinesen.

Schanghai  , 19. Februar. Nach schwerem Artillerie- und Maschinengewehrfeuer hat der japanische Generalangriff auf Tschapei und Wusung begonnen. Japanische Flugzeuge haben wieder Tschapei und Wusung mit Bomben belegt. Die Chinesen leisten kräftigen Widerstand.

Heute außerordentliche Ratssitzung.

Genf  , 19. Februar.( Eigenbericht.) Angesichts der drohenden Offensive der japanischen Truppen in Schanghai   hatte China   heute schriftlich eine dringliche Rats­fitung beantragt. Das Zwölferkomitee des Rates hat nach kurzer Aussprache diese Sitzung auf heute nachmittag einberufen.

Linksregierung Painlevé  .

Paul Boncour   Außenminister.

Paris  , 19. Februar.( Eigenbericht.) Painlevé hat heute vormittag seine Verhandlungen auf einer neuen Basis wieder aufgenommen, er bemüht sich, ein Kabinett zustande zu bringen, das in seiner Zusammensetzung ungefähr dem kabinett Steeg entspricht. Ein solches Kabinett bedarf natürlich, um lebensfähig zu fein, der Unterstützung der Sozialisten.

In diesem Kabinett will painlevé außer der Minister­präsidentschaft das Innenministerium übernehmen. Das Außen­minifterium soll Paul Boncour übertragen werden, und das Juftizminifterium wahrscheinlich dem Senator Steeg. Bon den übrigen Persönlichkeiten, die dem Kabinett angehören sollen, find radikalen Abgeordneten Daladier  , Chautemps, Bonnet, vor allem zu nennen: der radikale Senator Schramed, die der Abgeordnete der Unabhängigen Linten Borel, sowie die Abgeordneten Gourdeau und Laurent- Eynac   von der

Am Donnerstag überflogen japanische Flugzeuge Futschau Radikalen Linken.