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fflildburghaitfen, eine wimderfchöne --- darinnen ein Qendarm

Alle» lacht nur dieDarfzeitung' nicht. Der Zugführer kontrolliert die Fahrkarten. Nach childburghausen? Grimmenthal umsteigen.' Mein Gegenüber lächelt. Sie wollen sich doch keinen Posten dort verschasfen?" Das nicht. Aber ich will sehen, was ein Gendarmerie- ! o m m i f f a r zu tun hat." In Grimmenthal wartet man im Bahnhofsrestaurant auf den Anschlußzug. Hier hängen schon di« Hildburghausener Zeitungen aus. Dasch i l d b u r g h ä u s e r K r e i s b l a t t" ist für einige Tage mit dicken und aktuellen Schlagzeilen eingedeckt. Da wird berichtet, daß Gendarmeriekommissar Zimmermann von mehreren Zeitungen telephonisch angerufen worden ist. Dann eine MeldungSensation fürs Ausland": An einem einzigen Vormittag haben in Berlin 200 ausländische Journalisten bei der Pressestell« der Reichsregierung angefragt. Die Hildbitrghausener sind über Nacht ohne ihr Zutun berühmt geworden. DieDorf zettung childburghaufen", politischer aufgezogen, ist aber von diesem Ruhm nicht sehr begeistert: ..... eine unnütz aufgebauschte Privatangelegenheit... Ausgrabung einer verjährten Sache... Wir stehen dieses Mal in einem nicht günstigen Vordergrund und müssen leider vieles spöttische Gelächter von der Gegenseite hinnehmen." Man Hot Angst, daß das geliebte Städtchen so berühmt werden könne wie einst R i x d o r f und Köpenick . Und obwohl er dem Nationalsozialismus nicht ab- lehnend gegenübersteht, leitartitelt derDorfzeitungsschreiber": ... Die Tat Fricks entspricht nicht der Auffassung, die man von einer absolut reinen und ungeschminkten chand- l u n g s w e i s e haben muß, sie ist aber zu verstehen. Frick wollte sich als Freund dem Freunde gegenüber beweisen..." Die Hildburghäuferinnen lassen sich nicht verkohlen. Die achttausend Einwohner von Hildburghausen aber haben diese Sensation fürs Ausland wenig beachtet. Ach so. Nein. In den Zeitungen haben wir es auch gelesen, aber sonst nichts. Ja wenn er wirklich gekommen wäre...' Das Städtchen ist ganz still. Es scheint, als kümmere man sich nur um die eigene Wirtschaft und um sonst gar nichts in der Welt. Nicht e i n politisches Abzeichen, nicht ein einziges Plakat. Doch: ei» Plakat. Ueberall sogar dasselbe: Anf in die Nacht ohne Sorgen Und müßte dir Karl Da* Eintrittsgeld borgen. Der Kaisersaa) ruft Hildburghauseos Jugend zu sich. Welterschütternde Ueberraschungen, dieeine neue Maulsperre" garantieren. Sfrömf herbei, ihr V öl kertc hären, Kommt in atemlosem Laat, Kommt in Glatzen kommt in Haaren, Karl schließt each die Tore auf. Eintritt mit Tanz 80 Pfennig. Verein für Leibesübungen 06 Hildburghausen. Ich war da. Es wurde sogar Rumba gespielt. Und dieweit- erschütternde Ueberraschung" war eine Tombolas 1. Preis: eine Torte. 6. Preis r 3 Meter Wurst. 10. Preis: Klosettpapier. 23. Preis: Nachttopf. 25. Preis: Seife. 26. Preis: Pfeffer und Salz. Und als ich einer ländlichen Schönen beim Tanz erkläre, ich sei aus Berlin gekommen, well Hildburghausen doch jetzt berühmt geworden war, da meinte sie. so lügen dürfe man nicht-, ich sei, wenn sehr weit her. der neue Lehrer au« dem Nach- b a r d o r f. Den wollt« man sowieso mal kennen lernen. Nett. daß er so ein Spaßvogel sei aber die Hildburghäuserinnen ließen sich nicht verkohlen. Besuch bei Hitlers Nachfolger". Gendarmeriewachtmeister Zimmermann, ebenfalls über 'Nacht unschuldig berichmt geworden, wohnt nicht in dem schönen alten Rachaus auf dem Markt, sondern in einer hübschen Villa im vornehmenneuen Viertel". Er lächelt:Jetzt bekomme ich sogar noch Besuch. Bislang ging nur immer das Telephon. Nein. Gewußt habe ich natürlich nichts. Und daß meine Bestallung so lange gedauert hat, wird mit demFall" nichts zu tun haben. Es war eben Sperre in ganz Thüringen .' Ob er glaube, daß Hitler jemals aktiv Dienst gemacht hätte?Nein. Sicher nicht." Dazu wäre er doch viel zu wenig in die Materie eingearbeitet. Worum Minister Frick ihm keinen anderen Posten, im Ministerium etwa, verschafft hätte? Ja. das sei die einzige Frage. Vielleicht, daß es mit demGendarm" ohne großes Aufsehen gegangen wäre.Nun sind wir doch eben über

Nacht berühmt geworden. Aber langweilen Sie sich nicht so schr bei uns. Es ist sehr still hier. Rur an den Häusern haben wir v i e l e T a f e l n. Da können Sie sehen, daß auch unsere kleine Stadt ihre Geschichte hat." ,.... Steckt voller Erinnerungen' Er hat Recht, der Herr Gendarmeriekommissar. Hildburghausen steckt voller Erinnerungen, ist mit vielen berühmten Namen verknüpft. Nachträglich wundert man sich, daß man erst durch diesen politischen Zwischenfall den Namen kennenlernt. ImBraunen Roß" stieg oft G o e t h e ab. Hier wohnte auch 1874/75 der Dichter Gustav Falke . Eine Tafel an einem großen Haus: Hier lebte und wirkte von 1828 bis 1856 Joseph Meyer , Gründer des Bibliographischen Instituts, getreu feinem Wohlspruch: Blldung macht frei." Ueber dem jetzigen Kreiskrankenhaus steht: Hier weilte öfter der Dichter Friedrich Rückert . Denn in Hildburghausen wohnte ein Freund Rückerts, der Kupferstecher Barth. Die Briefe an ihn überschrieb Rückert :Mein lieber Freund und Kupferstecher." Daher stammt dieses geflügelte Wort, das man fälschlich oft Goethe zuschreibt. Ein anderes Haus: Hier wohnte 1796/97 Carl Maria von Weber . Jean Paul hat längere Zeit am Hofe von HUdburghausen gelebt, und die Bürger rühmen an ihm de- sonders, daß ihm das Bier hier so gut geschmeckt habe. Manche Häuser tragen sogar zwei Tafeln, so eng saßen die Berühmtheiten nebeneinander. In dem Haus, in dem der Historiker I. M. Georg Brückner von 1831 bis 1841 wirkte, hatte 1828 und 1829 der Dichter Otto Ludwig dos Gymnasium besucht. Auch das Haus Bismarckstraße 1 trägt zwei Schilder. Das eine verrät, daß es sich der Archstekt und Kunstmaler Ioh. Valentin Tischbein(der Aeliere) erbaute, das zweite, daß von 1808 bis 1810 derD u n k e l g r a f" und die sogenannteDunkel- g r ä f i n" hier wohnten... und das ist Hildburghausens andere" und frühere mysteriöse Angelegenheit vor demFall Gendarmeriekommissar Hitler". Das Geheimnis um den Dunkelgraf. An: 7. Februar 1807 hielt vor demEnglischen Hof" auf dem Markt eine Reisekutsche, der man ansah, daß sie schon lange unter- wegs gewesen sein mußte. Ihr entstieg ein vornehmes Paar, ein stattlicher großer Herr von ausländischem Aussehen und eine ele- gante zierliche Dame, deren Gesicht unkenntlich in schwarze

Schleier verhüllt war. Er nannte sich Graf Dave! de V e r s e y und behütete seine Dame so ängstlich und sorgfältig, daß nicht einmal die Angestellten des Hotels sie zu sehen bekamen. Vom Hotel zogen sie in das Haus in der heutigen Bismarckstraße, bis sie im Jahre 1810 das Schloß Eishausen bei Hlldburghausen er- warben, wo sie bis zu ihrem Tode lebten. Der Gras seinerseits pflegte während er die Frau von aller Umwelt abschloß einen regen Verkehr, unterstützte Bedürftige und st and mit hohen Persönlichkeiten in Frankreich , England, Holland und selbst mit dem Zaren von Rußland in regem Briefwechsel. Da der Graf die geheimnisvolle Fremde besonders ängstlich in jenen Tagen hütete, in denen 1813 und 1814 französische und russische Einquartierung in Hildburghausen lag, und da man erfahren hatte, daß er aus seinem frühere» Wohnsitz Jngel- fingen an dem Tage nach Hildburghausen geflüchtet war. da N o- p o l e o n auf badischem Gebiet den Herzog von Enghien verhaften ließ, hielt mm, den Grafen sür einen französischen Prinzen oder für den Herzog von Angouläme. Erst als die Gräfin am 25. November 1837 starb, zeigte der Graf der versammellen Trauergemeinde ihr Antlitz. Ihr Geheim- nis aber nahm sie mit ins Grab. 1847 starb auch der Graf. In seinem Nachlaß fand man nichts, was das Rätsel gelöst hätte außer der Krone und den drei Lilien in den Wäschestücken. Auch jedes seiner Schriftstücke hatte der Graf immer zurückgefordert, nie- mals eins mit seinem Namen unterzeichnet. Der einzige Brief, der von ihm erhallen ist, wird im Heimatmuseum in Hildburghausen aufbewahrt. Lange ging das Gerücht, daß die Gräfin ein in Frauenkleidern gehaltener Mann gewesen sei: als man aber im Jahre 1907 ihr Grab öffnete, fand man, daß auch dies nicht stimmte. Dicke Bücher sind über das Geheimnis von Dunkelgraf und Dunkelgräfin geschrieben worden. Dr. H u m a n n hält die Duntel- gräsin für eine Tochter der Prinzessin Stephanie van Bourbon-Conde. Ein neueres englisches Werk nimmt dagegen an. daß er ein holländischer Edelmann aus dem Geschlecht der van der Volk war und sie die Tochter des auf dem Schafott hingerichteten Ludwig XVI. von Frank­reich. Den Dunkelgrafen haben die Hildburghausener zum Ehrenbürger ernannt, weil er viel Gutes getan hat. 1917 wurde auch Hindenburg Ehrenbürger der Stadt. Kommt jetzt Hitler an die Reihe? Max. Hufeland.

Swsn Meuhni: Die �Doppelgänger

(Schluß.) Eine Morgens kam«in Telegramm für sie an. Paul an der Spree Unglück zugestoßen. Berta." Die Müller, die es ihr übergeben hatte, sah, wie sie bleich wurde. Anna griff sich an das Herz uns die Mutter sprang ihr bei. Als Anno in«inem Sessel sah, grau im Gesicht, nahm die Mutter ihr das Telegramm aus der Hand und los. Sie sah ihre Tochter an. Nun mußt du zurück nach Berlin ..." Ich hätte nicht von ihm fortreisen sollen." Nicht solche Gedanken, Anna. Wer ist Berta? Die Nach- barin?" Anna nickte. So laß mir das Kino wenigstens hier." Nein, nein, ohne das Kind halt« ich es nicht aus." Am späten Nachmittag langte Anna mit der Kleinen iu Berlin an. Di« Wohnung lag im Nordwesten, und je näher die Straßen- bahn auf dem Wege durch die Turmstraße ihrer heimatlichen Be- hausung kam, um so heftiger schlug Annas Herz. Auch das Kind. daß nicht einmal deullich wußte, um was es ging, war von dumpfer Erregung ergriffen. An der Wohnungstür zitterten Annas Hände so heftig, daß die Klein« zu weinen begann. Sie waren auf dem Flur, Anna riß sämtliche Türen auf, sah in die Räume hinein nicht das mindeste Abweichende gegen früher war zu bemerken. Eine Weile stand sie hilflos mtttcn in ihrer stillen Wohnung, neben ihr das Kind sah zu ihr herauf dann rafft« sie sich zusam- men. Die Nachbarin, die die Führung der Wirtschaft für den Vor­mittag übernommen hatte, mußte ihr Auskunst geben können. Sie lief zur Wohnungsttir. Aber«he sie dort angelangt war, hörte sie ein Geräusch wie von Schlüsseln am Schloß. Sie hielt unbeweglich still, 0i« Faust an die Brust gepreßt. Wer da hereinkommen würde, konnte nur die Nachbarin sein, sie war der einzige Mensch, der Schlüssel zur Tür besaß, außer... Paul! Sie stierte ihm entgegen.

Er schrie leise auf, von ihrem Blick erschreckt.Anna? Das Kind? Ihr seid hier?" Du lebst!" Der Schrei drang Paul in die Brust. Er faßte sich an den Hals. Ja... was hattest du denn... Ja, natürlich... also ich lebe... Gewiß!" Ihre Arm« waren um seine Schultern geschlungen, er fühlte ihren schweren fraulichen Körper an seine Brust. Mächtiger als sein Erstaunen empfand er die Reinheit, die gleichsam sür immer bewahrte Unbvrührtheit, den keuschen Durchbruch ihrer Liebe. Er fühlte ihre Tränen an seinem Gesicht. Einen Augenblick mußte er arbeiten, um nicht mitgerissen zu werden: er wußte nicht, woher ihm diese Bewegung kam. Was hast du? Was ist?" brachte er mühsam hervor. Sie sah ihn an. Das Kind im Hintergrund weinte. Paul sah oerstört in Annas tränennasses Gesicht, die Haare hingen ihr wirr über die Stirn. Ich verstehe gar nichts." Sie rannte in die Stube, um ihre Handtasche zu suchen. Gleich darauf kam sie mit dem Telegramm zurück. Hier lies dies* Er starrte auf das Papier, zuckte zusammen dann sah er sie an. Ihr Blick forschte in seinen Augen. Er wurde bleich, um seinen Mund zuckte es. Dann sagte er leise: Ich nicht... ich nicht... Max!" Der, den sie deinen Doppelgänger nennen?" Ja, der... Mein Doppelgänger hat Selbsttnord begangen. Er ist in di« Spree gesprungen. Sie haben ihn tot herausgefischt, gestern abend." Und dies Telegramm?" �Irgendjemand hat uns beide, Max und mich, verwechselt es muß der Nachbarin zu Ohren gekommen sein. Ich war gestern über den ganzen Tag und auch in der Nacht nicht zu Hause." Du lebst!" Ihre Augen schlössen sich. Anna ich* Er hatte kein« Kraft m«hr. wellerzusprechen. Eine Bewegung vom Herzen her hatte ihn ergriffen. Sie hielten