Nr. 170.
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für 1896 unter Nr. 7277.
Vorwärts
13. Jahrg.
Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf., für Vereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 fg. Inferate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen= tagen bis 7 1hr abends, an Sonn und Festtagen bis 9 Uhr vormittags geöffnet.
Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508 Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin ".
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Preukische BergarbeiterVerhältnisse in bengalischer
Beleuchtung.
Donnerstag, den 23. Juli 1896.
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Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3:
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vielleicht gerade, um zu beweisen, wie tief die Wirkung der Kopf und Tagewerk verdiente Lohn von 2,39 Mark"„ den neuen Aera" gegangen ist. Ein paar Beamte derselben Arbeiter bei richtiger Eintheilung und Vermeidung arbeiterfremden Art sind mehr angestellt worden, wieviel, unnöthiger Ausgaben eine behagliche Existenz noch nicht einmal darüber geben die Jahresberichte amt sichern"!! Ueber die Lage im Bergrevier Kattowit wird lichen Ausschluß. Zum ersten Mal seit ihrem Bestehen sind der tiefsinnige Ausspruch verzapft: In der ErnährungsDas bekannte Wort des Kaisers von den Muster- die preußischen Berginspektoren auch im Jahre 1895 beauf weise der Arbeiter hat sich im abgelaufenen Jahre nichts anstalten" ist bekanntlich mit bezug auf die preußischen tragt gewesen, über die Bergarbeiter im allgemeinen, geändert; es ist bekannt, daß Kartoffeln und Kraut in Vers Staats- Bergwerke gefallen; gleich daneben stand die Ver- ihre wirthschaftlichen und fittlichen Zustände, Zustände, wie bindung mit Speck und Schweinefleisch eine Hauptrolle spielen. sicherung, daß auch der Privat- Bergbau einer schärferen die Gewerbe Inspektoren, nicht blos über jugendliche Die Preise dieser Gegenstände sind jedenfalls verhältnißmäßig Staatsaufsicht im Interesse der Arbeiter unterworfen wer- und weibliche Arbeiter zu berichten. Aber gerade diese niedrig gewesen." Dabei beträgt der höchste der angegebenen den solle. Das war in den Flitterwochen der neuen Aufgabe, die man ihnen stellte, hat ihre völlige Untauglich- Tagesverdienste für Januar 3,03 M.! Freilich ist es im benach Aera" Und wie steht es jetzt, nach sechs Jahren? Hat teit für einen sozialpolitischen Berichterstatterposten erwiesen. barten Revier Ratibor noch viel schlimmer; doch haben die Bergder Kaiser recht behalten oder der Kapitalismus im Berg- Sollte Herr v. Berlepsch für die neuen Berichte die Erarbeiterlöhne in den letzten zehn Jahren eine ganz außerbau? Eine wahrhaft klassische Antwort erhalten wir auf weiterung angeordnet haben, so hätte er sich ein unsterb- gewöhnliche Steigerung erfahren," sie sind hinaufgeschnellt, diese Frage durch die neuen Jahresberichte der liches Verdienst deshalb erworben, weil er gar nicht besser man höre und staune, zu der durchschnittlichen Höhe von- preußischen Berg Inspettoren für 1895, die als so vernichtendes Material zur Kritik der jezigen 1,79 M. pro Schicht. Aus dem Myslowig- Kattowizer Rezusammen mit den Berichten der Gewerbe- Inspektoren für preußischen Berginspektion liefern konnte. Er hat offenbar vier, also aus der Nähe des Königreichs Tiele- Winkler, dasselbe Jahr soeben erschienen sind. Klassisch deshalb, über die staatliche Bergiuspektion der Deffentlichkeit die glaubt der Arbeiterschutzbeamte" berichten zu müssen:„ Die weil sie so deutlich ist, wie eine Antwort nur deutlich sein Augen ebenso öffnen wollen, wie er sie im Falle Jastrow vielfachen Feldzugsjubiläen und besonders das tann, und klassisch auch deshalb, weil sie weit über den über die private Bergaufsicht im Königreich Tiele- Winkler Sedan fest gaben Gelegenheit dazu, die Belegschaften mit Kreis des Bergbaues hinaus von Bedeutung bleibt. auftlären half. freiem Essen und Bier zu bewirthen und den KriegsSeit ca. 20 Jahren entwickelt" sich unter der Herr- Ungefähr die Hälfte der preußischen Berginspektoren veteranen einen Ehrensold auszuzahlen." Hat's auch mit schaft der preußischen Bureaukratie und Plutokratie die erklärt ganz offen ihren sozialpolitischen Bankrott: sie der wirthschaftlichen Lage der Bergarbeiter gar nichts zu Bergbau Juspektion in diesem„ größten" der deutschen haben nichts, auch rein gar nichts über die allgemeine Lage thun, so ist's doch hochpatriotisch und das wird ja oben Staaten. 1878 tamen die ersten mageren Schutzvorschriften der Bergarbeiter ihres Bezirks zu berichten. Mehr als immer gut bemerkt. In einem Klausthaler Bergrevier( Harz ) für jugendliche Arbeiter, und als Aufsichtsbeamten wurden dieses offene Bekenntniß fann man schließlich auch von sieht man nach Behauptung des Beamten eine Lebenshaltung, die zuständigen Bergrevier- Beamten, also Berg- und einem königlich preußischen Bergbautechniker nicht verlangen, wie sie auch nicht annähernd unter den besser bezahlten IndustrieMaschinentechniker, bei den Staatswerken sogar zumal wenn sich dieses Bekenntniß so gut mit der staats- arbeitern Rheinlands und Westfalens zu finden sein dürfte." die Direktoren, also die verantwortlichen Leiter, die männischen Klugheit und Vorsicht paart, die ein preußischer Und womit ist diese Behauptung begründet? Nach den fich selbst überwachen sollten, bestimmt. Diese herrliche Eins Beamter doch immer im Auge haben muß. Auf diese Weise im Revier angestellten Erhebungen kostet der Haushalt einer richtung dauerte bis 1891. n diesem Jahre war die kommen z. B. die Bergbeamten des Königreichs Bergmannsfamilie mit fünf noch schulpflichtigen Kindern " Inspektion" in den preußischen Bergwerken so herrlich weit, Stumm um alle Konflikte mit dem Mächtigen von durchschnittlich 60 M. monatlich(!!!) oder 720 M. daß ihre Berichte" auf ein paar Druckseiten zusammen- Saarabien" herum; thatsächlich haben die drei Berg- jährlich." Bei 2,40 M. Lohn pro Schicht und 300 Schichten geschmolzen waren, die einige banale Aeußerlich inspektoren für Neunkirchen , Oft- und West- Saarbrücken im Jahre verdiene der Bergmann aber 720 M. und habe feiten über die Lage der jugendlichen Arbeiter" enthielten. in rührender Uebereinstimmung teine Silbe über die die Zuschüsse aus seiner kleinen Landwirthschaft noch extra Ram die neue Aera" mit ihrer Reform! Sie bestand wirthschaftliche Lage der Bergarbeiter Bevölkerung ihrer und damit kann die Lebenshaltung bestritten werden, darin, daß zwei der Direktoren der Staats- Bergwerke ihrer Bezirke zu berichten. Man muß eben auch schweigen die sich über diejenige westlicher Industrie Arbeiter weit Inspektionsthätigkeit entbunden" wurden und daß jetzt können. erheben soll! Stünde es nicht in einem amtlichen Bericht, nach dreizehn Jahren auf einmal an die Arbeiterinnen auf Aber die andere Hälfte der Beamten ist muthig und so würde man sich solche Fopperei höflichst verbitten. Daden Bergwerken gedacht wurde als schußbedürftiger führt uns die Lage der preußischen Bergarbeiter vorin zwischen hinein gerade aus dem gerühmten Westfalen( BergPersonen, nachdem der Elfftundentag für sie eingeführt war; hochoffiziöser Darstellung! Es ist kaum glaublich, was sich revier Süd- Dortmund ) die etwas diplomatische Wendung, daß im übrigen aber blieb es hübsch dabei, daß die Herren das Papier der Druckberichte gefallen lassen mußte an die Lebensweise wohl im allgemeinen(!) eine gute" sei, Technifer und Bergräthe als Arbeiterschußbeamte" und Schönfärberei, Tendenzschilderungen zu liefern, keine sach- oder auch bezüglich der Wohnungen namentlich das direkte Inspektoren figurirten, und es ist bis heute so geblieben, lichen Daten. Im Bergrevier Süd- Beuthen soll der pro Bugeständniß, daß sie verwahrlost, ohne jede Bequemlich
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Rienzi.
Zweites Buch. Die Revolution. Erstes Kapitel.
Der Freund Petrarca's und der Schüler Rienzi's seufzte tief auf, da er Zeuge dieser neuen Beraubungen war, und als ein gereifter Alabaster- Pfeiler herabrollte und auf dem Was der Ritter aus der Provence will. Pflaster zersplitterte. Am Fuß der Treppe waren einige Es war beinahe Mittag, als Adrian sich den Thoren Dußend der Banditen, die der alte Colonna besoldete, verdes Palastes von Stephan Colonna näherte. Die Baläste fammelt; sie würfelten auf einem alten Grabstein, dessen Wir schwören! wir schwören!" riefen alle, und indem des Adels waren damals nicht, wie wir sie jetzt sehen, er deutliche und tiefe Inschrift( so verschieden von den ver sie sich dem Kruzifix und dem Dolche näherten, konnte füllt mit unsterblichen Gemälden und der unvergänglichen zogenen Buchstaben der späteren Zeit) ihn als ein Andenken Monreal , weil die Menge zwischen ihn und die Wachs Skulptur der griechischen Kunst; aber noch heutigen Tages der mächtigsten Zeit Rom's erkennen ließ, welches, nachdem terzen trat, die Zeremonie nicht sehen, und die Eidesformel, erblickt man die dicken Mauern, die vergitterten Fenster es aufgerichtet, und selbst die darin ruhende Asche nicht welche geflüstert wurde, nicht hören; er konnte jedoch be- und die geräumigen Höfe, hinter und in denen zu jener verschont worden, jetzt diesen ausländischen Wilden zum merken, daß der damals bei Verschwörungen übliche Ge- Zeit die rohen Söldner Schutz fanden. Hoch über den Tische diente, und schon so früh mit Speisen und brauch, nach dem jeder Mitverschworene zum Zeichen, daß Thoren erhob sich ein fester Thurm, der eine weite Aus- Weinflaschen bedeckt war. Als der junge Ritter bei den er der Unternehmung sein Leben widme, einige Tropfen sicht über die verfallenden Ueberbleibsel Roms gestattete. Söldnern vorbeikam, schienen fie ihn faum zu beachten, und seines eigenen Blutes vergießen mußte, nicht vergessen wordeu Das Thor selbst war zu jeder Seite durch Granitfäulen be- ihre in nordischen Dialekten hervorgestoßenen wilden Flüche sei, als, da die Gruppe sich wieder vertheilte, derselbe Mann, festigt und verziert, deren dorische Kapitäler die Ent- drangen mißtönend in sein Ohr, indem er langsam die der vorhin die Versammlung angeredet hatte, das Becken weihung verriethen, welche sie einem der vielen Tempel breite, aber unreinliche Treppe binanstieg. Er trat in ein mit beiden Händen erhob, und von seinem linken Arme, entrissen hatte, die früher auf dem heiligen Forum standen. großes Vorzimmer; fünf oder sechs aus dem niederen Adel der entblößt war, das Blut langsam zu Boden tröpfelte, Von eben daher kamen die großen Travertin- Fragmente in gewählte Pagen unterhielten sich über wichtige Gegenstände während er mit feierlicher Stimme und zum Himmel er der Mauer des äußeren Hofes. In jener Zeit waren der Galanterie und Intrigue; drei Hauptleute von der hobenen Augen die Worte sprach: diese barbarischen Zueignungen der herrlichsten Denkmäler Bande unten faßen, mit gelösten Harnischen, stumm an " In den Ruinen deines Tempels, o Freiheit! bringen der Kunst so gewöhnlich, daß die Gebäude des früheren einem Tisch in der Mitte des Zimmers, und man hätte sie wir Römer dir unser Blut zum Opfer. Wir, begeistert, Rom von allen Volksklassen nur wie Steinbrüche betrachtet für Automaten halten können, wenn sie nicht dann und nicht durch fabelhafte Gözenbilder, sondern durch den Herrn wurden, aus denen jeder die Freiheit hatte, für sein Kastell wann mit feierlicher Gleichförmigkeit ihre verschiedenen der Welten, und durch ihn, der, herabsteigend zur Erde, oder seine Hütte sich die Materialien zu nehmen, ein Becher zu den schnurrbärtigen Lippen erhoben und darauf sich nicht an Raiser und Fürsten wendete, sondern an den weit größerer Uebermuth als jener der Gothen, dem ein mit wohlgefälligem Schmunzeln sich ihren Betrachtungen Fischer und den Landmann, die Niedrigen und die Armen späteres Zeitalter gern alle Schuld aufgebürdet hätte, und wieder überlassen hätten. Auffallend war der Gegensatz, auswählend zu Boten des Evangeliums." Darauf wendete der, mehr vielleicht als noch größere Mißbräuche, den den ihr nordisches Phlegma zu einer Menge italienischer er sich plötzlich an seine Gefährten und indem seine Büge Klassischen Unwillen Petrarca's erwedte und ihn die Hoff Klienten und Schmarozzer bildete, die unruhig auf und ab einen ganz anderen Ausdruck annahmen und von ihrem nungen Rienzi's für Rom theilen ließ. Noch sieht man gingen und laut mit einander sprachen, mit allen jenen feierlichen Charakter zu kriegerischer und entflammenden Be- Kirchen aus jener, oder selbst aus früherer Zeit, von der heftigen Geftitulationen voll südlicher Lebendigkeit. Als geisterung übergingen, rief er laut: Tod der Tyrannei! geschmacklosesten Bauart, auf oder von Marmor erbaut, der Adrian eintrat, entstand allgemeines Aufsehen und Bewegung Es lebe die Republik!" Die Wirkung dieses Ueberganges die Namen der Venus, des Jupiter, der Minerva mehr in dieser so verschiedenartig zusammengesetzten Gesellschaft. war unbeschreiblich. Jeder legte, wie auf einen unwider heiligte, als durch sie geheiligt wurde. Der Palast Die Hauptleute nickten mechanisch mit den Häuptern; die stehlichen Antrieb, seine Hand an das Schwert, indem er die des Prinzen Orsini, Grafen von Gravina, erhebt sich auf Pagen verbeugten sich und bewunderten die Federn auf Worte wiederholte, einige zogen sogar die Klingen, wie für den noch sichtbaren schönen Bogen des Theaters des Mar- seinem Barett und den Schnitt seiner Kleidung, die Klienten unmittelbares Handeln bereit. cellus, damals eine Befestigung der Savelli. und Schmaroßer versammelten sich um ihn. Jeder mit " Ich habe genug gesehen; sie werden jetzt aufbrechen," Als Adrian über den Hof ging, versperrte ein großer einer besondern Bitte, er möchte bei seinem mächtigen Ver Adrian bedurfte all fagte Monreal , und ich möchte lieber einem Heere von Wagen den Weg, beladen mit großen Marmorblöcken, wandten sein Fürsprecher werden. Taufenden entgegen treten, als nur einem halben Duhend welche aus jener unerschöpflichen Mine des goldenen seiner Gewandtheit, um sich ihnen zu entziehen, und endlich so entflammter und aufgereizter Enthusiasten." Er kletterte Hauses Nero's gegraben und für einen neuen Thurm be- erreichte er mit Mühe die niedrige und enge Thüre, an der jetzt wieder hinab und schlich sich leise fort, und noch ein- stimmt waren, durch welchen Stephan Colonna das ein Bedienter stand, der, nach seinem Eigennutz oder seiner mal drang durch die mitternächtliche Luft der gedämpfte geschmack und formlose Gebäude zu verstärken beabsichtigte, Laune die sich Anmeldenden zuließ oder zurückivies. Ruf:„ Tod der Tyrannei! Leben der Republik !" in dem der alte Patrizier seine Würde, dem Gesetze Troßz zu seinem Dhr. zu bieten, behauptete.
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( Fortsetzung folgt.)