Die Diktatur des Schundromans
Was eine Llniersuchung feststellte
Zu den wichtigsten erzicherischen Ausgaben der Mutter gehört l bie Ueberwachung des Lesestoffs ihrer Kinder. Bekanntlich erwacht'• mit dem Beginn der Pubertät sowohl bei Jungens als auch bei! Mädchen ein wahrer Heißhunger nach Lektüre, und die Folge ist. daß sich die jungen Menschen wahllos auf olles Lesbare stürzen. Nun ist es keineswegs so, daß, wie manche Pädagogen und Jugend- erzieher uns glauben machen wollen, schlechte Lektüre die Ursache schlechter Taten ist, wobei nicht geleugnet werden soll, daß ein miserables Buch und ein Kriminalfilm schon Vorbilder für Per- j brechen Jugendlicher waren. Aber die Beschäftigung mst minder-, wertiger Literatur verhindert die Jungen- und Mädchen in diesem lesewütigen Alter, sich mit guten Büchern zu befassen, und schaltet damit ein wesentliches Moment der Blldung bei diesen noch un- verbildeten und aufnahm, fähigen Gehirnen aus. Wer als Kind und als heranwachsender Mensch zu den Roten Falken oder zur SAJ. kommt, ist dieser Gefahr nicht so sehr ausgesetzt, weil die kleinen Büchereien, die sich die Ortsgruppen eingerichtet haben, stets nach proletarischen lwd sozialistischen Gesichtspunkten ausgesucht sind, das gute Beispiel der Jugendgenossen wirkt und die Notwendigkeit, sich zur Borbereitung für Diskussionen mit anständiger Lektüre zu befassen, verhindert, daß die freie Zeit nicht durch schädliche Mach- werke vergeudet wird. Die nicht organisierte Jugend hat heute auch in den Büchereien der Schulen Gelegenhest, an guten Lesestoff heranzukommen, ganz abgesehen davon, daß im allgemeinen infolge des Sports schon weniger gelesen wird. In welchem Ausmaß sich trotzdem noch schlechte und für dieses Alter ungeeignete Lektüre in den Händen Jugendlichen befindet, hat eine Umfrage festgestellt, die vor einiger Zeit von den Landesjugendämtern und ver- schiedenen Organisationen der Jugendpflege und Jugendfürsorge gemacht wurde. Zuerst einmal darf man auf die Frage:„Was liest unser« Jugend?" antworten: Alles! Alles, was ihr In die Finger kommt, vom Zeitungsroman bis zum Groschenheftchen, von Goethe bis Sarassani. find zwar gilt das für das ganze deutsche Reichs- gebiet. Di« Größe des Wohnortes oder die Landesgegend spielt gar keine Rolle. Ob das nun Bolksschüler oder Lehrlinge, höhere Mädchen oder junge Gutsknechte, Gymnasiasten oder junge Arbeiter sind, alle lesen Kasselbe, Witzblätter und Räubergeschichten, Ehegeschichten, Gerichts- berichte, 5iriminalrvmene fFrank Allan, Nick Carter. Sherlock Holmes , Nat Pinkerton), Bücher der Mädchenhändler(„Aus dunklen Häusern Belgiens "), Schauerromane(..13 Jahre Liebe und Ehe im Felsengrab"), oder Bücher der Aufklärung(„Gcheimnisie des Er- folges in Damengesellschaft"). Alle Mersklasien lesen alles, die älteren von 14 Jahren aufwärts auch anrüchige Lektüre. Was nun die Resultate betrifft, so sei zuerst einmal das Ergebnis einer Mädchsnvolksfchule in einem Arbeiterviertel wiedergegeben, und zwar einer Klaffe, der Mädchen im Aster von 14 bis 15 Jahren angehören. Diese 36 Mädchen hatten insgesamt 532 Bücher als gelesen namhaft gemacht, unter denen die reinen Mädchenbücher mst 178 Exemplaren bei westem den größten Raum einnahmen, während die sogenannten Schmachtromane mit 78 Büchern an zwester Stell« stehen. Mst 50 und 49 Exemplaren folgen gute Jugendschriften und Zeitungsromane. Immer und immer wieder bekommen die Lehrer die Antwort zu Hörem...... „Ich lese alles was Mutter liest."-. Naturkunde und Bücher dxr Weltanschauung, sind jeweils nur einmal erwähnt. Aufklärungslsteratur nur zweimal, aber hier ist sicher geschwindelt worden, denn jeder Lehrer weiß, daß gerade diese Lektüre außerordentlich stark in allen Mädchenschulen verbreitet ist. Wenn man die 12 Nennungen der Kolportage- romane dem ausgesprochen schlechten Roman zuzählen will, dann steht die Schundliteratur an dritter Stell» hinter den
Mädchenschristen und den Schundromanen, und diese Beobachtung kann man überall machen. Sehen wir uns nun eine Knaben- klaffe an, und zwar eine Vostsfchulklasie von Jungens im gleichen Aster wie die oben erwähnten Mädchen. Genannt wurden 985 Buch- tstel. Darunter waren vertreten: 170 Märchen, 127 Abenteuer- romane, 112 Kinderbücher, 90 Jndianergefchichten, ebenso viele Räubergeschichten, 70 Tiergeschichten, ebenso viele Erzählungen, je 50 Sagen und Romane. 15 Liebesgeschichten, 11 Klassiker und eine religiöse Schrift. Will man wissen, was die Kinder wirklich lesen, so braucht man sich nur die Tstel der Bücher anzusehen. In einer Mädchenschulklajse wurden die Romane„T r o tz k ö p f ch e n".„Ellernhaus" und„Nest- Häkchen" je 15mal. in einer anderen Klasie wurden„Trotzköpfchen" 17mal,„Herzblättchens Zeitvertreib" ISrnat und„Nesthäkchen" 12mal genannt. Alles andere trat dahinter zurück. Bei den Knaben spielle die F r a n k- A l l a n- S e r i e die überragende Rolle. Keine Masse, in der diese Kriminalserie nicht an erster Stelle stände. Interessant ist, was die Kinder sich in den Zestungen aussuchen. 70 Schüler im Aller von 16 bis 18 Jahren hatten 404 Rubriken namhaft gemacht. An erster Stelle stand Neues aus aller Welt mit 57 Nennungen, dann folgten 50mal Sportnachrichten, 35 Romane, 29 Tagesnachrichten. 28mal Feuilleton, 26 mal Gerichtssaalberichte. 22 politische Nachrichten, 19mal Humoristische Ecke. 18mal Dergnü- gungsanzeigen, 17mal der Wetterbericht(für die Sonntagsaus- flüge!), 13mal Kleine Anzeigen. Alles andere folgt in weitem Abstand. Daß die ausgesprochene Schundliteratur eine viel größere Rolle spielt, als angenommen wird oder aus diesen Tabellen hervor- geht, ist überall bekannt. Ein Siebzehnjähriger gab an, daß er 17 Schundhefte besitze und weitere 34 verliehen habe. Dieser junge Mann lebt in einem Dorfe mit 800 Einwohnern. Ein Lehrer einer westdeutschen Stadt teilte mit, daß drei seiner Schüler im Aller von 13 Jahren innerhalb weniger Monate 134 Hefte zu je 30 Pf. gekauft hätten. Daß die Hefte in der ganzen Klasie zirkulieren, ist Ehrensache. Da lesen die Jungen? denn„Heimlich getraut, oder die Privatsetretärin des Eisenbahnkönigs".„Die Pestelprinzeß, oder der bittere Leidensweg eines verzweifellen Mädchenherzens",„Unschuldig im Irrenhaus" und ähnlichen Unsinn. Ein Heft mtt dem Titel„Aus den Erlebnissen eines Frauenarztes" wurde in einem süddeutschen Gymnasium nicht weniger als 16mal aufgeführt. In einer Fach- schule für Weber und Schlosser haben 70 Lehrlinge 46mal Schund- literatur, 2mal Aufklärungsschriften und 51 Fachschristen für den eigenen Beruf angegeben. Eine große Rolle spielt das Geld. Werte, die in billigen Volts- ausgaben zu haben sind, zum Teil sogar in Heftchen, werden stark gekauft. Diese Zahlen zeigen eindringlich, von welchem Wert die Beein- flussiung der jungen Menschen in bezug auf ihre Lektüre ist, und daß gerade die Mutter dazu berufen ist, hier Aufsicht zu üben. Eva Schneider. Max Reinhardt hat Shaw« neuest« Komödie„Zuwahrumschöu zu sein" zur deutschen Uraufführung angenommen. „Die Pfarrhauzkomödie" von Heinrich Lautensack gelangt Mittwoch im Theater in derKlosterstraße zur Erstaufführung. Im Museum, für Naturkunde sprechen Mittwoch. 6 Uhr. Pros. Ramme: „M u s i k a n re y s.m I n s e k t e n r« i ch"! S Uhr, Dr. Pohle:„P elzwerk und Pekzliesetanten". Sonderausstellung: Die Bogel - weit von Celebe«. Eintrstt'frei. „Darandat" und„Parfisal" in der Städtischen Oper. Am 20. März wird Vuccinis„Tu r anbot" nach einjähriger Unterbrechung w»ener musikalischer. Estiltudierung wieder rn den Spielplan aufgetuunmen. Die !it:lrolle sii--"
Tittlrolle singt Maria 97 e m e t h. Ferner erscheint der„B a r s i f a l" neueinstndiert am Karfreitag wieder im Repertoire. Das Werk wird Oster - sonnabend und Ostersonntag wiederholt. Der Borverkans für die Osterseiertage beginnt am 13. März.
Klsmperer und Watter. Die Aufführung der Matthäus-Passion durch den Philharmonischen Chor unter K l e m p e r e r in der Urfassung, ohne die üblichen Striche und Kürzungen also, erbrachte den Beweis, daß das ungeheure Werk— dem ohnehin nur ein Publikum wird nahe- kommen können, das sich in seine Herrlichkeit versenkt, ohne sich der Dauer bewußt zu werden oder gar die Minuten zu zählen— auf diese Weise viel ausgeglichener, abgerundeter, vollkommener und dadurch auch verständlicher wird. Was zu erwarten war, da es ein reichlich aussichtloses Unterfangen bleiben wird, Johann Sebastian Bach verändert oder gar verbessern zu wollen. Klemperer gelang es, all das Verschiedene und Vielfältige in prachtvolle Ein- hettlichkest zu gestatten und einen geschlossenen Gesamteindruck voll dramatischer Wucht und Größe zu erzwingen. All das für seinen persönlichen Stil Charakteristische: das unpathetisch Starre, das farblos Plastische, das rein Lineare, oft geradezu Holzschnillartige war hier als Wiedergabestil ganz an seinem Ort; so wurde es eine Passtonsaufführung, die jede Erinnerung an durchschnittliche Gesangs- und Oratorienvereine verwischte, eine Aufführung ohne end- lose Fermaten, ohne epische Breite und Gefühlslosigkeit— dafür aber voll Klarhett, Kraft und Konzentration. Der Philharmonische Chor war ausgezeichnet geschult lmd ganz auf der Höhe(was vom Philharmonischen Orchester mcht behauptet werden kann). Die hauptsächlichsten Solisten waren Adelheid A r n h o l d, Inga T o r s h o f, Julius P a tz a t und Heinrich Rehkemper , herrlich alle vier in der Vereinzelung wie im Zusammenklingen der Stimmen. Von einer triumphalen Amerikareise zurückgekehrt, stand Bruno Walter wieder an der Spitze des Philhannonischen Orchesters. Er begann mit der Egmont-Ouvertüre und schloß mit Tschaikowskys „Pathetique", die er mit einer selbst für ihn unheimlichen Birtuosi- tät und spielerischen Bravour dirigierte. Zwischen diesen berühmten Stützen des Konzertlebens sang Maria I v o g ü n Lieder und Arien von Mozart — wie nur sie es kann, mtt all chrer einzigartigen Anmut, einzigartigen Technik—, sowie die Singstimme im letzten Satz der Suite, die Ernst K r e n e k aus seiner Musik zu Goeches „Triumph der Empfindsamkeit " zusammengestellt hat. Möglicher- weise ist diese Musik im Theater wirksam. Im Konzertsaal wirkt sie blaß und farblos, ohne viel Daseinsberechtigung als absolute, als Musik an sich, ohne Kraft, sogar ohne Kraft der Parodie. A. W.
Neuordnung der Filmkammern beim Zeniralinstiiut. Der Minister für Wissenschast, Kunst und Volksbildung hat im Einvernehmen mtt dem Hauptausschuß für das Lichtbildwesen, in dem außer einigen Sachverständigen die nächstbeteiligten Reichsund preußischen Ministerien vertreten sind, eine neue Geschäfts- ordnung für die Filmkammern erlassen. Diese Geschäftsordnung sieht als wichtige Neuerung, ent- sprechend vielfach geäußerten Wünschen, vor, daß die Gutachten der Filmkammern auf Antrag überprüft werden können. fim den berechtigten Bedenken gegen zwei unabhängig von- einander tätigen Instanzen zu begegnen, ist folgende Regelung ge- troffen. Auf Antrag wird eine zweite Begutachtung vorgenommen. aber nicht von einem anderen, sondern von demselben Gremium, bestehend aus dem Vorsitzenden und vier Beisitzern, das durch Hin- Zuziehung von vier wetteren Beisitzern erwettert wird. Die„Große Filmkammer" kann außer von dem Filmproduzenten oder Verleiher auch von Amts wegen überprüft werden. Diese Entscheidung ist endgültig. Die Neuregelung ttitt am 1. April d. I. in Kraft. Zum selken Zeitpunkt wird die Zahl der in den FUmkammery tätigen Gutachter beschränkt, damit die Heranziehung des einzelnen Gutachters reget-' mäßiger und häufiger erfolgt und so die Durchführung einer ein- hettlichen Spruchpraxis erleichtert wird.
spricht nicht, wie dein Dr. I. St. (Schmnannstr. 21)..
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In den Schaufenstern dieses Hauses finden Sie die Ausstellung zum Preisaussdrreiben
Audi auf Ihre Stimme kommt es an- die vielleicht die Entscheidung bringt! Insges. 2000 Mark für IHREN Schiedsspruch Wir wollen erkunden, ob Berlin noch Qualitätsgefühl hat: In 3 bezeichneten Schaufenstern des Leineweber-Hauses, Berlin C, Köllnischer Fischmarkt, haben wir je 6 Modelle in verschiedenen Preisstufen ausgestellt... und zwar: 1. Herren-Anzüge, 2. Herren- Mäntel, 3. Damen-Mäntel. Unbeeinflußt sollen Sie wählen, welchem Modell in jeder Kategorie Sie ohne Kenntnis des Preises den Vorzug geben würden— welches in Form, Schnitt und Stoff Ihrem Geschmack entspricht!— Damit Sie Ihre Entscheidung aber noch genauer treffen können, sind die gleichen Modelle im Lichthof, Köllnischer Fischmarkt, zur unverbindlichen Besichtigung ausgestellt.— Sie können also hier ganz aus der Nähe auch den Stoff und die Verarbeitung prüfen!— Also besichtigen Sie noch heute die Ausstellung in den Schaufenstern und in dem Lichthof der Firma Bernward Leineweber, Berlin C, Köllnischer Fischmarkt.— Dort erhalten Sie auch kostenlos und unverbindlich die Beteiligungsscheine zum großen Leineweber- Preisausschreiben
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