Einzelbild herunterladen
 

Morgenausgabe

Jr. 139 A 70

49.Jahrgang

Böchentlich) 75 Bt., monatlich) 3.25 R. ( davon 87 Bf. monatlich für Buftel lung ins Saus) im voraus zahlbar. Boftbezug 3.97. einfchließlich 60 f. Borzeitungs- und 72 Bf. Boftbeftellge bühren. Auslandsabonnement 5.65 R pro Monat; für Länder mit ermäßigs tem Druckfachenporto 4.66 M

Der Vormaris erscheint wachentug Hich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Dez Abend". Juuftrierte Gonntagsbeilags Bolt und Zeit"

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Mittwo

23. März 1932

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die etnisalt, Millimeterzeile 80 Reflamezeile 2- Mleine in geigen" bas fetigebrudte Bort 20 Bf. ( zulässig zwei fettgedrudte Worte jebes weitere Wort 10 Bf. Rabatt It. Tarif. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmartt Millimeter geile 25 Pf. Familienanzeigen Mili

eterzeile 16 Bf. Anzeigenannahme im Sauptgeschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der übe lehnung nicht genehmer Anzeigen vorl

Rentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Berlag: Berlin SW 68, Lindenstr. 3

Vorwärts: Berlag G. m. b. H.

Bernipr.. Tönboff( A 7) 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin

Poftichedfonto: Berlin 37 536.- Bankkonto: Banf der Arbeiter. Angestellten und Beamten, Bindenftr.3 Dt B. u. Dist.- Get.. Depofitent.. Jerusalemer Str. 65/66.

Parole: Braun- Severing!

Für die Preußenwahlen am 24. April.

Der Parteiausschus nahm am Diens-| in der bisherigen kommunistischen Landtagsfraktion herrscht,| ,, tleineres Uebel" sein. Es ist eine arge Berdrehung, wenn tag ein Referat des Parteivorsitzenden Otto der fann von dorther nichts Brauchbares, nichts Bernünftiges

Wels über die politische Lage entgegen. Es wurde einstimmig beschlossen, an die Spike fämtlicher preußischen Wahllisten Otto Braun und Garl Severing zu sehen. Das gleiche gilt für die preußische Landesliste der Sozialdemokratischen Partei, deren Zusammensetzung im einzelnen einer zu diesem Zwecke eingesetzten Kommission unter liegt.

www

erwarten.

Wo ist der Kommunist, den die KPD. einem Braun, einem Severing entgegenstellen könnte,

ohne sich lächerlich zu machen?

Was tann die Reaktion, wenn sie siegt, aus Preußen machen? Sie fann die Polizei aus einer unparteiischen Be­hörde zu einer Schußtruppe ihrer parteimäßigen Bestrebungen verwandeln. Sie tann die reaktionären Kräfte in der Justiz und in der Schule, an denen es ohnehin nicht fehlt, fördern und so auf allen Gebieten eine Rückwärtsentwicklung zum alten Dreiffaffenpreußen einleiten, das eine Domäne der Junkertaste war. Sie kann durch das Schwergewicht ihres Einflusses als preußische Regierungsmacht die innere und die äußere Politik des Reiches unheilvoll beeinflussen.

Die gestrige Sigung des Parteiausschusses war kurz aber Inhaltsreich. Reine lärmende Siegesstimmung mard laut, desto fühlbarer war die Genugtuung darüber, daß es der geschickten Lattik der Partei gelungen ist, die Front der Gegner zu schlagen und in Berwirrung zu bringen. Kaum geredet Und mas tann die Kommunistische Partei ? Die Kommu wurde noch davon jo selbsterständlich war es daß am 10. April vollendet werden muß, was am 13. März begannen nistische Partei fann und will an feiner Regierung teilneh murde. Am 10. April, beim zweiten Wahlgang der Reichs.men. Sie tann nur die Linte fchwächen und damit der Rechten präsidentenwahl muß der Faschismus von einer zur Macht helfen. Und das will sie ja auch! Wer die Barole Lamine antifaschistischer Stimmzettel verschüftet werden, und ausgibt: Severing ist die Hauptgefahr!" für den auf diesen Stimmzetteln muß selbstverständlich wieder der fann ein Sieg der äußersten Reaktion, der brutalsten Konter revolution in Preußen höchstens Nebengefahr und somit Name Hindenburg stehen.

Vierzehn Tage später, am 24. April, fällt die Entscheidung in Preußen Wir werden ihr desto zupersichtlicher entgegen­gehen, je beffer die Wahl am 10. April ausgefallen sein wird. Am 10. April muß Hindenburg mit einer möglichst erdrücken. den Mehrheit wieder Reichspräsident werden. Dann gehen wir in den Preußentampf für unser eigenes Programm und unter unseren eigenen Fahnen.

Unsere Preußenparole heißt: Braun- Severing!

Für Braun- Severing fämpfen heißt nicht nur für zwei Männer fämpfen, es heißt für die Partei, für ihre Idee, für die Zukunft der Arbeiterklasse fämpfen. Wir treiben feinen Personenfult. Noch immer gelten für uns die Worte der Internationale: ,, Es rettet uns fein höh'res Wesen, tein Gott, fein Kaiser, fein Tribun!" Ganz frei fühlen wir uns non dem Retter"-Bahnsinn des versinkenden Kleinbürgertums. Was aber der Beschluß des Parteiausschusses aussprechen mill, das ist, daß wir über die starken Persönlich feiten verfügen, die andere, um ihren seelischen Bedürf niffen zu genügen, sich erst erfinden müssen. Braun und Severing thronen nicht über uns, fie stehen mitten unter uns; fie sind mit der Bewegung gewachsen, sie bekennen sich mit schlichter Selbstverständlichkeit zur Arbeiterklasse, der sie zu gehören.

Komödianten der Tribüne sind sie nie gewesen; sie haben immer nur für ein Publikum gesprochen, das zu hören ver­stand. Hysterische Begeisterungsräusche haben sie weder je­mals selber gehabt noch bei anderen erregt, dafür haben sie allen Urteilsfähigen durch ihre Arbeit imponiert: Freunden und Feinden, den zweiten vielleicht noch mehr als den ersten, denn diese einde haben es am bittersten empfunden, Männer vor sich zu haben, deren geistige Ueberlegenheit ebenso feststeht mie ihre persönliche Unantastbarkeit.

So find Braun und Severing die hervorragendsten Re­präsentanten jener sozialdemokratischen Politit, Die unter zäher Berteidigung schon gewonnener Positionen mit beharrlicher Geduld weiterfämpft und weiterbaut. Kein Wunder, daß sie darob den Kommunisten genau so verhaßt find wie den Reaftionären von rechts, denn ihre Erfolge sind die bündigste Widerlegung aller hyperradikalen Schwarm geisterei.

Mögen die Linksradikalen noch so sehr zetern und toben, schließlich wird das Schicksal der sozialistischen Arbeiterbewe­gung nicht durch Maulaufreißerfünfte und verschrobene Stil übungen, sondern durch fachliche Leistungen ent­schieden werden. Zur Bollbringung fachlicher Leistungen ge hören aber persönliche Qualitäten in der Masse sowohl mie an den Führerplägen. Wer die trostlose Dede fennt, die in dieser Beziehung in der Kommunistischen Partei und ganz besonders

die Kommunisten so tun, als trieben nur mir Sozialdemo traten eine Politik des kleineren Uebels. Die Kommunisten tun in ihrer Art genau dasselbe, denn für sie sind in Preußen Braun und Severing das größte Uebel und darum fördern fie als das für sie ,, tleinere Uebel" die schärfste Reaktion. Gegen den Irrfinn von rechts und links erheben wir den Ruf der politischen Vernunft mit unserer Parole: Braun- Severing!

Die politische Vernunft hat am 13. März einen gewaltigen Sieg errungen. Dieser Sieg muß am 10. April noch gründ­licher gemacht und am 24. April überboten werden. Wir steigern die Aktion!

Der politische Wahnsinn will entschieden er weiß mir nicht recht was. Das Dritte Reich wie Sowjetdeutschland sind Worte, hinter denen kein Begriff steht, Idole, denen nachzu jegen nur Berwirrung und Verderben bedeutet.

Die politische Bernumft forbert Erhaltung der demokrati­schen Republit, leberwindung der kapitalistischen Krisenwirt schaft durch methodische Stärkung der Staatsgewalt der Wirts schaft gegenüber, schrittweise Verwirklichung der großen Ideen, die von Anfang an die Leitsterne der sozialistischen Arbeiterbewegung gemesen sind.

Für die alten Ziele der Sozialdemokratie fämpfen wir bei den Preußenwahlen unter der Parole: Braun- Gevering!

Schafft Arbeit!

AfA: Bund Beratungen über Wirtschaft und Politik.

Der Af- Bund nahm gestern in einer öffentlichen Sigung feines Bundesausschusses Stellung zu den wirtschaftlichen und politischen Fragen der Gegenwart.

Genosse Aufhäuser

In seiner Eröffnungsrede wies der Vorsitzende des Af- Bundes zunächst darauf hin, daß die mangelnde Kreditbereitschaft eine Folge bes mangelnden Vertrauens ist. Diese Unsicherheit sei begründet in der Unsicherheit der politischen Situation. Die freien Gewertschaften seien demgegenüber entschloffen zu handeln, um die Unsicherheitsfaftoren aus ber politischen Situation aus zufthalten. Sie haben deshalb die Eiserne Front gebildet, und sie haben zum ersten Male direkt in die politischen Ereignisse bei der Reidspräsidentenwahl eingegriffen, und zwar in der Erkenntnis, daß die Bereinigung der innerpolitischen Atmosphäre die Boraus­fetzung ist für die Wiederherstellung des gesamten Wirtschaftslebens. Ju dieser Erkenntnis fehen die Gewerkschaften ihre Aktion mit dem ersten Wahlgang der Reichspräsidentenwahl feineswegs als abgeschlossen an, sie werden vielmehr in den zweiten Wahl­gang gleichfalls eingreifen, und zwar mit gesteigerter Aktivität.

Es ist unleugbar und besonders als eine große Tatsache im öffentlichen Leben zu bezeichnen, daß der Glaube an das tapita liftische System erschüttert ist, wenn auch das Ende dieses Systems feineswegs mechanisch eintreten wird.

Es ist deshalb notwendig, an dem Umban des kapita­listischen Systems zielbewußt zu arbeiten. Benn auch heute noch Millionen Angehöriger der Arbeiterklasse in der falschen Front stehen, fo feizt fidh immer mehr die Klärung der Geister durch: hier Rapitalismus- hier Sozialismus. Der Ausgang der Reichspräsidentenwahl macht unsere Arbeit telneswegs überflüffig. Gewiß wird dieser Ausgang denn an dem endgültigen Resultat fann heute laum noch gezweifelt mer den pindologisch außerordentlich günstig wirten; aber wirtschaft liche Shwierigkeiten fönnen nicht durch piytologische Fattoren eines Wahlausganges befettigt werden. Diese wirtschaft. lidhen dhwierigteiten find nicht geringer ge worben. Die 30ümaßnahmen, die in allen Ländern getroffen merden, haben diefe Schwierigteiten noch vergrößert.

Die Arbeitslosigkeit hat in erschreckendem Maße zugenommen.

Nach der letzten Erhebung der Verbände des ADGB . waren dort 44,8 Proz. der Mitglieder arbeitslos, während 22,1 Proz. Kurz arbeiter waren. Nur noch ein Drittel der Arbeiter in Deutschland ist voll beschäftigt. Nach der letzten Erhebung des AfA- Bundes ist dort die Arbeitslosigkeit zwar nicht so groß, aber im Durchschnitt immerhin 18 bis 20 Broz., während bei einzelnen Verbänden, die Industrieangestellte umfassen, die Arbeitslosigkeit der Angestellten 30 Proz. und darüber beträgt.

Das tapitalistische System ist heute in seinen Grundfesten er­schüttert. Die Bertreter der fogenannten freien Wirtschaft, die stets gegen jeden staatlichen Eingriff Proteft erhoben, tommen täglich zum Staat gelaufen um Hilfe, sei es um die Großbanken zu fanieren, um große Industrieunternehmungen zu stützen, oder andere Groß­unternehmungen vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Aus dieser Erschütterung ergibt sich die Forderung, daß nicht die Wirtschaft den Staat, sondern daß der Staat die Wirtschaft behert. schen und fontrollieren muß. Wenn die sogenannten Wirtschaftsführer versagen, müssen wir selbst Hand anlegen und fonstruktive Borschläge für eine planmäßige Wirtschaft machen. Das Eingreifen der Massen bei der Reichspräsidentenwahl zeigt, daß diese nicht mehr die leidenden Opfer einer verfehlten Wirtschafts­führung fein wollen, fondern felbft attiv in die Geschide einzugreifen entfchloffen find.

Unsere erste Aufgabe ist, Arbeit und Brot zu be schoffen. Die Arbeitsbeschaffung ist das große Pro. blem, das die ganze Welt beherrscht.

25 Millionen Arbeitslose warten auf die Lösung dieses Problems. Aufhäuser erinnert dann an die Beschlüsse des Internationalen Gewerkschaftsbundes auf seiner jüngsten Tagung in Bern und an die Pläne des Internationalen Arbeitsamtes. Es sei ein unerträg­licher Zustand, daß heute im Reichsetat die gesamte Sozialversiche rung abgehängt und sich selbst überlassen ist, und daß auch feine Mittel zur Arbeitsbeschaffung vorhanden sind, obwohl man gur Sanierung banfrotter Internehmungen und für Subventionen in verschiedenster Form durchaus Mittel aufzubringen vermag.

So dringend und michtig die Arbeitsbeschaffung auch ist, man muß sich barilber tar fein, daß diefe in ihren Erfolgsmöglichkeiten