Die Opfer des Tornados. Bisher 214 Tote und 10G0 Verwundete. Die Schreckensnachrichten aus dem amerikanischen Wirbelstnrmgebiet überstürzen sich. Während die erste« Nachrichten am gestrigen Abend von 120 Toten sprachen, geben die letzten in der Nacht kommenden Meldungen die Zahl der Toten bereits auf 214 an, während die Anzahl der verwundeten sich bisher auf 1000 belauft. Die Mehrzahl der Toten sollen Neger sein. Der Wirbelsturm bewegt sich jetzt in Richtung aus den Staat tLaroliua. Die taudstrahen sind vielfach durch entwurzelte Bäume gesperrt, viele Bewohner von Northport(Alabama ) erkannten das herannahen de« Tornados an der trichterförmigen schwarzen Wolke. die sich mit dumpfem Geräusch, zeilweise gaoz langsam, vorwärts bewegte, und konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Mit der BVG. in die Mark. Am 1. Osterfeiertag nimmt die BVG. ihren Ausflugs» und Conderwagenverkehr in die Mark wieder auf. Zu diesen Sonder» fahrten werden die bequem ausgestatteten Gesellschaftswagen, sage- nannte Reissomnibusse, verwendet. Die Fahrpreise für die Sonder- fahrten sind herabgesetzt worden. Die besonders beliebten kleinen Ausflugsfahrten nach dem Liepnitzsee, Samithsee, nach Fichten» grund»Friedrichsthal und Mellensee wurden von 5 auf 4 M. ermätzigt. Eine Fahrt nach Attenhos am Werbellinsee in diesem Jahre 8,50 M. mit Mittagesien, während früher nur die Fahrt 9 M. kostete. Der beliebte Ausflug in den Spreewald, nach Lübbenau , kostete früher 12 M. nur für die Fahrt. Für denselben Preis wird in diesem Jahr dem Publikum außerdem noch eine freie Kahn- fahrt und Mittagessen geboten. Vereinen und G e- fellschaften werden durch starke Herabsetzung des Pauschal- Mietpreises für gemietete Wogen wesentliche Ermäßi- gungen gewährt werden. Durchweg werden nur moderne, auf das beste innen und außen ausgestattete Wagen verwendet. Sämtliche Fahrzeuge sind luft- bereift, überwiegend dreiachsig, heizbar und mit guter Ventilation versehen. Das Fassungsvermögen beträgt zwischen 28 und 43 Per- sonen. In einem neuen in Betrieb genommenen 43plätzigell Wagen kann das Dach über die gesamte Wagenbreite als Rolloerdeck aus- gebreitet werden. Das hat gegenüber dem festen Dach den Vorteil, daß die Fahrgäste bei schönem, sonnigen Wetter in einem offenen Wagen fahren, also frische Luft und freie Sicht haben. Die beiden eingebauten Frischluftheizungen durchheizen selbst bei größter Kälte das Wageninnere angenehm. Bei der Innenausstattung war der Gedanke maßgebend, den Fahrqästen einen längeren Aufenthalt im Wagen möglichst bequem zu gestalten.
Achtung, Iunabanner Berlin . Nächste Zusammenkunfk der Arelsführer, Orksvereinsführer»nd Stellvertreter im Gaubüro erst am Mittwoch, S. April.
LyneUIui» Gertrud» Ein Transvestit wegen HelratssehwindeS vor Gericht.
Die Natur treibt zuweilen mit chren Geschöpfen ein absonder» liches Spiel. Sie gibt dem Mann ein« weibliche Seele, peitscht ihn in innere Zerrisienheit hinein, stürzt chn in Wirrnisi« und Abgründe, die ihn zum Gespött der Mitmenschen machen, ihn vors Gericht und ins Gefängnis bringen. Unter den mannigfachen Spielarten von Triebabweichungen ist der Transoestitisnms oder Verklei» d u n g s t r i e b mit der absonderlichste. Der„Syndikus"©., durch polizeiliche Verfügung zur Führung des Mädchennamens Gertrud und zum Tragen von Frauenkleidern berechtigt, wurde Opfer dieser absonderlichen Spielart. Für die Ungerechtigkeit der Natur, die ihn um sein Lebensglück bs- trogen, rächte er sich, indem er seine Mitmenschen um ihre m a t e» r i e l l e n Güter betrog. Vielfach vorbestraft, stand er nun vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte wegen eines neuen Bs- truges, wegen Heiratsschwindels— trotz der Frauenkleider. Und trotz der Frauenkleider war er verheiratet, Vater eines 17iührigcn Töchterleins und„Syndikus". Von seiner Frau trennte er sich wegen seiner unglücklichen Veranlagung. In einem sexual wissen- schaftlichen Institut suchte er Heilung zu finden, und um den Erfolg der Heilungsmethoden auf die Probe zu stellen, rückte er ein Inserat in die Zeitung: Akademiker zwecks Heirat mit etwas Geld gesucht. In der Person der Buchhalterin F. fand sich die Frau, die ihn heiratete. Ein ehemaliger Offizier— als solcher stellte sich der Syn- dikus vor—. der Iura studiert hat und sich zudem für klastische Musik begeistert, muß ein guter Mensch sein, sagte sie sich. Auch daß er trotz seiner 44 Jahre bis jetzt nur einmal eine ganz flüchtige Frauenbskanntschaft gehabt hatte und daß er seine Verlobte bis zur Heirat nicht berühren wollte, war ihr sympathisch. Seine un- glückliche Veranlagung verschwieg er wohlweislich. 14 Tage nach der Bekanntschaft ging der Schwindel los. Mal
brauchte und erhielt er 350 Mark; dann 1000 Mark usw. 4463 Mark gingen so dahin. Der Syndikus vertröstete sie aber u. a. auch mit seiner Bekanntschaft' mit Goebbels, der ihm einen Brief an Frick gegeben habe, damit dieser ihn mit einem Gehalt von 600 Mark zum Polizeihauptmann machen solle. Ein Polizei- Hauptmann in Frauenkleidern! Noch auf dem Polizeipräsidium erklärte er sich bereit, die Frau zu heiraten. Vor Gericht meinte die Frau, natürlich könne sie ihn nicht mehr heiraten, da sie nun seine Veranlagung kenne. Der„Syndikus Gertrud", im Gericht in Männerkleidern, mit langem haar und Frauengesicht, sprach viel über sein« unglückliche Veranlagung und über den Roman seines Lebens. Don den Opfern seiner Betrügereien sprach er sehr wenig. Das Gericht verurteilte ihn zu sechs Monaten Gefängnis. Vielleicht sollte man S. verbieten, Männerkleider zu tragen, damit heiratslustige Frauen in Zukunft sofort erkennen, mit wem sie es zu tun haben..._ Hauplverfahren gegen Max Barella. Die Erste Strafkammer bers Landgerichts l Hot jetzt auf An- trag der Staatsanwaltschaft das houptverfahren gegen den früheren Waffenhändler und Kaufmann Max Barella wegen fortgesetzter Untreue und Unterschlagung eröffnet und den Termin zur Hauptverhandlung auf den 2. April anberaumt. Dem Angeschuldigten wird zur Last gelegt, in den Iahren 1826 bw 1931 alz Kasienverwalter der Berliner Singakademie 300000 Mark von den Geldern dieses Instituts für sich oerbraucht und im gleichen Zeitraum als Schatzmeister des Vereins Deutscher Jäger Vereinsgelder im Betrage von rund 8000 Mark veruntreut und unterschlagen zu haben. Ferner wird er angeklagt, das Bankhaus Delbrück , Schickler u. Eo. um 114 000 Mark betrogen zu haben
Ratenzahlungen bei Beamtengehältern. Mit Rücksicht auf die Finanzlage der Stadt erfolgt auch tm April wiederum eine Ratenzahlung der Gehälter für die| städtischen Beamten und Angestellten. Die im Dienst befindlichen i Beamten , Festangestellten und Angestellten erhallen am 31. März! ein Drillel, alle Versorgungsempfänger die Hälfte der Aprilbezüge. Mindestens werden jedoch, falls die vollen Monatsbezüge höher find, am 31. März 50 Mark gezahlt, lieber die nächste Zahlung soll eine besondere Verfügung ergehen.
Für 17 000 Mark Schmuck erbeutet. Einem falschen Leitung� reoisor, der seit Monaten bald hier, bald dort in Berlin auftaucht, gelang es. Zutritt zu der Wohnung einer Frau Tabbert im
fachen Im Wert von 17 000 Mark enthielt und entkam mit seiner Beute. Erst am Abend bemerkte die Frau ihren Verlust.
Opfer eines betrunkenen Autofahrers. Nen-Slr-Ntz. 22. März. Am Sonntagabend ereignete sich auf der Berliner Chaussee ein Verkehrsunfall, dem ein junges Menschenleben zum Opfer fiel. Der Pflegesohn des Gastwirts Rahn aus Strelitz-Alt fuhr, anfchei- nend in angetrunkenem Zustande, die Chaussee entlang und streift im Vorüberfahren einen 17jährigen Maurerlehrling Rosenberg aus Strelitz mit dem Kotflügel, so daß der unglückliche junge Mensch in die Windschutzscheide geschleudert wurde und einen schweren Schädelbruch erlitt, an dessen Folgen er alsbald starb. Der Täter hatte sich um sein Opfer nicht gekümmert und wurde verhastet. Selbstmord eines Bausparkastenvorstandes. Der Geschäftsführer der Ba u f p a r- A.-G. Freies heim in Köln , Diplomkaufniann Ernst Reichling, hat sich in der Nacht zum Sonnabend im Büro der Gesellschaft mit Leuchtgas oergiftet. Fest steht bis jetzt, daß vor kurzem das Reichsaufsichtsamt der Ge- sellschaft oen gesamten Weiterbetrieb der Geschäfte untersagt hatte. Das Unternehmen durfte sonach nur noch den Betrieb abwickeln* aber keine neuen Bauspargelder annehmen.
Hunderl Lampen mukwillig gelöschl. Im oberen Teil des Be- zirkes Wilmersdorf, in der Düsseldorfer liegenden
noch
Straße und um- unbekannten Tätern
jirkes Wilmersdorf, in der D ü Straßen, sind von bisher während der Nachtstunden mehr als hundert Leuchtkörper zer> trümmert worden, so daß ganze Straßenteile in Dunkelhett getaucht wurden, was dem lichtscheuen Gesindel sehr willkommen war. Im vergangenen Jahr konnten bei der Ausführung eines ähnlichen Streiches zwei junge Studenten festgenommen werden.. Di« Berliner Fuulstunbe läßt heute, Mittwoch, den 23. März 1332, abends 10!� Uhr 5 Blaskapellen, ziisammengeietz« aus a r b e i t s- losen Berufsmusikern, im Rahmen ihres Radio-Programms konzertieren.
Für das neue Sirchensleueriahr hat die evangelische Kirche die Kirchensteuer auf 10 Pro;, dcr Einkommensteuer festgesetzt. Wer mit der Kirche gebrochen hat und die Kirchensteuer sparen will, sollte noch im März seinen Kirchenaustritt erklären. Es ist in diesem Fall nur noch X Jahr Kirchensteuer zu zahlen. Am Mittwoch, dem 23. März, von 18 bis 20 Uhr, kann der Kirchenaustcitt in der Freireligiösen Gemeinde, Berlin , Pappel-Allee 15, durch einen Notar unter Vorlegung einer Legttimation vollzogen werden. Notoriatsgebühr 2 M. Bestrafter Ciomietedieb. Das gemeingefährliche Gewerbe eines sogenannten Einmictediebs betreibt der jetzt im 60. Lebensjahr stehende schon 25mal vorbestrafte Reisende Ewald v. Schock. Unter alschem Namen mietet er ein Zimmer, öffnet mit Nachschlüsseln
chränke und Schreibtische, aus denen er Ringe, Armbänder, Uhren und Geld stiehlt, und verschwindet mit der Beute. Das Schöffen« gericht Berlin-Mitte verurteilte ihn zu einer neuen Strafe von drei Iahren Zuchthaus . Für bedürftige Schüler und Schülerinnen. Die A e s e l 1 s ch a f t für konationale Erziehung, die sich in verdienstvoller und erfolgreicher Weise seit Iahren um die Ausgestaltung des Schüler austausches zwischen Deutschland , Eng« land und Spanien bemüht, veranstaltet am Mittwoch, dem 23. März, 20 Uhr. im Konzerthaus Clou m der Mauer- straße einen Abend. Unter anderem wird der h a p a g f i l m Nord« land— Fjordland vorgeführt. Eine Nordkapferienreise, die vom 2. bis 18. Juli 1932 auf dem hapagdampfer„Ozeana" statt» findet, wird verschenkt werden. Karten sind zum Preise von 1,25 und 1 M. an der Abendkasse zu erhalten. Eröffnung ist um 19 Uhr. Der Reinertrag kommt bedürftigen Schülern und vchüle» rinnen zugute. Detterausslchlen für Berlin . Teils heiter, teils wolkig, keine Niederschläge von Bedeutung, wenig veränderte Temperaturen.— Für Deutschland . Im Nordosten vorwiegend hetter, Tageslempe» raturen wieder über Null, im Nordwesten stark wolkig, stellenweise etwas Regen, mild; im übrigen Reiche beständiges Wetter mit Nachtfrösten.
Aus dem Russischen übertragen von Werner ßergengruen. Das schlimmste bei diesen Militärgerichten war der Um- stand, daß es keiner Zeugenaussage oder dokumentarischer Unterlagen zur Ueberführung des Ansteklagten bedurfte. Der Bericht eines Vorgesetzten, namentlich die Anzeige eines Offiziers, galt dem Gericht als erschöpfendes Material zur Erhebung der Anklage. Und daher kamen zur Aburteilung derartige„Verbrechen", wie„Unterlassen von Ehrenbezeu- gungen".„Nichtbefolgung erteilter Befehle",„Unangebrachte Redereien", �„mit dem Militärberuf nicht in Einklang zu ....... ichen Dinge mehr, bei denen
bringendes Verhalten" und dergleich es keiner schlüssigen Beweise bedurft
te. Es genügte/daß ein Feldwebel oder ein Offizier irgend- einen Soldaten nicht leiden mochte, und schon konnte der Mann jeden beliebigen Augenblick vors Kriegsgericht kommen und von da aus in«in Disziplinarbataillon, ein Militär- gefängnis oder in die Arrestantenkompagnie. Ein Offizier brauchte bloß den Eindruck zu haben, ein Soldat habe ihm die Ehrenbezeugung verweigert, und schon flog der'Soldat ins Disziplinarbataillon. Außer den schon genannten kamen als Mannschaftsoer- brechen vornehmlich die folgenden in Betracht: eigenmächtiges Verlassen der Truppe, wiederholtes eigenmächtiges Verlassen der Truppe. Verschleuderung fiskalischen Eigentums. Schlafen auf Wache und ähnliche Verfehlungen. Daher bekam ich in.der Zelle der Milftärarrestanstalt auch kaum etwas anderes zu hören als Fragen und Antworten der folgenden Art: „Aus welchem Gouvernement bist du?" „Aus Rjasan ." „Von welchem Regiment?" „Vom sechsten sibirischen." „Was Haft du ausgefreffsn?" „Dreimaliges eigenmächtiges Verlassen der Truppe und Verschleuderung fiskalischen Eigentums." JDas gibt fünf Jahre Arrestantenkompagnie."
Alle kannten die Militärgesetze und sprachen sich selbst und einander von vornherein das Urteil, das dann fast immer vom Gericht bestätigt wurde. Da war unter anderen ein stubsnäsiger und rotbackiger junger Bursche aus der Gegend von Tobolsr, der noch jünger aussah als er war. Eines Sonntags, als er Stadturlaub hatte, soff er sich voll und kam in der Betrunkenheit mit irgend» jemandem in Streit. Einem Schutzmann, der ihr beruhigen wollte, riß er die Fangschnur ab. Als ein Offizier dazu kam und ihm befahl, in feine Kaserne zu gehen und dort das Vor- gefallene zu melden, da dachte er nicht daran, diesen Befehl auszuführen, sondern setzte sich auf die Straße, schrie den Offizier an und ließ es sich natürlich nicht einfallen, eine Ehrenbezeugung zu machen. In Wirklichkeit war alles, was er angestellt hatte, nichts als Ursache und Wirkung: er hatte sich betrunken und darauf- hin Krach gemacht, hier konnte weder von bösem Willen noch von einem Verbrechen die Rede sein. Aber nach dem Militär- reglement hatte er eine ganze Reihe schwerwiegender Misse- taten begangen: Erscheinen auf der Straße in einem mit der Würde des Militärberufes nicht zu vereinigenden Zustande. tätlicher Angriff gegen einen im Dienst befindlichen Schutz- mann. Beschimpfung eines Offiziers. Nichtbefolgung eines er- haltenen Befehls und Verweigerung der vorgeschriebenen Ehrenbezeugung. Er konnte einen schon jammern, dieser einfache, brave Kerl mit den gutmütigen Kinderaugen, der ein ganzes Jahr vorwurfsfrei gedient hatte und sich"jetzt wegen einer Flasche Schnaps einige Jahre seines Lebens oerpfuscht hatte. Am Abend schrieb ich nach seinem Diktat einen Brief an seine Eltern im heimaisdorf, aber ich mußte den Brief unbeendet lassen, weil der arme Tobolsker in Tränen ausbrach und den ganzen Abend zu nichts mehr zu brauchen war. Wegen eines kleinen Irrtums, wegen einer winzigen Uebertretung der Bor- fchriften, wegen einer geringfügigen Verletzung der Disziplin mußten die Mamischasten grausame Strafen auf st'h n?l'men, die in gar keinem Verhältnis zu dem Begangenen standen. Natürlich gab es auch hier unmljige Elemente vom Typus I des unverbesserlichen Durchgängers und Wüstlings. Da tut! so ein junger Bursche eine Zeitlang seinen Dienst, und Plötz- lich ist er verschwunden und hat auß�r seiner gesamten A"s- rüstung noch allerband andere Dinge mitgenommen: fiska- lisches Eigentum oder Privateigentum von Kameraden. Er treibt sich eine Welle herum und stellt sich dann von selbst wieder ein oder wird verhaftet un>> eingeliefert. Alles, was er bei sick hatte, bat er verkauft und vertrunken. Er fitzt die ihm zudiktierte Strafe ab, kommt zu seinem Truppenteil zurück, tut eine Zeitlang seinen Dienst, und dann wiederholt
sich die ganze Geschichte. Beim driten Male wird auf Der« lust der bürgerlichen Ehrenrechte, auf Entfernung aus der Armes und auf fünf Jahre Arrestantenkompagnie erkannt. Fünf Jahre Arrestantenkompagnie, das ist natürlich viel, viel ärger als drei Jahr Dienst bei der Truppe. In der Krasnojaresker Militärarrestanstalt lernte ich so einen Durchbrenner kennen: er war soeben beim drittenmal ergriffen worden und hatte selbstverständlich auch„fiskalisches Eigentum oerschleudert". Die Mehrzahl aber saß hier wegen so geringfügiger Dinge, daß es für den Zivilisten ein Rätsel war, worin ihr Verbrechen überhaupt bestehen sollte. Unter den Arrestanten war ein Tatar aus einem kleinen Dörfchen im Gouvernement Kasan, der kaum ein Wort Rusiisch konnte. So jung er war, war er doch schon verhei- ratet, und diese Heirat wurde für ihn und für seine Frau zur Tragödie. In seiner gebrochenen und kaum.verständlichen Sprechweise erzählte er mir von diesem Drama, das ihn schließlich zum Verbrechen geführt hatte. Er brauchte sehr viel Zeit und eine Masse geradebrechter und verstümmelter Worte, um mir endlich das Verständnis des Vorganges zu eröffnen. „Er war Stall... er da weggejagt... er drischt Zügel ... drischt schlimm... Er Vater drischt mit Wagendeichsel... Er Pferdestall geboren... Er Pferdestall, Kind Pferdestall..." „Er" war seine Frau. Die Eltern waren gegen die Heirat gewesen. Als die Frau ins Haus kam, wurde sie schlecht behandelt. Seine Eftem schlugen sie mit Zügeln, mit der Wagendeichsel, mit Stricken und jagten sie aus der Stube: sie solle im Stall wohnen. Als er zum Militär mußte, wurde es noch ärger. Nach unaufhörlichen Mißhandlungen brachte die Frau im Pferdestall ein Kind zur Welt und blieb dort mit ihm wohnen. Der Tartar erfährt davon durch einen Brief, bittet um Urlaub, bekommt ihn nicht und fährt auf eigene Faust nach häufe. Unterwegs wird er verhaftet, seinem Truppenteil zugeführt, entflieht ober und wird zum zweiten- mal verhaftet. Die Leiden seiner Frau, die Geburt des Kindes, die Verbannung in den Pferdestall, das alles quälte ihn maßlos. Wäre es ihm gelungen, bis nach Hause zu kommen, so hätte er sich dort so lange aufgehalten, wie die Umstände es erfordern, wäre dann zu seinem Regiment zurückgekehrt und hätte eine verhältnismäßig geringe Strafe wegen längerer eigenmächtiger Entfernung bekommen, weil es sich ja um das erstemal handelte. Jetzt kam er vors Kriegs- gericht und hatte eins strenge Strafe zu erwarten, denn jetzt war es ja„Entfernung im Wiederholungsfälle" und dazu nicht eigenmächtige Entfernung von de-- Truppe, sonder» Flucht aus dem Arrest.(Fortsetzung folgt.)