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dCtirl 9t. Wauffmann: Dcr Mann, der hier fremd m LaiGe war, ging am westlichen Ufer des Flusses, der gerade an dieser Stelle von majestätischer Breite war. Ein Stückchen weiter hinauf den Strom, auf der an- deren Seite der Donau , lag das Städtchen, in dem er heute Nacht noch Unterkunft zu finden hoffte. Er ging rasch. Indessen dunkelte es immer mehr und fein Ziel war noch weit. Mit zunehmender Dunkelheit wurde es immer einsamer uiid stiller um ihn und er hörte den Fluß, der in rasender Strömung dahinfloß, stärker und stärker brausen. Oft klang es wie zischende Brandung. Es war«in Geräusch, das ihn mit einer nervösen Beklommenheit erfüllte. Er wünschte sich bald irgendwo zu chause. Der Abend wurde immer ungastlicher. Oben um die Suppen der waldigen Berge wogten tiefliegende Wolken. Das ganze Strom- tal war von ihnen überzogen. Plötzlich fing es an zu regnen. Die Nässe machte die alte ausgefahrene Landstraße schlammig. Es war ein schweres Gehen, oft rutschte er aus und stolperte, es war kaum ein Borwärtskommen mehr. Es strömte immer dichter herab und die Nacht war nun volleirds hereingebrochen. Fast konnte man die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Die Berge drängten sich immer dichter an die Straße. Stellen- weise verengten sie sich zwischen den steilanstrebenden, grauverwit­terten Felsen, über die eine unheimliche Oede hingeistert«, und dem jähabstürzenden Stromufer zu einem schmalen Pfad, dessen knappe Breite für einen des Weges Unkundigen bei diesem regennassen verschlammten Boden direkt gefährlich war. Ein einziger Fehltritt und man stürzte ab... die Böschung hinunter, in den Fluß. Ab und zu teilten sich die Berge zu schmalen Schluchten, durch die Wege in das Innere des Landes führten. Die Pfade verloren sich in schwarze unheimliche Finsternis. Ohne daß er es so recht bemerkt hätte, hatte der Regen ausgehört. Auch die Wolken hatten sich zerteilt. Und oben am Himmel schimmerten ein paar Sterne. Boll neuer Hoffnung schritt er schneller aus. Er näherte sich wieder einer Sckzlucht. Plötzlich gewahrte er, wie aus ihrem Dunkel ein roter Schein über die Felswände huschte, der schnell verschwand. Es war wie das jähe Aufleuchten und Ver- löschen einer bengalischen Flamme. Dann zuckte wieder das rote Licht über die Felsen. Diesmal flackerte es länger und er erkannt«, daß es der Schein von Flammen sei. Er dachte gleich an«in Feuer «in einsames Haus stand vielleicht dort, das brannte. Er setzte sich in einen schnellen Trab vielleicht war menschliche Hilfe dort nötig. Plötzlich hielt er inne in seinem Lauf: ein dunkektänendes, be­lustigtes Lachen klang durch die Nacht, es war eine Frau, die da lachte... und das Lachen kam ungefähr von der Stelle her, wo das Feuer brannte, dessen Geruch er jetzt auch schon verspürte. Zögernd näherte er sich der Schlucht. Dichtes Gebüsch säumte die mehr und mehr zurücktretenden Felswände. Unter seinem Schutz pürschte er sich ganz nahe an die Feuerstelle heran, von der jetzt der verworrene Klang mehrerer Menschenstimmen hertönt«. In Gefahr jedenfalls waren diese Menschen nicht, das hörte er an ihren Stimmen. Beruhigt, aber auch neugierig geworden, zwängte er sich mit angehaltenem Atem durch die hohen Büsche.'Bon einer geschützten freien Stelle aus sah er dann endlich auch die Feuerstellc: Hochauf- lodernd brannte am Boden ein mächtiges Lagerfeuer, in dessen wänitcnder Nähe einige Menschen saßen, die sich friedlich unter- hielten. Zigeuner, dachte der Fremde sofort. Seine Vermutung be- stätigte sich, als er ein Stückchen ab vom Fouer im Schatten der Bäume einen geräumigen Planwagen entdeckte. Zigeuner, geschart um ein Feuer in finsterer Nacht, ein so romantisches Ergebnis hatte er in feiner deutschen Heimat noch nie gehabt. Der phantastische Anblick nahm ihn völlig gefangen, so daß er seinen eigenen Weg darüber vergaß. Er schlich sich näher an das Zigeunerlager heran und sah mit aufmerksam geweiteten Augen auf das seltsame malerische Bild, dessen Wirklichkeit er immer noch anzweifelte: So etwas träumte man doch nur oder las es in alten Kindergeschichten, in Märchen. Hier nach Oesterreich mutzte er erst kommen, um solche Märchen zu erleben! Sicher, das waren Zigeuner , die auf Wanderschaft von Ungarn kamen und nun weiter wollten längs der Donau . Hier kampierten sie wohl für die Nacht. Ueber dem Feuer hing an einer dicken, von den Flammen leise geröteten Eisenstange«in Kessel, aus dem es dampfte. Ab und an rührte eine Frau mit einem grellbunten Kopftuch in dem Kessel mit einem Stab herum, indessen sie dann und wann drei um sie spielende Kinder berief, drei kleine Mädchen. Allmählich sonderte sich die kleinste und jüngst«,«in knapp vier Jahre altes Kindchen, von den andern ab und begann für sich zu spielen. Di« glühenden, nach allen Seiten hin schnellenden Funken des Feuers, in das der Vater ab und an frisch gehauene Aest« warf, begeisterten sie auf einmal so, daß sie entzückt in die Häirde klatschte und Haschen mit ihnen spielte. Ar Spiel wurde immer eifriger, je weniger es ihr gelang,«inen der rasch verglühenden Funken zu sangen. Auf der immer wilder werdenden Jagd nach den bald hierhin, bald dorthin zuckenden Funken, die«in leise auskommender Wind der Landstraße zutrieb, entfernt« sie sich aus dem Lichtkreis des Feuers in der Richtung auf den Strom, dessen Rauschen ganz nah ertönte. Niemand der am Feuer Sitzenden hatte das Stchentfernen des Kindes bemerkt, das jetzt jauchzend da irgendwo in den Büschen nahe der Straße heruintollte. Nur der Fremde verfolgte die mehr und mchr sich entfernende Klein-, bis auch er sie aus den Augen verlor und nur noch ihr Gejauchze hörte. Besorgt überlegte er. ob er die Eltern aufmerksam machen sollte. Das Kuck» konnte sich ver- irren, die nächtliche Straße war nicht ohne Gefahr für«in so kleines Wesen. Ehe er sich noch recht zu irgend etwas entschlossen hatte, hörte er vom Ufer her«inen wilden, entsetzten Schrei und sogleich darauf im Wasier ein Klatschen wie vom Fall eines schweren Gegenstandes. Wie gepeitscht stürzte er aus seinem Versteck hervor und rannte auf die keine fünf Schritte entfernte Straße ans Ufer, wo er im Brückl- teil einer Sekunde gerade noch gewahrte, wie der mächtig strömende Fluß den Körper des im Spiele über die steile Böschung gestürzten Kindes fortriß. Che ihm das Entsetzliche der Situation noch so recht zum Be- wußtsem kam. fühlte er sich aus seiner vornübergebeugten Haltung mit einem harten Griff an der Schulter zurückgcrisien. Sich um- wendend, sah er in ein wildes, schmerzverzerrtes Männerantlitz, das ihn mit weitausgerissenen fragenden Augen anstarrte. Der Zigeuner. der Vater des Kindes, rüttelte und zerrte ihn hin und her und schrie in einem fort mit drohenden Gebärden in einer unverständlichen Sprach« auf ihn ein. Der Fremde versucht«, dem Zigeuner die Bor- gänge zu erklären, er konnte sich jedoch mit seinem Deutsch nicht verständlich machen und sah mit Schrecken, daß der Zigeuner iminer ungebärdiger wurde und zu glauben schien, daß er sein Kind ins Wasser gestoßen habe. Du Hund!", schrie der Zigeuner,du Hund, wo ist mein Ätad?! Wa> hast du getan?"

SEigeimerfeuer Der Fremde, der die Sprache seines Gegners nicht verstand, wohl aber den Sinn der verzweifelt hcrousgeswßenen Frage begriff, konnte für einige Augenblicke sich aus der pressenden Umklammerung seines Feindes freimachen und deutete mit ausgestrecktem Arm und erklärenden Gesten auf die immer noch hell lodernde Feuer- stelle, die Büsche, die Landstraße und den Fluß, um anzudeuten, daß diesen Weg das kleine Kind ganz selbständig genommen habe und wies dann auf sich, mit einem Kopfschüttcln seine Schuld ver­neinend. Der Zigeuner, der dies alles mißverstand, drang jetzt nur um so gereizter aus den Fremden ein. Wütend inelnander verbissen rangen sie hart am Rande der Böschung, von der sie jeden Augen- blick hinabzustürzen drohten. Laß mich los laß mich los", keuchte der Fremde,ich bin ja unschuldig, dein Kind fiel selbst hinein hörst du es nicht, hörst du es nicht!" Er verwünschte innerlich seine Neugier, die ihn bewogen hatte. sich durch die Büsche an dieses Zigeuncrfeuer zu schleichen. Ja, es war seine Schuld, er hatte alles dies heraufbeschworen. Seines Weges hätte er gehen sollen, zur Fähre, in die kleine friedliche Stadt. Nun war es dazu zu spät, durch seine Schuld. Vielleicht sah er gar nicht mehr diese Stadt dort am anderen Ufer Und doch war es Wahnsinn, daß er hier dieses Kindes wegen, dessen Spiel ihm so naive Freude bereitet hatte, in eine so gefährliche Lage ge- raten war. Das Groteske und Tolle der Situation ließ ihn hysterisch auflachen. Der Zigeuner glaubte sich durch dieses Lachen verhöhnt und drang daher noch gewalttätiger auf den Fremdcn ein, nun vollends überzeugt, daß er es mit dem Mörder seines Kindes zu tun habe. Plätzlich zog er ein Messer und schwang es gegen das Gesicht des Fremden. Ehe er aber zustoßen konnte, hatte sich dieser, die

Steinridi Stemmer: BieengtifcheOHwtvoehe üm Zeichen der illfufik Was Sie zu Ostern in England hauptsächlich zu hören be- kommen werden, mein liebes musikalisches Trautchen, wenn Sie hinüberfahren, das ist Mjusik, denn alle anderen Vergnügen sind an Feiertagen verboten, und es ist nötig, daß ich Sie aufkläre, wie in England Mjusik gehört wird und was Mjusik dem Engländer bedeutet: Etwas ganz anderes als uns, Sie ahnen es nicht. Also. Die Londoner Albert Hall ist die größte Musikabfütterungs­anstalt Europas . Jeden Sonntag lauschen dort 20 000 englische Ohren und am Ostersonntag droht sie zu bersten, denn die Eng- länder ziehen herdenweise, cookmäßig, noch den Musik- und Gottes- Häusern. Allerdings spielt man in den Gotteshäusern viel welt- lichere Weisen als in der Albert Hall, wo Amüsemang am Sonntag eine Sünde wäre, während man sich doch in der Kirche nicht lang- wellen darf. Die ganze Ostcrwoche, und überhaupt auch der eng­ lische Alltag ist von Mjusik durchsetzt, öfefntlicher und privater, Mjusik ist das Hubby, dos Steckenpferd der Engländer und(wie sie meinen) das Nationolgenie der Deutschen . Wenn wir nichts ande- res als Musik machen würden, fräßen uns die Engländer vor Liebe auf. Musik hört man in England in großer Aufmachung, imposant, pompös. Die Orgel ist das-Lieblmgsinftrument der Engländer. In 'jedem der-großen Ralhauslonzertfäl« bis hinunter nach Australien , wo deutsche Organisten staatlich angestellt sind, ist eine mächtige Orgel eingebaut, jedes Kino ist mit einer Orgel versehen, selbst in den Photomatoms ertönt nachmittags, vom Radio übertragen, er- hebende Orgelmusik. Chöre wirken stark aus das englische Gemüt, so an 3000 Männer- uick» Fraucnkehlen. Aber auch Virtuosen, Klaoierlöwen oder Hexenmeister der Geige, die atemberaubend viele Töne hervorsprudeln können. Als Komponist geht den Engländern Händel (Barocker Pathos) über alles: die Engländer sind das Händelsüchtigst« Boll der Erde. Außerdem ist Musik in England eine gesellschastliche Angelegen­heit und eine notwendige Begleiterscheinung offizieller Borgänge. Was wäre«in Konzert in der Aeolan Hall(dem vornehmsten Kon- zertsaal, wo es sogar auch gewiß 10 Proz. fachmännischer Zuhörer gibt) ohne die Tolletten gewisser Herzoginnen und Biskouniessen, die sich auf ein halbes Stündchen einstellen(körperlich wenigstens). In großer Aufmachung erscheint auch das Programm, das womög- lich die ganze Musikgeschichte(soweit sie dem englischen Geschmack zusagt) auf einen Abend zusammengepreßt bringt und unweigerlich mit den Texten aller zum Vortrag gelangenden Lieder versehen ist, den man dann mitliest: das ist schön. Mjusik dient in England ferner dazu, Menschen zu irgendeinem Zweck zu vereinigen, in der Oueenshall gibt es an Dienstagen klassische Promenodenkonzert«, denen man alsobewegt" zuhört, umhersehend, die vielen Bekannten grüßend. Oder ist eine Fmu unversorgt zurückgeblieben, oder ein gestrandeter englischer Künstler hat an die englische Kolonie appelliert, da versammelt man sich irgendwo, zahlt Wohltätigkcitsentree, hört andächtig zu, wenn irgend jemand irgend etwas singt, und applaudiert, je schlechter es ist, je mehr, denn höflich und anständig will man immerhin er- scheinen. Mjusik ist klassische Musik, und wer sich aus der Gesellschaft der Gäste erhebt und mjusik macht, gilt einfach als ein« höher« Art Mensch. Populär" mjusik. das Hauptfeld der Dilettanten, ist nicht so fein, aber beliebter. Entweder ist essweet music" von honetter Sentimentalität oder zapplige Gebrauchsmusik: Jazz, das in Eng. land nicht gewaltsain zu einem Kunstprodukt gemacht wird. Jin Reich« des Jazz hört man nicht so viel symphonischen und im übri- nen einen etwas diskreteren dezenteren Jazz: man oerhält sich dazu mit den Beinen wie hier, denn wir haben die steps(die Schritte) alle von drüben. Letzten Endes hört man mjusik aus Liebe zu sich selbst(ossozia- tives Hören). Man erinnert sich dabei der schonen Zeit, wo man noch ein Jüngling mar respektive eine Jungfrau mit lockigem 5zaar und das erstemal m Liebe fiel. Denkt vage an das Meer, das be- herrscht«, an den schönen grünen picknicklawn, an olles, was das englische Herz erhebt. Das bringt dirt trac racing, so aufregend es ist, nicht fertig. Das vermag nur mjusik. Wenn Sie aufpassen, wie man es drüben ausspricht, hören Sie alles heraus, was man dabei fühlt: --- mjusik! Und ich wünsche Ihnen fröhlich« Ostern und viel Freude an der mjusik... liebes Trautchen.

Die Aiarskanäle erstrecken sich ihrer Länge nach über ZOO bis zu mehreren tausend Kilometer. Jeder Kanal mundet in ein Meer oder ein See in einen aikdcren Kanal. Die Breite beträgt bis Zu 300 Kilometer: die schmälsten sind etwa 30 Kilometer breit, noch schmalere mag es geben, sie sind uns aber nicht sichtbar. Ungefähr 12 AUllioneu role Llutkörpercheu wiegen ein Gramm.

tödliche Gefahr erkennend, mit einem gewaltigen Fausihiob gegen die Brust seines Gegners, blitzschnell freigemacht und stob davon. Wie gehetzt raste er durch den hochspritzenden Kot der Land- straße. Nur fort, nur fort, schrie es ln ihm. So lief er ohne Unter- laß durch die Nacht, hin und wieder stürzte er in den nassen Schmutz der Straße, aber wie gepeitscht raffte er sich iminer wieder auf, bis er tu einiger Entfernung Licht aufleuchten sah. Er lief und lief, auf dieses reitende Licht zu. Einmal blickte er sich um aber er sah und hörte keinen Verfolger hinter sich. Nun erst hielt er inne in seinem rasenden Lauf. Taumelud, außer Atem, mit fliegendem Puls und wie irrsinnig schlagendem 5)orzcn stolperte er auf einen kleinen, zun: Ufer sich windenden Pfad, über dem eine Bogenlampe hing. Dies war wohl der Weg zur Fähre Unten am Ufer warf er sich ms Gras. Die Fähre war drüben. 5)ol über, wollte er rufen. Aber er tonnte es nicht. Es war nur ein unartikuliertes Röcheln, das ihm über die Lippen kam. Allmählich erholte er sich. Und dann rief er: ,Lol über, hol über! Er wußte nicht, ob man chn gehört hatte. Er rief noch ein- mal. Plötzlich überfiel ihn wieder die Angst: Wie, wenn der Zi- geuner hinter ihm her war! Er duckte sich in die Büsche, drüben sah er, ganz nahe, das hügelige Städtchen mit seinen vielen, vielen blanken Lichtern. Da kam auch schon die Fähre heran. Man sah sie noch nicht durch das Dunkel der lltacht aber man Ijörte das eigentümliche Rauschen, dos die gegen das Boot fließende Strömung erzeugte. und man hörte das Surren der Rollwinde oben am Drahtseil. Er torkelte mir zitternden Beinen über den schwankenden Steg zum Floß und dann ließ er sich ins Boot sallen und warf sich auf die Bank. Gerettet, gerettet, dachte er. Als er drüben an Lorch stieg, durch die holprigen Gähchen ging und sich wieder unter Menschen sah, schien ihm alles wie ein wüüer Traum, so fern und unwirklich kam ihm hier in diesem friedlichen Nestchen sein Abenteuer da draußen in der Nacht zwischen den cm- samen Bergen vor.

m 3)er SchmeUerlhtg Die Sonne schien hell. Einen der letzten Wintertage goß sie voll Licht. Bäume und Buschwerk waren noch kahl, aber es flog schon jener Schimmer durch das Gezweig«, der dem ersten Schwellen der Knospen vorausgeht. In der Syringenhecke gab es schon ver- einzelt grüne Pünktchen. FrenÄ» war dieses Grün, es überraschst: geradezu die Augen. Doch wie im tiefsten Winter wchte ein trockener, scharfer Frostwind. Marten kam die.Hauptstraße hinauf und ging dort wo die «ln« Häuserreihe von Grünanlagen unterbrochen wird. Da sah er in einiger Entsernung einen Mann vor sich. Der blickte nicht nach links und nicht nach rechts, wie einer, dem Stadt und Menschen völlig gleichgültig sind. Als Marten näher kam, wußte er es:«in Pracher in schlechtem Mantel und lächerlich kurzen Hosen trottet« vor ihm her. Dieser Mensch blieb so plötzlich stehen, daß er fast über seiiren letzten Schritt gestolpert wäre. Marten fing an, chn zu beobachten. Er sah, wie der Mann ruckweise den Oberkörper beugte und dann. die Hände in den Manteltaschen, so verharne. Spatzen, die gewohnt waren, von Spaziergängern gefüttert zu werden, scharten sich um ihn. Eine vorsichtige Amsel lungerte etwas weiter hin auf dem Rasen. Dos Dogelvölkchen lärmte, aber das schien den stemdpn Menschen nicht im geringsten zu rühren. Was hatte er? Der Mann stand nun wieder aufgerichtet und sah sich um.. Be?- legen, scheu, hilssos,. suchend:'das alles lägjfts feiner Art, wnhev- zusehen. Dann bückte er sich" abermals und streckte den Ann curs. Die Spatzen stoben lärmend sort. doch kamen sie sofort wieder. Inzwischen war Marten so nabe gekominen, daß er die-z« des Mannes erkennen konnte. Dunkle Bartstoppeln umgaben das eingefallen« Gesicht: tief lagen die Augen hinter hervorstehende» Backenknochen. Der Fremde wich dem Blick aus, führte ihn nach seiner Hand». Ein Schmetterling war dorm, der dem Sonnenlichte die ausgespoim- ten Flügel bot. Die Farben leuchteten auf. Das Tierchen begama sich zu regen. Ein kaum sichtbares Zittern ging durch Flügel und Fühler. Dann klappte es die Flügel zusammen, sah einen Augen- blick lang keck auf dem Damnen im Winde und sank erstarrt zurück. Bis dahin hatten sie noch kein Wort gesprochen, der Pracher und Marten. Sie sahen einander prüfend an. Ja, es mußt« wohl ein Wort fallen. Der hat sich vertan", sagte Marten. Der Pracher aistwortete nicht. Aber er sah sich um, als such« er einen geschützten Ort. Marten hielt ebenfalls Ausschau, obgleich er wußte, daß die wärmste Sonnenecke an einem Fensterrahmen nicht warm genug sein würde. Der Fremde hauchte in die schmutzige Faust. Das Tierchen kroch etwas, aber die Bewegungen waren nur noch matt, taumelnd. Er haucht« stärker hinein.Cr wird erfrieren, sehen Sie doch!" sagte er. Marten sah sia'i wieder um. Da!" Der andere hielt ihm die Hand hin. Marten griff danach, ließ aber die Hand wieder sinken. Na, was denn! Sie werden das Tier doch nicht umkommen lassen!" Nein, das wollte Marten nicht. Da holte er das Tierchen doch in der Hand. Der Landstreicher war schon ein Ende- weit fort. Er sah sich auch nicht mchr um. Marten wölbte die Hand und steckte sie in die Tasche. Etw:s mußte getan werden. Aber was? Ja, wenn er eine warme Wohnung gehabt hätte! Aber dort waren an den Fenstern dicke Eisblumen. Er müßte schon ein Glas nehmen und eine Kerze darunter stellen.' Er müßte... ganz kraus waren seine Pläne zuletzt vor Hilflosigkeit. Da flog ihm ein Kreisel gegen die Füße. He, was war das! Das Mädchen, das den Kreise! getrirben hatte, sah erschrocken auf Marten. Da kam ihm ein Gedanke. Das Mädchen kannte er. Es wohnte ihm schräg gegenüber.Komm' mal her, Deern!" rief er. Die Klein« kam.Guck mal, was ich hier Hab'!" Marten öffnete vor­sichtig die Hand. Oooh, ein Schmetterling'." Die Freude an dem Tierchen leuchtete dem Mädchen aus den Augen. Da. nimm ihn mit. setze ihn auf die Blumen, die vor eurem Fenster stehen!" Den soll ich haben?" Ja, ja. schnell!" Die Kleine lief ins Haus. Marten blieb nockz eine Weile stehen. Am Fenster drüben tauchten drei Gesichter auf-, das Mädchen, die Mutter und ein Junge Alle sahen nach dem Schmetterling, der in Wärme und Lichi zwischen de» Blumen flatterte. Marten ging nicht nach Hause, obgleich er fast davor stand. Er wollte nach dem Hauptbahnhof. Im Wartesaal konnte er billigen Kasse« trinken und warm war ez dort auch.